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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.01.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188201101
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820110
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-01
- Tag1882-01-10
- Monat1882-01
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.01.1882
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34. Jahrgau, . . Dienstag, den 10. Jamar. und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen nnd Mischen Behörden zu Freiberg «nd Brand. Verantwortlicher Redakteur Julius Braun in Freiberg. Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mark 2d Pf., zweimonatlich I M. 50 Pf. u. einmonatl. 75 Pf. Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile 1 oder deren Räumet5 Pfennige. Tagesschau. Freiberg, 9. Januar. Am heutigen Montage nimmt der Reichstag seine durch die Weihnachtsferien unterbrochenen Verhandlungen mit der Interpellation des Abg. Hertling über die Arbeiter fragen wieder auf und allgemein erwartet man, Fürst Bis marck werde die Interpellation persönlich beantworten, wie überhaupt Gelegenheit nehmen, sein ganzes sozialpolitisches Programm zu entwickeln. — Am Mittwoch soll die große Debatte über den Antrag des Abg. Windthorst beginnen, der die Aufhebung des'Ausweisungs- und Jntcrnirungs- gesetzes verlangt. Man macht sich auf heftige Redekämpfe gefaßt und sicht mit gespannter Erwartung dem Ausgange derselben entgegen, weil von demselben die Stellung des Zentrums zu denjenigen Parteigruppen, die zu einer Waffcngcmcinschaft mit dieser Gruppe bereit sind, für die Folge sehr wesentlich dadurch beeinflußt werden wird. Ebenso dürfte auch das Verhältniß der Regierung zum Zentrum von dem Gange der Debatte abhängig sein, denn man zweifelt nicht daran, daß cs zu bedeutenden Ausein andersetzungen zwischen den genannten beiden Faktoren kommen wird. Das lebhafte Interesse an diesem Gegen stände hat sich auch in den Acußerungen der Presse be kundet, die mit lebhaftem Eifer die Chancen und die Oppor tunität des Antrages erörtert hat. . . Die liberalen Blätter sind überwiegend der Ansicht, daß die letztere zu verneinen sei; sowohl fortschrittliche als auch gemäßigt liberale Or gane plaidiren für die Ablehnung, eine Ausnahme machen dabei nur die der Färbung des Abg. Richter zugethanen Organe, die entschieden für den Antrag eintreten. Der „Reichsanzciger" publizirt an der Spitze seiner heutigen Nummer folgenden königlichen Erlaß für die Monarchie Preußen: Das Recht des Königs, die Regierung und die Politik Preußens nach eigenem Ermessen zu leiten, ist durch die Verfassung eingeschränkt, aber nicht aufgehoben. Die Regicrungsakte des Königs bedürfen der'Gegenzeichnung eines Ministers u,.a sind, wie dies auch vor Erlaß der Verfassung geschah, von den Ministern des Königs vertreten, aber sie bleiben Regierungsakte des Königs, aus dessen Entschließungen sie hervorgchen und der seine Willensmeinung durch sie verfassungsmäßig aus drückt. Es ist deshalb nicht zulässig und führt zur Ver dunkelung der verfassungsmäßigenKönigsrcchtc,wcnnderen Ausübung so dargestellt wird, als ob sie von den dafür verantwortlichen jedesmaligen Ministern, und nicht von dem Könige selbst ausgiuge. Die Verfassung Preußens ist der Ausdruck der monarchischen Tradition dieses Landes, dessen Entwickelung auf den lebendigen Be ziehungen seiner Könige zum Volke beruht. Diese Be ziehungen lassen sich auf die vom