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Sächsische Volkszeitung : 31.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-31
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190601319
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19060131
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19060131
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-01
- Tag1906-01-31
- Monat1906-01
- Jahr1906
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 31.01.1906
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vorletzte» - «lte» ng: Der Rr. S4. Mittwoch, den 81. Januar LVOV. S. Jahrgang. i;ves»ch» !ld> Tabellen , un» schrlft- »ltcher »«- sei,dun, von sortbsldim,»- - r.«vett»i«, lenis ' ^ " chrr. . ^ »«hls» — »usnahm« Ölwechsel vor» llen. Erwachsene), tertstusen «lt k>r> kanten. Le> ist,rode usw.). auch Btertel» lkrsLcher, auf »er lehrplan- n unv »erus»- m. Rechnung»- larilch je nach am Ltntrttt tu für Prüsunee» isnahme in die len. Ingenteur- gS-Schule ettion 257 I-Ieüer- 57 -Straße. K«»vo. ,.IiIk,IiII°I» Vinelnllt. gen »Le v. L 66 seegedäek. M. ausgeführt. ins Haus. irlrrrtter. gen ah»n«ng«n Entwürfen ldet. erstratze 72. ««preis« v- lLer, laa. /7 r« se/'-Ft/-. L. all« SS iklltinvardlnäungsa) vr unä Lüods, ab - ^Vlrsvbküobv, Uok poston Kana mit lldor- ütkßss oävr kraxor 17S SWsche MMsreitung Erschenit ISolich »ach«, »tt «u»nabme der «arm- u. Sesttage.!> Auserate «crden die Sgespalt. «etitzeUe oder deren Raum mit ü»N»tzz»-tger crgevisn». wadki»e». «rc»l«. V,eideil. > -ss^MxsTWVZs-. irhe«. V. Die Groue« Schwestern in Chemnitz nnd der Evangelische Bvnd. Das „Chemnitzer Tageblatt" veröffentlichte am 25. L. M. folgendes Schreiben des „Evangelischen Bundes": «Bei uns sind vielfache, zum Teil erregte Beschwerden ringelaufen über die hiesigen „Grauen Schwestern", die «ine Hauskollekte in der Stadt veranstalten. Wir halten es deshalb für unsere Pflicht, die evangelische Bevölkerung darauf aufmerksam zu machen, daß die sogenannten „Grauen Schwestern" katholische Nonnen, nämlich Borromäerinnen, sind, die nur katholische Zwecke und Ziele kennen. Sie schei- uen, obgleich Ordensniederlassungen nach unserer Verfassung in Sachsen verboten sind, in Chemnitz eine förmliche Nieder lassung zu haben. Sie sammeln jetzt für ein „Schwestern- heim", gehen ganze Straßen und ganze Häuser ab und sollen zum Teil sehr reiche Gaben empfangen haben. Wir bitten nun unsere evangelisch« Bevölkerung, doch ihre Opfer unseren evangelischen Bestrebungen zuwenden zu wollen. Wir haben die mannigfachsten und dringendsten Bedürfnisse und wissen oft kaum, wie wir sie befriedigen sollen. Wir beanspruchen vor allem auch für unsere evangelischen Diako nissen, mit denen wir angestrengt und selbstlos das ganz' Jahr hindurch arbeiten, die volle Sympathie der Evangeli schen. Wir erbitten und erhalten von Andersgläubigen keine Gaben, wie auch die „Grauen Schwestern" Protestan ten nur pflegen, wenn sie aus Bezahlung rechnen können. So wollen wir uns selbst nicht das Nötige entziehen. — Da mit über diese Sache noch prinzipiell gesprochen werden kann, soll die Hauptversammlung nächsten Mittwoch, 31. Januar, abends 8 Uhr nicht in dem zuerst angegebenen Lokal, sondern im Saale des „Tivoli", Zwickauer Straße Nr. 65, abgehalten werden. Nach dein Jahresberichte durch Herrn Oberpfarrer Dr. Költzsch, Kassenbericht und Vor standswahl folgt Aussprache über das Thema: Evangelisches Diakonissenwesen und was ihn, gegenübersteht. Vielleicht läßt sich auch noch reden über die gerade jetzt wieder sehr wichtigen Vorgänge im Reichstage. Auf reichen