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Der Arbeiter-Fotograf
- Bandzählung
- 1.1926/27,3/12
- Erscheinungsdatum
- 1926
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 19 4 15381 0 0001 1 01
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id392751569-192600003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id392751569-19260000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-392751569-19260000
- Sammlungen
- Fotografie
- Bemerkung
- o.H.1.1926/27,4; Heftnummern 1, 2, 4: Deutsche Nationalbibliothek
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Ausgabebezeichnung
- 1926, 1, August
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- Titel
- Der Arbeiter-Fotograf
- Autor
- Links
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DER ARBEITER-FOTOGRAF Der richtige Moment. Nichts ist wichtiger für eine fotografische Aufnahme der Arbeit, als der richtige Moment. Alle technische Vollkommen heit des Bildes hilft nichts — gewiß, sie ist eine Voraussetzung, die nicht fehlen darf — wenn nicht der Augenblick erfaßt ist, der als einziger das ganze Wesen der Arbeit kennzeichnet. Zu allererst ist jeder Aufbau vom Übel. Wer die Personen erst zurechtstellen muß, darf getrost sein, daß sein Bild unwahr und deshalb ohne Überzeugungskraft sein wird. Aufgebaute Personen sind stets befangen und unnatürlich. Es sei denn, daß sie eine besondere bewußte und gelernte Befreiung von der Befangenheit vornehmen, und auch dann wirken sie als Schauspieler. Es entsteht ein Film, aber kein Bild der Arbeit. Man werfe nur einen kurzen Blick auf das nebenstehende Bild der Lehr lingsgruppe des Zentralverbandes der Zimmerer, und man wird ohne weiteres begreifen, was gemeint ist. Dort haben sechs Menschen im engen Baum sich aufgebaut, um fotografiert zu werden. Wir aber wollten ein Bild sehen, wie sie arbeiten. W enn sie so arbeiten, wie es auf dem Bilde der Fall ist, so würden sie sich gegenseitig alle Finger zerschlagen. Also nur keinen Aufbau. Mehr noch. Es ist besser, daß der, der fotografiert wird, garnichts davon weiß. Das erzeugt eine Unbefangenheit, die die Wahrhaftigkeit des Bildes voll und ganz garantiert. Wer auf den fotografischen Apparat blickt, stört von vornherein den Stil des Bildes, selbst wenn es nur ein einzelner aus einer Gruppe ist. Nicht immer gelingt es natürlich, einen Moment in der Arbeit zu erhaschen, in der die Arbeitenden den Fotografen selbst überhaupt nicht bemerken. Dann entstehen so vortreffliche Bilder, wie das obenstehende, daß das Verladen von Apfelsinenkisten im Hamburger Freihafen zeigt. Für diese vier Arbeiter existiert der Fotograf nicht. Alle ihre Bewegungen sind deshalb natür lich und ungezwungen. Das Bild selbst ist lebendig, geschlossen und von überzeugender Wirkung. Aber wenn dieses Unbeachtet-Fotografieren sich nicht erreichen läßt, so muß der Arbeiterfotograf unbedingt darauf achten, daß, wenn irgend möglich, niemand der Teilnehmer in den Apparat sieht. Sonst entstehen Genrebilder, wie sic bei den Berufsfotografen in jeder Gezwungenheit und Süßlich keit des Spiels, die mit dem Charakter der Arbeit nichts zu tun hat, üblich sind. Und nun auf den richtigen Moment warten! Nicht immer ist der Moment höchster Anspannung der richtige. Auch in der Lösung der Muskelspannung, in den erschlaffenden Mo menten des Ausruhcns liegt viel vom Wesen der Arbeit. Nicht der Steinschläger, der wuchtig den Hammer über dem Haupte schwingt, ist allein das Symbol der Arbeit. Der Moment, in dem der Hammer nur noch lose in den entspannten Armen ruht, kann ebenso wichtig und bezeichnend für den Arbeitsvor gang sein. Selbst der Geübteste wird nicht mit einer Aufnahme den Augenblick treffen, der die überzeugendste Stellung bietet. Man wird um mehrereAufnahmen nicht herumkornmen. Es gibt auch nicht nur einen richtigen Moment. Es gibt deren mehrere, da es Höhepunkte und Tiefen auch im Arbeitsvorgang gibt. Das soziale Moment der inneren Auflehnung ist für die Beob achtung so wichtig, wie der Augenblick des Verzagtseins. Wir brauchen die Arbeiter, die freu dig ausziehen und ans Werk gehen, wir brauchen aber auch den Arbeiter, der unter der Un gunst seiner Lebens- und Arbeits bedingungen verzweifelt einher schwankt. Einseitigkeit birgt hier mehr als jede Gefahr des Irr tums. Nicht etwas suchen wollen, muß der, der mit dem fotografi schen Apparat auszieht, nur mit offenen Augen einhergehen, die Welt und seine Mitmenschen sehen. Das Natürliche ist meist wichtiger als das Merkwürdige. Und das Alltägliche inter essanter, als das Ausgefallene. Ausgefallenes fotografieren zur Genüge die Fotobüros. Wir aber wollen das tägliche Leben, die Arbeit sehen lernen, nicht vom Standpunkt eines Aestheten, nicht vom Standpunkt eines künstelnden Schönheitssuchers. Ein großer Fehler mancher Arbeiter-Fotografen ist es auch noch, daß sie süßliche Stimmungsbilder aufnehmen, die an die Romane von Marlitt und Müller-Glösa erinnern. Nur keine „Illusionen 44 ! Nur keine Schönheitsmache! Für den Arbeiter-Fotografen gibt es nur eine Schönheit de* Bildes. Das ist die Wahrhaftigkeit. Deshalb ist’s mit dem Fotografieren allein nicht getan. Wer nicht innerlich mit den Werktätigen lebt, mit ihnen ringt und kämpft, der wird ihn nie mals finden, den richtigen Moment Arbeiterfotograf; Schröder, Hamburg. Verladen von Apfelsinenkisten im Hamburger Freihafen
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