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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.03.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188203107
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820310
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820310
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-03
- Tag1882-03-10
- Monat1882-03
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.03.1882
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34. Jahrgang Freitag, den 10. März. Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für den andern Tag. Preis vtwteljährlich 2 Mark 2b Pf., zweimonatlich I M. SV Pf. u. einmonatl. 7b Pf. und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen nnd Wüschen Behörden zn Freiberg and Brand. Verantwortlicher Redakteur Julins Braun in Freiberg. Inserate werden bis Bormittags 11 Uhr angenom- > men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile D oder deren Raum 1b Pfennige. Wegen des Butztages erscheint die nächste Nummer d. Bl. Sonnabend Abend 6 Uhr. Vmtschlan- «nd Nom. Wenn man jüngst im preußischen Abgeordnetenhaus von allen Seiten de- und wehmüthig versichern hörte, man habe den Kulturkampf gar nicht angefangen; wenn man bemerkte, wie jede Partei alle Verantwortung für die kirchenpolitischen Kämpfe der letzten Jahre möglichst von sich abzuschütteln und auf den politischen Gegner zu wälzen suchte — dann wußte man wirklich nicht, sollte man über das klägliche Schauspiel erröthen oder über diese gewundenen Erklärungen, bei denen mancher ehrenwerthe Abgeordnete wie ein ertappter Schulbube aussah, von Herzen lachen. Es ist ein Zeugniß für die Oberflächlich keit, mit der zuweilen die politischen Angelegenheiten bei «ns behandelt werden, wenn man glaubt oder doch glauben machen will, der Kulturkampf sei das Werk eines einzelnen Mannes oder einer einzelnen Partei; er sei beliebig vom Zaune gebrochen worden und könne ebenso beliebig wieder beigclegt werden; dieses oder jenes Programm enthalte ein Univcrsal-Hcilmittel, welches, wie gegen alle Schäden des Staatswesens, so auch gegen die Beunruhigung durch kirchenpolitischc Kämpfe vorzügliche Dienste leiste und die Wiederkehr solch unliebsamer Dinge vollständig verhindere. Die kirchcnpolitischen Kämpfe find durchaus nichts Zu fälliges gewesen; sic werden auch nicht wieder verschwinden, so lange nicht bei uns Gleichgiltigkeit gegen unsere natio nale Gemeinschaft oder gegen die Gcisterfrcihcit des deutschen Volkes eingctreten ist. Die Härten und Schroff heiten des Kampfes lassen sich allenfalls bei einigem guten Willen auf beiden Seiten mildern, der Kampf selbst aber wird bestehen bleiben, denn er war und ist eine geschicht liche Nothwendigkeit. Das mag für Viele nicht angenehm sein, für uns ebenfalls nicht; aber in solchen Gingen richtet sich der Lauf der Welt nicht darnach, was mau wünscht. Wir mögen thun, was wir wollen, den Gegensatz, welcher zwischen Deutschthum und Ultramontanismus besteht, können wir nun einmal nicht auslöschen. Man muß es den Ultramontanen lassen, daß sie — überhaupt immer viel klarer als ihre gern in Parteilciden- schast oder gar in Gefühlsdusel sich wiegenden Gegner — keinen Augenblick diesen Gegensatz außer Acht lassen und daß sie deshalb jederzeit genau wissen, was sic wollen. Ab und zu liefern sie uns handgreifliche Beweise davon. Gerade in neuerer Zeit hätten wir Erfahrungen in dieser Hinsicht sammeln können. Von Vorfällen, wie jüngst in Rheinbrohl, sehen wir dabei ganz ab, so lehrreich solche Episoden auch sein mögen. Aber fassen wir allgemeine Verhältnisse in's Auge, so unterliegt es keinem Zweifel, daß überall, wo die deutsch-nationale Idee auf Widerstand stößt, der Ultramontanismus auf Seite der Gegner des Deutschthums tritt und diesen die schärfsten Waffen gegen uns liefert. Ueberall im Reiche, wo der Partikularismus sein Haupt erhebt, sind die Ultramontanen die Bundes genossen desselben. Im Osten ist es der ultramontane Klerus, welcher der polnischen Agitation gegen Deutschland allein noch Leben einhaucht. Im Westen haben die Franzosenfreunde keine besseren Verbündeten, als die Ultramontanen, trotz aller Gefälligkeiten, die ihnen die Regierung des Statt halters erweist. In