Zuspruch wird gerechnet." Dieses Schreiben des Evangelischen Bundes leidet an dem bekannten Erbübel seiner Kundmachungen, dem Man gel an Wahrheit. Mit einer tadelnswerten Oberflächlichkeit werden darin falsche Behauptungen aufgestellt, welche bei irgendwelchen guten Willen nicht unterlaufen sollten. Zunächst wird behauptet, die Grauen Schwestern seien katholische Nonnen, nämlich „Borromäerinnen". Das ist der erste Irrtum. Die „Grauen Schwestern", welche sich schon durch ihre graue Tracht absondern von dem schwarzen Kleide der Borromäerinnen, werden auch Elisabethinerinnen genannt. Dieser Verein wurde 1842 zu Neiße von vier Jungfrauen gegründet und hat die ambulante Kranken- pflege zum Zwecke. Auf Wunsch des Fürstbischofs Tiepen- brock bildeten sie 1850 einen kirchlichen Verein und stellten ihn unter den Schutz der heiligen Elisabeth: sie tragen das allgemein bei Katholiken und Protestanten hochgeachtete be kannte graue Gewand. Da Versuche gemacht wurden, dem Verein einen rein weltlichen Charakter, ähnlich dem sächsi schen Albertverein, anfzuprägen, so bemühte sich die Stifte rn: Maria Merkert (gest. am 14. November 1872), ihre Genossenschaft in die Reihe der kirchlich anerkannten Gesell- schäften gestellt zu sehen. Fürstbischof Förster approbierte am 4. September 1859 den „St. Elisabeth-Verein" und ge stattete, daß am 5. Mai 1860 die älteren Schwestern die einfachen Gelübde ablegtcn. Papst Pins IX. anerkannte den Verein am 12. Mai 1871 als religiöses Institut. Das Mutterhaus ist in Breslau. Die „Grauen Schwestern" sind also kein Orden, und der Evangelische Bund kann beruhigt fein, er braucht das sächsische Vaterland nicht vor Gesetzes- vcrletzungen zu bewahren, wie wir weiter sehen werden. Wenn das Wohnen und Wirken von vier Schwestern in einem Hause eine „Niederlassung" ist, die in Sachsen ge- sctzlich verboten sei, so möge sich der Evangelische Bund mit dem hohen Kultusministerium auscinandersetzen, dessen Ansicht eben ist. daß das keine durch das Gesetz verbotene „Niederlassung" ist. Die hohe Behörde nimmt für ihre Verfügungen den 8 30 des Gesetzes vom 23. August 1876 in Anspruch, worin es heißt: „Nur reichsangehörige Mitglieder solcher Frauen kongregationen, welche innerhalb des Deutschen Reiches ihre Niederlassung haben und sich ausschließlich der Kranken- und Kinderpflege widmen, dürfen auch ferner als Einzelne mit Genehmigung und unter Aufsicht der Staatsregierung ihre Ordenstätigkeit im Lande ausübcn. Die Genehmigung ist jederzeit widerruflich." Stets hat sich das Kultusministerium mit Peinlicher Sorgfalt an dies: Vorschrift gehalten. Tie Schwestern stehen unter polizeilicher Kontrolle. Eine jede Schwester muß für ihre Person die Aufenthaltsbcrechtigung in Sachsen haben. Soll in dem bereits bewilligten Personenstand ein Wechsel oder ein Neueintritt einer Schwester vorgenommen werden, so muß das sofort angezeigt werden. Eine Ver mehrung der bereits in Sachsen wirkenden Schwestern in einer Station darf nur nach erlangter Erlaubnis vom Kul tusministerium erfolgen. Das Gesuch hat die Bitte genau zu begründen und die Notwendigkeit des Bedarfes nachzu- weisen; die Behörde prüft, ob überhaupt ein Bedürfnis für die Krankenpflege vorhanden sei. Und wiederholt hat das Ministerium einen negativen Bescheid gegeben und die Be- willignng nicht erteilt. Ja, in Sachsen wird der Segen genau abgemessen, den Schwestern in die Krankenstuben bringen wollen. Wir begreifen schließlich die große Vor sicht der Gesetzgebung, welche festsetzt, daß auch die Erlaub nis wieder entzogen werden kann. Aber die Erfahrung hat