Suche löschen...
Sächsische Staatszeitung : 16.06.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-06-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480731217-191706167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480731217-19170616
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480731217-19170616
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Staatszeitung
- Jahr1917
- Monat1917-06
- Tag1917-06-16
- Monat1917-06
- Jahr1917
- Titel
- Sächsische Staatszeitung : 16.06.1917
- Autor
- Links
-
Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Landtags-Beilage zur Sächsischen Staatszeitung. Beauftragt mit der Herausgabe: Hofrat Doeuge» i« Dre-de«. 1917. Landlagsverhandlungen. II. Sammer. Fortsetzung der Sitzung vom 14. Juni. «taatsminifter ». Seydewitz (nach den stenographischen Niederschriften): Meine sehr geehrten Herren! Der Ihnen vorliegende auS- führliche Bericht beschäftigt sich im wesentlichen ml dem Über gang von der Kriegsivirtschaft in die Friedenswirtschaft, d. h. mit der Frage, wie wir die Verhältnisse unsere- Lande», Ver- kehrSverhSltnisse, sinanzielle Verhältnisse u. a. m. regeln sollen, wenn wir den Krieg überstanden haben und wieder Friedens verhältnissen gegenüberstehen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, m. H., daß das eine der wichtigsten Fra en >st, die uns jetzt be schästigen, und deshalb sind wir den Arbeiten der Deputation mit dem größten Interesse gefolgt. Nur habe ich vorhin au» den Worten des Hrn. Antragsstellers einen gewissen Zweifel darüber entnommen, ob die Finanzverwaltung in allen Stücken den zu stellenden Anforderungen zu entsprechen geneigt sein würde. Er hat angedeutet, daß der Gesichtspunkt der Sparsamkeit auch jetzt noch eine allzu große Berücksichtigung finde. Nun, m. H., soweit darin, daß man die Finanzverhältnisse de» Landes vorsichtig beachtet, überhaupt ein Vorwurf zu erblicken ist, so möchte ich ihn doch nicht ohne weiteres als berechtigt gelten lassen. Einer Regierung, die angesichtscinesDefizitsvon62 '^Millionen das die Staatsrechnung für die Periode 1914/15 ausweist, den Ständen einen außerordentlichen Haushalt von 157,5 Mill. M. vorlegt, wird man wohl das ängstliche Zuhalten der Taschen nicht vorwerfen können, und diese außerordentlichen Ausgaben, m. H, bestehen nicht etwa nur aus unmittelbaren Kricg-auSgaben wie Teuerungszulagen, Unterstützungen in Ernährung»- fragen und dergleichen, Ausgaben, denen sich die Regierung an gesichts der Kriegslage nicht wohl entziehen kann, sondern es sind darunter auch verschiedene Ausgaben enthalten, welche die zulünstige Friedenswirtschaft vvrbereitcn sollen. Sie belaufen sich zusammen auf rund 53s4 Mill. M., wovon nicht lveniger als 43 Mill, auf die Erweiterung der staatlichen Braunlohlen selder entfallen. Angesichts dessen verstehe ich eS recht wohl, wenn der Hr. Abg. Hofmann aus gewisse finanzielle Gefahren hinweist und wünscht, es möchte doch für sinanzielle Garantien gesorgt werden, ein Wunsch, dem sich auch der Hr. Abg. Günther, wenn ich ihn recht verstanden habe, angeschlossen hat. Tas ist mir vollständig aüs der Seele gesprochen. Der Hr. Antragsteller selbst hat ja dann auch seinerseits betont, daß er im Grunde der gleichen Meinung sei. In all den verschiedenen Erklärungen, welche die Regierung auf die Anfragen seitens der Deputation