2 Günter Jäckel Vorbemerkung »Wer ist’s in unsern eisern Tagen, hier in einem Lande, deren Einwohner von innen noch immer die alten Barbaren sind, wer ist es, der einen Funken von deiner Menschenliebe, von deinem tugendhaften Ehrgeize, die Lieblinge der Musen zu schützen, in sich häge?« Und darf man noch weiter zitieren, ohne allzu vordergründig Aktualität zu bemühen? »Dort, der Regent, ernährt eine Menge schöner Geister, und braucht sie des Abends, wenn er sich von den Sorgen des Staats durch Schwänke erholen will, zu seinen lustigen Räten. Wieviel fehlt ihm, ein Mäcen zu sein.« - Der Künstler als Hofnarr; die Kunst im Schatten übermächtiger Gewalten: Müssen wir uns noch heute auf Lessings Ode »An Mäcen« berufen, wenn wir über große Persönlichkeiten als Sammler und Mäzene nachdenken, die die Dresdner Kulturlandschaft mitgeformt haben? Und sind wir, mühsam bemüht, die »eisern Tage« der jüngsten Vergangenheit zu bewältigen, nicht zugleich neuen und unerprobten Spannungen von Kunst und Kommerz ausgesetzt; den Zwän gen, Folgen und Verführungen eines technischen und merkantilen Pragmatismus, der oft genug in grellem Widerspruch steht zu dem, was Schiller als das Reich der Freiheit bezeichnet hat? Die Kunst (des Theaters) sei etwas Überflüssiges, sagt einer der Großen dieses Jahrhunderts, Bertolt Brecht; »was freilich« fügt er sogleich hinzu, »dann bedeutet, daß man für den Überfluß ja lebt. Weniger als alles andere brauchen Vergnügungen eine Verteidigung ... Es treffen sich aber Wis senschaft und Kunst darin, daß beide das Leben des Menschen zu erleichtern da sind, die eine beschäftigt mit ihrem Unterhalt, die andere mit ihrer Unterhaltung.« Wie immer, hatte das Herbst-Kolloquium des Dresdner Geschichtsvereins vom November 1996, das diesem Heft zugrunde liegt, Fragen zu stellen und Antworten zu suchen, die unserem Selbstverständnis in der Zeit und dem Verständnis der Stadt zugute kommen; sollte im kultur geschichtlichen Diskurs sich das Vergangene auf das Aktuelle beziehen. In diesem Bemühen, die Leistungen von Sammlern und Mäzenen für die Dresdner Kultur zu untersuchen, ist es beson ders notwendig, auf Meinungen und Erfahrungen von Experten Dresdner Museen zu hören. Denn mit der Trias von Liebhabern, ins Öffentliche weisenden Förderern und kompetenten Behütern läßt sich etwas von jenem Kunstprozeß beschreiben, dem die Stadt viel zu verdanken hat. Der private Sammler als eine off einflußreiche und bedeutsame Persönlichkeit: in seiner Idea lität mögen ihn weniger Eitelkeit, parvenühafte Geltungsansprüche oder kommerzielle Interes sen bewegen, wenn er seine Neigungen den Objekten der Kunst zuwendet. Immer wird ihn zu gleich jene Liebe und Ehrfurcht gegenüber dem Schöpferischen und dem Geschaffenen leiten, wodurch Neigungen sich mit den Belangen des Gemeinnutzes zusammenfinden. Museen sind es, die Schenkungen privater Sammler in Leistungen des Mäzenatentums verwandeln und damit der öffentlichen Anteilnahme öffnen. (Am Beispiel des Dresdner Kupferstichkabinetts und dem Wirken seines Direktors Werner Schmidt ließe sich jener im einzelnen sehr komplexe Kunst-