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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.03.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188203089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820308
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820308
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-03
- Tag1882-03-08
- Monat1882-03
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 08.03.1882
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und Tageblatt. AmtMM str die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur Julius Brau« iu Freiberg. - 34. Jahrga«- - -» » — n Erfihcint ptz« W»chntt«tz Abend« « Uhr für den Inserate werden bis Bormittags 11 Uhr angenom- ! 56. Mittwoch, dm 8. M-rz. 1882. Dir staatsrechtliche Stellung -es ^eichs- kauzlers.*) ii. Bon diesen Voraussetzungen ausgehend, unterzieht vr. Hensel die rechtliche Giltigkeit einiger vom Reichs kanzler erlassenen Rechtsverordnungen einer Kritik, welche uns der eingehendsten Beachtung werth erscheint. Er weist auf den Widerspruch hin, der zwischen Artikel 50 der Reichsverfassung (wonach der Kaiser die reglementarischen Festsetzungen und allgemeinen administrativen Anordnungen auf dem Gebiete des Post- und Telcgraphenwesens zu er lassen bat) und dem tz 50 des Postgcsctzes (wonach der Reichskanzler ein als Bestandtheil des Vertrags zwischen Postverwaltung und Absender bez. Reisenden geltendes Reglement zu erlassen hat) besteht und macht auf die be denklichen Konsequenzen aufmerksam, welche sich für die Rcchtsgiltigkcit solcher Rcchtsvcrordnungcn ergeben müssen, wenn sie derart der Verfassung widersprechen. Der dem Artikel 50 der Reichsvcrfassung widersprechende tz 50 des Postgcsctzes hat dann weiter zu Konsequenzen geführt, denn auf Grund dieses tz 50 des Postgcsctzes sind verschiedene Postordnungen, auch die jetzt noch gel tende vom 8. März i879, sowie mehrere Abände rungen dieser Postordnungen erlassen worden- Ferner ist die Telegraphcnordnung vom 13. August 1880, ebenso wie ihre Vorgängerin, vom Reichskanzler anstatt vom Kaiser, wie die Reichsvcrfassung vorschreibt, erlassen. Die Postordnung sowohl wie die Telegraphcnordnung regeln wichtige Rechtsverhältnisse, bedürfen also als Rcchtsver- ordnungcn zu ihrer Giltigkeit nach Artikel 2 der Reichs verfassung der Verkündigung durch das Reichsgesetzblatt. Diese Verkündigung ist aber in Bezug auf beide Rechts ordnungen nicht erfolgt; der tz 50 des Postgesetzes, welcher die Veröffentlichung der Postordnung .mittelst der für die Publikation amtlicher Bekanntmachungen bestimmten Blätter" vorschreibt, widerspricht auch m dieser Hinsicht der Verfassung, und sowohl Post- wie Telegraphenord nung enthalten sonach einen doppelten Widerspruch gegen die Reichsvcrfassung. Aus diesen von vr. Hensel mit scharfer Dialektik durch- gcführtcn Beweisen ist recht deutlich zu ersehen, wie noth- wcudig die Praxis ihre Schwester Theorie braucht und in welche bedenkliche Widersprüche erstere gerathen kann, wenn sie ohne Fundament klarer wissenschaftlicher Fest stellung operircn will. Im fünften Kapitel beleuchtet der Berfafser die Thä- tigkeit des Reichskanzlers bei Staatsverträgen des Reiches, wobei auf die fehlerhafte Praxis aufmerksam gemacht wird, daß es an dem Gesetz mangelt, welches die Staatsbürger zur Befolgung der Staatsverträge anhält, so daß Staats verträge sogar ohne Unterschrift des Kaisers und ohne Gegenzeichnung des Reichskanzlers im