Könige ernannten Minister nicht übertragen, denn sie knüpfen sich an die Person des Königs. Ihre Erhaltung ist eine staatliche Nothwendigkeit für Preußen. Es ist deshalb mein Wille, daß sowohl in Preußen, wie in gesetzgebenden Körpern des Reichs über mein und meiner Nachfolger verfassungsmäßiges Recht zur persönlichen Leitung der Politik meiner Regierung kein Zweifel gelassen und der Meinung stets widersprochen werde, als ob die in Preußen jederzeit bestandene und durch Artikel 43 der Verfassung ausgesprochene Unverletzlichkeit der Person des Königs oder die Nothwendigkeit verantwortlicher Gegenzeichnung meinen Regicrungsokten die Natur selbständiger königlicher Entschließungen benommen hätte. Es ist die Aufgabe meiner Minister, meine verfassungs mäßigen Rechte durch Verwahrung gegen Zweifel und Verdunkelung zu vertreten; das Gleiche erwarte ich von allen Beamten, welche mir den Amtscid geleistet haben. Mir liegt es fern, die Freiheit der Wahlen zu be einträchtigen, aber für diejenigen Beamten, welche mit der Ausführung meiner Regicrungsakte betraut sind und deshalb ihres Dienstes nach dem Disziplinargesetzc enthoben werden können, erstreckt sich die durch den Diensteid beschworene Pflicht auf Vertretung der Politik meiner Regierung auch bei den Wahlen. Die treue Erfüllung dieser Pflicht werde ich mit Danke erkennen und von allen Beamten erwarten, daß sic sich im Hinblick auf ihren Eid der Treue von jeder Agi tation gegen meine Regierung auch bei den Wahlen fernhalten. Wilhelm, von Bismarck. Es ist zweifellos, daß dieser königliche Erlaß bereits in den ersten Tagen nach dem Zusammentritt des Reichs tages zum Gegenstand parlamentarischer Erörterungen gemacht werden wird. Neber die Form, in welcher dies geschehen soll, konnte natürlich in keiner Fraktion bereits ein Beschluß gefaßt werden. Es wird von Einzelnen geltend gemacht, daß die Verfassungsdeklaration über die Rechte des Königs von Preußen als eine rein preußische Angelegenheit nicht vor das Forum des Reichstages ge höre. Demgegenüber fällt cs aber ins Gewicht, daß an gesichts der großen Erregung, welche der Erlaß hervor gerufen, diejenige parlamentarische Körperschaft, welche allein jetzt versammelt ist, Gelegenheit nehmen müsse, dem Volke Klarheit über die Situation zu verschaffen. Es fällt ferner ins Gewicht, daß die Frage über die Stellung der preußischen Beamten ja gerade im Reichstage zur Sprache gekommen und anläßlich der Rcichstagswahlcn eine brennende geworden ist. Die Uebcrzcugung ist in allen liberalen parlamentarischen Kreisen le bendig, daß der Erlaß nicht nur bezüglich der Dekla ration der Kronrechte, sondern auch bezüglich der Stellung der Beamten mit de" Verfassung nicht in Einklang zu bringen ist. Nach der Verfassung muß beispielsweise jeder Abgeordnete das Volk nach bestem Wissen und unabhängiger Entschließung vertreten. Eine ganze Anzahl von Beamten sind Abgeordnete; diesen würde also durch den Erlaß die Erfüllung ihres Mandates u.möglich gemacht. Die Voraussetzung dieses Erlasses müßte daher ein Jnkom- patibilitätsgesetz (Unvereinbarkeit mehrer öffentlichen Acmter in einer Person) für alle Beamten sein, welches wir be kanntlich noch nicht besitzen. Einzelne Bcamtenkategorien — nehmen wir z. B- die Universitätsprofcfforen und die Richter — werden kaum geneigt sein, sich aktiv oder passiv den Forderungen anzubcq ucmcn, welche der Erlaß ihnen auferlcgt. Wir gehen somit stark bewegten parlamen tarischen Zeiten entgegen und im Landtage wie im