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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.04.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188504086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18850408
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18850408
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1885
- Monat1885-04
- Tag1885-04-08
- Monat1885-04
- Jahr1885
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.04.1885
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^7S. Amtsblatt fiir die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Berautwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freiberg. 3». Jahrgang. Mittwoch, deu 8. April. reikWrMMer md Tageblatt. Erscheint jeden Wochentag Abends h,7 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 25 Pf., ! zweimonatlich I M. 50 Pf. und einmonatlich 75 Pf. l Inserate werden bis Bormittag l 1 Uhr angenom- OO men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile » oder deren Raum ,5 Ps. W Die enftlisch-russische Differenz. Seit Jahren gewöhnt, England nur als eine Art staatlicher Handelsgesellschaft zu betrachten, die selbst völlig unkriegerisch bei ernsten Konflikten durch Geldmittel sich be waffnete Bundesgenossen verschafft, wurde die Welt seit einigen Wochen von Nachrichten über riesige Rüstungen in England und Indien überrascht. Lord Dufferin, der Vizekönig von Indien, liest zwei Armeekorps von je 25000 Mann mobilisiren, ernannte den General Macdonald Stewart zum Oberkommandanten dieses Heeres, die Generäle Roberts und Harding zu Korpskommandanten und gab schlirstlich Anweisung, eine Reserve von 10000 Mann im Pischin- Thale, zwischen der indischen Grenzfestung Quettoh lind der afghanischen Stadt Kandahar, aufzustellen. Noch größeres Aussehen erregte die von der Königin Viktoria verfügte Einberufung der englischen Reserven und Miliz- truppen und die Bereitstellungen der Kriegsschiffe in den größten englischen Häfen. An die ernste Absicht der englischen Ne gierung, wegen der Bedrohung der afghanischen Grenzen Rußland den Krieg zu erklären, glaubte man aber trotzdem nicht, weil die Zahl der Truppen, die England bei seinem jetzigen Heeressystem aufzubringen vermag, keiner Groß macht imponiren kann. Allgemein faßte man die Mobili- sirung deshalb in dem Sinne auf, daß England sich nur kriegsbereit zeigen wolle, nm die russischen Diplomaten ein- zuschüchtern, und dieselben zu der Erwägung zu zwingen, ob die in Afghanistan zu holenden Früchte werthvoll genug seien, um deshalb dem russischen Finanzwesen eine neue schwere Wunde zu schlagen. Die „Times" sagte ausdrück lich, Rußland müsse erfahren, daß England lieber die Ge fahren und Opfer eines langwierigen und kostspieligen Krieges tragen wolle, als einen offenen Eingriff in die Rechte seines Bundesgenossen und eine unverblümte Be drohung Indiens. Immerhin schien England ein gefähr liches Spiel mit diesem Kriegslärm zu treiben, gegen welchen die von den Russen bewahrte scheinbare Ruhe wahrhaft unheimlich abstach. Wenn England sich zu so außerordentlichen Maßregeln entschloß, so läßt sich diese ungewohnte Energie nur durch das Bewußtsein der großen Gefahr erklären, welche für die englische Regierung in dem Bestreben der russischen Staatskunst liegt, den türkischen Sultan, de» Schah von Persien und den Emir von Afghanistan chcils durch Lockungen, theils durch Drohungen von der Bundes- genvssenschaft mit England loszulösen. Besonders wichtig für die Sicherheit der Nordwestgrenze Indiens erscheint es, daß der benachbarte Emir von Afghanistan nicht zum Vasallen Rußlands werde, was unfehlbar eintritt, wenn derselbe das Ver trauen zu der Wirksamkeit