Reichsgcsetzblatt veröffentlicht werden, vr. Hensel zieht auch hier die wich tigen Konsequenzen bezüglich der rechtlichen Giltigkeit von StaatSvcrträgen wie bei der Post- und Telegraphcn- Ordnung. Das wichtigste Kapitel ist das sechste. Hier wird an der Hand der gesummten ReichSgesctzgebung — alle Ge setze und Verordnungen des Reichs sind dabei berücksich tigt — der Nachweis geführt, welche Befugnisse und Ver pflichtungen dem Reichskanzler, der die Funktionen von fünf Ministerien vereinigt, beigelcgt sind. Nur ungern verzichten wir in Rücksicht auf unseren Raum darauf, dem Verfasser gerade auf dieses Gebiet etwas weiter zu folgen; iudcß könnte selbst ein umfassender Auszug aus dem treff- In dem gestrigen Artikel mutz es Spalte 3 Zeile S von oben heißen: sogenannte RechtSverordnuugen, anstatt, wie ürthtmlich gesetzt, „sogar" Recht-Verordnungen. Die Red. lichen Werke gerade an dieser Stelle demselben nicht ge recht werden. In dem Buche selbst muß man ftudiren, was der Verfasser mit großer Umsicht und vielem Fleiß aus dem gesummten Gesetzgebungs-Material des Reiches zusammcngetragen hat, um die ausgedehnte Wirksamkeit ganz ermessen zu können, welche dem Reichskanzler cinge- räumt ist. Aber gerade diese Zusammenstellung all der Funktionen, welche der Reichskanzler in Bezug aus die auswärtigen Angelegenheiten, in Bezug auf Verwaltung des Paß- und Gewerbewcscns und der Fremdenpolizei, des Maß-, Münz- und Gcwichtswcsens, die Emission von ündirtcm und unfundirtem Papiergelde, Verwaltung des Patentwesens, des Eisenbahnwesens, des Post und Tcle- graphenwesens, des Medizinal- und Vcterinärwesens, der Maßregeln gegen die Reblauskrankhcit, die Verwaltung der Prcßpolizci und des Vercinswcsens, des Bcamtcn- wcsens, in Bezug auf die Besetzung und Thätigkeit der Gerichte, die Verwaltung des Finanzwesens, des Militär- und Marinewcscns u. s. w. — gerade diese Zusammen- tellung lehrt uns deutlicher wie jedes allgemeine Raisonnc- ment, daß die dem Reichskanzler obliegenden Pflichten unmöglich von einem Beamten erfüllt werden können; daß die Kräfte eines Mannes, und wäre er der kräftigste und geistig bedeutendste, nicht ausreichen, um die Fülle der Geschäfte so zu erledigen, daß er für sic die Verant wortung übernehmen kann. Die Forderung der Errichtung verantwortlicher Rcichsministcrien, wie sie von den Poli tikern schon längst erhoben worden, erhält hier durch die objektive Untersuchung des Gelehrten eine Unterstützung, wie sic wirksamcr kaum gedacht werden kann. Die Zen tralisation, wie sic in der Verwaltung der Reichsgeschäftc durchgeführt ist, läßt sich auf die Dauer nicht aufrecht er halten. Das lehrt uns diese von dem Treiben der poli tischen Parteien unberührte Schrift recht deutlich und wir wünschten, daß diese Lehre allseitig beherzigt wurde. Nicht minder ist das siebente Kapitel politisch von Interesse. Der Verfasser räumt hier mit der von vielen Staatsrechtslchrern vertretenen Ansicht, aus Artikel 17 der Reichsvcrfassnng eine Ministerverantwortlichkeit des Reichskanzlers herleiten zu können, gründlich auf, und weist überaus zutreffend nach, daß der Reichskanzler nur in dem Maße wie jeder andere Rcichsbeamte für die Ge setzmäßigkeit seiner amtlichen Handlungen verantwortlich ist und daß er, falls er verfaffungs- oder gesetzwidrig handelt, nach dem Reichsbeamtengcsctz wegen Dienstver gehens von einer Disziplinarkammcr — nicht von dem Disziplinarhofe — zur Rechenschaft gezogen werden kann, nicht aber dem Reichstage