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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 16.06.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188206169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820616
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820616
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-06
- Tag1882-06-16
- Monat1882-06
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 16.06.1882
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BergerM^^ und Tageblatt. Amtsblatt sür die lömglicheu und Mdtischeu Behörden zu Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur Iuliu« Srauu i» Freiberg. 137. Erscheint jeden Wochentag Abends 0 Uhr sür den andern Tao. Preis vierteljährlich 2 Mart 2Ü Pf., zweimonatlich 1 M. SV Pf. u. etnmonatl. 7b Pf. 34. Jahrgang Freitag, de» 1ö. Juni. Inserate »erden bis Vormittags 11 Uhr angenom. men und beträgt der Preis für die gespaltene Zelle oder deren Raum 1b Pfennige. 1882. Tagesschau. Freiberg, 15. Juni Auch gestern war die Monopoldebatte im Reichstage eine sehr animirte. Nachdem in Kürze der Abgeordnete Ackermann den besonderen Standpunkt seiner sächsischen Parteigenossen gegen das Monopol dargelegt, erhob sich Fürst Bismarck, um zunächst sein Bedauern darüber auszusprcchen, daß er der letzten Sitzung beizuwohnen verhindert war. Ich konnte, erklärte der Reichskanzler, wegen anderwciter Geschäfte gestern nicht im Hause an wesend sein; ich habe in den bisherigen Ausführungen der Gegner des Monopols keinen Anlatz gefunden, welche meine und der verbündeten Regierungen Meinung über das Monopol zu erschüttern vermocht hätten. Wenn ich wegen einzelner Aeußerungen des Abg. Richter zu polc- mistrcn gcnöthigt bin, muß ich zunächst die bedauerliche Thatsache konstätircn, daß unsere Ansichten über das auch im parlamentarischen Kampfe nöthigc Maß der Rücksicht und Höflichkeit erheblich divergircn. Wenn der Abg. Richter meine Rede eine Wiederholung und eine neue Auflage früherer Reden nennt, so ist doch auch er oft in der Lage, seine Argumente wiederholen zu müssen, und je unwichtiger seine Ausführungen sind, um so häufiger müssen sie wieder holt werden. Wenn sie immer wieder gedruckt stehen, so färben sie doch schließlich ab. Wenn der Abg. Richter über das Fiasko der neuen Wirthschaftspolitik klagt, so übersieht er, daß die im Jahre 1879 beschlossenen Zölle im Abschluß des Jahres 1881 doch noch unmöglich zu voller Wirksamkeit gekommen sein könnten. Richters Angriff auf den Gctrcidezöll stelle ich die Berechnung entgegen, eine wie vcrhältnißmäßig geringe Belastung der Getreide einfuhr der Getrcidczoll bildet. Eine gute Ernte oder eine Mißernte in Rußland hat auf unsere Getreidcprcisc mehr Einfluß, als der gesammte Getrcidczoll. Besser als durch Aushebung des Gctreidezolles wird man den In teressen der deutschen Landwirthschaft durch Beseitigung der Lasten dienen, welche als direkte Abgaben die deutsche Landwirthschaft Niederdrücken. In direktem Gegensätze dazu steht Richters Bestrebung, die Lasten der deutschen Gctreidcproduktion wo möglich zu erhöhen und diejenigen der ausländischen noch herabzumindern. Abg. Richter rühmt die Klassenstcucrgesetzgcbung. Ja, wie bureaukratisch diese ist, wie wenig sie im Lande Bescheid weiß, erhellt aus der einen Thatsache, daß sie das Einkommen bis 140 Thaler sreilasscn will, als ob überhaupt eine Familie in ganz Deutschland, Nahrung, Kleidung, Wohnung und Heizung zusammengerechnet, mit weniger als 150 Thalern jährlich existiren könnte. Das ist eine großartige Verkennung der Thatsachen. Die Aus führungen Richtcr's über die Landwirthschaft haben in