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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188212106
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821210
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821210
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-12
- Tag1882-12-10
- Monat1882-12
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.12.1882
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und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nvd städtischen Behörden zn Freiberg und Brand. Ler«itto«Üich<r Nedakteur Julins Brau« d» Freiberg. — - - - 84. I»hr>»ug. Ml 8 Erscheint je»«, «»chent«, Abends 0 Uhr für den . _ S Jnserotc »erden bl4 LonniUa, 11 Uhr «mge»«n- ü 287.1 Sonntag, den 10. Dkzrmdkl. I 11882. Vie Woche. Reichstag und preußischer Landtag theilten sich brüderlich in die vergangene Woche; denn wenn der Reichstag arbeitete, pausirte der Landtag und umgekehrt. Beide parlamentarische Körperschaften tagen bekanntlich nicht gern neben einander, mag der Grund nun darin liegen, daß zu viele Mitglieder in beiden Häusern thätig sind, oder in dem Umstande, daß man auf die Publizität etwas eifersüchtig ist und dem Publikum nicht gern zu viele parlamentarische Schüsseln aufcinmal serviren möchte. Der Regierung sind denn auch Vorwürfe, daß sie die Zeit nicht besser einzutheilen vermöge, um jedem Parlamente seine besondere Session ohne Konkurrenz zu sichern, nicht erspart geblieben. Uebrigens mag es wohl zuweilen unmöglich sein, allen Wünschen gerecht zu werden, denn die Parlamente selbst beschränken sich nicht gern, weder in der Dauer der Debatten, noch bezüglich der Bequemlichkeit der Zeit. Der Sommer scheidet der Hitze wegen aus; im Herbst und Frühjahr giebt es der Jahrcsfeste wegen diverse Feiertage und so bleibt denn für zwei Parlamente und einen Volkswirthschastsrath nur der Zeitraum von wenigen Monaten, der bisher fo ge schickt veri heilt worden ist, daß Kollisionen zu den Selten heiten gehören. So war es auch in der abgelaufenen Woche. Der Reichstag begann — nachdem er zuvor einige kleinere Vorlagen erledigt hatte — am Donnerstage mit der Etatsberathung, welche fast nur von der Frage der zweijährigen Budgetperiode beherrscht wurde Etwas Neues brachte man jedoch nicht zum Vorschein. Die Vortheile und Nachtheile einer Etatsaufstcllung auf mehrere Jahre sind iu der letzten Reichstags-Session so eingehend erörtert worden, daß eben nichts Neues hinzu zufügen ist. Auch tue Stellung der Parteien zur Sache hat sich inzwischen nicht geändert. Vollständig neu ist aber diesmal der Weg, auf welchem die Reichsrcgierung die zweijährige Budgelpcriode einzusühren sucht. Früher hielt die Regierung eine ausdrückliche Aenderung des Art. 69 der Reichsverfassung für erforderlich; jetzt erklärt sie, daß derselbe der gleichzeitigen Feststellung der Etats auf mehrere Jahre hinaus nicht im Wege stehe. Artikel 69 lautet: „Alle Einnahmen und Ausgaben des Reiches müssen „für jedes Jahr veranschlagt und auf den Reichshaus- „ Halts Eiat gebracht werden. Letzterer wird vor Beginn „des Eiatsjahres durch ein Gesetz festgestellt." Die Auffassung der Reichsregierung stützt sich auf die rein wörtliche Auslegung, daß unter dem „vor Beginn des Eiatsjahres" keineswegs ausschließlich die Zeit unmittel- b ar vor Beginn des Etatsjahres verstanden werden müsse, es vielmehr nur darauf anlomme, daß die Feststellung überhaupt vor Beginn des Etatsjahres, einerlei wann, erfolgt sei. Nach