des englischen Schutzes verliert. Die Ansprüche des Emirs, welche deshalb England zu unterstützen gezwungen zu sein glaubte, waren sehr fraglicher Natur. Er behauptete, daß das Gebiet zwischen den Flüssen Kaschk und Murghab ihm nicht durch die Russen genommen werden dürfe, weil sonst seine nicht besonders stark befestigte Stadt Herat durch einen bloßen Handstreich verloren gehen könne. Während die Russen auf Grund einer von den Agenten der englisch-indischen Regierung 1872 gezeichneten Karte jenes Gebiet für die ihnen neuerdings unterthänigen Turkmenen von Merw in Anspruch nehmen, behauptet der Emir Abdurrahman, daß sein^ Herrschaft sich weiter nord wärts bis zur Linie von sarakhs und Kodscha Saleh erstrecke. Ermuthigt durch den englischen Grenzkommissar, Sir Lumsden, besetzten die Afghanen im Januar d. I. das streitige Gebiet bis Penjdeh, worauf die Russen südwärts bis nach Sarijasi und westwärts bis Zalfikar vorrückten und die Gefahr eines blutigen Zusammenstoßes in Zentral asien sowohl in London wie in Petersburg große Aufregung verursachte. Von russischer Seite bestritt man nicht nur die Grenz ansprüche Afghanistans, sondern auch die Berechtigung Eng lands, dieselben zu vertreten. Thatsächlich verlor der am 26. Mai 1879 bei Gandamak unterzeichnete Friedensvertrag der Engländer mit dem Emir Schir Ali, welcher die ersteren zum Schutz der afghanischen Grenzen verpflichtete, seine Rechtskraft durch den bald darauf ausgebrochenen neuen Krieg zwischen den beiden Kontrahenten. Mit dem jetzigen Emir Abdurrahman wurde aber jener Vertrag niemals erneuert, sondern erhielt dieser Emir nur wiederholt ganz unverbindliche Freundschaftsversicherungen des Vizekönigs von Indien. Ein einziges englisches Blatt, die radikale „Pall-Mall-Gazetlc", halte den Muth, von einem Kriege mit Rußland abzumahnen und nachzuweisen, daß die Afghanen vertragsbrüchig waren, als sie ein Gebiet zu besetzen begannen, dessen Besitzrecht erst, nach einer im Mai zwischen England und Rußland getroffenen Uebereinkunft, von einer gemischten Kommission erörtert werden sollte. Tie englische Kriegspartei billigte aber das vollständig einseitige Verfahren des englischen Grenzkommissars Lumsden aus dem einfachen Grunde, weil sie nicht ohne Grund annahm, daß jetzt die Chancen für einen Krieg günstiger tünden, als wenn derselbe später ausbräche, wo Rußland eine Bahnbauten so weit vollendet haben wird, um eine zroße Armee rascher als jetzt durch die Wüste zwischen dem Kaspischen Meere und Afghanistan zu befördern. Wenn man aber aus diesen Gründen in London ent schlossen war, es auf einen Bruch mit Rußland ankommen zu lassen, war man eben deshalb in Petersburg um so geneigter, einen friedlichen Ausweg zu suchen und ertheilte auf die beinahe drohende Note des Lord Granville vom 16. März eine sehr versöhnliche Antwort. Die „Pall-Mall- Gazette" behauptet, das Petersburger Kabinet nehme den Granville'schen Vorschlag an, dem zufolge die russische Südgrenze nicht südlicher als Kara-Zelias und Chaman-i- Baid und die afghanische Nordarenze nicht nördlicher als Schir-Tepe (12 Meilen unter Pul-r-Khatun) am Herisud und Sarijasi am Murghab gezogen werden soll. Der Londoner Korrespondent der „Kölnischen Zeitung" berichtet dagegen, das russische Zugeständniß betreffe nur die Aus- forschungszone, nicht die eigentliche russische Grenzlinie, welche aufrechterhalten bleibe. Am Beruhigendsten wirkte der in der russischen Antwort enthaltene Vorschlag, die bereits geplante Grenzkommission baldigst an Ort und Stelle zu- jammeutreten zu lassen. Englischerseits war nämlich be fürchtet worden, daß Rußland auf einer Fortsetzung der Verhandlungen in London bestehen werde, während man dort