Reichs tage werden die Geister scharf auscinandcrplatzen, so scharf, daß schwerlich s^r die sozialen Rcformprojeklc des Fürsten Bismarck, welche der Kanzler noch jüngst für so dringlich hielt, viel Zeit und Muße zur ruhigen gesetzmäßigen Er örterung übrig bleiben dürfte. Der Bundesrat tritt heute Mittag zu seiner ersten Plenarsitzung nach )en Weihnachtsferien zusammen. Auf der Tagesordnung derselben stehen u. A. zwei Vorlagen a) betreffend: die Zulassung gemischter Privat-Transitlager von Getreide in Pillau und d) eine Zusatzcrklärung zur Reblaus-Konvention vom 3. November 1881. Ferner ein Antrag Badens, betreffend die Zulassung gemischter Pri- Vat-Transitlager von Getreide in Konstanz. Ein Antwortschreiben Rismarck's auf die Neujahrs adresse der bairischen Vorstandschaft der gemäßigten Partei in München lautet: „Es gereicht mir zur beson deren Freude, aus dem Telegramm zu ersehen, daß auch dort Anzeichen der Wiederbelebung der wirthschastlichen Thätigkeit wahrnehmbar sind. Die Befestigung dieser Er folge der Zollpolitik und die fortgesetzte öffentliche Dis kussion derselben werden mit der Zeit dahin führen, die Absichten, welche die verbündeten Regierungen in den wirthschastlichen Reformen leiten, in dos richtige Licht zu stellen. Auf diesem Wege hoffe ich, daß vielleicht langsam aber sicher die Wahrheit sich durch ihr eigenes Gewicht so weit Bahn brechen wird, daß die Verleumdungen und Lügen, wie sie bezüglich der Reformbestrcbungen der ver bündeten Regierungen bei den Wahlen in vielen Kreisen verbreitet wurden, künftig keinen Glauben mehr finden. Der zweiten Kammer in Baden ist eine Gesetzvor lage über den Bau der Höllenthalbahn von Freiburg nack Neustadt auf Staatskosten zugcgangen. Die Bahn sol als eingelcisige Normalspurbahn gebaut und als Sekun därbahn betrieben werden. Voraussetzung ist, daß das zu der Bahn erforderliche Terrain unentgeldlich hergegeben und daß zu den Staatsunkosten von den am Bahnbau interessirten Ortschaften ein Zuschuß von 500 000 M. ge leistet werde. Sämmtliche österreichische Blätter besprechen den Er laß an das preußische Staatsministcrium. Das „Frcmden- blatt" wagt noch kein eigenes Urthcil abzugcben. Es nennt den Erlaß denkwürdig und meint blos, derselbe werde nicht überall einen erfreulichen Eindruck machen. Die alte „Presse" ist ebenfalls überaus vorsichtig. Gleich wohl führt sie aus, das konstitutionelle Prinzip erscheine durch den epochemachenden Erlaß in sein Gegentheil ge ¬ kehrt. Die „Deutsche Zeitung" hebt hervor, Fürst Bis marck sei für den Erlaß verantwortlich, dieser sei aber mit dem konstitutionellen System anderer Länder unver einbar. Das „Tagblatt" meint, der Erlaß lasse beinahe eine Sistirung der Verfassung erwarten. Die Urtheile der „Neuen freien Presse" und der „Wiener Allgem. Zeitung" sind kaum wiederzugebcn Die „Neue freie Presse" zitrrt in überaus scharfen Auslassungen den Art. 44 der preußi schen Verfassung. Sie leitet daraus die Verantwortlichkeit des Fürsten Bismarck her und erblickt in dem Erlaß eine Kriegserklärung an den Konstitutionalismus Europas. Nur ein einziges Blatt, das feudale „Vaterland", enthält unbedingte Zustimmung. Dasselbe ruft aus: Mit den so genannten konstitutionellen Fiktionen ist's nunmehr auf dem Kontinent entschieden aus. — In politischen Kreisen erregte die Publikation überall das ungeheuerste Aufsehen. — Was die Details der in Betreff der Crivoscie gefaßten Beschlüsse der gemeinsamen österreichisch-ungarischen Mini sterien