dem Geiste sowohl wie nach der Ent stehungsgeschichte des Art. 69 kann aber kein Zweifel sein, daß lediglich die alljährliche Aufstellung des Etats beabsichtigt gewesen ist, wie denn auch die Regierung selbst dies bei ihrer Vorlage von 1861 noch angenommen hat. Wie damals, so wird auch diesmal der zweijährige Etat sicher abgelchnt, denn nachdem sich die Liberalen und das Zentrum für diese Ablehnung entschieden, haben die Gegner der Regierungsvorlage die Majorität. Ob es dem Fürsten Bismaick, der am Donnerstage krankheitshalber der Etats- berathung nicht beiwohnen konnte, in einer späteren Sitzung gelingen wird, den Reichstag günstiger zu stimmen, ist mehr als zweifelhaft. — Das preußische Abge ordnetenhaus hielt nur zwei Sitzungen, am Montag und am Mittwoch, in denen es sich lediglich mit der Fortsetzung der Etatsberathung beschäftigte. Hierbei kam am Montag auch die Vagabundennoth wieder zur Sprache, aber die lebhafte Debatte über diesen Gegenstand förderte auch diesmal kein praktisches Resultat zu Tage. Am Mittwoch führte das Haus zunächst die Berathung des Etats für das Ministerium des Innern zu Ende, wobei es bei einer geringfügigen Position — 11500 Mark für verschiedene Reparaturen im Ministerialgebäude des Innern — zu einer langen Debatte kam. Hieran schloß sich die Spezialberathung der Etats der Berg-, Hütten- und Salinenvcrwaltung, deren einzelne Kapitel im Ganzen genehmigt wurden. Die nächste Sitzung des Abge ordnetenhauses findet Dienstag, den 12. Dezember statt. — Aus dem Weste« Deutschlands ward abermals das Steigen der meisten Flüsse, des Rheins, des Neckars, der Mosel rc. gemeldet, doch ist glücklicherweise keine neue Hochwassergefahr eingetreten. Haben doch die vorausgegangenen Ueberfchwemmungen leider schon viel zu viel Unheil angerichtct. So oft solche Unglücksfälle ein treten, gelangt eine Reihe von geistreichen Abhandlungen und sinnreichen Vorschlägen zur Veröffentlichung, wobei immer der Rath die erste Rolle spielt, unsere entholzten Waldflächen wieder zu bestocken. So gut dieser Rath auch sein mag, so käme er doch blos den kommenden Geschlechtern zu Gute, da eine Wiederaufforstung eines Zeitraumes von über 60 bis 100 Jahren und noch darüber hlnaus bedarf. Sodann wird die Mehrzahl unserer einst bewaldeten Berge sich überhaupt nicht mehr aufforsten lassen, weil Sturzwasser von denselben die Hauptbedingung wegspülten, nämlich die Krume, das ist: der Humus. Es handelt sich daher für den Moment um eine noch dringlichere Maßregel, nämlich um Wasserbauten, zunächst nm die Erbauung von Hochrcscrvoiren und Parallel Kanälen, mit denen allerdings die Wiederaufforstung der kahlgeschlagenen Gebirgszüge Hand in Hand gehen muß In Oesterreich begann vergangene Woche die par lamentarische Kampagne wieder. Die neue Session des Reichsrathes wurde am vergangenen Dienstag mit einem Exposä des Finanzministers für Zisleithanien, Dr. von Dunajewski, über die Finanzlage des österreichischen Staates eröffnet. Nach der Darstellung Dunajewskl's sind die wirthschaftlichcn und finanziellen Verhältnisse des Donaurciches in entschiedenem Aufschwünge begriffen und dementsprechend prangte auch das Finanzexposs in den hellsten Farben. Für 1883 ist nur ein Defizit von ca. 31'/, Millionen Gulden vorhanden und auch dieses schmilzt nach den Zahlengruppirungcn des Finanzministers auf die Summe von 6 Millionen zusammen. Indessen, Herr von Dunajewski schaut die Dinge doch wohl in zu rosigem Lichte und das