die Verlegung derselben in die durch russische Ver treter verstärkte Grenzkommission wünschte. Im ersteren Falle hätten die Verhandlungen den diplomatischen Charakter behalten und wäre Gelegenheit zur Verschleppung der Frage gegeben; im letzteren werden sie rein technisch-militärischer Natur sein und unmittelbare Entscheidungen herbciführen bezw. vorbereiten. Lord Fitzmaurice bezeichnete diese Ant wort ausdrücklich als eine „versöhnliche" und seine an die Parlamentsmitglieder gerichtete Aufforderung, sich irritiren- der Bemerkungen zu enthalten — eine Aufforderung, die bereits vorher Gladstone ergehen ließ — beweist, daß der englischen Regierung die in dieser Frage unaufhörlich an- gcfachte patriotische Erregung ungelegen war. Natürlich gab Rußland seine Grenzansprüche noch nicht zu Gunsten des Emirs auf, aber es vertrat sie doch nicht mehr in der schroffen Weise, bei der man zum Kriege trieb, den man auch in London von allem Anfang an gern vermeiden wollte. Auf diese Art gestattete der Stand der afghanischen Frage eine ruhige und ungestörte Feier des Osterfestes. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung erschien die Reise der Königin Viktoria nach dem Festlande, nachdem der wesent liche Inhalt der russischen Antwort bekannt war, da diese Reise wohl unterblieben sein würde, wenn diese Antwort nicht befriedigend gewesen wäre. Soll aber die gemischte Grenzkommission zu einem er sprießlichen Resultate gelangen, so darf sich dieselbe freilich nicht auf den Standpunkt der „Times" stellen, welche sagt, England wolle keinen Krieg provoziren, Rußland aber auch keine strategischen und politischen Mittel gewähren, später einen Krieg gegen England wirkungsvoller führen zu können. Wenn der streitige Wüstenstrich eines Kampfes nicht Werth sei, so möge Rußland auf denselben verzichten. Gerade dies kann die russische Regierung nicht thun, wenn sie nicht widerspenstigen Turkmenen, Sklavenjägern und Räubern selbst ein Asyl Wider die Verfolgung seitens der russischen Autoritäten schaffen will. Wohl aber ist Rußland bereit, wie der russische Agent Lessar in London einem österreichischen Journalisten gegenüber sich geäußert hat, England jede gewünschte Ver sicherung bezüglich Herats zu geben. Solchen Versicherungen mag man in London mit Recht keinen großen Werth bei legen, aber Niemand in der Welt hat ja auch England gezwungen, aus Kandahar wieder hinauszuqehen, von wo aus cs Herat so gut überwachen konnte. Viel zu spät ist man in London zu der Neberzcugung gekommen, daß ein unrechtmäßige Besetzung des turkmenischen Vorlandes dur^ afghanische Truppen kein geeignetes Mittel ist, um Herat vor einem russischen Handstreich zu bewahren. Jetzt ver lautet, daß Sir Peter Lumsden, der Führer der englischen Grenzkommission, in Herat angekommen ist, um den Platz nach allen Regeln der europäischen Kriegskunst zu befestigen. Unter solchen Umständen ist kaum anzunchmen, daß es dem nächst wegen der werthlosen morastigen Gebiete, welche zwischen dieser werthvollen afghanischen Stadt und Merw legen, zu einem in seinen Folgen unabsehbaren Krieg zwischen Rußland und England kommen werde. Die ganze Angelegenheit dürfte zunächst nicht völlig beseitigt, sondem nur auf spätere Zeiten vertagt werden. Tagesschau. Frrlberg, dm 7. April. Wenn sich auch die Neberreichung einer goldenen Fürsten krone an den deutschen Reichskanzler als eine Mythe er wies, so ist der letztere dafür durch feinen dankbaren Monarchen an seinem Doppel-Jubelfeste in einer solchen Weise ausgezeichnet worden, die ihn mehr ehrte als eine goldne Gabe. Nicht nur die rührenden Worte, mit welchen der Kaiser seinem Rathgeber persönlich für die ihm geleisteten Dienste dankte, auch