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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 04.10.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-10-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188210049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821004
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821004
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-10
- Tag1882-10-04
- Monat1882-10
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 04.10.1882
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Md Tagebkll. Amtsblatt für die königlichen and Wüschen Behörden zu Freiberg and Brand. Verantwortlicher Redakteur Iuliu» Braun in Freiberg. —— — 34. Jahrgang. -- - - — —- - -«/» Trlchcmt jeden Wochentag Abendr 6 Uhr für den Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- I andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2d Pf., Hf/ikktNNtff ^L. men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile D " kvV-I-* zweimonatlich 1 M. SV Ps. u. ctnmonatl. 7b Pf. «t/ttttUlllttt, oder deren Raum 1ü Pfennige. j Nachbestellungen auf den „Freiberger Anzeiger und Tageblatt" für die Monate Oktober, November und Dezember werden von sämmtlichcn kaiserlichen Postanstalten, sowie von nachstehenden Ausgabestellen angenommen: In Freiberg bei: der Expedition, Rinnengasse 96^., August Jäckel, Meißnergasse, Oswald Heinzmann, Ännabergcrstraßc, B. Heyden, Ecke der äußeren Bahnhofstraße, Gustav Weidauer (früher Neuber L Engelschall Nachf.), Erbischestraße, R. Kreickcmeier, Obermarkt, Theodor Stölzner, Wcingasse und kleine Borngasse, Fr. W. Werner, Ncugasse, Auswärts bei: Ernst Helbig jun., Kaufmann in Erbisdvrf, für Brand, Erbisdorf, Linda, St. Michaelis, Eduard Hutzsch, Einnehmer in Oberlangenau, für Ober- und Niedcrlangcnau und Klcinhartmannsdorf, Ernst Teutscher, Gcmeindcvorstand in Halsbrücke, für Halsbrücke, Conradsdorf, Krummenhennersdorf, Sand und Tuttendorf, Eduard Scheinert, Schnittwaarcnhändler in Lang- Hennersdorf, für Langhcnncrsdorf und Seifersdorf, Franz August Böhme, Restaurateur in Weißenborn, für Weißenborn. Die Expedition des „Freiberger Anzeiger". Die Vorgänge in Preßburg. Der Telegraph brachte dieser Tage Meldungen von Exzessen, die in Prcßburg sich gegen die dortigen Juden vollzogen. Unwillkürlich findet man sich gedrängt, diese neueste Judcn-Emeute im Zusammenhänge mit den übrigen Zeiterscheinungen zu betrachten. Es ist bekannt, daß die Agitation gegen die Juden nicht gerade das Prcßburgcr Komitat, auch nicht Ungarn und die östlichen Länder der österreichischen Monarchie sich als Terrain gewählt hat. Der Antisemitismus ist zu einer Bewegung geworden, welche weite Gebiete umfaßt und man kann in demselben eine wirkliche Krankheit der Zeit sehen. Der Antisemitis mus ist aber von einer weit ernsteren Bedeutung, als all gemein angenommen wird. Die lächerlichen Erscheinungen, welche im Vordergründe der Aktion sich bemerkbar machen, dürfen nicht über den Charakter, das Fundament und die Zielpunkte der Be wegung täuschen. Man kann den Antisemitismus nicht mit den gewöhnlichen Judenverfolgungen vergleichen, wie sie in engen Grenzen von Zeit zu Zeit vorgekommen sind; er bedeutet einen Rückschritt von vier Jahrhunderten. An der Endstation des Mittelalters, in dem Momente, wo die Morgenröthe einer besseren Zeit auch über Deutschland aufleuchtete, wurde die Frage entschieden, welche in unseren Tagen als blutiges Gespenst durch die Straßen schreitet. Damals lebte in Köln der getaufte Jude Johannes Pfefferkorn, das echte Prototyp aller Antisemiten; damals vertheidigte Reuchlin die Juden und mit den Juden zu gleich die Sache der Aufklärung. Wir bitten in Schlosser's Geschichte nachzuschlagcn, zum Beweise dafür, daß wir keiner parteiischen Auffassung uns hingeben, wenn wir sagen, daß damals die Sache der Juden mit der Sache des Fortschritts auf's Engste verknüpft war. Bei dem da maligen deutschen Kaiser trug Reuchlin den Sieg davon und damit war auch, wie Schlosser glaubt, das Terrain für die Reformation vorbereitet. Wir geben einfach die historische Thatsache wieder, die Jedermann nach Belieben deuten kann. Vor vier Jahrhunderten ein Reuchlin, jetzt ein Hof prediger Stöcker; vor vier Jahrhunderten die „Briefe der Dunkelmänner", jetzt