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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188206106
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820610
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820610
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-06
- Tag1882-06-10
- Monat1882-06
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.06.1882
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I Inserate werden bis Vormittag-11 Uhr angenom- men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile oder derm Raum IS Psenmge. 1882 8 Erscheint jeden Wochentag Abends Ü Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2d Pf., is zweimonatlich l M. 50 Pf. u. einmonatl. 7b Pf. 34. Jahrgang. Somadend, den 1ü. Juni. und Tageblatt. " Amtsblatt sür dic kömglichen Md städtischen Behörden zu Freiberg und Braud. Ve«Mw»rtlichtt Redakteur Iuliu» Braun m Freiberg. Der orientalische Wirrwarr. Es mag für viele unserer Leser kein angenehmes Geschäft sein, den täglich wechselnden Stadien der egyptischen Frage bis in ihre Einzelheiten zu folgen; wir wollen deshalb gern darauf verzichten, hier all' die Jntriguen aufzuzählen, welche in den letzten Wochen am Nil gesponnen wurden und von denen freilich nur die wenigsten schon ganz offen zu Tage liegen. Aber einige allgemeine Bemerkungen über die Lage im Orient dürfen vielleicht auf Interesse rechnen, zumal die Vorgänge in Egypten wahrscheinlich in der nächsten Zeit noch viel von sich reden machen werden. Die ganze verlotterte orientalische Wirthschaft, die für unsere abendländischen Anschauungen kaum begreiflich ist und deren Erscheinung so seltsam anmuthet, als wäre dies alles ein Märchen aus tausend und einer Nacht, wird durch diese Vorgänge wieder einmal recht hübsch illustrirt. Zugleich aber kann man daraus lernen, daß diese ver lotterte Wirthschaft doch noch gewisse, gar nicht zu unter schätzende Lcbcnselemente in sich birgt und daß alle diese Unbegreiflichkeiten, welche anderswo im Nu den Zusammen bruch eines Staatswesens herbciführcn müßten, im Orient keineswegs diese Wirkung haben; vielleicht weil alle diese Unbegreiflichkeiten im schönsten Einklang mit dem ganzen orientalischen Wesen stehen, also naturwüchsig sind; viel leicht aber auch, weil dic Eifersucht der europäischen Mächte jene seltsamen Zustände unterstützt. Endlich aber kann man sogar zu der Anschauung kommen, daß der Europäer, wenn er mit orientalischen Dingen zu thun hat, leicht den Kürzeren zieht, eben weil er nicht mit den im Orient vorhandenen Faktoren, sondern mit seinen eigenen Anschauungen rechnet und sich also leicht verrechnet. Die Diplomatie der Wcstmächte scheint zur Zeit in diesem Falle zu sein. Welches Interesse England und Frankreich an den Dingen in Egypten haben, ist leicht ersichtlich. Die un sinnige Wirthschaft des vorigen Bizekönigs stürzte das Land in kolossale Schulden. Unter dem gegenwärtigen Khedive ist die Finanzlage nicht viel besser geworden. Die Gläubiger sind vorwiegend Engländer und Franzosen. Sie haben ihr Geld natürlich nicht aus reiner Menschen freundlichkeit dahin gegeben, sondern für wucherische Pro zente und unter Ermuthigung von Seiten ihrer Regie rungen, weil diese es für rathsam hielten, daß ihre Landes kinder allmählich am Nil festen Fuß fassen; die Engländer, weil für sic Egypten die schönste Etappe auf dem Wege nach Indien ist; die Franzosen, weil für sic Egypten ein wichtiger Stützpunkt für ihre afrikanische Politik werden kann. Da sich bei diesen Plänen Engländer und Franzosen, wenigstens vorläufig, nicht in den Weg kommen, so können sie auch in aller Gemüthsruhe gemeinschaftlich operiren. Es fehlt ihrem Vorgehen sonach wieder an einem sehr gewichtigen materiellen Hintergründe, noch an formellen Motiven. Wenn beide Mächte die bedrohten finanziellen Interessen ihrer Staatsbürger schützen wollen und sich also um die liederliche Wirthschaft in Egypten bekümmern, hie und da Einspruch thun, wohl auch einmal eingreifcn, so können sic sich immer auf die bedrohten Gläubiger des Khedive berufen, deren Schutz ihnen obliegt. Soweit wäre nun Alles ganz hübsch von England und Frankreich ausgedacht gewesen. Nun wissen aber die intelligenteren Mohamedaner schon seit langer Zeit ziem lich genau, welches Schicksal der Herrschaft des Islam von den europäischen Mächten zugedacht ist. Sie sind