mir den Wunsch entstehen lassen, damit seine wirklich hervorragende Begabung dem Lande zu Nutzen komme, er möchte, wenn er doch sich dazu entschließen könnte, einmal ein Jahr lang als Lehrling oder Guts besitzer auf's Land gehen. (Heiterkeit.) Abg. Richter macht auch die neue Wirthschaftspolitik für die Stärke der Aus wanderung verantwortlich. Man könnte mit viel mehr Recht umgekehrt dafür den Freihandel verantwortlich machen, der die Industrie, die Landwirthschaft geschädigt und die Arbeitsgelegenheit vermindert hat. Neben dm drückenden direkten Steuern hat dieses Moment ohne Zweifel sehr erheblich mitgewirkt. Abgeordneter Richter sagt, ich hätte auf Grund der Gesetzgebung des Jahres 1879 eine Versprechung gemacht, die ich nicht erfüllt hätte und nicht erfüllen könnte; nein, ich habe nur Bitten aus gesprochen, habe gesagt: Macht euren Einfluß bei den Wahlen und durch Petitionen geltend, daß Dies und Jenes geschieht, damit die ungerechte Belastung aushören kann. Wenn aber der Reichstag die Anträge und Pe titionen ablehnt, so daß die Mittel zu Reformen nicht vorhanden sind, so darf Niemand mir den Vorwurf machen. Nicht habe ich den Kommunen Versprechungen gemacht, sondern ich bin für dieselben Bittsteller beim Reichstage gewesen. Ich halte die Gebäudesteuer für ebenso ungerecht, wie die Grundsteuer. Wenn ich das hier ausspreche und sage: Helfen Sie die Grund- und Gebäudcsteuer abschaffen, so liegt darin kein Versprechen. Gerade Berlin sollte mir meine Fürsorge für die Kom munen danken, denn ohne mein energisches Eintreten als preußischer Handelsministcr für Errichtung von Schlacht häusern in Berlin würde diese erste Etappe auf den Wegen M Wiedereinführung der Schlachtsteuer zum Wohle der bedrängten Kommunen gar nicht geschaffen worden sein. Es wird uns immer Sparsamkeit empfohlen, namentlich beim Militäretat. Glauben denn die Herren, daß cs den Regierenden Freude macht, so große Heere zu haben; wir sind dazu durch die zentrale Lage genöthigt. Dies ist nicht nur meine Meinung, sondern oie Meinung der deutschen Nation. Die Herren, die hier gegen mich reden, sehen die Sache theoretisch an, ich aber behandle sie praktisch und muß sie anders beurtheilen Redner widerlegt die Ausführungen des Abg. Richter bezüglich der Eisenbahnpolitik. Man habe dabei nur dem Staat wiedergcgcben, was ihm gehört. Redner hofft, daß die ganze Politik einmal wieder verstaatlicht wird. Er bezeichnet den Einwand, daß das Vcrwcndungsgcsetz nicht berathen werden könnte, weil man dasselbe zu spät vorgelegt habe, als unhaltbar. Ich bestreite, fährt der Redner fort, die Behauptung, daß ich nicht mit dem Par lament regieren könnte. Ist es denn in England leichter, kommt denn mein verehrter Kollege Gladstone leichter mit dem Parlament vorwärts, wie ich? So lange in Eng land nur zwei Parteien waren, war die Sache leichter; jetzt ist sie auch schwieriger. Jede Partei, nicht nur hier, sondern überall, wird immer die Eine oder die Andere überbieten und deshalb ist bei uns eine Partciregierung unmöglich. Wo haben Sie einen Minister, der 20 Jahre lang am Ruder geblieben ist, wie ich? So ganz untraitabel kann ich also doch nicht sein! Mit der Majorität des Abg. Richter würde ich nicht regieren können, damit kann über haupt kein Mensch regieren. Warum benutzen Sic Ihre Initiative nicht? Das Bcrwendungsgcsetz haben Sie ver worfen, und was haben Sie an dessen Stelle gesetzt? Können Sie eine Verantwortlichkeit dafür übernehmen, daß die jetzigen Zustände so vortrefflich sind, daß sie keiner Reform bedürfen! Ich verlange von dem Landtage die Antwort Ja oder Nein, wie sic der König fordern kann, aber ich will