gelehrt, daß sie überflüssig war. Denn noch nie seit Be stehen des Gesetzes nmrde die Regierung in die Notwendig keit versetzt, einer zugelassenen Schwester die Erlaubnis wie der zu entziehen. Die Schtvestern haben dem Staate noch keinerlei Verlegenheiten bereitet, und die Landeskirche braucht nicht zu fürchten, daß ihre Liebestätigkeit in pro testantischen Familien zu katholischen Propagandazwecken benützt wird. Herr Oberpfarrer Dr. Költzsch wird wohl am besten wissen, daß die vier Grauen Schwestern in Chemnitz nicht „nur katholische Zwecke und Ziele" in ihrer Tätigkeit kennen, sondern vor allen Dingen ihre Arbeit auf dem Felde der Barmherzigkeit aus Liebe zu Christus dem Gekreuzigten jedem leidenden Menschen zuwenden, ob er Katholik, Pro testant oder Jude ist. In der Notiz wird weiter behauptet, daß sie für ein „Schwestcrnheim" sammeln. So viel uns bekannt ist, heißt cs in dem Kollcktebogen „Josephsheim" und nicht „Schwesternheim". Aber schließlich tut der Name nichts zur Sache, die Hauptsache ist, daß sie „ganze Straßen und Häuser" absammeln und sogar „sehr reiche Gaben" empfan gen haben. Daß sie diese Sammlungstätigkeit mit Bewilli gung der Behörde ausgenommen haben, verschweigt der Evangelische Bund. Denn es muß ihm dieser Umstand be- kannt sein. Es wird ihm auch bekannt sein, daß die Schwestern ihre Bitten nur bei jenen Protestanten vorbrach- tcn, die sie vorher der Behörde namhaft gemacht hatten oder die von den betreffenden Personen ihnen wieder empfohlen wurden. Don einer ungesetzlichen Handlung kann da gar keine Rede sein. Für protestantische Wohltätigkeitsanstalten, ja selbst für den Gustav-Adolf-Verein wird schriftlich und mündlich bei bekannten Katholiken gesammelt. Warum also dieser Lärm, der dem Geschäftsneid so ähnlich sieht, wie eine Hand der anderen? Und wenn Protestanten sogar „sehr reiche Gaben" spen deten, so stellt es der Chemnitzer evangelischen Bevölkerung nur ein ehrenwertes Zeugnis aus, weil sie ohne Ansehen der Konfession jene Engel der barmherzigen Liebe unter stützt, die auch ohne Unterschied der Konfession einen jeden aufopfernd pflegen, der es braucht, ob reich oder arm, ob katholisch oder nicht. Ein größeres Armutszeugnis kann sich der Evangelische Bund kaum ausstellen, als wenn er der evangelischen Bevölkerung diese Licbestätigkeit verwehren will und mit neidischen Blicken auf die Gaben sicht, die da wohltätige Herzen einmal ohne Ansehen der Konfession spenden. Es wird hierbei hingewiesen auf die „evangeli schen Bestrebungen" und die Diakonissen. Wir sind über zeugt, daß die Protestanten, die den Grauen Schwestern geben, weil sie diese in ihrer Tätigkeit schätzen und lieben gelernt haben, wohl auch die Diakonissen nicht leer ansgehen lassen. Dadurch werden letzteren noch lange nicht die „vollen Sympathien" entzogen, welche der Evangelische Bund für sie „beansprucht", sie genießen diese gewiß auch für ihre selbstlose Tätigkeit im Geiste der christlichen Barm herzigkeit. Die weitere Behauptung, daß die Grauen Schwestern protesta-ntische Kranke nur pflegen, wenn sie „auf Bezahlung rechnen können", ist ebenfalls eine.Unwahrhcit. Der Zweck der Organisation der Grauen Schwestern ist ja in erster Linie die unentgeltliche Pflege hilfloser Kranken. Es ist aber klar, daß die Wohltätigkeit ohne Mittel unmöglich ist. Die Schwestern müssen doch die bescheidenen Bedürfnisse ihres Lebensunterhaltes befriedigen. Der Vermögende gibt daher für die getanen Dienste am Krankenbette reichlichere Gaben, während der Arme meist nur ein einfaches „Vergelte es Gott" zum Tanke zu geben lxtt. Denn