Oesterreich betheiligen sie sich in vor derster Reihe an dem Vernichtungskampfe gegen das Deutschthum. Zur Erklärung dieser Thatsachen reicht der Hinweis auf den Kulturkampf, der die Gemüthcr erbittert, nicht aus. Als Staat und Kirche scheinbar noch im tiefsten Frieden mit einander lebten, waren die Römlinge im öst lichen Deutschland sowohl wie in Oesterreich aufs Engste mit den Feinden des Dcutschthums verbündet. Es konnte auch gar nicht anders sein, denn der Ultramontanismus ist eine italienische Pflanze, in welcher der alte Traum der Romanen von einem Weltreiche, von der Beugung aller Existenzen unter ein Prinzip, neue Blüthen treibt. Das Dcutschthum aber ist nun einmal der Vertreter des Indi vidualismus und diese beiden Prinzipien vertragen sich neben einander wie Feuer und Wasser. Wollte man an den Schauplätzen all' dieser nationalen Kämpfe die Heldenthatcn des Ultramontanismus sammeln, man würde ein kaum zu bewältigendes Material erhalten. Eine bcdaucrnswcrthe Rolle spielen bei diesen Kämpfen natürlich diejenigen Deutschen, welche, durch den ultra montanen Terrorismus eingeschüchtert, gegen ihr eigenes Volk mit zu Felde ziehen. Es qiebt in Posen wie in Böhmen deutsche Pfarrer, die sich's nach Kräften angelegen sein lassen, ihre Muttersprache zu verleugnen und zu be kämpfen- Und doch werden sie von Polen und Czcchen mit Verachtung angesehen, weil sie das Unglück gehabt, von deutschen Eltern geboren zu sein. Aber gerade diese Fälle zeigen uns, daß eine Richtung, welche solchen Terrorismus zu üben vermag, nimmermehr dauernden Frieden mit uns haben kann. Der Frieden wäre möglich, wenn wir Deutschen uns selbst aufgeben und unsere Art verleugnen wollten; oder wenn der Ultramontanismus, wie dies bis vor dreißig Jahren der Fall war, in der Kirche von einer gemäßigten Richtung in Schach gehalten würde. Zur Zeit ist weder das Eine noch das Andere wahrscheinlich und damit zerfallen die Fricdenshoffnungen in sich selbst, mit denen sonderbare Schwärmer sich tragen- Vie neuen Negierungsvorschlage zur Regelung -er Arbeiter-Unfallversicherung. Dem preußischen Volkswirthschaftsrath sind eine Reihe von Grundzügen für die gesetzliche Regelung der Unfall versicherung zugegangcn. Indem wir uns eine Kritik derselben Vorbehalten, theilen wir für heut die wesentlichsten Punkte der neuen Vorschläge mit. Die Unfallversicherung der Arbeiter soll in der Weise erfolgen, daß jeder Unternehmer eines vcrsicherungspflich- tigen Betriebes einer der zu bildenden Genossenschaften angehören muß und diesen Genossenschaften die Ver pflichtung auferlegt wird, die gesetzlichen Entschädigungen unter Beihilfe des Reiches zu leisten. Zu versichern sind alle Arbeiter und Betriebsbeamte mit einem Jahresarbeits- Verdienste von nicht über 2000 M., welche beschäftigt werden: 1) in Bergwerken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Brüchen, Gruben, auf Werften, in Fabriken und Hütten werken; 2) in Gewerbebetrieben, welche sich auf die Aus führung von Bauarbeitcn erstrecken, sowie bei der Aus führung von Bauten, so weit die Beschäftigung nicht lediglich in der Ausübung einzelner Rcparaturarbeiten besteht. Hinsichtlich der Art und Höhe der den Versicherten zu gewährenden Leistungen werden die Bestimmungen des vom Reichstage berathencn Gesetzentwurfes mit folgenden Aenderungen bcibehalten; 1) Für die ersten 13 Wochen der Erwerbsunfähigkeit wird auf Grund der Unfall versicherung keine Entschädigung geleistet. An Stelle der letzteren tritt Unterstützung auf Grund der Kranken versicherung, zu welcher die Arbeitgeber für die unfall- versicherungspflichtigcn Arbeiter 33^/» pCt. der Beiträge zu leisten haben 2) Der Berechnung der Entschädigung wird nur derjenige Theil des Arbeitsverdienstes zu Gründe gelegt, welcher 1200 M. für das Jahr oder 4 M. für den Arbeitstag nicht übersteigt. Dagegen werden Beiträge zur Unfallversicherung von den Versicherten überhaupt nicht erhoben. Die Feststellung der Entschädigungen er folgt durch die Organe der Genossenschaften. Die Aus zahlung der Entschädigung geschieht auf Anweisung der Genossenschaft durch die Postverwaltung. Die Bildung der Genoffenschaften erfolgt nach Maß* gäbe einer vom Bundesrath auf Grund der Ergebnisse der Unfallsstatistik nach