nicht, daß man sagt: Die Antwort ist uns unbequem. So lange dies geschieht, muß der Landtag aufgelöst werden. Man hat uns lange genug die Armcc- organisation verweigert und ohne diese hätten wir nie den nationalen Gedanken verwirklichen können. Sie suchten die Armee zu zertrümmern und zu untergraben mit Ihrer zweijährigen Dienstzeit Als ich zuerst äuftrat, mußte ich hören, ich sei ein preußischer Offizier in Zivil, ich akzeptire das noch heute und darf mit Genugthuung auf das zurück- schen. Was ich als solcher gethan habe, halte ich Alles aufrecht, ebenso was ich bezüglich der Fraktionen und der Fraktionspolitik gesagt habe. Den Zweck der Fraktionen bekämpfe ich nicht, sondern nur die Formen, worin man sich überbieten will. Man muß nur nicht die Fraktionen als den Ausdruck des Volkswillcns hinstellcn. Welches Recht haben denn die Herren Richter und Bamberger, im Namen der deutschen Nation zu sprechen, und zwar mehr, wie ich? (Beifall rechts.) Ich denke, ich habe dasselbe oder ein weit größeres Recht dazu (Beifall rechts,) der ich im Namen des Kaisers und der deutschen Regierungen hier stehe, wenn ich auch nicht die Majorität der Wähler Bambergers hinter mir habe. (Beifall rechts). Seien Sie überzeugt, fährt Fürst Bismarck fort, daß, wenn ich wählen könnte zwischen den Regierungen, zwischen der Parlamentsmajorität und meinem Vaterlande, meine Wahl nicht zweifelhaft sein würde. Aber ich frage auch, wer hat denn sein ganzes Sein, wie ich, eingesetzt, um die Zustimmung des Königs von Preußen für die nationale Politik zu gewinnen? Es hätte außer mir Niemand riskirt, sich in. die Unmöglichkeit zu versetzen, nach Hause zu kommen, wenn der Krieg fehlschlug, und doch hing es nicht von mir ab, ob er fehlschlug. Wenn der Abg. Richter also mir gegenüber das Verdienst für die Herstel lung des deutschen Reiches und nationaler Gesinnung als Rival beansprucht, so muß ich ihm einfach sagen: Da kommen Sie nicht mit mir mit. (Beifall rechts, Zischen links.) Abg. Bamberger: Der Reichskanzler hat kein Recht, sich darüber zu beklagen, daß man sich von der Sache entfernt. Fürst Bismarck habe weder vorgestern noch heute von der Sache gesprochen. Er (Redner) könne nicht ein mal von sich sagen, daß er sich allzu weit von dem vor liegenden Gegenstände entfernt habe. Er halte nun ein mal das gegenwärtige Wirthschaftssystem des Reichskanzlers für falsch und für Deutschland schädlich und zwar in dem Maße, daß er, falls er Vie Wahl hätte, dem Monopol an sich als dem kleineren Uebel den Vorzug geben würde. Ich kämpfe gegen dieses System, weil ich in demselben nichts weiter als eine schablonenhafte Nachahmung des Auslandes erblicke. Der Kanzler habe gar kein Recht, ihm vorzuwerfen, daß er französische Ideen in sich ausge nommen. Die Schutzzollpolitik sei von Frankreich im- portirt; für die französische Volkswirthschaft habe sich allein der Reichskanzler begeistert und das Monopol selbst sei eine französische Institution. Wo also habe Fürst Bismarck die Beweise, daß er (Redner) sich in franzö sischem Jdeenkreise bewege, während der Kanzler die teuto nischen Ideen vertritt? Das deutsche Tabakmonopol sei ebenso eine Chimäre, wie die gemischten Gedanken, die man mir unterschiebt. Ec könne verlangen, daß man seine Gesinnungen nicht herabzicht im Gegensatz zu seinem ganzen Leben. Ec habe auch im Auslande niemals ver gessen, daß er deutscher Patriot ist. Er sei unter seinen politischen Freunden der erste gewesen, der für die Politik des Reichskanzlers im Jahre 1866 cingetreten ist, er habe sich damit dem Spott und Hohn aller seiner früheren Ge sinnungsgenossen ausgesetzt. Was würde Fürst Bismarck