die Pamphlete der Antisemiten. Das ist der Fortschritt der Zeit! Ebenso läßt sich die That ¬ sache nicht hinwegleugnen, daß der Antisemitismus seinen Mittel- und Ausgangspunkt im neuen deutschen Reiche fand. Ohne das deutsche Beispiel hätte man cs ander wärts nicht gewagt, die Judenverfolgungen systematisch vorzubereiten. Während man aber bei uns die Bewegung nach Stöcker's Eingcständniß zu reaktionären Zwecken inszenirte, verfolgt sie in Ungarn ganz andere Tendenzen. Die Verarmung des dortigen Kleinadels, das Wachsen des Güterbesitzes der israelitischen Bürger trug dazu bei, einen fruchtbaren Boden für die antisemitische Agitation zu schaffen. Die extreme Partei benutzt aber die Juden frage, um sich populär zu machen und als Vorbereitung für eine revolutionäre Bewegung. Durch Anstiftung von Emcuten gegen die Juden will man die Macht des herrschenden Systems brechen. Wie in Rumänien, so sind cs auch in Ungarn die Rothen, welche den Antisemitismus mit fanatischer Wuth betreiben. Der Ministerpräsident v Tisza scheint eine Ahnung davon zu haben, daß mit den Judenhetzen eine große Gefahr für Ungarn verbunden ist. Er hat außerordentliche Maßregeln ergriffen, um den Exzessen in Preßburg ein Ende zu machen. In Ungarn verfolgt, wie gesagt, der Antisemitismus revolutionäre Zwecke und kämpft unter der rothen Fahne; in Deutschland trägt er die schwarze Fahne und ist Bahn brecher der Reaktion. Was damit aber in Wirklichkeit erzielt werden wird, läßt sich leicht vvraussehen. Man macht cs den Juden zum Vorwurf, daß sie durch ihre Gewohnheiten, durch ihren Ehrgeiz und ihre Erwerbs methode den Haß des Volkes herausfordern. Es kommt uns nicht in den Sinn, die Juden hier vcrtheidigen zu wollen; aber wären sie Jdealmenschen, würden sie mit ihren Vorzügen und Schwächen noch viel schwerer er tragen werden. Gewiß ist, daß — welche Eigenschaften auch der Jude manifestirt — er doch immer ein Gegen stand der Anklagen bleibt. Man macht es ihm zum Vorwurf, wenn er sein Kapital einspcrrt; man eifert gegen ihn, wenn er mit seinem Kapitale spekulirt; die Vorwürfe finden kein Ende, wenn er sich Luxusausgaben gestattet. Ob er sparsam oder verschwenderisch ist, ob geizig oder wohlthätig, groß oder klein in seinen Ge sinnungen, ob ein Anhänger des Fortschritts oder der Reaktion, ob ein Mann des Glaubens oder der Auf klärung — der Jud' bleibt Jud'. Schleicht der Jude in zerlumpter Kleidung als Bettler oder Hausirer durch die Straßen, so ist er ein Gegenstand des Spottes; steht er als gelehrter Professor auf dem Katheder der Universität, oder weckt er die Begeisterung des Parlaments durch seine Reden, so hat man immer noch nicht vergeben, daß er ein Jude ist. Wir behaupten keineswegs, daß die Juden nicht Vieles an sich zu verbessern hätten, aber diese Selbst reform würde ihnen gegen den Antisemitismus wenig nützen. Man hegt eben in unserer Zeit eine enthusiastische Verehrung für alle Reliquien des Mittelalters, und so hat man es auch für ein dringliches Bedürfniß empfunden, den Judenhaß wieder zu neuem Leben zu wecken. Tagesschau. Freiberg, dcn 3 Oktober Der gestern bereits erwähnte Artikel der „Nordd. Allg. Ztg." über den Verzicht der preußischen Regierung auf das Vcrwendungsgesetz wird heute von fast allen Berliner Blättern besprochen. Die „Nat.-Ztg." thut es unter der Ueberschrift: „Eine neue Wendung in der Steucrfrage". Sie konstatirt u. A- mit Genugthuung den zweiten Erfolg der liberalen Opposition gegen die bis herige unrichtige Behandlung der Steuerfragen; auf die Beseitigung des Tabakmonopolprojektes ist jetzt der Ver zicht auf den Versuch gefolgt, durch dcn falschen Schein einer gesetzlichen Feststellung von Erleichterungen, welche in Wahrheit erst von späteren, neuen Steucrbewilligungen abhängig wären, auf diese neuen Steuerbewilligungen hin zuwirken, und zwar ohne Rücksicht auf die Frage, ob nicht die neue Belastung schwerer und ungerechter vertheilt wäre, als die bisherige. Dieser Verzicht wird dem Lande als eine Mahnung erscheinen, durch liberale Wahlen dahin zu wirken, daß die Behandlung der Steuerfrage endgiltig m richtige Bahnen geleitet wird; der obige offiziöse Artikel enthält in seinem Schlußsätze immer noch einen Vorbehalt, eventuell in veränderter Form auf die bisherige Behand lung der