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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 17.05.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-05-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188205177
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820517
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820517
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-05
- Tag1882-05-17
- Monat1882-05
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 17.05.1882
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und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und Wüschen Behörden zu Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur Julius Braun m Freiberg. > > - 34. Jahrgang. — -, /» -M LN Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für den ! Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- 113. Mittwoch, den 17. Mm. 1882. Die Westmachte und Egypten. Es war vorauszusehen, daß das revolutionäre Losungs wort aus Kairo: „Egypten gehört den Egyptern" in Paris und London ein übles Echo erzeugen werde. Die eng lische und die französische Regierung bewiesen zu allen Zeiten, daß sic der unbeschränkten Anwendung des Nationalitäts-Prinzips nur dort huldigen und Vorschub leisten, wo dies ihren eigenen Zwecken dienlich ist. Nun widerstreitet es dem französischen und englischen Interesse ebenso, daß in Egypten eine sowohl dem europäischen als türkischen Einflüsse abholde Nationalbewcgung erstehe, als daß die Bande zwischen Kairo und Konstantinopel wieder enger geschnürt werden. Egypten soll also, wie der französische Ministerpräsident Freycinet am Donnerstage voriger Woche in der Depu- tirtcnkammcr verkündigte, bezüglich seiner inneren finan ziellen und ökonomischen Lage frei bleiben. Mit anderen Worten: es soll in diesen beiden Beziehungen nicht aus seiner Abhängigkeit von Frankreich und England heraus treten. Das Gerücht von einer unverzüglichen Sendung französischer und englischer Schiffe in die egyptischen Ge wässer hat alle Wahrscheinlichkeit für sich, denn erstlich bewies die egyptische Nationalpartei, daß sie sich an bloße Rathschläge und Ermahnungen der Westmächte wenig kehrt, und dann ist es mehr als zweifelhaft, daß die türkische Regierung, für welche so viel auf dem Spiele steht, sich noch lange begnügen werde, einen blos mo ralischen Druck auf das egyptische Kabinet auszuüben. Wie es scheint, sind aber die Erklärungen Frcycinets, Egypten nicht aus seiner Abhängigkeit von Frankreich und England heraustreten zu lassen, von seinen Zuhörern mit unverhältnißmäßig größerer Ruhe ausgenommen werden, als die darauf folgende Versicherung: er halte es für un richtig und unklug, Fragen, wie die egyptische, außerhalb des europäischen Konzerts entscheiden zu wollen. Der stürmische Beifall, mit dem seine Worte begrüßt würden: „Wir wollen uns wegen Egyptens wie wegen der Orientfrage mit Europa verständigen", zeigt deutlich, daß er hiermit nicht blos seine eigene, sondern auch die Herzensmeinung ganz Frankreichs ausgedrückthat. Aller Gewinn an Macht undGeld, den ihnen das Nilland verheißen mag, kann die Franzosen nicht ihrer unbedingten Friedensliebe untreu machen, noch von der Furcht befreien, durch irgend eine auswärtige Aktion in unerwünschten Konflikt mit Europa, beziehungsweise mit Deutschland zu gerathen. Sie hören die Botschaft gern, daß Europa das Uebergewicht des französischen und englischen Einflusses in Egypten anerkenne und die po litische Führung daselbst diesen beiden Regierungen über laste. Aber noch lieber ist ihnen die wiederholte Erklärung ihrer Regierung, daß nichts außerhalb des europäischen Konzerts entschieden, nichts unternommen werden solle, was nicht von Europa gebilligt und unterstützt werde. Diese Vorsicht der gegenwärtigen Regierung Frankreichs geht so weit, daß Herr v. Freycinet es vermeidet, von einem europäischen Mandate für Frankreich zu sprechen und daß er nur die Nothwendigkeit betont, Frankreichs und Englands Meinung einzuholen. Es wird sich nur fragen, ob angesichts der Verwirrung in Egypten und der Abgeneigthcit der nordischen Mächte, sich thatsächlich ein zumischen, mit der Zeit die Unabwcisbarkeit eines der artigen Mandates sich nicht Herausstellen dürfte. Frankreich und England können schwerlich darauf ver zichten, die großen Interessen wahrzunehmen, die für sie in Egypten auf dem Spiele stehen. Das übrige Europa hat zur Zeit kein brennendes Bcdürfniß, für diese und ähnliche Interessen sich in Bewegung zu setzen. Wenn nun auch Frankreich versichert wird, daß es bei einem eventuellen Vorgehen zum mindesten auf den moralischen Rückhalt Europa's rechnen könne, so ist immer noch der Fall denkbar, daß sich aus der Fahrt seiner Kriegsschiffe nach Alexandria der Anfang einer Aktion gestalte, einer gemeinsamen Aktion mit England, die wohl einen raschen und glücklichen Verlauf verspricht, aber — wie alle diese Orientfragen — in ein jetzt noch gar nicht vorstellbares Gewirre von Schwierigkeiten hineinführen kann. Denken wir uns auch das glänzendste Resultat einer solchen Aktion, so wird doch am Ende der französisch-englischen Losung: „Egypten gehört den Westmächten", ohne Zweifel abermals der Satz gegenüber gestellt werden: Die egyptische Frage ist eine europäische und ihre Lösung darf nur mit der Zustimmung Europas stattfinden. Tagesschau. Freiberg, 16. Mai. Im Reichstage kam gestern das Unfall- und Krankenversicherungsqesetz zur ersten Lesung. In der Hauptsache ist der jetzige Entwurf eine Wiederholung der vielumstrittencn Vorlage der verflossenen Session. Die Berathung verlief ohne störende oder auch nur erregende Zwischenfälle. Der einleitende Vortrag fiel dem Staats sekretär v. Bötticher zu. Der Redner sprach durchweg sachlich, mit Vermeidung allgemeiner Gesichtspunkte. Das Gesetz von 1868 über die eingeschriebenen Hilfskass'n habe den Hoffnungen, die man auf dasselbe gesetzt, nicht ent sprochen In Preußen haben bis zum Jahre 1880 256 Krankenkassen für Arbeiter mit 152864 Mitgliedern die Rechte eingeschriebener Hilfskassen erlangt. Im übrigen Deutschland sind 321 Hilfskassen eingeschrieben. Dieses Resultat ist nach der Ansicht" des Herrn v. Bötticher wenig befriedigend, zumal sich in letzter Zeit sogar ein Rückgang im Bestände zeigt (so z. B. im Kapitalvermögen von rund 16'/» Mill, auf 15 Mist.). Demnach kann es nicht Wunder nehmen, wenn die Armenbudgets der Kommunen mehr und mehr belastet werden. Der Redner weist nun aus- sührlich nach, wie das vorliegende Gesetz in dieser Hinsicht Wandel schaffen soll; namentlich vertheidigt er das Prinzip des Zwanges zur Versicherung, welches die Vorlage aus spricht. Die Rcichsanstalt sei fallen gelaffen, um den Wünschen der Mehrheit des Reichstages cntgegenzukommcn, daneben auch, weil die Regierung sich überzeugt habe, daß diese Institution zu schwerfällig sein würde. In Be zug auf den Staatszuschuß seien aber heute noch dieselben Ansichten geltend wie in der vorigen Session; denn die Industrie allein sei zur Tragung der Vcrsicherungslasten nicht im Stande. Zum Schluß spricht Herr v. Bötticher die Hoffnung aus, daß etwas Gedeihliches zu Stande kommen werde. Die verbündeten Regierungen seien sich des besten Willens bewußt. Vollkommenes geleistet zu haben, beanspruchen sie nicht; sie würden deshalb den Verbcsserungsvorschlägen eine wohlmeinende Aufnahme bereiten. Abg. vr. Hirsch (Fortschritt) erkennt die Wichtigkeit der Vorlage an, aber nicht den Werth derselben. Um das Genossenschaftswesen in Deutschland populär zu machen, dazu bedürfe es nicht der Gründung von Elementar schulen. Die Zahlen, welche der Vorredner vorgeführt, litten an dem Fehler großer Unverständlichkeit. Aber selbst wenn ein Rückgang dieser Kassen zu konstatiren wäre, so sei doch nicht zu vergessen, daß eine große Zahl, zum Theil sehr lebensfähige Hilfskassen, in Folge des Sozialisten gesetzes aufgelöst worden ist. Bis jetzt sei noch keine irgend wie beweisende Thatsachc für die Ohnmacht freiwilliger Berufskaffen vorgeführt Word. " . ce cs für wünschens- werth, daß die Unternehmer sich zu Genoffenschaften ver einigen, wie dies auch bereits durch Errichtung großer Ver'sicherungsverbände geschehen sei. Die Genossenschaften dieses Gesetzes seien keine rechten Genossenschaften und un durchführbar. Wie komme man dazu, 750 M. als den Durchschnittslohn der Arbeiter in Deutschland hinzuitcllcn? Er habe sich auch mit Lohnstatistik beschäftigt und er müsse erklären, daß er Niemand für fähig halte, hierüber etwas Genaues fcstzustellen. Aber auch abgesehen von dieser un sicheren Grundlage könne man die Unfälle schon wegen ihrer Veränderlichkeit nicht als Prinzip für das Genossen schaftswesen hinstcllen- Wenn man nur einen Schritt weiter gehe, etwa bis zur Invalidität, dann sei die vor handene Grundlage nicht mehr zu gebrauchen, denn offen bar können in einem Industriezweige sich sehr viel Unfälle ereignen, ohne daß dieser Industriezweig auf die Invalidität der Arbeiter von Einfluß wäre. Redner kritisirt die Bunt- scheckigkeit und Vielgestaltigkeit der im Gesetze in Aussicht genommenen Bctriebsgenossenschaften. Die Funktionen dieser Genossenschaften seien dagegen äußerst gering, sie hätten nicht einmal die Befugniß, Schutzmaßregeln vorzu- schlagen und durchzuführcn; das Schlimmste sei, daß die Arbeiter bei der Entschädigungssrage nicht mitzureden haben, überall entscheide die Polizei als letzte Instanz. Was die Vertheilung und Aufbringung der Lasten an lange, so bekämpft Redner den Hauptpunkt der Vertheilung, daß nämlich das Reich 25 Prozent der Lasten übernehmen solle; er halte cs für richtiger, den Unternehmer als Träger der Versicherung hinzustellen. Ebenso halte er die Belastung der Krankenkassen sür ungerechtfertigt, ferner, daß in den ersten 13 Wochen eine geringere Entschädigung an die Verunglückten gezahlt werden solle, als in der spätcrn Zeit Weiter bemängelt Redner die Bestimmung, wonach die durch den Rückgang eines Industriezweiges zur Auslösung kommende Genossenschaft mit einer anderen verbunden werden soll. Während sich die Rede des Abg. Hirsch als eine un umwundene Verurtheilung der Regierungsvorlage dar- stcllte, hatte der Abg. Sonnemann (Demokrat), der nach ihm zum Wort gelangte, bemerkenswerther Weise den Ausdruck wohlwollender Sympathien für das Prinzip des Gesetzes und sür die Art seiner Ausgestaltung. Er er kennt gegen die Vorlage der vergangenen Session wesent liche Fortschritte an. Es sei ein durchaus richtiger Ge danke, daß man einen Thcil der Lasten auf die Kranken kassen übertrage, wenngleich der Entwurf hierin etwas zu weit gehe. Jedenfalls dürften die freien Krankenkassen nicht vernichtet werden. Der Redner tadelt im Einzelnen, daß die Beiträge der Arbeiter zu den Krankenkassen etwas zu hoch gegriffen seien, und daß das Genossenschaftsprinzip nicht konsequent durchgeführt werden solle. Diese Halb heiten würden sich aber auch wohl bei verständiger An wendung beseitigen lassen. Leider scheine es ihm, als ob sich die Regierungen noch immer nicht von der Idee des Reichszuschusscs trennen könnten. Bei aller Sympathie für den Entwurf im Ganzen ist der Abg. Sonnemann aber doch der Ansicht, daß die Materie noch nicht reif genug sei, um schon in dieser Session zu Stande gebracht zu werden Auch der sozialdemokratische Abg Kräker, der dritte Redner der Generaldebatte, ist keineswegs ein unbedingter Gegner der Vorlage. Seine Ausführungen finden um so größeres Interesse, als cs grade die der Sozialdemokratie verfallene Arbeiterbevölkerung ist, welche durch die Sozial politik des Kanzlers gewonnen werden soll. Der Redner empfiehlt eine Ausdehnung des Kassenzwanges auch auf die ländlichen Arbeiter; grade auf dem Lande befinden sich keine Krankenkassen, die Gutsherren sorgten sür ihre Ar beiter nicht im Geringsten. Er stehe auf dem Standpunkt, daß die Arbeitgeber voll und ganz für die Unfälle ihrer Arbeiter eintreten müßten. Von der Beitragspflicht der Arbeitgeber zu den Krankenkassen wollten dagegen die Ar beiter nichts wissen; die Arbeitgeber hätten in der Kranken kasse nichts zu suchen. Mit der Verweisung der Vorlage an eine Kommission sei er einverstanden, aber es dürfe diese nicht zu dem Zwecke eingesetzt werden, um der Vor lage ein anständiges Bcgräbniß zu bereiten, sondern er meine, daß die Kommission mit wahrhaftem Ernst an die Sache herantrete und sic endlich zum Abschluß bringe. Staatssekretär v. Boetticher erklärt, daß der Wunsch der verbündeten Regierungen dahin gerichtet sei, daß die Vorlagen hintereinander berathen und möglichst bald fertig gestellt werden. Er müsse daher widersprechen, wenn nach der Absicht des Abg. Sonnemann der Kommission der Charakter einer Beerdigungskommiffion beigelegt werden sollte. — Ein Vertagungsantrag wird angenommen- Die neuralgischen Schmerzen des Reichskanzlers haben in den letzten Tagen so stark zugenommen, daß er außer Stande ist, zu gehen, oder auch nur zu stehen; der Reichskanzler wird mindestens eine Woche lang das Bett hüten müssen. — Der Reichstag wird sich nach einer Mittheilung der „Nat.-Ztg." am 17. d. M- vertagen. Ob bis zum Juni oder länger steht noch dahin. . Vor gestern hatte sich der Gesammtvorstand des Reichstages mit dem Arbeitsplan eingehend beschäftigt- Man hat folgenden Plan zur Erwägung gezogen. Sofort nach den Ferien soll mit der zweiten bczw. dritten Berathung der Abänderung des Zolltarifs begonnen und daun die noch übrigen ersten Lesungen erledigt werden. Hierauf
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