keineswegs gewillt, sich das ruhig gefallen zu lassen. In Egypten hat sich eine sogenannte Nationalpartei gebildet, welche — ganz ebenso wie in anderen Ländern — der Ansicht huldigt, daß eigentlich nur die Fremden das Un glück ihres Landes sind und welche daher dic Verdrängung der Fremden und ihres fremdländischen Einflusses erstrebt. Diese Nationalpartei besitzt in der Armee einen bedeutenden Anhang und hat in Arabi Bey, der sich dem Khedive als Ministerpräsident aufgedrängt hat und ihm trotz allen Sträubens im Nacken sitzt, einen ebenso schlauen als kühnen und energischen Führer. Ob Arabi die National partei nur benutzt, um seine eigenen selbstsüchtigen Pläne zu verfolgen, oder ob ihm wirklich eine nationale Idee vorschwebt, ist glcichgiltig; soviel steht fest, daß er bisher mit vielem Geschick die Westmächte in Schach zu halten verstand. Mit derselben Schlauheit aber haben sich auch die türkischen Diplomaten die Sachlage zu nutze gemacht und in den Wirren, welche durch die Einmischungsversuche der Westmächte und den Widerstand der egyptischen Staatsmänner entstanden, so glücklich zu lavircn gewußt, daß sie zwischen die beiden Streitenden kamen und dadurch die günstigste Position erreichten, die sich nur denken läßt. Der Pforte gelang es dadurch, die Westmächtc von einem Eingriff in ihre eigene Machtsphäre abzuhalten und gleich zeitig sich selbst den Mohamedanern gegenüber als Retter von der drohenden Eroberung durch die christlichen Mächte aufzuspiclen. Wenn unter den Mohamcdancrn Afrika's der Glaube um sich greifen sollte, mit der Macht der Christen sei cs gar nicht so weit her, und der Beherrscher der Gläubigen sei noch immer der Mann, welcher alle Gewalt in seinen Händen halte, so haben dic Westmächte mit ihrer egyptischen Politik zu diesem Resultat nicht wenig beigetragen. In Wirklichkeit arbeiteten sie nur für den Sultan und dessen Ansehen. Deutschland hat natürlich keinen Anlaß, diese Wendung zu beklagen. Unsere Interessen für Egypten liegen nicht da, wo England und Frankreich Stellung genommen haben; im Gcgentheil ist jede Ausdehnung des Einflusses der Wcstmächte im Orient uns schädlich. Darum vertritt Deutschland im Verein mit Oesterreich, Italien und Ruß land die Entscheidung der egyptischen Wirren durch das Einvernehmen der europäischen Mächte, nicht durch ein seitiges Vorgehen der beiden Wcststaaten. Wenn wir auch nicht so weit gehen, wie mancher andere Politiker, der hinter all' den Schachzügen, wodurch Frankreich und England matt gesetzt sind, des deutschen Reichskanzlers Rathschläge sucht, so ist doch jedenfalls sicher, daß die Pforte nicht gewagt hätte, so energisch aufzutreten, wie sic es gethan, wenn sie nicht annehmen konnte, in Berlin werde ihre Haltung gebilligt. Tagesschau. Freiberg, 9. Juni. Gestern nahm Kaiser Wilhelm die Vorträge des Ober-Hofmarschalls Grafen Pückler, des Hofmarschalls Grafen Perponcher und des Geh. Hofraths Borck ent gegen und empfing nach 11 Uhr den Besuch des Groß fürsten Wladimir von Rußland, welcher auf der Reise nach Italien am Morgen aus St. Petersburg in Berlin eingetroffen war. Demnächst begleitete der Kaiser den russischen Großfürsten persönlich nach der russischen Bot schaft zurück. Im Laufe des Nachmittags arbeitete der Kaiser mit dem Chef des Militär - Kabinets General- Lieutenant von Albedyll und ertheilte Audienz. — Der heutige Reichs- und Staats-Anzeiger veröffentlicht das Gesetz vom 31. Mai 1882, betreffend Abänderungen der kirchcnpolitischen Gesetze. — In Kassel wurde gestern Vor mittag 10 Uhr folgendes Bulletin ausgegeben: Prinz Karl hat im Allgemeinen eine ruhige Nacht verbrach:; das Allgemeinbefinden ist günstiger, das Bewußtsein freier. Schmerzen an der Bruchstelle sind nicht vorhanden. — Am Montag wird im Reichstage die zweite Lesung des Tabakmonopols beginnen, und zwar ganz sicher unter Bctheiligung des Fürsten Bismarck, welcher dann alsbald nach Kissingen abzurciscn gedenkt. Die Reichstagssession könnte bereits am 17. d. M. schließen, besteht jedoch die Regierung, wie es den Anschein hat, auf Durchberathung des Arbeitcrkrankenkaffengesetzes, so kommt zweifellos das Ende des Monats heran, bevor die Session schließt. Sehr erregt gestalteten sich die Sitzungen der Tabakmonopol kommission zur Feststellung des Berichts durch die Behaup tung des Regierungskommissars Unterstaatssekretär v.Mayr, daß seine