Angelegenheit zurückzukommen, während anderer seits durch den Verzicht auf das Verwendungsgesetz aller dings die Möglichkeit geschaffen ist, die Steuerreform innerhalb der Grenzen, in denen ein wirkliches Bedürfniß vorhanden und eine wirkliche Erleichterung thunlich ist, in Angriff zu nehmen. — Wie von gut unterrichteter Seite behauptet wird, wäre es müßig, an die Reise des deutschen Botschafters Grafen Münster nach Varzin und nach dem Landsitze des Lord Granville, wohin sich Graf Münster alsbald nach seiner Landung in Dover am Freitag begab, eine andere Vermuthung zu knüpfen, als die, daß eben zwischen Deutschland und England die alten freundschaft lichen Beziehungen fortdaucrn. Die umlaufenden Gerüchte von besonderen Abmachungen zwischen beiden Reichen in der egyptischen Frage wurden in Berliner gut unterrich teten Kreisen von vornherein mit Mißtrauen ausgenommen. Man hält vielmehr nach wie vor daran fest, daß der Zweck der Reise des Grafen Münster lediglich darin bestand, dem Reichskanzler diejenigen Eröffnungen über die End ziele der britischen Politik, welche er bereits schriftlich während der ganzen Zeit machte, mündlich zu bestätigen. Es verdient übrigens hervorgchoben zu werden, daß Graf Münster erst längere Zeit auf seinem Gute im Hannover schen verweilte, ehe er sich zur Reise nach Varzin ent schloß, die denn auch in die Schlußzeit seines Urlaubes fiel. Wäre Graf Münster der vertrauliche Ueber- mittler eines solchen dringlichen Projekts gewesen, dann würde wohl sein Besuch in Varzin schneller erfolgt sein. — Nachdem gestern einige Berliner Blätter erklärten, das Abschiedsgesuch Bucher's sei bereits vom Kaiser genehmigt, schreibt heute Vie „Nordd. Allg.Ztg.": Lothar Äucher, der die letzten Tage seines Urlaubes in Varzin zubrachte, ist von dort zurückgekehrt und hat seine Geschäfte wieder übernommen. — In Köln hat sich ein Vorbereitungs komitee für den internationalen Bimetallistenkongreß ge bildet, welcher dort vom 11 bis zum 13 Oktober tagen soll. Dasselbe besteht aus hochbedeutsamen Namen. — Prinz Heinrich begab sich gestern an Bord der Korvette „Olga", um eine 1'/r Jahr dauernde Seereise zu machen. — Bezüglich des Befindens des Herzogs von Braunschweig in Sibyllenort verlautet, daß dasselbe ein befriedigendes ist und die Krankheit als beseitigt gilt. — Der Staats minister von Bötticher ist gestern Nachmittag aus Varzin zurückgekehrt. — Die Ausschüsse des Bundesrathes werden bereits in der nächsten Woche ihre Thätigkeit be ginnen und zwar mit Prüfung bezw. Feststellung der An träge Preußens, betreffend die Vornahme einer Vieh zählung, sowie die Erhebung einer Änbaustatistik, damit gleich nach dem Zusammentritt des Bundesrathes das Plenum Anlaß nehmen kann, sich mit den Anträgen der Ausschüsse zu beschäftigen. In Oesterreich-Ungar« stehen die Preßburger Juden krawalle im Vordergründe der politischen Tagesrevue. Wie es vor etwa Jahresfrist beim Wiener Ringtheater brande der Fall war, macht man auch diesmal die Mangel haftigkeit der Sicherhcitsanstalten dafür verantwortlich, daß die beklagenswcrthen Ausschreitungen gegen das Eigenthum der Israeliten jene ungewöhnlichen Dimensionen annehmen konnten, von denen die Blätter spaltenlange Berichte bringen. „Unsere Schlamperei", hieß es damals, „ist mittelbar Schuld an dem Unglück," und Aehnliches wird heute auf's Neue behauptet. Das „Fremdenblatt" sagt: Das ganze Staatswesen ist in Gefahr, wenn diese Ausschreitungen nicht gebändigt werden. Seine innere Ruhe und sein nationaler Wohlstand sind von großen Gefahren bedroht. Eine Fortdauer dieses latenten Krieges gegen einen Theil der Nation zerrüttet alle Verhältnisse. Istoczy, Onody, Simonyi und die ganze Schaar ihrer Trabanten sind eine weit größere Kalamität für das ungarische Staatswesen, als für dessen jüdische Bürgerschaft. Der Staat muß die selbe tn Schutz nehmen, er wird sie auch gegen ihre Be dränger beschirmen und alle seine Macht hierzu aufbieten. Aber Ungarn selbst kann dadurch schwere Nachtheile er leiden- Der tiefe Zwist in der Bürgerschaft kann neue Unsicherheit aller Verhältnisse herbeiführen, den Kredit des Landes schädigen, seine Industrie lähmen, seinen Handel zum Stillstände bringen. Schon daraus folgt für die
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