zu dem Anträge der Herren Göpfert und Gen. abgegeben hat, hat sich die Regierung zwar, soweit es sich um Bauten von Eisenbahnen, Straßen, Kanälen handelt, im allgemeinen zustimmend zu der ganzen Tendenz der Anträge gestellt, dabei aber immer betont, daß natürlich, ehe man an größere Ausgaben herantreten könne, zunächst fest zustellen sein wird, ob die Regierung es auch nach der jeweiligen Finanzlage verantworten kann, dem Lande derartige Ausgaben znzumuten. Tenn das möchten wir doch fcsthaltcn: der Steuerdruck, der uns nach dem Kriege bevorsteht, darf nicht ins Ungemessene steigen. (Sehr richtig! rechts.) Ich gebe da einem der Herren Vorredner ganz recht, wenn er sagte: Es darf hier nichts übertrieben werden; wenn »vir die Steuern übertreiben, wenn »vir vor allen Dingen in den direkten Steuern allzu weit gel-cn, lähmen wir den Er werbssinn unseres Volkes und die notwendige Unternehmungslust, damit aber überhaupt den gesunden Fortschritt unserer ganzen Volkswirtschaft. Wir müssen uns also nach der Decke strecken, »vir dürfen den Steuerdruck nicht allzu groß werden lassen, wenn »vir n cht eine schwere Schädigung unserer ganzen Volkswirtschaft hcraufbeschwörcn »vollen. Gerade auch diese Erwägungen führen mit da zu, daß die Regierung nach wie vor daran festhalten muß, daß die direkten Steuern den Einzelstaaten und den Gemeinden Vor behalten bteiben und nicht an das Reich übergehen. Die Herren kennen ja den Standpunkt der Regierung, die unentwegt an diesem Grundsätze festhült, und zwar in der vollen Überzeugung, daß damit den Interesse» unserer einzelnen Länder, aber auch zugleich den Interessen des Reiches gedient ist. (Bravo! rechts.) Aus den zahlreichen Anregungen, die im Berichte gegeben worden sind, möchte ich heute, nachdem sich die Regierung dazu bereits eingehend geäußert hat, nur weniges herausgreifen, und zwar zunächst den einen vorhin schon besprochenen Punkt, den auch der Hr. Referent an die Spitze seiner Ausführungen stellte, daß über zu geringes Entgegenkommen seitens der Reichsstellen bez. auch seitens des Nachbarstaates Preußen gegenüber Sachsen zu klaren sei. M. H.! Wenn dabei wieder der Ausdruck „Eisen- bahnk ieg" gefallen ist, so kann ich nicht umhin, auf diese schon wiederholt behandelte Frage nochmals kurz zurückzukommen. Für das Verhältnis zwischen der sächsischen und der preußi sche,» Staatseisenbahnverwaltung ist meiner Ansicht nach der Aus druck „Eisenbahnkrieg" irreführend. Die beiderseitigen Be ziehungen sind geregelt, und gegenseitige feindselige Handlungen — und um diese würde eS sich doch bei einem Kriege handeln — finden nicht statt. Anderseits soll nicht in Abrede gestellt werden, daß sich in loyalen Grenzen ein gewisser Wettbeiverb abspielt. Dies habe ich bereits früher in diesem Hause wiederholt erklärt, Ableugnungsversuche wären selbstverständlich durchaus un angebracht. Sic müssen doch bedenken, daß sich in Deutschland außer den Reichseisenbahnen 7 selbständige Staatseisenbahn verwaltungen gegenüberstehen. Ist aber die preußische Staat»- eiscnbahnverwaltung, ist die sächsische Staatseisenbahnverwaltung selbständig, haben beide Verwaltungen selbständige finanzielle Interessen, so ergibt sich logisch mit zwingender Notwendigkeit, daß beide Verwaltungen in erster Linie ihren eigenen Vorteil wahren müssen, der sich nicht immer mit dem Vorteil