52 Der 1. Pfarrer von Loschwitz, Magister Johann Arnold, hat in seinem ausführlichen Be richt von der Errichtung des Loschwitzer Kirchbaues die Texte jener Motetten und Kanta ten mitgeteilt, die damals unter Grundigs Leitung und z.T. von ihm selbst gesungen, in Loschwitz musiziert worden sind, deren Noten aber leider nicht mehr existieren. Grundig ist wohl der erste nachweisbare in Loschwitz tätige Vertreter der Kreuzschule, aber nicht der letzte. (Man denke an den Respekt heischenden Kreuzschulrektor Heinrich Stüren- burg, der in dem schönen alten Weinbergshaus Veilchenweg 9 gewohnt hat, und an den unvergessenen Kreuzkantor Rudolf Mauersberger, viele Jahre auf der Sierksstraße/Ecke Oeserstraße zu Hause.) Grundigs musikgeschichtlich wichtigstes Verdienst ist es, die Pas sionen von Heinrich Schütz um 1700 herum kalligraphisch abgeschrieben zu haben. Diese Abschrift stellt für die Passionen nach Lukas und Matthäus die einzige erhalten geblie bene Quelle dar. II. Wenden wir uns einem anderen Zeitraum zu, machen wir einen Sprung ins mittlere und auslaufende 19. Jahrhundert. Hier sollen uns Friedrich Wilhelm Pohle etwas, Friedrich Wieck und seine Umgebung mehr beschäftigen. Über Pohle sei kurz zitiert, was Heinrich Dorn im 4. Bändchen seiner Lebenserinnerun gen, das 1875 erschienen ist, geschrieben hat: »Dieser Trias vis-ä-vis« - gemeint sind Friedrich Wieck, der Berliner Sänger Gustav Wilhelm Teschner, der sich um die alte Musik durch Neudrucke verdient gemacht hat, und Otto Kade, der einstige Kantor an der Dresdner Dreikönigskirche, spätere Schwe riner Musikdirektor und Gründer des Domchores wie auch eminent wichtige Musikhisto riker - »steht das Loschwitzer Schulhaus, und in ihm waltet ein bedeutender Mann für sein Fach, der Cantor Pohle, welcher leider noch bei Weitem nicht die Anerkennung ge nießt, die er verdient. Seine kleinen Barfüßler habe ich einst in der Singstunde durch mei nen Besuch überrascht. Noch mehr aber wurde ich von ihnen durch gelungenen Vortrag zwei- und dreistimmiger Chorsätze überrascht. ... Schade, daß seine beiden nahwohnenden Collegen, der Gärtner Birnstengel und der Schneider Feiler, deren Jeder eine sogenannte Liedertafel dirigirt, schade, daß sie sich nicht diesem wirklich befähigten Ordinarius sub ordinieren und mit vereinten Kräften ausführen, was ihnen einzeln zu erreichen jetzt un möglich ist.« Dorn stellt dem Kantor Pohle damit ein glänzendes Zeugnis aus und erwähnt zugleich, daß in der Schule (und damit auch in der Kirche und auf dem Friedhof) mehrstimmig ge sungen worden ist, noch ehe Pohle den Kirchenchor auf der damals üblichen Vereinsbasis gründete. Heinrich Dorn beginnt den Abschnitt «Loschwitz« im 4. Bändchen seiner Memoiren »Aus meinem Leben« mit den Worten: »Zum zwölften Male seit 1856 habe ich das freundliche Elbdorf besucht und mich immer wieder von seinen Vorzügen überzeugt, an seinen Rei zen ergötzt.« Dorn war eine recht interessante Persönlichkeit: 1804 in Königsberg gebo ren, studierte er zunächst dort Jura, dann (um 1825) in Berlin bei Karl Friedrich Zelter