6 gegründeten Johanngeorgenstadt, mögen schließlich auch die sächsischen Skeptiker über zeugt haben. Wann die Nachkriegszeit tatsächlich beendet war, darüber läßt sich aus heu tiger Sicht nur spekulieren, denn die Anzeichen sind zuweilen widersprüchlich. Zuversicht lich stimmen zumindest die staatlichen Einschränkungen des als »übertrieben« klassifizierten Luxus in der Polizeiverordnung von 1661. Von einem Teil der sächsischen Bevölkerung schien die Not der Nachkriegszeit bereits zu diesem Datum überwunden zu sein. Nicht nur bevölkerungs- und wirtschaftspolitisch, auch außenpolitisch begann für das Kur fürstentum eine neue Situation; denn Sachsen spielte im Gegensatz zu früheren Zeiten bei der Neuordnung des europäischen Staatensystems nun eher eine zweitrangige Rolle. Das Kurfürstentum büßte zwar keine Gebiete ein, mußte sich jedoch indirekt am Aus gleich territorialer Verluste anderer Staaten beteiligen: z. B. im Falle Brandenburgs, das an stelle seiner pommerschen Besitzungen neben Halberstadt auch die spätere Anwartschaft auf das Erzstift Magdeburg erhielt. Die Gewinne nahmen sich eher bescheiden aus: Die beiden Lausitzen, die 1635 vom Kaiser im Prager Frieden abgetreten worden waren, fie len nun an Kursachsen. Unter machtpolitischem Aspekt hingegen fiel ftir die Zukunft die Bilanz positiv aus: »Der Anschluß der Lausitzen an Sachsen verstärkte den östlichen Cha rakter des wettinischen Gesamtstaats. Ohne ihren Besitz (gab) es keine Polenpolitik des folgenden Jahrhunderts« (KÖTZSCHKE/KRETZSCHMAR). Auch die ausgewogenen Beziehungen zum Kaiserhaus fanden in diesem Besitz ihre politische Begründung. Außer dem behauptete sich Sachsen erfolgreich bei der Besetzung des Vorsitzes im Corpus Evan- gelicorum des Reichstages. Diese Position gestattete eine stärkere Einflußnahme auf die an deren Reichsbehörden (Deputationstag, Kammergericht und Reichshofrat). Der konkrete Nutzen bleibt indessen unbestimmbar. 3. Die Depression der unmittelbaren Nachkriegszeit (1648-1670) Bereits vor Ausbruch des Krieges zeigte sich obrigkeitliche Wirtschaftspolitik, wenngleich nur ansatzhaft und mit dem Ziel, die Verwaltung der landesherrlichen Grundherrschaft effektiver zu organisieren. Nach dem Krieg bestimmten wirtschaftspolitische Entscheidun gen vor allem die Nutzbarmachung landesherrlicher Finanzquellen. Die Ausgangsbedin gungen hierzu muten nicht gerade günstig an: Es gab zwar viel brachliegende Nutzflächen, aber es mangelte an Arbeitskräften. Bevölkerungspolitik und Bauernschutz Das schwache Bevölkerungspotential bedurfte durch eine systematische Aufbesserung (»Peuplierung«) nachhaltiger Entwicklung, von den machtpolitisch bedingten Zuwanderungen und Zugewinnen, noch bevor Kurfürst Johann Georg I. bevölkerungspolitische Maßnahmen in die Wege leitete, war bereits die Rede. Das eigentliche Verdienst der Obrigkeit lag in der Ansiedlung und Existenzförderung der neuen sächsischen Untertanen, insbesondere auf dem Lande. Dazu fehlte zunächst der Startimpuls, denn auf dem städtischen Markt sank die Nachfrage nach Nahrungsgütern drastisch: die verarmte Bevölkerung schnallte den Gürtel enger. Das bekamen die Bauern, die den Markt für den Kauf gewerblicher Güter aus ihren Verkaufserlösen benötigten, zu spüren. Die alten und die neuen Bauern gerieten überdies unter den Druck des gutsbesit-