47 Zwar war Friedrich August II. nach Kriegsende 1763 bemüht, in Dresden die Musikpflege im Sinne seiner 1757 verstorbenen Gemahlin wieder aufleben zu lassen; doch starb er selbst zu bald, und das Nachfolgerpaar Friedrich Christian und Maria Antonia Walpurgis, geborene Prinzessin von Bayern, beeilten sich geradezu, den alternden Hasse zu verabschieden. Was ihnen vorschwebte, wissen wir nicht, denn durch den überraschenden Tod Friedrich Christians nach weniger als einem Vierteljahr auf dem Thron änderte sich die Gesamtsituation abermals. Meister Hasse, aus dem Wiener Refugium nach Dresden zurückgekehrt, um seinem königli chen Herrn erneut zu dienen, doch bald genötigt, ihm ein Requiem zu komponieren, schrieb auch für Friedrich Christian ein Requiem, leitete die Trauermusiken und begab sich im Früh jahr 1764 ein zweites Mal nach Wien. Daß er in Dresden nicht in Ungnade gefallen war, geht hervor sowohl aus späteren Plänen, nach Dresden zurückzukehren, als auch aus dem kostba ren Geschenk, das der greise Meister von Venedig aus dem Hof und insbesondere seiner geliebten Kapelle machte in Gestalt dreier großer Meß-Vertonungen, zeitlos schöner, sehr wertvoller Musik. 15) Bedingt durch die prekäre finanzielle Situation des Hofes am Ende des Siebenjährigen Krieges und, vielleicht, auch durch fürstliche Neugier auf neue musikalische Entwicklungstendenzen, endete eine große Epoche der Dresdner Musikgeschichte. Damit wurde der Weg »zu neuen Ufern« frei, welche gewiß nicht gleich deutlich im Blick lagen, schließlich aber - wie wir heute wissen - erreicht und glücklich beschritten worden sind. Anmerkungen 1 Neben ihr gab es die jeweils gesondert verwalteten Gruppen der Hoftrompeter, der Hofpfeifer und der Jagdpfeifer. Außerdem waren die diversen Musizierformationen des Militärs in der Lage, jederzeit mit Musikern, die mehr als pfeifen und trommeln konnten, bei Hofe auszuhelfen. Wäh rend die Jagdpfeifer vor allem die Jagdausflüge der Hofgesellschaft begleiteten und unterwegs zur Tafel spielten, oblag den Hofpfeifern die Ausfüh rung der Balltänze, die Begleitung von Festum zügen und wohl ein Teil der Tafelmusik. Nur bei außergewöhnlichen Anlässen wurde zu letzterer die große Capell- und Cammer-Musique herange zogen. 21 Stellvertretend für weiteres sei genannt O. Land mann: Die Entwicklung der Dresdener Hofkapelle zum »klassischen« Orchester. - In: Basler Jahrbuch für Historische Musikpraxis XVII, Basel 1993. 3) Die Definition für den »französischen«, »italieni schen« und »vermischten oder deutschen Ge schmack« hat vor allem Johann Joachim Quantz in seinem »Versuch einer Anleitung, die Flöte traver- siere zu spielen« (Berlin 1752 u.ö.) geliefert. Mit Einzelfragen zum Thema befassen sich mehrere Aufsätze von O. Landmann in den Blankenburg- Michaelsteiner »Studien zur Aufführungspraxis und Interpretation von Musik des 18. Jahrhun derts«, Blankenburg/Harz, ab Heft 8, 1979. 4) Andrzej Chodkowski: J. A. Hasse und Polen. - In: Schriftenreihe der Hochschule für Musik »C. M. y. Weber«, 9. Sonderheft (Dresden 1986); Alina Zorawska-Witkowska: Polska kapela Augusta III. — In: Konferenzbericht der Gesellschaft der polni schen Komponisten, Radziejowice 1989 (Druck i. Vorb.); dies.: Die Musik am Hofe Augusts II. in Warschau [Hab.-Schr.], (Druck vorgesehen).