der anderen Verwaltung decken kann. Hier ergeben sich eben ge wisse, schon durch den kaufmännischen Charakter der Eisenbahn- Unternehmungen bedingte Interessengegensätze, die natürlich nicht zu einer direkten Schädigung de- anderen Teiles führen dürfen. Der Ausgleich kann nur im Verhandlungswege statt- finden Auf diesem Wege ist schon viel geschehen, und auch ganz neuerdings ist Sachsen, nachdem ich selbst mich mit dem preußischen Hrn. Minister der öffentliche»» Arbeiten mündlich und schrisilich in Verbindung gefitzt habe, auf ver ständnisvolles Entgegenkommen gestoßen. Insbesondere sind ab 1. Juni d. I. aus den preußischen Ctaatscisenbahncn mehrere »wertvolle neue Schnellzugsvcrbindungen für Leipzig, das aller dings bisher über manches zu klagen hatte, geschaffen worden, und die preußische StaatSeiscnbahnverwaltung hat »veitcr der von Sachsen gim ünschten geschlossenen Durchführung einer Anzahl 4>-Zügc nach und von Sachsen über Leipzig hinaus zugestimmt. Weitere sächsische Anregungen stehen noch zur Erörterung, jedoch »st zu erwarten, d. ß auch sie gute Früchte zeitigen werden. Tic fi»chs>scke Regierung wird jedenfalls nicht Nachlassen, die sächsischen Interessen weiter mit Nachdruck zu vertreten, und so steht hoffen, daß die Anschauung, al» ließe da- Verhältnis zwischen der preußische,» und sächsischen StaatSeisrnbahnverwaltung viel »u wünschen übrig, immer mehr an Boden verlieren wird. Jedenfalls können die Wettbewerbsverhältnisse nicht dazu Anlaß geben, auf eine völlige Vereinheitlichung des Eisenbahn wesen» in Deutschland zuzukommen, wie da» mehrfach mit Bezug auf Art. 42 der Reichsverfassung angeregt ist. „ _ Auch in dem vorliegenden Berichte wird unter Punkt 8 < der Anträge und vorher auf Seite 39 die Frage aufgeworfen, ob nicht auf ein strenges Handhaben diese- Art. 42 und demgemäß auf eine größere Vereinheitlichung der deutschen Eisenbahnen zuzu kommen wäre. Ich habe hierüber in diesem Hohen Hause schon wiederholt gesprochen, so im Mai de- Jahre- 1912 und im März des Jahres 1916, wobei ich den Nachweis erbracht zu haben glaube, daß die Anforderungen der Reichsversassung, die im Art. 42 all gemein, in den folgenden Artikeln 43 bis 47 aber einzeln bezeichnet sind, nicht bloß erfüllt, sondern durch die getroffenen Einrichtungen sogar »seit überholt worden sind. Ich möchte heute nur kurz nochmals darauf Hinweisen, daß auf dem Gebiete des Abfertigung»-, de» Verkehr- und Beiördcrungs- wesens in allen wesentlichen Beziehungen bei allen deutschen Eisenbahnverwaltungen die gleichen Bestimmungen bestehen, daß das Signalwesen einheitliche Formen angenommen hat, die Eisenbahnverlehrsordnung, die Bau- und Betriebsordnung, die Fahrdienstvorschriften für ganz Deutschland Gültigkeit haben, daß durch die ständige Tarifkommission mit dein Ausschuß der Ver- kchrsinteressenten und durch die Generalkonferenz der deutschen Eisenbahnen die formelle und materielle Einheit de» Tarifwesens gefördert und gewährleistet wird, daß die Ausnützung und Ver mehrung de- gewaltigen deutschen Güterwagenparkes in einheit licher Weise vom Staatsbahnwagenverbande durchgcsührt wird. Auch insoweit, als noch Wettbewerbsverhältnisse innerhalb Teutsch lands bestehen, leiden die Verfrachter nicht darunter, da sie unter allen Umständen nur die Fracht für die kürzeste Strecke zu zahlen haben, auch die