gerade der Arme braucht die Pflege der christlichen Barmherzigkeit, weil er kein Geld hat, sich diese zu verschaffen. Nie fragen die Schwestern, wenn sie gerufen werden, ob der Kranke reich oder arm ist, ihre Sorge setzen sie auf den Herrn, in dessen Aufträge sie ihre segensreiche Tätigkeit entfalten, er hat jederzeit bei Katholiken und Protestanten warmfühlendc Herzen erweckt, die zum Unterhalt der Schwestern beige- steucrt haben. Sic wohnen jetzt in Chemnitz zur Miete. Die Räumlichkeiten, die sic innc haben, sind unzureichend. Sic möchten noch eine Unterkunft für durchreisende Dienstboten schaffen, damit diese in den Gefahren der Großstadt nicht uutergchen; sie möchten außerdem eine kleine Suppenan- stalt für solche Schulkinder errichten, welche über Mittag nicht nach Hause gehen können. Es liegt also keine Der- anlassung vor, daß sich der Evangelische Bund so ereifert, weil Protestanten auch Wohltaten gespendet haben. Wir haben mit diesen Zeilen dem „Evangelischen Bund" für die heute abend stattfindende Versammlung einen »vahrheitsgetrcucn Stoff zur Debatte liefern wollen. Er wird uns dafür gewiß nur dankbar sein. Nun braucht der Referent nicht wieder einmal, wie schon so oft. seine Un wissenheit in katholischen Dingen vor der Oeffentlichkeit bloßgestellt zu sehen. Wir würden uns überhaupt dem Landesvorstande des Evangelischen Bundes erbötig machen ihm hilfsbereit durch aufklärende Artikel in unserer „Sachs. Volksztg." unter die Arme zu greifen, wenn er über katho lische Gegenstände zu referieren gedenkt. Ein solche sach gemäße Erläuterung könnte wie diesmal Herrn Oberpfarrer Költzsch, so in anderen Fällen Herrn Kirchenrat v. Meyer nur außerordentlich willkommen sein. Deutscher Reichstag. k. Berit». 86 Sitzung am 29. Januar 1966. Der Reichstag befaßte sich heute zuerst bei auffallend schwach besetztem Hause mit dem Gesetzentwurf über Aende- rung des Unterstützungsivohnsitzgesetzes; der Sozialdemokrat Herzfeld leugnete jede Leutenot auf dem Lande und fand hierbei mit Recht viel Widerspruch. Der Entwurf ging an eine Kommission von 21 Mitgliedern. Es folgte der Gesetzentwurf über das Hilfskassengesetz, der dieses aufheben und die Hilfskassen dem Aufsichtsamte für Privatversiche rung unterstellen will. Mit Recht machte der Abgeordnete Giesberts in seiner wirksamen Jungfernrede sehr scharf Opposition hiergegen, da er eine Vernichtung der Hilfskassen befürchte, was er nicht will. Auch die Abgeordneten Lesche (Soz.) und Dr. Mugdan (freist Vereinig.) sprachen sich so aus; Staatssekretär Graf von Posadowsky bestritt sehr entschieden, daß diese Reform zur Auflösung der Hilfs kassen führen müsse. Morgen geht die Debatte weiter. Politische Rundschau. Dresden, den 30. Januar 1906. — Prinzessin Mathilde von Sachse« «Koburg und Gotha, eine Tochter des Prinzen Ludwig von Bayern, ist in Innsbruck nicht unbedenklich erkrankt. Der Kräfte- Ausland läßt zu wünschen übrig. — Mit der Gewährung von Anwesenheitsgcldrrn wird allem Anschein nach Ernst gemacht. Es heißt, daß bereits ein Gesetzentwurf im Neichsamt des Innern ausgearbeitet sei. Es handelt sich also nicht etwa darum, daß der neulich vom Reichstage angenommene Antrag des Zentrums, die Diäten in Gestalt von Anwesenheitsgeldern cinzuführen, vom Bundcsrat genehmigt werden soll, sondern der Bundes rat selbst legt einen Gesetzentwurf vor. Es verlautet wei ter zuverlässig, daß zugleich mit der Einführung von Diäten, wahrscheinlich in demselben Gesetze, Vorschläge erscheinen werden, deren Zweck ist, auf die Beschleunigung der Bera tungen des Reichstages hiuzuwirken und unter