Industriezweigen und Betriebsarten vorzunehmenden Eintheilung der Betriebe in Klassen mit gleicher Unfallsgefahr. Der Regel nach wird für jede Betriebsklasse eine den Bezirk der höheren Verwal tungsbehörde umfassende Genossenschaft gebildet. Wenn die in einem Bezirke vorhandenen Betriebe einer Klaffe nicht so viele Arbeiter beschäftigen, wie zur dauernden Leistungsfähigkeit einer Genossenschaft erforderlich sind, so werden von den nach dem Maße der Unfallsgcfahr einander am nächsten stehenden Klassen so viele zu einer Genossenschaft vereinigt, wie zur Lebensfähigkeit der letz teren erforderlich sind. Für Betriebsklaffcn, für welche die Gefahr von Masienverunglückungen besteht, oder welche bei großer Unfallsgefahr eine so geringe Zahl von Be trieben umfassen, daß eine Gcnosscnschaftsbildung für die Bezirke der höheren Verwaltungsbehörden nicht möglich ist, kann der Bundesrath die Bezirke der zu bildenden Genossenschaften unabhängig von den Landesgrenzen sest- stellcn. Die Genossenschaft wird durch eine Generalver sammlung vertreten. Jede Genossenschaft muß einen Aus schuß für die Feststellung der Entschädigungsansprüche niedersctzcn, dessen Mitglieder zur Hälfte von der General versammlung, zur Hälfte vom einer Delcgirtenver- sammlung der Versichertes! gewählt werden. Di« Letztere besteht, so weit die Versicherten Fabrik-Kranken kaffen angehörcn, aus den Delegirten der Krankenkassen- Vorstände. Jeder Betriebsuntcrnehmer hat vor Eröffnung des von ihm beabsichtigten Betriebes der Verwaltungsbe hörde eine Anzeige über die Art und den Umfang des Betriebes zu erstatten. In dieser Anzeige kann der Un ternehmer die Genossenschaft bezeichnen, welcher sein Be trieb nach feiner Auffassung angehört. Die Mittel, deren die Genossenschaft zur Leistung der von ihr zu gewährenden Entschädigung, sowie zur Be streitung ihrer Verwaltungskosten bedarf, werden durch 'Beiträge der Mitglieder ausgebracht. Die Beiträge werden halbjährlich nach dem Bedürfniß des abgelaufcnen Rech nungsjahres aus die Mitglieder nach Maßgabe der in ihren Betrieben von den Versicherten verdienten Löhne und Gehälter bemessen. Jedes Mitglied der Genossenschaft hat binnen 4 Wochen nach Ablauf des Rechnungshalb jahres dem Vorstände eine Nachweisung über die während dieses Zeitraums in seinem Bclricbc beschäftigt gewesenen versicherten Personen und die von denselben verdienten Löhne und Gehälter einzureichcn. Durch das Statut kann der Generalversammlung oder dem Vorstande die Bcfugniß eingeräumt werden, Vorschriften über die von den Mitgliedern zur Verhütung von Unfällen in ihren Betrieben zu treffenden Einrichtungen zu erlassen und Verstöße gegen diese Vorschriften mit Geldstrafen oder Strafzuschlägen zu den Beiträgen zu ahnden. Die Vor schriften bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Gleicherweise kann der Generalversammlung oder dem Vorstande die Befugniß eingeräumt werden, zur Verhütung von Unfällen in den Betrieben der Genossenschaftsmit glieder Vorschriften über das Verhalten der darin be schäftigten Arbeiter zu erlassen und Verstöße gegen die selben mit Geldstrafen zu bedrohen. Auch diese Vorschriften bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde und müssen, bevor sie zur Erwirkung derselben vorgclegt werden, einem von der Delegirten- versammlung der Arbeiter zu diesem Zwecke zu wählenden Ausschüsse zur schriftlichen Erklärung mitgctheilt werden; diese Erklärung ist der Aussichtsbchörde mit vorzulegen. Die Genossenschaften sind befugt, durch Beauftragte die Befolgung der erlassenen Vorschriften zu überwachen, von den Einrichtungen der Betriebe, so weit sie für die Zu gehörigkeit zur Genossenschaft von Bedeutung sind, Kennt- niß zu nehmen und die Geschäftsbücher und Listen einzu- sehcn, aus welchen die verdienten Löhne und Gehälter ersichtlich sind. Die Untersuchung der Unfälle, die Mit wirkung der Polizeibehörden bei Ermittelung der für die Feststellung der Entschädigung in Betracht kommenden Thatsachen, die Verantwortlichkeit des Unternehmers bei Unfällen, welche er durch grobes Verschulden herbeigeführt hat, sollen in analoger Weise geregelt werden, wie cs in dem im Reichstage berathencn Gesetzentwürfe vorgesehen war.
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