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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 21.09.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188209217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820921
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820921
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-09
- Tag1882-09-21
- Monat1882-09
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 21.09.1882
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und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen md Müschen Behörden za Freiberg and Brand. Veraattvortlicher RedaVem Julia« Braa» de Freiberz - 34. -»hr»,«, — , — I Ertchrmt jeden Wochentag Abends S Uhr für Nrn I Jnferate «erden bis Vormittags 11 Uhr angenom- ^22H.f Domerstag, d« 21. September, f1882 Tagesschau. Freiberg, den 20. Septbr Die Parteikämpfc sind wieder in fast allen Ecken und Enden des deutschea Reiches entbrannt und viel Anlaß scheint dazu vorhanden zu sein, denn in Preußen, dem ersten Bundesstaate Deutschlands, stehen die Landtags wahlen, deren Ausfall nahezu maßgebend für die ganze politische Signatur sein kann, vor der Thür; der Kirchen kampf und der Streit über die Mischehen hat viele Ent täuschungen und Erbitterungen verursacht und in den Fragen der Steuerreformen und der sozialpolitischen Ge- sctzvorschlägc sind auch in der öffentlichen Meinung viel fach nur extreme oder falsche Wünsche gezeitigt worden. Nimmt man nun gar die Wahlaufrufe für die preußischen Landtagswahlcn zur Hand, so wird von der äußersten Rechten der Liberalismus geradezu als der böse Feind des deutschen Volkes hingestellt und als Urheber aller trennenden und erbitternden Gegensätze im Lande, ja schließlich sogar als der Hemmschuh jeder guten Bestre bung erklärt. Und der liberale Radikalismus, die Fort schrittspartei, zahlt natürlich in gleicher Münze zurück. Da droht Reaktion, nichts als schwarze, düstere Reaktion auf allen Gebieten des Staatslebcns und alle bürgerlichen Freiheiten sind in Gefahr. Merkwürdiger Weise muß auch die Geldfrage in dem politischen Kampfe eine mächtige Rolle spielen, denn nach der Fortschrittspartei saugen die indirekten Steuern und die Verstaatlichungen der Eisen bahnen die Steuerzahler, zumal die untersten Klassen furchtbar aus. Aber was bei den Radikalen Unheil ist, ist gerade bei den Reaktionären das Heil, denn diese reden von dem schweren Drnckc der direkten Steuern und den Segnungen der Schutzzölle und Verbrauchssteuern. Man sieht, es sind nichts als Anklagen, Anklagen oft der schwersten Art, die man sich von rechts und links ent- gegenschleudcrt. Da nun aber doch wohl unmöglich im Ernste Jemand die Behauptung aufstellcn kann, daß Bos heit oder blinde Thorhcit die Triebfedern einer Partei sein können, so stehen wir nicht an, es auszusprcchen, daß in unseren politischen Kämpfen eine ganze Menge Ueber- treibungen, zumal von Seiten der auf den Flügeln stehen den Parteien, unterlaufen, und unserer inneren Politik einen theils widerlichen, theils lächerlichen Charakter geben. Diese Uebertreibungen würden aber wiederum nicht mög lich fein, wenn cs in Bezug auf die Reformbestrebungcn in unserem Staatsleben nicht eine solche Menge Mißver ständnisse gebe. Die große Masse des Volkes ist ganz entschieden mit jedem nationalen Ziele, mit jedem natio nalen Fortschritte einverstanden, aber sobald es an die Auswahl der Mittel zur Erreichung dieser Fortschritte gehen soll, dann beginnen auch die Mißverständnisse und aus diefen entwickeln sich nur zu leicht die Feindschaften; denn nichts ist natürlicher, als daß Jedermann für be drohte Interessen zu kämpfen bereit