78 Geschildert wird mit hoher Sachkenntnis, wie aus dem ernsthaften, mit Schießordnungen exakt geregelten Übungsschießen der Dresdner Armbrustschützen auch ein alljährlich wie derkehrender Höhepunkt im Leben der Bürger wurde, ein Fest, zu dem seit dem Ende des 16. Jahrhunderts vielfältige Lustbarkeiten hinzukamen. Auch der Hof hatte aus seinem Repräsentationsbedürfnis heraus bald Einfluß auf die Schützenfeste genommen. Nun be gannen wie bei anderen höfischen Festen auch die Festvorbereitungen bereits viele Monate vorher. Die Anfertigung von Fahnen, Festkleidern, Kränzen und Gewinnen erhöhte somit die Kosten, die jedoch der Rat zu tragen hatte. So nimmt es nicht wunder, daß der Rat der Stadt die Verantwortung für die Veranstaltung von Festschießen gern abgegeben hätte, was ihm jedoch erst um 1700 gelang. An ausgewählten Beispielen verdeutlicht die Verfas serin anschaulich den Wandel vom Schützenfest zum höfischen Festschießen, bei dem, wie im Jahre 1699, das ganze Repertoire an zeitüblichen Belustigungen zu finden ist. Ein neues Kapitel in der Geschichte der Dresdner Vogelwiese beginnt, als der Rat die Ver anstaltung der Schießfeste der Schützengilde übertrug. Mit der Festlegung, daß das Stand- und Stättegeld in die Kasse der Schützen fließen sollte, wurde die Finanzierung der auf wendigen Festorganisation zunehmend gesichert. Im 19. Jahrhundert drängten - wie Heidrun Wozel schreibt - die bisher weitgehend ausgeschlossenen Volksschichten nach ungehinderter Teilnahme an den um die Vogelstange errichteten Belustigungen. Die nun för jedermann erlebbaren Vergnügungen auf dem größten Volksfest in Sachsen werden liebevoll geschildert und illustriert. In ihrem abschließenden Kapitel »Vogelwiesengeschichten nach 1945« verdeutlicht die Ver fasserin die einschneidenden Veränderungen im Charakter des Dresdner Volksfestes. Mit clemVeremsverbot verlor die Vogelwiese ihren Festträger. Das Verbot zum Gebrauch von Waffen betraf auch die Armbrüste zum Vogelschießen. Die in den fünfeiger Jahren wieder angeregten Schießveranstaltungen erhielten einen völlig veränderten Sinn. So kann man dem hoffnungsvollen Ausklang der Schrift nur zustimmen, in welchem Heidrun Wozel betont, daß mit dem Küren eines Schützenkönigs im Jahre 1992 ein wichtiger Schritt getan wurde, einem alten, beliebten Volksfest einstiges Ansehen zurückzugeben. Das aus profunden Kenntnissen und Engagement entstandene Buch wird auf diesem Wege ein wichtiger Begleiter sein. Sieglinde Nickel