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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 11.02.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188202119
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820211
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820211
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-02
- Tag1882-02-11
- Monat1882-02
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 11.02.1882
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Mq-rFmej^ und Tageblatt Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- raic weroen ois -»orminags 11 uyr angcnom- und beträgt der Preis für die gespalten«Zeile 1 oder deren Raum 15 Pfennige. mm Erscheint je dm Wochentag Abends 6 Uhr für dm andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Marl 25 Pf., zweimonatlich l M. 50 Pf. u. cimnonatl. 75 Pf. Amtsblatt für die kömglichen und städtischen Behörden zu Freiberg md Brand. Verantwortlicher Redakteur Iuliu» Brauu iu Freiberg. 34. Jahrgang. Soimabend, den 11. Februar. ver Prozeß gegen Mommlcn. Am vorigen Mittwoch erfolgte die erste gerichtliche Vernehmung des berühmten Gelehrten Professor Mommsen wegen Beleidigung des Fürsten Bismarck. Dieser damit begonnene Prozeß wird nicht verfehlen, das allgemeinste Aufsehn zu machen, weil er sich gegen einen Mann richtet, der als Gelehrter und Mensch die größte Verehrung beim deutschen Volke genießt. Fürst Bismarck hat sich vorge setzt, eine der gewaltigsten sozial-politischen Reformen zu unternehmen, deren Ausführung die Unterstützung der ganzen Nation bedingen würde; und er unterläßt seltsamer Weise gleichzeitig keine Maßregel, welche einen großen Theil des Volkes und alle freisinnigen Geister gegen seine Pläne aufzuregen im Stande ist. Daß sich unseres großen Staatsmannes Zorn besonders gegen die Wissenschaft wendet, ist erklärlich; denn die Professoren galten nie viel in seinen Augen. Man kennt diese Anschauung des Fürsten genügend aus seinem eigenen Munde und doch erregt sein Vorgehen gegen Theodor Mommsen die größte Sensation. Am Mittwoch hat nun nach Berliner Blättern die erste Vernehmung des Angeklagten stattgefundcn. Uebrigens wußte Professor Mommsen bis dahin noch nicht, welche seiner Acußcrungen dem Reichskanzler Anlaß zur Einlei tung des Strafverfahrens gegeben hat. Dies ist um so erklärlicher, als Mommsen schon bei den Wahlen zum neuen Reichstage sich als prinzipieller und beredter Gegner der neuen Richtung in Deutschland hcrvorthat, die nach seiner Anschauung zur Diktatur führen muß, eine An schauung, die er auch im Reichstage, vom Bundesraths- tische aus provozirt, dort vertrat. Die Erklärungen Mommsen's in der deutschen Volksvertretung stehen indessen unter dem Schutze der Immunität und können nicht Gegenstand eines Prozesses bilden; denn Artikel 30 der deutschen Reichsverfassung bestimmt in dieser Beziehung korrespondircnd mit allen anderen Konstitutionen: „Kein Mitglied des Reichstags darf zu irgend einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufs gcthanen Aeußerungen gerichtlich oder disziplina risch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen werden." Es kann sich also doch nur um die Ausführungen Mommsen's in seinem bekannten Sendschreiben an die holstein'schen Wähler vom letzten Sommer handeln, die allerdings eine herbe Kritik der Politik des Fürsten Bis marck enthalten. Professor Mommsen warf dem Reichs kanzler vor, er vereinige in der nämlichen Weise alle Macht in seiner Person, wie die Hausmeier der Merowinger, indem er die Gemeinden, die Volksvertretung und die Monarchie gleichzeitig depossedire und die preußische Krone expropriire. Es wäre nur auffallend, daß der Reichs kanzler diesen Vorwurf bis heute, also bis nach Schluß der ersten Session des deutschen Reichstages, unbeachtet gelassen hat; aber vielleicht steht sein Entschluß im Zusammen hänge mit der Deklaration der Kronrcchtc vom 4. Januar und soll derselben nachträglich noch eine sensationelle rückläufige Wirkung gegeben werden, indem der eifrigste Gegner der verkündeten Auffassung des preußischen Staats- rcchtes vor das Tribunal geladen wird. Während der Session selbst kann kein Abgeordneter auch für eine außer halb des Parlamentssaales gethane Aeußerung in Unter suchung gezogen werden, falls nicht der Reichstag seine Zustimmung erklärt. An eine solche war bei dem Ver fahren gegen Mommsen gar nicht zu denken. Die Ver spätung würde sich aus diesen Gründen