betrifft, so wird darüber Schweigen beobachtet, doch soviel zugegeben, daß die Operationen gegen die Aufstän dischen gleichzeitig von Dalmatien und der Herzegowina aus erfolgen sollen. Statthalter Feldzcugmeister Jovano vics wird die Operationen leiten. Die Kosten der als nothwendig erkannten militärischen Maßnahmen werden nicht hoch veranschlagt, man denkt sic aus den vorhandenen Bcstänoen bestreiten zu können. Es wird daher kein außerordentlicher Kredit von den Parlamenten beansprucht werden; man wird sich darauf beschränken, später nur Indemnität für die gemachten Ausgaben nachzusuchen. Ferner wird gemeldet: Der österreichisch-ungarische Minister- resident in Ccttinje, Oberst Baron Thömmel, welcher gestern mit dem Kourierzugc der Südbahn auf seinen Dienstposten abging, ist der Träger einer hochwichtigen Mission. Er ibcrbringt der Regierung des Fürsten Nikolaus den An trag, die von ocr österreichischen Regierung gegen sie Insurrektion in der Bocche ergriffenen Maß- cgcln durch Ziehung eines Militärkordons zu unterstützen, luch der Umstand, daß Montenegro dem Ausstand in iner Art dadurch Vorschub geleistet, daß es die flüchtigen Krivoscianer bei sich beherbergt und genährt habe, soll rörtert werden. Dieses Faktum war bereits in den längsten Tagen der Gegenstand der Verhandlungen, welche zwischen der österreichischen Regierung mit dem gegen wärtig in Wien weilenden Vertreter des Fürsten, Serdar Kiko Mattanovich, gepflogen wurden. Das Kabinet von Ccttinje soll über diesen Punkt die Erklärung abgegeben haben, daß, obwohl cs bedauere, eine Beschwerde Oester reichs hervorgerufen zu haben, doch nicht zugebcn könne, daß eine Verletzung der strikten Neutralität vorliege, weil ja Oesterreich den Emigrirten Bosniens und der Herze gowina seinerzeit großmüthige Unterstützung und Asyl ge währt habe, ohne daß man deswegen den österreichischen Staat einer Neutralitätsverlctzung hätte beschuldigen können. Aus Italien wird schon wieder einmal von einer Ministcrkrise berichtet. Es heißt, daß der Minister des Auswärtigen, Herr Mancini, in Folge von Meinungs verschiedenheiten mit dem Kabinetschef Herrn Depretis dem Könige seine Entlassung angeboren habe. Welcher Anlaß diese Meinungsverschiedenheit hervorgerufen hat, wird nicht gesagt. Da dieselbe aber unmittelbar auf die Besprechungen folgt, welche das Organ Mancini s über die „Papstfragc" veröffentlichte, so liegt die Vermuthuna nahe, daß dieses Thema, das übrigens nachgerade auch aus der Presse zu verschwinden beginnt, die Uneinigkeit herbcigesührt habe. Da das Kabinet vor allen Dingen die wuchtige Wahlrcform unter Dach und Fach zu bringen wünscht und zu diesem Zweck in seinem gegenwärtigen Bestände vor die Kammern zu treten gcnöthigt ist, so wird die Demission Mancini's, falls der Minister nicht zu be wegen, dieselbe zurückzunchmen, schwerlich vor Beendigung der parlamentarischen Kampagne genehmigt werden. Das Resultat der gestrigen Senatorenwahlen in Frankreich ist, Oran und Algier ausgenommen, folgendes: In dem ersten Wahlgange wurden 56 Republikaner und 12 Konservative gewählt und sind 9 Stichwahlen erfor derlich. Die Republikaner gewannen 21 Sitze. Im zwei- ten Wahlgange des Seine-Departements wurden Tolain, Freycinct und Labordöre gewählt. Gambetta verfügt nun also auch über eine getreue Majorität im Senate. — Die Ernennung des neuen Scincpräfeklen Floquet, eines her vorragenden Mitgliedes der Gauche radikale, wird vielfach
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