anderen die Hindernisse zu beseitigen, die bisher in vielen Fällen durch die Bcschlußunfähigkeit entstanden. Es würde sich also um Aendcrungen der Geschäftsordnung und vielleicht auch der Verfassung handeln, die nirgends auf Widerstand stoßen und als berechtigt anerkannt sind, das heißt, es wird Wohl die Beschlußfähigkeitsziffer herabgesetzt werden. Warten wir einmal ab, wie die Sache läuft. — Gegen die Frachturkundcn- und Luittungssteuer laufen aus kaufmännischen Kreisen noch immer sehr ernst hafte Proteste ein. So hat die Solinger Handelskammer in ihrer letzten Sitzung Stellung genommen zu der Ncichs- finanzreform. Sie erhob dabei schwere Bedenken bezüglich der Frachturkunden- und Quittungssteuer. Die Steuer auf Frachtbriefe würde den Solinger Jndustricbezirk beispiels weise mit 50 000 Mark belasten, die Steuer auf Postpaket- adrcsscn mit 100 000 Mark, auf Postanweisungen niit zirka 33 000 Mark, die Fahrkartcnsteuer würde zwar auch eine Last von zirka 50 000 Mark mit sich bringen, dieser stimmte die Kammer aber zu, wobei die Erwägung maßgebend tvar. daß die Fahrkarten bis zu 2 Mark nicht von der Steuer betroffen werden, und man mit solchen Fahrkarten immer hin Strecken zurücklegen kann von 100 Kilometer in der vierten, von 67 Kilometer in der dritten und von 45 Kilo meter in der zweiten Klasse. Ebenso nahm die Saalfeldec Handels- und Gewerbekammcr einstimmig einen Antrag an, gegen die von der Neichsregicrung geplanten Verkehrs- steuern mit einer Petition an den Reichstag zu Protestieren. Angestellte Erhebungen haben ergeben, daß durch die neuen Steuern kleinere Fabrikatiousgeschäftc des dortigen Han- delskammcrbezirkes mit etwa 500 Mark, mittlere mit etwa 1500 Mark und größere mit Tausenden von Mark belastet werden. Eine Saatfelder Firma berechnet ihre Belastung sogar auf 12 000 Mark. Auch in den Kreisen der Abgeord neten wächst die Opposition gegen diese Steuern täglich. — Ter Vorsitzende des Bundes der Landwirte, Herr von Wangenheim, hat kürzlich auf dem westpreußischcu Par teitage recht kräftige Worte gegen die bestehenden Parteien gesprochen: er meinte: „Wer einmal zu den Erwählten des Volkes zählt und in die große Ncdehalle in Berlin einzieht, dem schwinden bald alle Ideale, wenn er das verrottete Wesen der politischen Parteien kennen lernt. Es muß die Pflicht jedes Politikers sein, dieses Partciwcscn in andere Bahnen zu lenken. Ehrlich arbeiten nnr die konsertxitiven Parteien, alle anderen schielen nur nach der großen Masse. Durch das Paktieren des Zentrums in Bayern und der Nationalliberalen in Baden mit der Sozialdemokratie haben sich diese Parteien ihr Todesurteil gesprochen." Wenn man nach diesen kräftigen Worten urteilen dürfte, wäre der Bund der Landwirte das Heil der Gegeiuvart und Zukunft; woher aber Herr von Wangenheim seine Kenntnis über die be stehenden Parteien hat. ist uns unbekannt. Dom Zentrum ist er nie beigctreten, hat es nie gekannt und deshalb beruht in dieser Hinsicht sein Urteil nicht auf Fachkenntnis, hat also gerade hier keinen Wert. Die Arbeit der konservativen Parteien in Ehren, wer aber im Reichstage sitzt, kann hier über sehr verschiedener Ansicht sein; man hört hier Urteile, die dahin gehen, daß keine Partei so sehr egoistische Zwecke verfolgt, wie gerade diese. Dagegen ist allgemein aner- kannt, daß die Hauptarbeit auf dem Zentrum liegt, das in selbstloser Weise arbeitet. Jedenfalls tut der Bundcsvor- sitzende, der 1903 mit allen anderen Führern durchgefallen ist, nicht gut daran, andere Parteien so zu behandeln.
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