Steuerbouquet, welches er dem Reichsralhe schließlich präsentirtc, ist eine bedenkliche Zugabe zu seinen günstigen Darstellungen. Er kündigte nämlich Gesetzent würfe, betreffend die Ecwerbsteuer, die Besteuerung der znr öffentlichen Rechnungslegung verpflichteten Ecwerbsunter- nehmungen, die Rentcnstcuer und die Personalcinkommen- steuer an. Von der Reichsraths-Majoriiät wurden die Ausführungen Dunakcwski's mit Beifall ausgenommen. Im italienischen Abgeordnetenhausc wollen die De batten noch immer nicht recht in Fluß kommen. Man hat bis jetzt mit Kommiss,onswahlen und anderen For malien die Zeit zugcbracht, weil augenscheinlich die Partei- gruppirung, von der die ganze Kampagne in hohem Grade bedingt ist, sich noch nicht genügend konsolidirt hat. Ein Zwischenfall, der mit dem Bradlaugh-Fall im englischen Unterhaus eine frappante Aehnlichkeit zeigt, macht indessen viel von sich reden und wird aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Gesetzesantrage über die Modifikation des Parla mentseides Anlaß geben. Ein der mazzinistischen Gruppe zugehöriger Abgeordneter, vr. mvä. Falleroni, verweigerte nämlich die Ableistung des Eides so hartnäckig, daß er mit Gewalt aus dem Saale entfernt werden mußte. Sein Mandat gilt in Folge dieser Weigerung für erloschen. Aus Frankreich war in dieser Woche an politischen Vorfällen fast gar nichts zu melden. Die Deputirten- kammer nahm in ihrer Sitzung vom 6. Dezember das Budget des Handelsministeriums an, wobei Minister Tirard entschieden gegen neue Kreditsorderungen und er klärte, man müsse einhalten, wenn man nicht das Gleich gewicht der Finanzen in Frage stellen wolle. Die Skandal sucht der Pariser wird durch den Anfang derWoche begonnenen Prozeß gegen die ehemaligen Direktoren der zusammenge brochenen „Union gonocale", Bontoux und Feder, neue Nahrung erhalten, nachdem schon die Verwundung Gam- bctta's, sowie seine angeblichen Konspirationen gegen den Präsidenten der Republik, der Klatschsucht der französischen Hauptstadt überreichen Stoff gegeben haben. — In Cannes starb am Mittwoch der alte Revolutionär Louis Blanc nach kurzem Krankenlager. In der zweiten holländischen Kammer erklärte auf die heftigen Angriffe mehrerer Drpulirten der Minister des Auswärtigen, von Rochussen, über den neuen Handels- Vertrag mit Frankreich seien die Verhandlungen im Gange, derselbe basice auf dem Prinzipe der meistbegünstigten Nation und werde auf ein Jahr abgeschlossen werden. Der Beitrag werde die Form einer Konvention er halten und nicht auf ein Gesetz basirt werden, wie Frankreich ein solches für seinen Handels-Vertrag mit England angenommen habe. In der Angelegenheit wegen Borneos habe die Regierung ihre Pflicht gethan. Der Minister bemerkt sodann bezüglich der Suez-Kanalfrage, das Interesse der Niederlande an dem Suezkanal sei zn einleuchtend, als daß man befürchten sollte, daß die Nieder lande übergangen würden, wenn ernstliche Verhandlungen in dieser Richtung stattfänden. Die Reise des russischen Ministers v. Giers gab auch in der vergangenen Woche dec europäischen Presse ergiebigen Stoff zu allerlei Kombinationen, die ganze Seiten füllen würden, wollte man sie auch nur in Kürze erwähnen. Die Berliner offiziösen Kommentare zeichnen sich dabei durch eine große Unumwundenheit der Sprache aus. Es wurde nämlich aufmerksam gemacht, der intime, dokumentarisch wohlverbriefte Charakter de- deutsch-österreichischen Bündnisses sei Herrn G,ers zu dem Zwecke konstatirt worden, um