48 Karl August Lingner, Fotografie von Hugo Erfurth, 1911 kungen von Robert Koch und Louis Pasteur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts überall im Gespräch. Angebote für den präventiven Schutz werden dankbar aufgenommen. Eine Marktlücke ist gefunden. Zunächst ist es freilich nur eine Idee. In Lingners Umfeld finden sich aber die Leute, die ihm die notwendige fachliche Beratung geben, er jedoch hält die organisatorischen Fäden in der Hand. Das Mundwasser Odol verspricht durch den Zusatz eines Antiseptikums sicheren Erfolg im Kampf gegen die gefürchteten Bakterien. Einprägsam ist der Name für das Produkt. Hinzu kommt eine ebenso originelle wie praktische Form der »Flasche mit dem Seitenhals« und eine für die Unternehmer des ausgehenden 19. Jahrhunderts wegweisende Vermarktung. Mit dem Siegeszug des Mundwassers füllen sich um die Jahrhundertwende die Taschen des Unternehmers Karl August Lingner. Er verdient Millionen. Auf dieser Grundlage wird Lingner zum Förderer, Initiator und Mitstreiter vieler gemeinnütziger Unternehmungen. Sein Haupt augenmerk gilt dabei der Verbesserung der Volksgesundheit und der Volksbildung. Beide Berei che stehen für ihn in einem engen Zusammenhang. Auch hier liegt er wieder im Trend der Zeit. Zahlreiche bürgerliche Vereine werden um die Jahrhundertwende gegründet — einerseits beflü- I gelt durch die Fortschritte in der Medizin und andererseits beunruhigt durch die auftretenden sozialen und gesundheitlichen Probleme infolge der Etablierung einer Industriegesellschaft und der sich rasant entwickelnden Großstädte. Sie widmen sich Teilbereichen der öffentlichen Gesundheitspflege, wenden sich bestimmten Altersklassen zu oder konzentrieren sich auf ein zelne Themen—wie Alkoholismus, Säuglingssterblichkeit und Reformkleidung. Eine Mischung aus Verantwortungsgefühl gegenüber dem Allgemeinwohl und den Interessen des modernen