sagen, wenn ich sein Leben ebenso intcrprctiren würde. Ich habe ein vorwurfsfreies und bekanntes Leben hinter mir und er hat kein Recht, mit Bezug auf mich einen verächt lichen Ausdruck anzuwendcn. Ich habe allerdings kein Recht, in dem Tone des Herrn Reichskanzlers zu sprechen, aber ich glaube die Ansichten der Nation zu kennen wäh rend der Kanzler sich mit einer Korona umgeben, die es nicht mehr wagt, ihm etwas Unangenehmes zu sagen. Der Kanzler kennt aber die Meinungen des Volkes nicht mehr. Fürst Bismarck: Ec stehe hier nicht als Vertreter in seiner eigenen Sache, sondern im Namen der verbün deten Regierungen. Er habe ein Recht, eine wesentlich sachliche Diskussion zu fördern, und doch fange jede Aus führung der Opposition damit an: der Herr Reichskanzler hat das oder das gesagt, man greift fortwährend seine Person und seine Tendenz an, seine Person werde künst lich in die Debatte hineingczogcn, weit über das noth- wendige Maß hinaus. Es handle sich doch um Vorlagen der verbündeten Regierungen, nicht darum, wer Minister ist. Es sei ganz erstaunlich, wie oft sein Name in der Debatte vorkommt. Herr Bamberger hält mein System für schädlich; er wird mir erlauben, sein System sür von Grund aus falsch zu halten. Sollte ich mich etwa des halb auf den Standpunkt des Abgeordneten Bamberger stellen, weil Frankreich das Monopol hat? Vergessen wir doch nicht, daß Frankreich trotz seiner ungeheuren Verpflichtungen noch immer eine reiche Nation ist. Wenn Herr Bamberger behauptet, ich hätte ihn persönlich zu verdächtigen gesucht, so irrt er, ich habe auch nicht mit einem Worte ihn in der persönlichen Achtung hcrabzusetzen gesucht. Sie sprechen immer von der Majorität, zeigen Sic sie mir, und ich werde die Geschäfte m ihre Hände legen; aber ich sehe keine, als verschiedene Parteien. Herr Bamberger hat auf eine Acußcrung des früheren Abg. von Blankenburg Bezug genommen. Ich bin kein Pommer, ich bin ein Altmärker, aber ich theile die Ansicht nicht, daß man doppelt grob werden müsse, wenn man grob be handelt wird Auch erkenne ich an, daß Herr Bamberger den gesellschaftlichen Ton eines gebildeten Mannes als gewandter Dialektiker niemals außer Augen läßt, aber im Uebrigen vermisse ich ein gewisses Wohlwollen gegen mich. Unverständlich ist es, wenn in dem Momente, wo ich die Minorität auffordere, etwas für die Masse der Bevölkerung zu thun, mich als Gegner der Bolksmasse darstelleu zu wollen. Wenn Sie die Resolution Lingens mit noch so großer Majorität annehmen, so werden Sie uns doch nicht von dem abbringen, was wir als recht und nothwendig halten. (Beifall rechts.) Abg. Richter: (Der Reichskanzler erhebt sich und verläßt den Sitzungssaal. Große Heiterkeit!) Das irritirt mich nicht, um so weniger, als ich wahrgenommen, daß der Reichskanzler am FcühstiickStisch meine Rede um so aufmerksamer zu lesen pflegt. Der Herr Reichskanzler hat gegen mich, den einfachen Abgeordneten, seine persön liche Autorität und sein persönliches Interesse ins Feld geführt. Der Herr Reichskanzler stellt mich also als R- valen hin. Ich erkenne vollkommen die Verdienste des Fürsten Bismarck an, und bin weit entfernt davon, meine Person mit ihm vergleichen zu wollen. Der Hinweis auf seine Verdienste war gar nicht nöthia, aber wenn sein Verdienst noch größer wäre, so würde daraus noch nicht folgen, daß das Monopol im Reiche cingesührt werden muß. Wenn die Ansichten des Reichskanzlers die allein richtigen sein sollen, wozu ist denn überhaupt noch ein Parlament nöthig. Wir machen aber die Erfahrung, daß je weniger die Sache selbst für sich spricht, der Kanzler
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