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Der sächsische Erzähler : 09.06.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-06-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735960349-188306094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735960349-18830609
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735960349-18830609
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1883
- Monat1883-06
- Tag1883-06-09
- Monat1883-06
- Jahr1883
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 09.06.1883
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23 Sounabtrrd, den S. Juni. 1883. Aeltetrrßische Aeilage z«m sächsischen Erzähler. Zur gemeinnützig en Unterhaltung für alle Stände. In Gold vergraben! Novelle von ?. 8. (Fortsetzung.) .Ei, ei, ich wußte nicht, daß Ihr auch ein Ge schäftsmann wäret", äußerte van Geldern mit trocke nem Gelächter, .ich danke Euch gleichwohl für Euren Rath unv werde es weislich bleiben lassen, denselben zu befolgen. Glaubt Ihr, daß van Geldern er schüttert wird, wenn die Erde unter seinen Füßen erbebt?' .Ich habe Euch eine Warnung ertheilt", versetzte van Dhk — .und ich werde Euch eine zweite mit in den Kauf geben. Wie prahlerisch Ihr Euch auf- thürmk, so werdet Ihr doch niemals den Himmel erreichen. Wie hoch Ihr heute steigt, so tief kann Euch das Schicksal morgen in den Abgrund schleu dern. Der Adler bedarf nur eines Pfeiles, um ihn auf die Erde hinzustrecken. Wappnet Euch gegen diesen Pfeil, und Geldern! derselbe ist vielleicht schon heimlich geschmiedet, und harrt nur des Bogens, um ihn abzuschießen. Ihr versucht mich mit Klei nigkeiten, mit Bagatellen, und setzet das Glück Eurer Tochter, wie das meinige auf einen einzigen Glücks wurf. Wohlan, so hütet Euch vor diesen tausend geringen Zufällen, von welchen jeder einzelne genügt, seinen Mann zu fällen, wie der Pfeil den Adler. Und könnt Ihr Euch derselben mit Erfolg erwehren, da sage ich Euch, daß Ihr ein Anrecht daran habt, Euch zu überheben, wie es geschieht; denn wer im Stande ist, das Geringe zu besiegen, ist erst würdig, den Namen eines Großen zu führen." Mit diesen Worten brach Niclas van Dyk plötz lich die Blume von dem „I.s xrinoe noir" ab, steckte selbige in sein Wamms und verließ das chi nesische Gemach mit dem Ausrufe: „Wir sehen uns wieder, Mhnherr van Geldern!" Van Geldern war rasend. Noch niemals hatte bis jetzt ein Sterblicher es gewagt, in solcher Weise mit ihm zu reden; noch nie hatte Jemand solche Frechheit bewiesen, — und vollends ihm die kostbare Blume vor seinen Angen abzupflücken! -- Nein, das war unerhört, ganz unbegreiflich! Einen Augenblick starrte er wie abwesend die Thür an, durch welche van Dhk verschwunden war, dann griff er sich an die Stirn und läutete aus allen Kräften, Palcmbang, der schwarze Sclave erschien, lautlos und unlerrhänig, wie immer, aber kaum hatte van Geldern einen Blick auf die verkrüppelte, demüthige Gestalt geworfen, als er seinen Stock ergriff und denselben mit so zermalmender Gewalt auf Palem- bang'S Rücken sausen ließ, daß der Schwarze wie ein Gummiball in die Höhe schnellte und laut heulend den Tisch umstürzte, hinter welchem er sich zu decken versuchte. Aber jetzt kannte van Geldern'« Wuth auch keine Grenzen mehr. Schlag folgte auf Schlag, und während Palembang wie ein Brumm kreisel sich im Zimmer umher drehte, flogen die Scherben von den venelianischen Spiegeln, chinesischen Vasen und ostindischen Pagoden um seine sündhafte Gestalt herum, bis es ihm endlich glückte, durch das offene Fenster hinaus zu springen, wo er unter einem langgedehnten Geheul verschwand. Jetzt hatte van Geldern genug und indem er wie ein schmollen des Kind noch ein paar kostbare Palmen, welche ihm im Wege standen, umstürzte, läutete er aber mals. Nach langem Harren erschien jetzt die alte Haushälterin, welcher er den Befehl erlheilte, seine Tochter acht Tage lang wie ihren Augapfel zu hüten, dergestalt, daß sie nicht von ihrer Seite wiche. Nach dieser Vorsichtsmaßregel begab er sich auf sein Comptoir. Geschäfte sind wie eine Uhr; sie gehen im All gemeinen von selbst, aber es giebt gewisse Tage, an welchen sie nicht gehen wollen, und dies mußte van Geldern j tzt wahrnehmen. Dec überstandene Paroxysmus, welcher sein chinesisches Museum in eine so traurige Unordnung gebracht hatte, wich einer Erschlaffung, worüber van Geldern nicht Herr zu werden vermochte. Vergebens führte sein prächtiger Wagen ihn von den lächelnden Blumengärten nach den geschäftlichen Comptoirs, vergebens begab er sich von den Comptoirs nach den Webereien, von den Webereien zu den Bleichplätzen! ES war, als ob das schneeweiße Leinen ihn durch sein Weiß ärgerte, als ob die rastlos arbeitenden Webstüble ihn durch ihr Geräusch verspotteten. Selbst das Mittag essen, sonst sein Liebstes auf der Welt, schmeckte ihm nicht. Er saß allein an dem kostbaren Tische und drei schweigsame Diener warteten ihm ehrerbietigst auf, allein er vermißte das milde Lächeln seiner Tochter und ihr heiterer Blick bot ihm nicht Will kommen. Gegen Abend, als van Geldern die Zeit dadurch getödtel hatte, daß er theilS seine Papageien neckte, theilS mit feierlichem Schweigen die Muster auf dem ostindischen Teppich studirte, ließ er Palem- banz rufen, damit dieser ihn, wie gewöhnlich, durch Taschenspielerkünste erheiterte. Er erhielt zur Ant wort, daß Palembang davon gelaufen wäre, keiner wisse, wohin. Van Geldern drehte sich kurz um, zündete sich eigenhändig eine Pfeife an, und zog dann eine große Spieldose auf, welche ihm stet» Zerstreuung gewährte. Die Spieldose spielte einige Stücke, wie eine Spieldose sie eben abzuleiera pflegt,
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