Lieferfristen nach der kürzesten Strecke berechnet werden. Aus all diese Verhältnisse will ich jetzt nicht nochmals näher eingehen. Gestatten Sie mir jedoch, Ihnen aus der un mittelbaren Gegenwart'einige praktische Nutzanwendungen vor Augen zu führen. Der Geist der Einheitlichkeit, der das deutsche Eisenbahnwesen beherrscht, zeigte sich in besonders Hellem Lichte, als im letzten Winter bei einzelnen Verwaltungen ernste Betr-ebs« schwierigkeiten auftraten. Jede Hilfe wurde da ohne jeden Zwang von außen gegenseitig geleistet, und insbesondere stellte die säch sische Staatseisenbahnverwaltung zur Behebung der Stockungen »m Ubergangsverkehr Engelsdorf—Schönefeld aus Ansuchen der preußischen Verwaltung sofort die nötige Anzahl Lokomotiven zur Verfügung. Daß uns anderseits die preußische Verwaltung ent gegengekommen ist, habe ich soeben schon erwähnt. Ferner ist von den deutschen Eisenbahnverwaltungen eine Frage von eminenter Bedeutung, für die eine vollständige Ein heitlichkeit gerad zu Voraussetzung ist, neuerdings mitten im Welt krieg ihrer Lösung zugesührt worden, ich meine die EinheitS- Berbundbremse. Tie Einführung dieser Bremse im Güter verkehr, wie sie nach und nach erfolgen soll, wird einen Markstein in der glänzenden Weiterentwicklung der deutschen Eisenbahnen bilden. Als Folgen werden sich ergeben eine wesentliche Er höhung der Güterzugsgeschwindigkeiten und damit erhebliche Be schleunigungen der Güterbeförderung. Aber auch wirticha tltch, vom Standpunkt der Verwaltungen aus gesehen, sind — irotz der hohen Einrichtungslosten — große Vorteile zu erwarten, da der Wagenpark wegen de» schnelleren Wagenumlaufs besser ausgcnutzt und im Laufe der Zeit an Bremserpersonal er eblich gei arl werden wird. Uber alle hier einschlagenden Gesichtspunkte ist unter den deutschen Verwaltungen trotz der großen Schwierig keiten, die zu überwinden waren, volle Einheitlichkeit erzielt worden. Wie im Betriebe, so wird auch auf dem weiten Gebiete des Tarifwesens dafür gesorgt, daß alle Beteiligten in Tcutschland durchaus gleichmäßig bchandeli »verden. Ich erinnere hierbei an die zahlreichen Ausnahmetarife, die gerade während des Krieges ein geführt worden sind. Nur einige Beispiele seien erwähnt. Tie Frachtermäßigungen für Kartoffelsendungen gelten einheit lich in ganz Deutschland. Tie außergewöhnlichen Tarif vergünstigungen, die während des Krieges den Leipziger Muster messen auf dem Gebiete des Personen- wie auf dem des Güter verkehrs zugute kommen, konnten nur deshalb so günstige Wir- tungcn mit sich bringen, weil sie einheitlich von allen deutschen Elienbahnverwaltungen bewilligt wurden. Unsere arbeitslos ge wordenen Textilarbeiter werden bei der Reise nach einem anderen Arbeitsort nicht bloß in Sachsen, sondern z. B. auch in Preußen frei befördert. Tie so segensreiche Einrichtung, daß jetzt Stadt kinder zu ermäßigte»» Preisen aufs Land befördert »verden, gilt in ganz Deutschland, und sächsische Kinder gelangen auf diese Weise billig in preußische ländliche Gegenden und umgekehrt. Die Zahl dieser Beifpiele könnte ich leicht vermehren. Nur der Vollständigkeit wegen möchte ich hier noch die ganz selbstverständliche und allgemein bekannte Tatsache hervorheben, daß auf dem wichtigsten Gebiete, nämlich auf dem der Landes verteidigung, die Einheitlichkeit der deutschen Eisenbahnen vcrb ldlich