allerdings erklären und eine Verjährung scheint nicht vorzuliegen. Die deutsche Nation wird den Prozeß Mommsen mit allgemeinem Interesse verfolgen, denn er findet ein äußer liches Seitcnstück nur noch in dem bekannten Verfahren gegen die sieben Göttinger Professoren. Die Affaire dürste indessen leicht weitere Kreise ziehen. Bereits er klären mehrere Blätter, daß der Anlaß der öffentlichen Verhandlung dazu benützt werden müsse, um einmal die Spezies der Bismarck-Beleidigung und deren besondere in diesem Falle zur Erscheinung kommende Varietät einer gründlichen Debatte zu unterziehen; der deutschen Recht sprechung, dem Volke und dem künftigen Historiker werde damit ein erheblicher Dienst geleistet. Ohne alle Frage wird das Bismarck'schc System der Strafanträge diesmal im Allgemeinen zur Diskussion gelangen. Mit Bedauern sehen wir, daß der große Staatsmann mit einer verhäng nißvollen Beflissenheit die Opposition der gebildeten und politisch fruchtbaren Kreise des deutschen Volkes gegen sich wachruft, gegen deren Widerstand er nicht hoffen darf, die große Reform der nationalen Wirthschaft durchzuführen. Der Prozeß gegen Mommsen scheint nur der Ansang einer Taktik zu sein, deren schließliches Resultat doch wohl für keinen Unbefangenen zweifelhaft ist. Tagesschau. Freiberg, 10. Februar. In der gestrigen Sitzung des preußischen Abgeord netenhauses erfolgte die Bcrathung der Interpellation Richter, betreffend die Höhe des Uebcrschusses des laufen den Etatsjahres. Der Abg. Richter will mit der Inter pellation dem Minister Gelegenheit geben, die versprochene Auskunft zu crtheilcn. Minister Bitter erklärte, daß die geforderte Auskunft erst gegeben werden könnte, wenn die Bücher der Gencralstaatskasse abgeschlossen und Zahlen angaben fcstgestellt sein werden. Auf Vermuthung hin Erklärungen abzugcben, müsse die Regierung Bedenken tragen. Die Auskunft würde so weit als möglich in der Budgetkommission erfolgen, zu Mehrerem sei die Regierung aber weder berechtigt, noch verpflichtet. Abg. Richter ent gegnet, es handle sich nicht um den Abschluß, sondern um sie Veranschlagung des Ueberschusses. Wenn Vermuthungen nicht maßgebend sein sollten, so sei der ganze Etat nicht maßgebend, denn er beruhe ja auf Vcrmuthungen in Ge stalt von Anschlägen. Die Mittheilungen in der Budgct- kommission könnten doch nicht als Gchcimniß behandelt werden, warum erfolgten sic nicht im Plenum, da doch alle Parteien eine Auskunft zu vermissen haben. Allen falls könnte dem Minister eine schriftliche Mitthcilung leichter fallen, als eine mündliche. Minister Bitter ent gegnete: Ich will meine Rcdegabe nicht im Entferntesten mit der des Abg. Richter messen, aber zur sachlichen Aus führung ist meine Rcdegabe vollständig ausreichend. Der Unterschied zwischen dem Anschlag und dem Abschluß ist klar, aber Vcrmuthungen wolle die Regierung nicht aus sprechen, übrigens sei der Etat ja der betreffende Anschlag. So wie der Minister Maybach sei der Minister Bitter auch in seinem Amt zu Hause; die Angaben Jenes seien aber unter dessen eigener Verantwortung abgegeben, er selbst werde im Einverständniß mit der Staatsregierung eine derartige Auskunft ablehnen. Das Verhalten Scholz' sei für die preußische Finanzverwaltung nicht maßgebend. Eine Mitthcilung in der Budgetkommission würde erfolgen, well dort Gelegenheit sein würde, über alle Zahlen nach jeder Richtung Klarheit zu geben, woher aber Abg. Richter die Meinung nimmt, daß die Auskunft schriftlich sein würde, ist unerfindlich. Abg. Rickert äußerte, im Reichstage sei stets der Etat mit der Darlegung des laufenden Jahres eingebracht worden und dies sei sehr wichtig für die Abgeordneten. Es sei bedauerlich, daß dieses Ver fahren nicht im Landtage befolgt werde. Abg. v. Rauch- Haupt meint, es sei unmöglich, hier dasselbe Verfahren wie beim Reichsetat cinführen zu wollen, daß nämlich die Ueberschüsse des laufenden Jahres in den nächsten Etat eingestellt würden. Abg. Rickert findet in dieser Aeußerung einen Widerspruch gegen die Haltung der Konservativen im Reichstage. Auf eine Bemerkung des Abg. Gum brecht erklärt der Finanzminister, daß hier eine Abgabe von Ziffern verlangt würde und das könne und wolle die Staatsregierung nicht. Abg. Richter sagt, die Verweigerung der Antwort im Hause hindere nur eine schnelle Abwickelung der Geschäfte; Abg. v. Rauchhaupt bestreitet den Wider spruch in seinem Verhalten zu den Konservativen im Reichs tag. Abg. Richter