einer dritten Macht klar zu machen, daß es ihr nicht möglich wäre, zu einer der beiden Vertcaqsmächle in ein Bechältniß zu treten, welches an Festigkeit und Intimität demjenigen zwischen Deutschland und Oesterreich gleich käme. Rußland — dies ist der kurze Sinn jener offiziösen Auslassungen — kann für Deutschland ein Alliirter zweiter Klaff', nicht ein Alliirter erster Klasse wie Oesterreich sein. Es ist aber auch im höchsten Grade wahrschemUch, daß Herr von Giers in Varzin eben bemüht war, den russisch-deutschen Beziehungen einen höheren Grad der Intimität zu verschaffen, und wenn nun von Berlin aus die Schranken für diese Intimität in der erwähnten Weise fixirt werden, so wird man wenigstens von einem theilweisen Mißerfolge dec Reise des Herrn von Giers sprechen dürfen. Die Verhandlungen der deutschen Regierung mit Spanien wegen Erneuerung des Handelsvertrags dauern noch fort. Es gilt als zweifelhaft, ob vor dem 15. d M. eine Einigung erzielt werden kann. — Ministerpräsident Sagasta entwickelte dieser Tage in einer Versammlung von Deputirtcn das Regicrungsprogramm für die nächste Zession. Darnach ist die Regierung entschlossen, ihre Prinzipien ausrecht zu erhalten, welche sie früher schon vertheidiqt habe, als sie sich noch in der Opposition be fand. Es würden Reformen in allen Zweigen der Ver waltung eingeführt werden, darunter die Religio ns- und die Preßfreiheit Die R gierung würde in der nächsten Session mit den Vorschlägen für ein Gesetz wegen der Geschwornengerichte un» für ein Zivilehegesetz vor die Kortes treten. — Wenn in dem bigotten Spanien diese Gesetze zur Wahrheit werden, dann fällt dem Vatikan abermals eine seiner kostbarsten Perlen geistlicher Herr schaft in's Wasser. Die seltsamen Veränderungen im türkischen Kabinet haben mit der Wiedereinsetzung Said Pascha's als Groß- vczier bis auf Weiteres ihr Ende erreicht. Man be hauptet, die nervöse Schwarzseherei des Sultans, w lche überall Verrath wittere, sei schuld an den letzten Vor kommnissen. Und darf man cs dem Sultan verdenken, wenn er überall Gespenster sieht? Man erwäge nur, wie es ihm in letzter Zeit ergangen ist. Zunächst wurde er dazu genöthigt, bedeutende Gcenzländer an^as unzu friedene Griechenland abzutretcn, dann nahmen die Franzosen ihm den türkischen Vasallenstaat Tunis hinweg und die Engländer haben sich in Egypten festgesetzt. Sie ließen dem Sultan werter nichts, als das leere Nachsehen und einige sehr fadenscheinige Rechte, welche England noch jeden Tag weiter einschränken kann. Man sieht, jede Macht, die es in ihrem Vortheile hält, greift zu und reißt ein Stück nach dem andern von der Türkei los Wie kann da auch nur ein Schatten von der Autorität des Sultans und seiner Regierung bestehen bleiben? Und was können unter solchen Umständen die Refarmversuche in der Türkei, die Mimsterwechsel und sonst welche Besse, ungspläne nützen? Moralisch und physisch, politisch und finanziell ist die Türkei todt und das, was sie noch an militärischer Kraft besitzt, reicht nicht enlf rnt mehr aus, um sich ihrer vielen Gegner zu erwehren Unauf haltsam bereitet sich daher die große Katastiophc im Orient vor, Krisis ans Krisis, Verlust auf Verlust bezeichnen ihren Weg und der Untergang der Türkei hängt schließlich von einem Zufall ab, der das morsche Reich zum Stürzen bringt. Da kann man cs dem Sultan wahrhaftig nicht verdenken, wenn er fortwährend in gereizter Stimmung ist.
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