und unerschütterlich feststeht. Tie gemeinsame Vor bereitung und Ausführung aller hier erforderlichen Maßnahmen haben sich glänzend bewährt, und der Bestand getrennter Ver waltungen hat hier keineswegs im Wege gestanden, vielmehr durch den Wetteifer fördernd dem Ganzen gedient. Im einzelnen füge ich noch an, daß die dem Preußische»» Ministerium der öffentlichen Arbeiten angcglicderte „Sricgsbetricbsleitung", in der Vertreter aller deutschen Eisenbahnverwaltungen und der Heeresverwaltung in verständnisvollem Zusammenwirken ge meinsam tätig sind, das Ihre tut, um die volle Gewähr zu geben für ein dauernd einheitliches Vorgehen in allen gemeinsamen Bctriebsangclegenhciten. Alio: wie den Interessen der Volkswirtschaft, so dienen die Eisenbahnen dem deutschen Vaterlandc auch bei seinem schweren Existenzkämpfe hingebungsvoll und — ganz im nationalen Geiste der Reichs verfassung — in unbeschränkter und nicht zu übertreffender Ein- heitlichleit. Man wird also füglich nicht bestreiten können, daß die Ver einheitlichung im deutschen Eisenbahnwesen, soweit sie zweckmäßig und für die Allgemeinheit von Nupcn ist, ganz im -inne der Reichsversassung, aber noch weit über deren Bestimmungen hinaus durchgeführt ist, und zwar aus freien Stücken durch die selbständig und frei handelnden Eisenbahnverwaltungen selbst. Anderseits aber darf man in dei» Vereinhcitlichungsbestrebungen auch nicht zu weit gehen. Nicht in allen Fällen ist die Verein heitlichung absolut richtig. Sic ist nur insoweit durchzusührcn, al- sic wirklich von Vorteil ist. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen die sorgfältige Pflege von örtlich begrenzten Verhältnissen am besten durch selbständige, mit den Landcsvcrhältnisscn völlig ver traute Verwaltungen Hand in Hand mit den zuständigen Landes- Vertretungen ausgejübrt wird. (Sehr richtig! rechts.) Wer wollte leugnen, daß z. B. die Frage, ob gewisse den Bedürfnisse» einzelner Gegenden dienende Bahnen gebaut »verden sollen und überhaupt ob rücksichtlich mehr örtlicher Betriebs- und Bausragen den Wünschen der trt-eingesessenen ent sprechen werden soll, am richtigsten und zweckmäßigsten von Stellen entschieden wird, die der örtlichen Heimai näher stehen und die Bedürfnisse der Bevölkerung stet- besser be urteilen können al» Zentralstellen, die für große (üebiete narb feststehenden Grundsätzcn entscheiden und entscheiden müssen So wird insbesondere nur diejenige Regierung sich auf den Bau zunächst unrentabler Nebenlinien einlassen können, die hoffen darf, daß die Befruchtung des wirtschaftlichen Lebens, die von der Bahn erwartet wird, dem eigenen Lande — durch Lebung der Steuer kraft — zugute geht, nicht aber Zentralstellen, die mit den Landes einkünsten nichts zu tun haben. (Sehr richtig!) Wenn also nach dem Bericht S. 38 eine der Hcmdelskammern erneut die Erwägung de» Reichseisenbahnprojektes und auf S. 40 auch ein Mitglied der Deputation die einheitliche Verwaltung der Eisenbahnen empfiehlt, so weiß sich die Regierung mit der Mehrheit des Hohen Hauses einig, wenn sie solchen Anregungen fortgesetzt mit aller Bestimmtheit entqegen- tritt. Auch die Herren Antragsteller und der Bericht wünschen diese Lösung offenbar keineswegs. Sie wurden auch tatsächlich viel zu weit gehen. Soweit eine Einheitlichkeit im Interesse des Verkehrs und vor allem in» Interesse