77 Wolfram Steude/Matthias Herrmann Thesen für eine Diskussion Thesen für das öffentliche Podiumsgespräch zu aktuellen und konzeptionellen Fragen von Kreuz chor, Kreuzschule und Kreuzkirche (17. April 1991, Plenarsaal des Dresdner Rathauses) Gesprächsteilnehmer: Constanze Diefenbach (Kreuzschule, Schülervertreterin), Dr. Felber (Kreuzschule, Elternvertretung), Sebastian Flämig (Kreuzchor, Chorvertreter), Dr. Mat thias Herrmann (Hochschule für Musik Dresden, Heinrich-Schütz-Archiv), Direktor Stephan Noth (Kreuzschule), Kantor Ulrich Schicha (amt. Kreuzkantor), Dr. Wolfram Steude (Hochschule für Musik Dresden, Heinrich-Schütz-Archiv), Organist Michael- Christfried Winkler (Kreuzkirche), Superintendent Christof Ziemer (Kreuzkirche) Einleitung »Die Wende als Herausforderung für Kreuzchor, Kreuzschule und Kreuzkirche« bildet das Thema unseres Gesprächs. Der Standortbestimmung »VT) kommen wir her?« und »Vkt stehen wir?« muß sich notwendigerweise der Versuch anschließen, zu formulieren, in welche Richtung sich Kreuzchor, Kreuzschule und Kreuzkirche im Blick auf ihr Zusam menwirken entwickeln sollen. Die Tatsache, daß wir heute in der Öffentlichkeit frei und unregiementiert unsere Gedanken und Standpunkte äußern können — seien sie noch so konträr - wollen wir mit Dank zur Kenntnis nehmen und nach Kräften nutzen. Diese wiedergewonnene Freiheit ist eines der kostbarsten Ergebnisse des Herbstes 1989 und der vollzogenen deutschen Einheit. Keiner soll dies vergessen! Die folgenden Thesen sind gedacht als das, was akademische Thesen immer waren: Aus gangspunkt für die notwendige Disputation. Sie sind ernst gemeint, stellen aber in keiner Weise Ent- oder Beschlüsse dar. I. Die Idee des humanistischen Gymnasiums ist auch heute lebendig! Zugleich mit der Wis sensvermittlung europäischen Bildungsgutes auf den Gebieten der Geisteswissenschaften unter Einschluß der sogenannten alten Sprachen Latein und Griechisch, der Naturwissen schaften und der Künste wird eine individuelle Persönlichkeitsbildung angestrebt, die dem Wesen einer demokratisch-pluralistischen Gesellschaft entspricht und die bisherige soziali-