Erklärungen tendenziös wiedcrgcgeben seien. Man mußte sich wohl oder übel doch entschließen, den Bericht durch Aufnahme mehrerer dieser Erklärungen zu ergänzen. Die Vor gänge werden im Plenum noch ein Nachspiel erleben lassen. — Der Unterstaatssckretär im Ministerium für Elsaß-Loth- ringen von Pommer-Esche tritt, wie die Elsaß-Lothringische Zeitung amtlich meldet, züm 1. Juli er. einstweilen in den Ruhestand. Dic Leitung der von ihm geführten Ab- theilung des Ministeriums ist bis auf Weiteres dem Staatssekretär v. Hofmann übertragen worden. — Nach dem nach erfolgter Zustimmung der Staatsregicrung durch päpstliches Breve vom 24 März dieses Jahres der seit herige Domherr, Kapitular-Vikar vr. Franz Kaspar Drobe in Paderborn zum Bischof von Paderborn ernannt und von demselben die zur Uebernahme seines Amtes erforder liche Anerkennung des Königs nachgesucht worden ist, hat die Aushändigung der vom 17. Mai d. I. datirten Landesherrlichen Anerkennungs-Urkunde an den Bischof vr. Drobe am 7. Juni d. I. durch den Ober-Präsidenten der Provinz Westfalen stattgefunden. — Von verschiedenen Seiten wird der bisherige Senatssekrctär Vr. Jul. Eckhardt als muthmaßlichcr Nachfolger des Gehcimrath vr. Engel in der Leitung des preußischen statistischen Bureau be zeichnet. — Wie das „B. T." aus Hamburg erfährt, unterhandelt die Firma Krapp mit dem Senat um Er werbung der Elb-Insel Georgswerdcr, um daselbst eine Anlage zu begründen, in welcher eiserne Schiffe gebaut werden sollen. In der gestrigen Scnatssitzung kam die Angelegenheit zur Berathung. Der Senat beschloß indeß, der Firma vorzuschlagcn, ihren Plan dahin zu ändern, daß das Etablissement auf dem Steinwerder errichtet werde, der ihr in diesem Falle abgetreten werden würde. In Oesterreich soll in der nächsten Parlamentssejsion ein neues Berggesetz eingcbracht werden. Die Reform der Brudcrladen soll darnach auf Versicherungs - technischer Grundlage, nicht nach dem Vorbild der deutschen Knapp- schaftskasscn erfolgen. — Im österreichischen Handels ministerium wird nach einer Mitll>itang der „Presse" gegenwärtig eifrig an dem Zustandekommen einer Jndustric- statistik gearbeitet. Im Laufe des Sommers werden die Fragebogen an die FabriketablissementS hiuausgegeben, auf welchen dic Anzahl der Maschine»; der Spindeln, der Arbeiter rc. zu verzeichnen ist. — In der inneren Politik Oesterreichs vollzieht sich zur Zeit eine bedeutsame Wandlung, um das Vcrhältniß zu den neucrworbenen Provinzen Bosnien und Herzegowina besser zu gestalten. Als Urheber derselben ist der neuernannte Reichsfinanz- ministcr v. Kallay zu betrachten, der zunächst seine ganze Aufmerksamkeit aus Schaffung eines tüchtigen bosnischen Beamtenkörpers richten wird. Das ist allerdings leichter gesagt als gethan. Wohl stimmt Alles dgrin überein, daß das Beamtenmaterial sehr mangelhaft sei, aber leider weiß Niemand zu sagen, wie die tüchtigen und geeigneten Beamten für Bosnien und dic Herzegowina so schnell zu beschaffen sind. Auch Herr v. Kallay wird zunächst mit den schon vorhandenen Kräften arbeiten müssen; aber es wird feine nächste und wichtigste Aufgabe sein, den Versuch zu machen, ob nicht mit dem gegenwärtigen Beamtenkörper den hervorgetretenen Mängeln abgeholfen werden kann. Ein Hauptfehler war es, daß sowohl die Verwaltungs- als auch die Justizbcamten zu wenig den Anschauungen der bosnischen Bevölkerung Rechnung trugen. Sie ver schmähten es, in die Denkweise derselben einzugehen, ver langten dagegen von ihr, daß sie sich nicht nur mir ihren Handlungen und Bedürfnissen, sondern auch mit ihrem Denken und Fühlen in die Schablone der österreichischen Bureaukratie hineinfinde. Die Schaffung eines tüchtigen bosnischen Beamtenkörpers, welcher fähig ist, Pioniecdicnste der Zivilisation zu verrichten, ist das Erste und das Dringendste, was zu geschehen hat. Solche Opfer, wie die okkupirten Provinzen in diesem Jahre erfordert haben, können für die Zukunft nicht wieder gebracht werden. Dieses richtige Vcrhältniß hcrzu'Ha, darauf wird Herr v. Kallay alle seine Kräfte konzentriren. — Die Lemberg- Czernowitzer Eisenbahn wollte eine Lieferung von fünf Ellzuglokomotwcn an die Würtcembcrgische Maschinenfabrik in Eßlingen vergeben. Vom Handelsminister wurde jedoch im Interesse der inländischen Industrie die Genehmigung verweigert.
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