der Landesverteidigung nötig ist, ist sie schon jetzt in vollkommenster Weise restlos durchgeführt Taz», bedarf es also einer völligen Uniformierung, einer Aus gabe der Selbständigkeit unserer Eisenbahnnetze nicht. Wo aber Pflege besonderer Interessen in Frage kommt, wird sich die Selbständigkeit der einzelnen Verwaltungen jederzeit als ein großer Bor ug erweisen. Tie Reichsverfassnng erkennt ja auch selbst das Nebeneinanderbestehen selbständiger Eisenbahnverwaltungen ohne weiteres an, da Artikel 42 sich an die Bundesregierungen wendet und diese sich nach diesem Artikel verpflichten, die Eisenbahnen in bestimmter Weise verwalten zu lassen. Wir arbeiten also nur in» Interesse des Ganzen, »venn wir die Wohlfahrt der Bevölkerung unter tatkräftiger und ein gehender Mitwirkung der Ständeoersammlung in liebevoller Pflege der Einzelbedürfnisse durch selbständige Berioaltungen fördern, dabei aber niemals die großen Gesichtspunkte des Ver kehrs und der Landesverteidigung außer acht lassen. So wird in freiem Schaffen dem Wohle der Bevölkerung, ohne daß ein Gedeihen des Reichsganzen ausges'l losten ist, und zugleich den großen Interessen, denen die Eisenbahnen als Gesamtheit Zu dienen haben, harmonisch entsprochen. Lassen Sie uns diesen durchaus gesunden Zustand auch weiter aufrechtcrhalten. (Sehr gut! rechts.) Roch in einer anderen Richtung möchte ich aus d e Klage eingehen, als ob Sachsen im Reiche nicht genügend berücksichtigt würde. Es findet sich da eine Bemerkung aus Seite 17 des Bc richtes, wonach dem Vorstand des Verbandes Sächsischer Indu strieller mitgeteilt »vorden ist, daß von 82 Reichsm litärbanten, die gegenwärtig hergestellt »verden. nur einer in Sachsen, die übrigen jedoch in außersächsischen Gebieten hergesleUt würden Tas klingt allerdings sehr ungünstig für unsere Verhältnisse. Ich habe mich deshalb über diese Mitteilung, die mir auch zu Lhren gekommen »var, in Berlin persönlich orientiert, wobei ich zunächst seststellen konnte, daß die gemachte Angabe nicht ganz zutrifft Es waren damals — im vergangenen Winter — von 8<> Bauten, die in Frage standen, drei, nicht nur einer, nach Sachsen ge kommen. Seitdem hat sich das Bild für Sachsen etwas günstiger gestaltet, denn von den insgesamt 235 Kriegsindustriebauten kommen jetzt 13 auf Sachsen. Es ist d«es dem fortgesetzten eifrigen Bemühen der in Berlin tätigen sächsischen Herren m danken. Hierbei schalte ich übrigens gegenüber den Ausführungen des Herrn Antragsstellers ein, daß die Bundesratsbevollmächtigteu allenthalben grundsätzlich nach Instruktionen zu handeln haben, nicht nur in Sachsen, und daß wichtige Entscheidungen im Bundesrate nicht fallen können, wenn nicht vorher die nötigen Instruktionen ert ilt werden. Angesichts der Schwere, mit welcher der Krieg gerade auf der sächsischen Industrie lastet, einer Industrie, die in der Haurtsach Fertigfabrikate herstellt unb auf Ex port eingestellt ist, ist natürlich die angegebene Beteiligung noch immer eine recht geringe. Anderseits muß man freilich auch bedenken, daß die sächsische Industrie auch mit besonderen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Es ist, wie auch schon im Be richt angegeben ist, für die Eisenindustrie natürlich wesent lich leichter, ihre Arbeitsstellen in eine Munitionsfabrik umzugestalten als z. B. für die Textilindustrie, und hierauf