Hochachtung an dem schon äußerlich sehr ansehnlichen Betriebe vorbei. Die lange, hohe Sandsteinmauer ließ vor dem großen Wohnhaus einen Einblick in den Garten aus ein ovales Wasserbecken frei, das von Zentifolien- und Remontantrosen umrahmt wurde. Gleich beim Ein tritt in den Garten erfreuten schattige Laubengänge, und dahinter lagen die großen Kultur- und Überwinterungsräume der Gärtnerei. Riesengroße „Japans" waren durch Duerhäuser verbunden. Wie oft waren wir Striesner Jungen hier bei Seidels zum Spiel ver einigt ! Der gütige Vater Seidel schaute nachsichtig unserem lärmenden Treiben zu. Am i. Januar 1891 übernahmen die Brüder Rudolf und Heinrich Seidel von ihrem Vater, der sich nun vom Geschäft zurückzog, den Betrieb. 189Z/9H verlegten sie die Gärtnerei nach Laubegast, wo sie für ihre Kulturen fehr geeignetes Land gefunden hatten. Hier entwickelten sie ihre Sonderkulturen von Azaleen, Kamelien, Rhodo dendren, Eriken u. a. blühende Topfpflanzen, aber auch Araukarien und Palmen, in groß angelegtem Rahmen. Bald verlegten sie die Rhododcndrenkulturen nach Grüngräbchen, um hier vor allem die winterharten Sorten noch mehr als bisher in Kultur und Zucht zu nehmen. Diesen Betrieb übernahm dann der ältere Bruder Rudolf, während Heinrich die Laubegafter Gärtnerei allein weiterführte, wesentlich vergrößerte und ausbaute. Er schuf hier den altbekannten Versandgroßbetrieb, der ausschließlich Eigenerzeugnisse in aller Herren Länder absetzte. Die Zahl der Gärtner, die hier gearbeitet haben, ist sehr, sehr groß, und wohl die meisten selbständigen Berufskameraden haben ihn als berufliche Sehenswürdigkeit besucht. Heinrich Seidel war nicht nur ein guter Kultivator und Kaufmann, sondern auch als Züchter ist er erfolgreich hervorgetreten. Seidel hat aber auch feine volle Kraft, feine großen Erfahrungen und vielleicht auch einen Teil feiner Gesundheit der Allgemeinheit unseres Berufes geopfert. Er gehörte mit zu den Gründern der Garten- baufchule des sächsischen Gartenbauverbandes, die zuerst auf der Hasse straße in Striesen war und später nach Laubegast verlegt wurde. Hier haben Rudolf und Heinrich Seidel führend gewirkt und fehr große Opfer für die Schule gebracht. Als dann 1922 aus dieser Schule die Höhere Staatslehranstalt für Gartenbau in Pillnitz hervorging, wurde Heinrich Seidel Mitglied ihres Verwaltungsrates und dessen stellvertretender Vorsitzender. Er blieb fördernd verbunden mit der ersten gärtnerischen Bildungsstätte unseres Sachsenlandes. Dank seiner großen Fähigkeiten und seiner Beliebtheit bekleidete er eine große Anzahl Ehrenämter. Er war Vorsitzender des Landes verbandes Sachsen im Reichsverband des deutschen Gartenbaues. Als er diesen Posten aufgab, wurde er Vorsitzender des Gartenbauverbandes für Sachsen. Er war auch Vorsitzender der 1920 gegründeten Arbeit geberoereinigung des sächsischen Gartenbaues sowie Vorsitzender der gärtnerischen Landestarifgemeinschaft. Die beiden letzten Ämter haben dem Unermüdlichen einen Teil feiner Gesundheit gekostet.