das kaiserliche Handschreiben, mit welchem das von Anton v. Werner gefertigte Bild der Kaiserproklamation zu Versailles begleitet war, geben Zeugniß von dem schönen Verhältniß zwischen dem greisen Heldenkmscr und seinem eisernen Kanzler. Das Hand- chreiben lautet: „Berlin, den 1. April 1885. Mem lieber Fürst! Wenn sich in dem deutschen Lande und Volke das warme Verlangen zeigt, Ihnen bei der Feier Ihres 70. Geburts tages zu bethätigen, daß die Erinnerung an Alles, was Sie iir die Größe des Vaterlandes gethan haben, in so vielen Dankbaren lebt, so ist cs mir ein tiefgefühltes Bedürfniß, Ihnen heute auszusprcchen, wie hoch es mich erfreut, daß olcher Zug des Dankes und der Verehrung für Sie durch )ie Nation geht. Es freut mich das für Sie als wahrlich im höchsten Maße verdiente Anerkennung, und es erwärmt mir das Herz, daß solche Gesinnungen sich in so großer Ver breitung kund thun; denn es ziert die Nation in der Gegen wart, und es stärkt die Hoffnung auf ihre Zukunft, wenn sie ihre Erkcnnmiß für das Wahre und Große zeigt, und wenn ie ihre hochverdienten Männer feiert und ehrt! An solcher Feier theilzunehmen, ist mir und meinem Hause eine besondere Freude, und wünschen wir Ihnen durch beifolgendes Bild auszudrücken, niit welchen Empfindungen dankbarer Erinnerung wir dies thun; denn dasselbe vergegenwärtigt einen der größten Momente der Geschichte des Hoheuzsllernhauses, dessen niemals gedacht werden kann, ohne sich zugleich auch Ihrer Verdienste ,u erinnern! Sie, mein lieber Fürst, wissen, wie in mir jeder Zeit das vollste Vertrauen, die aufrichtigste Zuneigung und das wärmste Dankgefühl für Sie leben wird! Ihnen age ich daher mit Diesem nichts, was ich Ihnen nicht oft genug ausgesprochen habe, und ich denke, daß dieses Bild noch Ihren spätern Stachkommen vor Augen stellen wird, daß Ihr Kaiser und König und sein Haus sich dessen wohl bewußt waren, was wir Ihnen zu danken haben! Mit diesen Ge sinnungen und Gefühlen endige ich diese Zeilen, als über das Grab hinausdauernd Ihr dankbar treu ergebener Kaiser und König (gez.) Wilhelm. Wie allgemein die Theilnahme an dem Jubelfeste war, geht schon daraus hervor, daß am 1. April 2322 Telegramme mit zusammen 76 773 Worten bei dem Reichskanzler einliefen, der außerdem über 2100 Glückwunschschreiben erhielt. Sein Sohn, Graf Wilhelm Bismarck (geb. 1. August 1852), hat sich am 2. April mit feiner Kousine Sybilla, der zweiten Tochter des Herrn von Arnim-Kröchlendorff und seiner Ge mahlin, Malwine geb. von Bismarck (Schwester des Reichs kanzlers), verlobt. — Die „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht folgende Danksagung des Fürsten Bismarck: „Aus Anlaß meines 70. Geburtstages und bevorstehenden 50jährigen Amts jubiläums sind mir so zahlreiche Kundgebungen des Wohl wollens in Gestalt von Glückwünschen und Festgaben zugegangen, daß es leider nicht möglich ist, ini Einzelnen darauf zu er- wiedern. Ich bitte Alle, welche am 1. d. M. meiner freund lich gedacht haben, meinen herzlichsten Dank entgegen zu nehmen und versichert zu sein, daß der freudige und tiefe Eindruck fo vieler und reicher Beweise der Liebe meiner Mitbürger in meinem Leben nicht erlöschen wird, von Bismarck." — Als schöner Epilog zu der Bismarckfeier darf eine Meinungs äußerung der entschieden fortschrittlichen „Breslauer Zeitung" gelten, welche in dem rein menschlichen Zug der dem nationalen Ehrgefühle entspringenden Dankbarkeit ein Mittel erblickt, die Parteigehässigkeiten zu tilgen. Das erwähnte Blatt schreibt: „Es ist vollkommen zu billigen, daß die Mitglieder der deutsch- freisinnigen Partei an solchen Tagen die politischen Differenz-
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