meint, die Haltung der Konservativen deute auf die Befürchtung, daß er mit seinem Antrag einen weiteren Steuererlaß verbinden wolle, dies sei aber nicht der Fall. Hierauf wurde die Diskussion geschlossen. — Das Haus schritt dann zur Bcrathung der Kreis - und Provinzialordnung für Hannover und verwies nach längerer Debatte die Vorlage an eine besondere Kommission von 21 Mitgliedern. — In Abgeordneten kreisen verlautet, daß der Reichskanzler nach den heftigen Reden der Zentrumsmitglieder gelegentlich der Debatte über die kirchcnpolitischc Vorlage wiederholt erklärt habe, daß im jetzigen Stadium der Verhandlungen die Regierung ein Gesetz, welches definitiv die Maigesetzc abändert, nicht akzeptircn würde, sondern auf dem Boden der diskretionären Vollmachten fest stehen bleibe- - Dem Vernehmen nach- ist der Gesandte von Schlözer vorläufig nur beauftragt, gewisse Personalfragen zu regeln, auf Prinzipicnfraaen aber sich nicht einzulasscn, bis die Beraihung über oie kirchliche Vorlage, die bekanntlich einer Kommission zur Berichterstattung übergeben wurde, beendet ist. - Die „Franks. Ztg." meldet aus London von gestern Vormittag, das deutsche Schiff „Lisette" sei bei St. Johns auf einem Riff gesunken. Sicher ist, daß sünf Mann inklusive Käpitän untcrqegangcn sind. Es wird befürchtet, daß alle an Bord Befindlichen ertranken. Die österreichische Ministcrkrisis ist also glücklich noch im Keime erstickt worden, aber die Stütze der Regierung, die nach der Abstimmung über das Pctrolcumgcsetz nur aus 10 Mann besteht, ist freilich gebrechlich genug, um das Ministerium zu keiner rechten Freude über den er rungenen Sieg gelangen zu lassen Zu den inner» Schwierigkeiten gesellen sich nunmehr auch ernste in der äußern Politik. Die slavischc Agitation erhebt so kühn ihr Haupt, daß für das Frühjahr der Ausbruch der Insurrektion auch in Bosnien in Aussicht gestellt wird. Trotz des guten Glaubens, den der Gras Kalnoky erst neulich in den beiden Delegationen bezüglich der eminent sriedlichen Gesinnungen des russischen Czaren äußerte, muß die österreichische Regierung cs ruhig mit ansehen, wie die russischen Emissäre der slavischen Agitations komitees seine Nachbarn in Montenegro und Serbien zur allgemeinen Erhebung sür die slavischc Befreiung von dem österreichischen Joche anfeuern und wie die von russischen Agitatoren genährte Erbitterung gegen den bisher noch in loyaler Haltung verharrenden Fürsten von Montenegro mit jedem Tage dermaßen wächst, daß der Ausbruch einer Revolution zu besorgen steht, wenn nicht Fürst Nikolaus sich dem Andrängen der kriegslustigen Partei fügt und sich dem Aufstande der Slaven anschließt. Die „Polit- Korrcsp." bringt einen Bericht aus Danilowgrad, wonach der Fürst von "Montenegro vor einer militärischen Ver sammlung in Anwesenheit des österreichischen Minister präsidenten die Nothwendigkeit, sich gegen Oesterreich dankbar zu erweisen, betonte. Oesterreich sei keine Türkei, Oesterreich sei gerecht und wohlwollend. Kein Land könne ohne Wehrverfassung bestehen, um so schlimmer sei es für die Herzegowiner, wenn sie sich gegen das Wehrgesetz auilehnten. Obgleich man in Frankreich den Passus der englischen Thronrede über Egypten etwas kurz und unbestimmt findet, so ist doch der allgemeine Eindruck derselben und besonders der der erläuternden Auslassungen Granville s ein günstiger und befriedigender. Man schließt hieraus, daß Frankreich in seiner Aktion frei ist, und wenn auch das Kabinet Gambetta die Hypothese einer effektiven Intervention in Egypten erwogen haben mag, so scheint sich dieselbe den noch keineswegs in dieser Hinsicht England gegenüber ge bunden zu haben- Jedenfalls ist Freycinet entschlossen, nur im Einvernehmen mit den übrigen Großmächten in Egypten vorzugehen. Die diplomatischen Verhandlungen zwischen den Mächten mit Einschluß der Türkei über eine gemeinsame Verständigung für den Fall einer ernsten Krisis in Kairo sind im Gange. Sonach befürchtet man in Pariser politischen Kreisen keinerlei Gefahren aus den cgyptischen Wirren mehr für den allgemeinen europäischen Frieden. — Baron Courcel reiste gestern nach Berlin ab. Der Botschafter geht mit großer Freude auf seinen neuen Posten und äußerte wiederholt sein Vertrauen, daß es ihm gelingen werde, die guten Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich in bester Weise aufrecht er halten und zu fördern. — Herr von Marcörc, früherer
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