ist, auch wenn er sich nur einbildet, daß seine Interessen auf dem Spiele stehen. Allen Vatcrlandsfrcunden ist daher anzucmpfchlen, die Fragen des staatlichen Fortschrittes ruhiger, sachlicher und weniger leidenschaftlich zu bcurthcilen und dort den rech ten Weg zu suchen, wo man auch Demjenigen, der aus ehr licher Ucberzeugung einer anderen Meinung ist, eincKonzcssion machen muß. Sicht aber eine Partei ihre Hauptaufgabe da rin, den Gegner zu verkleinern oder verhaßt zu machen, dann werden die Gegensätze in unserem politischen Leben größer und größer und das Volk theilt sich in zwei extreme Parteien, von denen keine dem Vatcrlande Heil bereiten kann. — Gestern sand in Berlin unter Vorsitz des Oberbürger meisters v. Forckcnbcck eine außerordentliche Sitzung des Magistrates statt bezüglich der Frage wegen Auflösung der Stadtverordnetenversammlung. Ucber das Ergcbuiß verlautet noch nichts. — Die dortigen Blätter veröffent lichen fortgefetzt ausführliche sympathische Besprechungen und Beschreibungen der sächsischen Manöver und Festlich keiten in Dresden. — Ein Telegramm aus Breslau meldet die Vcrurthcilung des dortigen Predigers Adolf Treblin zu 300 Mark Geldstrafe wegen beleidigender An griffe auf die Kirchcnpolitik des Fürsten Bismarck, be gangen in einem Artikel „Vom Altkatholizismus", welcher vor längerer Zeit in der „Schlesischen Kirchenzeitung" er schien. — Die „Kreuz-Zeitung" kommt auf die Aeußerung der „Nord. Allg. Ztg." zurück, daß Polen bei der Reichs tagswahl in Bromberg für den fortschrittlichen Kandidaten gestimmt haben und sagt, daß auch für dcu beutschkonser- vativen Kandidaten eine verhültnißmüßig bedeutende Zahl polnischer Stimmen abgegeben worden seien. Die „Kreuz- Zeitung" hofft, daß die allerdings vorhandene sogenannte nationale Strömung unter den Polen künftig durch die jenigen Kreise, welche der neuen Wirthschaftspolitik freund lich gesinnt sind, paralysirt werde. — Die Anmeldungen zur Hygiene-Ausstellung gehen sehr zahlreich ein, und zwar nicht blos fast sämmtliche alten Aussteller haben wieder Raum begehrt, sondern auch eine große Zahl neuer Aussteller ist um Berücksichtigung vorstellig geworden- Namentlich werden abermals die Ministerien und die Kommunen hervorragend sich betheiligen. Da sich schon jetzt übersehen läßt, daß mehr Anmeldungen cinlaufcn werden, als zur Annahme gelangen können, so ist cs rath- sam, sich so rasch wie möglich den gewünschten Raum zu sichern. Der Schluß für die Anmeldungen erfolgt bereits am 15. Oktober. In Oesterreich wird gegenwärtig die Bevölkerung von zwei traurigen Ereignissen in Anspruch genommen: die Auffindung von Bomben in Ronchi und die Ueber- schwemm ungen Der am 16. d. M. in Ronchi bei dem Versuche, Bomben über die Grenze zu bringen, verhaftete Wilhelm Obcrdank ist ein Triester Findelkind. Derselbe ist, seitdem er im Jahre 1878 in einem in Bosnien stehenden Regimente descrtirte und als Techniker in Rom lebte, größtentheils durch Unterstützung des Jrredcntakomitees unterhalten worden. Oberdank hat in Triest das Licht der Welt erblickt; sein Vater ist Facchino, seine Mutter war Nähmamsell Als Knabe zeigte Oberdank viel Talent, er gab frühzeitig als Realschüler Lektionen und ermöglichte sich so, zu ftudireu. Die Oberrealschule absolvirtc er mit Auszeichnung, dann bezog er die Technik, und zwar in Wien im Jahre 1877, wo er Mathematik mit Erfolg studirte. 