wird sich »vohl das Zurückbleiben der Beteiligung der säcksisä)en Industrie an Heeresaufträgen im wesentlichen gründen Natürlich aber haben sich unsere Vertreter fortgesetzt, und wie ich schon sagte, auch mit Erfolg bemüht, solche für Sachsen zu erhalten, und es ist bemerkenswert, daß — wie ich früher schon einmal sagte — andere Bundesstaaten finden, daß Sachsen dabei viel zu gut weggetommen wäre. (Widerspruch.) Es ist an anderer Seite tatsächlich Widerspruch dagegen er hoben worden, daß Sachsen bevorzugt würde. Natürlich trifft das nicht zu, denn die anderen Staaten sind nicht im entferntesten vom Kriege so getroffen worden wie Sachsen. Wenn Sachsen wirklich hier einen Vorzug erreicht haben sollte, so wäre das nur ein kleiner Ausgleich gegenüber den schweren Nachteilen, die gerade der sächsischen Volkswirtschaft durch den Krieg zugcsügt worden sind. Nur ein Beispiel! Im Eisenbahnwesen halt Sachsen bis jetzt zwar schon immer eine geringere Rente als Preußen, aber unsere Rente war besser als die von Baden, Württemberg und Bayern. Aber seit Kriegsbeginn, und zwar sowohl im Jahre 1914 wie im Jahre 1915 ist unsere Rente ge- rii'ger geweien als bei den letztgenannten drei Staaten. Auch die Betricbszahl, d. h. das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben, ist in Sachsen seit der kricgszeit wesentlich un günstiger geworden als in Bauern, Württemberg und Bü/en, während früher unsere Bctriebszabl sich günstiger gestellt hatte, danach sich allerdings wohl leider mit der Zeit, wenn eS so »veitcr geht, d. h. »venn die Ausgaben weiter steigen, während die Ein nahmen nicht im nötigen Verhältnis zunchmen, die Notwendig keit ergebe, daß in der einen oder anderen Weise mit einer Er höhung der Eisenbahngebühren gerechnet werden muß. Auf die Tauer ist es nicht angängig, daß der Eisenbahnverkehr von der Allgemeinheit der Steuerzahler getragen wird. Ter Eisenbahn verkehr muß sich im groben und ganzen selbst erhalten. (Abg. Günth er: Tadurch wird die Industrie nicht unterstützt!) Gewiß, sie soll nicht erdrosselt werden. (Abg. Günther: Lb darau» mebr Einnahmen erzielt werden, ist noch eine Frage!) Zum Schlüsse möchte ich aus dem reichen Inhalt des um fangreichen Berichts nur noch eine» Satzes gedenken, der sich, ivcnn ich mir eine Kritik erlauben darf, meines Beifall- besonder» erfreut, ich meine des Satze», wonach der Hr. Antragsteller au» Schlüsse seincr ersten Darlegung die Regierung bittet, in treuer Zusammenarbeit mit den Ständen die angeregten Fragen zum Wohle deS SachscnlandcS e ncr Klärung entgegenzusuhren. Tie Worte „in treuer Zusammenarbeit" treffen nach meiner Meinung da- Verhältnis zwischen Regierung und Ständevcrsannnlung so, wie eS sein soll: Zusammenarbeiten in Treue, d. h. in Tr, ue gegenüber dem Lande und in Treue im gegenseitigen Verkehr bei dem Streben nach den gemcin'amen großen Zielen. (Sehr ut!) Au- solcher Treue erwächst da- Vertrauen, ohne das eine gedeihliche Zusammenarbeit der staatlichen Faktoren undenkbar ist; und gerade in dieser ernsten, an sibcrrafchungcn aller Art reichen Zeit, »vo die Regierung oft wichtige Entschließungen in kurzer Zeit treffen muß, ist ein solche» Vertrauen coppelt nötig, »renn sie die erforderlickic Energie dei Wahrung der ibr anvertrauteo » Interessen behalten soll.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite