Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Titel
Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz, Karlsbad, Franzensbad und Marienbad, des Voigtlandes und des Granulitgebietes an den unteren Mulden
Untertitel
ein Reisehandbuch mit Reiskarte von Rudolf Henke und einer Routenkarte
Alternativtitel
Gampe's Erzgebirge mit Einschluss der böhmischen Bäder Teplitz
Gemüth lahmgelegten Thatkraft“ und der ,,Energielosigkeit“, die auf den verlassenen Bergzechen so eolossale Blüthen emportrieb. Landschaftlich hat das Erzgebirge bedeutende Bivalen, für industrielle Excursionen aber steht es ausser Coneurrenz. Wer sich nicht nur über Berg und Thal, wer sieh auch über fleissige Menschen in ihren mannigfaltigen Werkstätten freuen kann, dem sei die „Industrielle Excursion“ in ihrer Zusammenstellung angelegentlichst empfohlen. Siehe dieses Register. Der Menschenschlag ist keineswegs degenerirt wie im Ausland oft behauptet wird, wir finden unter den Hammerschmieden, Bauern und llolzknechten sogar hereulische Gestalten, nur in den Weber-, Posamenten- und Strumpfwirkerdistrieten haben die Stubenluft und die zeitweilig geringe Nahrung in verdienstlosen Zeiten ihre Wir kungen unverkennbar hinterlassen. Auffällig sind die durchgängig intelligenten Gesiehtszüge; selbst unter dem landwirtschaftlichen Gesinde begegnen wir nur selten einem stumpfen, nichtssagenden Gesicht. Die Frauen sind meist geschmeidige Gestalten, zierlich, gazellenartig und selbst bei der Arbeit nicht ungefällig gekleidet. Befremdlich für einen germanischen Stamm sind die vielen braun grauen, braunen und schwarzen Augen. Leider heirathen die Frauen sehr früh und altern früh. Der Tanz ist äusserst beliebt und wird meist ohne Tanzlehrer in höchst vollendeter Weise geübt. Practische Winke für den Umgang. Der Erzgebirger aus dem Volke erwartet bei seiner offenen, munteren Gemütsart, dass der Fremde sich auch so zeige und dieser kann sich ohne alle Gefahr in vertraulicher Weise nähern, er bleibt trotzdem stets eine Respeetsperson. Ueberaus freut sich der Erzgebirger, wenn sieh der Fremde für seine Heimath und vor Allem für seine Arbeit und Erwerbsverhältnisse interessirt, er lässt ihn mit vieler Treuherzigkeit in seine innersten Angelegenheiten blicken. Mit kalter Vornehmtuerei imponirt dem Erzgebirger Nie mand, der Hochmut ist ihm etwas Lächerliches. Neidlos blickt er auf den besseren Itoek, lernend blickt er zu der höheren Intelli genz auf, der Standesunterschied ist ihm anerkannte Thatsac-he, nur will er diesen am Liebsten selbst markiren.