prozeß zwischen Sammler und bewahrender, gegenüber spekulativen Interessen oft auch be schützender Institution über ein Menschenalter verfolgen.) Das Mäzenatentum der adligen und der bürgerlichen Kultur ist freilich nicht nur an Kunst prozesse gebunden; sondern gleichermaßen an praktische Taten. Die Dresdner Bankiersfamilie Arnhold und der Unternehmer Karl August Lingner - um nur diese zu nennen - waren beides. Ihr Engagement fair die Öffentlichkeit manifestiert sich in Stadtzeichen, die Zeiten und Ideolo gien überdauert haben: Lingnerschloß und Hygiene-Museum. Von den gemeinnützigen Stiftungen der Arnholds wissen vielleicht nur noch wenige. Doch das »Arnhold-Bad« hat - im schlafenden Bewußtsein der Stadt — nicht einmal in den dunklen zwölf Jahren seinen Namen eingebüßt. Mit dem jüdischen Schicksal, das auch hier reflektiert werden muß, schließt dieses »Dresd ner Heft« an das zentrale Thema des Jahres 1995 »Zwischen Integration und Vernichtung« an: dem Leben und Wirken jener Minderheit, die seit den Tagen Gottfried Sempers gleichfalls bedeutsam geworden ist für das öffentliche Leben. - Man hat es ihnen nicht gedankt. Es wird hier über Viktor von Klemperer zu sprechen sein, dem Bankier auf der Tiergartenstraße, dessen Sammlung von etwa 500 Inkunabeln nach seiner Emigration in die Sächsische Landesbibliothek gelangten und 1945 von dort in die Sowjetunion. Sie harren noch ihrer Rückkehr. Siebzig Jahre hatte die Familie Arnhold zum Gemeinwesen der Stadt gehört, und sie hat es mitgestaltet. Und wenn in unserem Kolloquium in einem Film an Fritz Glaser erinnert wurde, den und dessen Familie Otto Dix gemalt hat, dann sei hier - es ist eines der wenigen etwas freundlichen Ereig nisse unter jenen bitteren Schicksalen - angemerkt, daß Victor Klemperer noch am 13. Juli 1942 Glasers berühmte Sammlung expressionistischer Kunst sehen konnte (wenn auch nicht mit allzu enthusiastischem Verständnis) — in jenem Hause, das ihm und Eva am 10. Juni 1945 die erste Geborgenheit gewährte und das die Familie Glaser nun wieder bewohnt. Ein Iext über die Sammlung von Fritz Glaser fehlt in diesem Heft, wie ja überhaupt mit den 12 Aufsätzen das Thema Sammler und Mäzene in Dresden nur in ausgewählten Beispielen in Erinnerung gerufen werden kann. Die Reihe ließe sich fortsetzen mit der kulturhistorisch bedeu tenden Kollektion sächsischer topographischer Ansichten Gottlieb Traugott Bienerts, die von den Bienert-Erben im vergangenen Jahr zu noblen Bedingungen dem Freistaat Sachsen übergeben wurden und nun einen Glanzpunkt der Bestände des Landesamtes für Denkmalpflege bildet. Zu nennen wären ferner die Kunstsammlung des Fotografen Hugo Erfurth, die Porzellan-Samm lung von Carl Spitzner, die Liebermann-Kollektion des Dresdner Kohlenhändlers Hermann Müller und die erstaunliche, oft beschriebene Sammelleidenschaft von Friedrich Pappermann. »Erst im Aussterben wird der Sammler begriffen«, heißt es bei Walter Benjamin. Mit diesem Dresdner Heft wird ein Aspekt städtischer Kultur auch mit dem Wunsch thema tisiert, daß diese durchaus fragmentarischen Untersuchungen an anderer Stelle Fortsetzung fin den mögen. Der Dresdner Geschichtsverein verdankt die Anregung zum Kolloquium einem Podiumsgespräch über Mäzenatentum in der Stadtsparkasse Dresden vom August 1995. Kunst und Kommerz bleibt also ein aktuelles, spannungsvolles Thema.