1878 mußte cr zum Infanterie-Regiment Weber, zu dem cr früher asscntirt worden war, einrückcn und mit demselben, welches mobilisirt wurde, nach Bosnien ab- gchen. Er descrtirte aber von dort. Seine Mutter und fein Vater sind Italiener; er spricht gebrochen deutsch, liest cs aber sehr gut. In seiner Jugend war er als lustiger, übcrmüthiger, zu tollen Streichen aufgelegter Bursche bekannt, obwohl auf seinem Lebensweg Noth und Elend herrschte. Sein Vater und feine Mütter waren nicht mit einander verhcirathet, dadurch hat er nie die Wohlthat eines Familienlebens genossen und hatte auch keinen Sinn dafür. Die italienische Regierung entsandte einen Kommissär an die Grenze, um bei der Untersuchung mitzuwirken. Oberdank wird der Militärjustiz zur Aburthei- lung überwiesen werden. — Was die Ueberschwemmungen be trifft, so gleicht das ganze Drauthal einem See. Fortwährend schwimmen Hölzer, Fcldfrüchte, Brückenbestandtheile, Dächer u. s. w. auf der Drau herab. Viele Holzhändler haben den größten Theil ihrer sehr bedeutenden Holzvorräthe verloren. Der Regen hat noch immer nicht aufgehört. Die telegraphische Verbindung mit dem ganzen Etsch- und Pusterthale ist unterbrochen. Im Pufterthale wurden in Bruncck Häuser weggeschwcmmt, unter anderem die Kanzlei der Sevituten-Lokalkommission, deren Akten übrigens zum größten Theile gerettet sind. — Nach den neuesten aus Südtirol vorliegenden Depeschen schätzt man die Schäden an Brücken, Bahndämmen, Straßen und Häusern bereits auf 2 Millionen Gulden. Der Kaiser spendete 5000 Gulden, der Landespräsidcnt erließ einen Aufruf zu Sammlungen. Auch aus Italien kommen recht traurige Nachrichten. So meldet man aus Rom vom 18. September: In Folge wolkenbruchartigen Regens sind die Etsch, die Brenta, die Piave und andere kleinere Flüsse in Lombardo-Venetien aus ihren Ufern getreten. In Verona wurden Brücken wcggcschwimmt und die Stadt vollkommen überfluthet. Die Wasserhöhe überstieg jene vom Jahre 1868 noch um 85 Zentimeter. Viele Einwohner flüchten sich auf die Dächer, man versichert indcß, daß keine oder doch nur wenige Menschen verunglückten. Die Behörden entwickeln regen Eifer. Der Po, der Arno und die Tiber haben bisher noch keine drohende Wasserhöhe. — In Sarcgo bei Vicenza sollen fünf Personen und außerdem einige beim Rettungswerkc beschäftigte Soldaten den Tod gefun den haben. In Verona sind mehrere Häuser cingcstürzt und einige Frauen und Kinder ertrunken. — Die Betriebs störung auf der Gotthardbahn war, wie aus Bern be richtet wird, nur vorübergehend; es waren in Folge des Regens Erdrutschungen am Bahndamm entstanden- Im Thale regnete cs ununterbrochen und eine empfindliche Kälte machte sich bemerkbar; auf den Bern umgebenden Höhcnzügen lag bereits Schnee; aus dem Kanton Tessin werden große Wasscrverheerungen gemeldet, in welchen selbst Menschen umgckommcn sein sollen. Den französischen Blättern beginnt das Auftreten Englands in Egypten bedenklich zu werden. In einem längeren Artikel über die egyptischc Frage zeigt sich jetzt die „Röpublique franyaise", bisher so vertrauensselig Eng land gegenüber, einigermaßen darüber beunruhigt, ob England wirklich die französischen Interessen und Rechte in Egypten derartig respektiren möchte, als man in Paris wünscht. Das gambettistische Blatt erhebt sich lebhaft gegen jede Prätention Englands, in irgend einer Form eines Protektorats, Egypten zu einem englischen Terri torium zu machen und die Situation in Egypten, wie sie vor der Rebellion war, durchgreifend zu modifiziren. Ohne an Englands Mäßigung zu zweifeln, läßt die „Ropublique francaise" doch bei ihren Mahnungen auch einige Drohungen durchblicke». Das „Journal des Mbats" kommt ebenfalls zum Schluß: wenn England gut inspirirt wäre und seine Interessen verstände, so stelle es den status guo ants dsllam in Egypten wieder her, wennschon es sich hierbei immerhin die Direktion der militärischen Institu tionen Egyptens als besonderes Privilegium reserviren möge. Bei der Polemik über Egypten sind die gambettisti- schen und radikalen Blätter nun glücklich dahin gekommen, daß Rochefort die „Röpublique fran^aise" und die übrigen gambettistischen Preßorgane beschuldigt: ihre Feindschaft gegen Arabi komme daher, weil dieser die früheren Sub ventionen dieser Blätter aus egyptischen Fonds unterdrückt habe, und daß die „Rspubliqüe franyaise" insinuirt: der „Jntransigcant" Rocheforts fei hingegen von den Präten denten zum Khedivat bezahlt und deshalb für Arabi und die nationale Partei cingetrcten. — Der Botschafter Baron Courcel wird Ende des Monats nach Berlin zu- rückkehrcn. Das amtliche Organ der russischen Regierung schreibt: „Der Artikel, in welchem die Times am Tage nach dem Siege von Tcl-el-Kcbir für England das Recht bean spruchte, das künftige Schicksal Egyptens zu entscheiden, und von den anderen Mächten nur die Zustimmung hierzu verlangte — welche das Blatt für eben so sicher als wenig wichtig betrachtete — hat nothwendigerweise in der kon tinentalen Presse verschiedene Repliken hcrvorgerufen- Wir unsererseits werden in diese Polemik nicht cintreten. Die Times hat nicht die Mission, die Meinung der bri tischen Regierung auszudrücken. Diese hat ihr Programm schon vor jener Waffenthat formulirt und dieser Sieg, welchen Jedermann etwas früher oder später erwartete, wird dasselbe nicht haben ändern können. In Egypten ist nun mit der Unterwerfung des Kom mandanten von Damicttc (vergl. Depeschen) der letzte Widerstand beseitigt, so daß der Khcdivc wieder Herr seines Landes ist und herrschen kann, wie ihm die Engländer dies gestatten werden. Da es bekanntermaßen als der oberste und alleinige Zweck der englischen Intervention bezeichnet worden ist, die Autorität des Khcdivc wieder herzustellcn und dem Lande die gesetzliche Ordnung zurück zugeben, so wird, nachdem die Erhebung thatsächlich zu Boden geworfen worden und auf diese Weise der recht mäßige Herrscher wieder zum vollen Genüsse seiner Würde und feines Ansehens gelangt ist, diese Thatsache auch äußerlich in der Weise zur Anschauung gebracht werden, daß der Khedive unter ehrenvollem Geleite eines Theiles der englischen Truppen und der hervorragendsten Heer führer wieder in seine Residenz einzieht, aus der er vor mehreren Monaten sich unter den Schutz der englischen Woolwich-Kanonen flüchtete, als das fanatisirte Volk seinem Messias Arabi „Hosiannah" zuzujauchzen begann und demselben fast göttliche Ehren erwies- Mit welchen Empfindungen mag der nun am Boden liegende Götze wohl diesen jähen Wechsel alles Irdischen hinnehmen? — Zu der gestrigen Erklärung des Lord Dufferin, England werde bei der Pazifikation Egyptens keinerlei Intervention einer fremden Macht akzeptiren, bemerkt die „Kceuzztg.": Hat der bisherige Gang der egyptischen Ereignisse den Frieden des Welttheils unberührt gelassen, so läßt sich dasselbe mit Sicherheit von der noch ausstehenden Ent wickelung erwarten; der gefährlichste Theil dessen, was man die „egyptische Krisis" genannt hat, dürfte vorüber sein. Gegen glücklich errungene Erfolge haben die meisten Leute sehr viel weniger Einwendungen zu erheben, als gegen Entscheidungen, die noch ausstehen." — Im Uebrigcn prüsentirt sich die diplomatische Situation, insoweit sie von den Orientwirren bestimmt wird, auch heute in den selben unklaren Umrissen wie gestern. Zwar ist es heute gewiß, daß England auf die türkische Konvention formell verzichtet hat. Allein was diese Macht weiter in Rücksicht auf Egypten zu thun beabsichtigt, ist bis jetzt noch nicht erkennbar.
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