oder dem Bundesrathe gegen über verantwortlich ist, zumal er überhaupt nicht im Reichstage zu erscheinen braucht. Indessen bemerkt vr. Hensel auf Seite 54 seiner Schrift: Erzeugt auch Artikel 17 der Reich-Verfassung für den Reichs kanzler keine Ministecverantwortlichkeit, so legt er ihm doch die Pflicht auf, die Anordnungen und Verfügungen des Kaisers gegenzuzcichnen. Ein Gesetz oder eine Verordnung des Reiches mit der bloßen Unterschrift deS Kaisers ist ohne verbindliche Kraft. Durch die Gegenzeichnung bekundet der Reichskanzler, daß er bei Prüfung der Frage, ob der vom Kaiser unter- schriebene Text eines Gesetzes auch dem vom Reichstage und Bundesrathe beschlossenen Wortlaut entspreche, die Uebcrzeugung gewonnen habe, daß das Gesetz gemäß den Bestimmungen der Rcichsversassung errichtet worben sei. Bei Reichögesetzen und Verordnungen des Kaisers ist der Reichskanzler ferner dafür verantwortlich, daß der Abdruck derselben im Reichsgesetzblatt fehlerfrei ohne Zusatz und Auslassungen erfolgt. Sollten aber dennoch Druckfehler in den im Reichsgesetzblatt verkündigten Gesetzen und kaiserlichen Verordnungen Vorkommen, so hat diese der Reichskanzler im Reichsgesetzblatt zu berichtigen. Trotzdem finden sich im Reichsgcsetzblatt mehrere Drucksehlerberichtigungen. welche vom Reichskanzler nicht veröffentlicht find, überhaupt keme Unterschrift tragen. Man kann also nicht wissen, ob diese Berichtigungen vom Reichskanzler ober von einem Setzer ber Reichsbruckerei herrühren. Daß diese Druckfehler-Berich tigungen nicht durch den Reichskanzler selbst veröffentlicht werden, ist als inkorrekt zu bezeichnen, da er nach Artikel 17 der Reichsvcrfassung kür den korrekten Text des Reichsgesetz blattes verantwortlich ist. Wir brauchen wohl kaum darauf aufmerksam zu machen, wie wichtig diese schlagende Beweisführung auch für den Politiker ist. Die Stellung des Reichskanzlers im deutschen Reiche wird hier mit einem Male geklärt. Welche Kon sequenzen sich daraus ergeben, bedarf keiner Auseinander setzung. Die vorstehenden Andeutungen werden genügen, die Bedeutung der vr. Henscl'schen Schrift für den Juristen wie für den Politiker klar zu legen. Der Verfasser hat sich durch sie ein nicht zu unterschätzendes Verdienst er worben. Wir schließen mit dem Urthcile, welches Professor Vr. Laband in Straßburg über die vorliegende Abhandlung fällt, denn gerade auf dieses Urtheil ist das größte Ge wicht zu legen, weil Laband unstreitig nicht nur die erste Autorität aus dem Gebiete des Reichsstaatsrechtes ist, sondern als der eigentliche Begründer dieser Wissenschaft angesehen werden muß. Er faßt sein Urthcil in folgende Worte zusammen: »Die vollständige und abschließende Behandlung des Thema'S, die klare und übersichtliche Vcrthcilung des Stoffes, die sichere Beherrschung der Quellen, die logische Folgerichtigkeit der Deduktionen und die präzise Form der Darstellung sind Vorzüge der Henscl'schen Arbeit, durch welche dieselbe in die Reihe der besten Monographien über Gegenstände des Rcichsstaats- rechres gestellt wird." Tagesschau. Freiberg, 7. März. Bei der gestrigen Bcrathung des Justizetats im preußischen Abgcordnetenhause kamen verschiedene Mängel in der Einziehung von Gebühren, in der Zu stellung von gerichtlichen Verfügungen und in der Kosten berechnung zur Sprache, wobei besonders der Abg. v. Ludwig es beklagt, daß die Höhe der Gebühren cs den armen Leuten fast unmöglich macht, einen Prozeß zu führen. Ein Spezialfach den er zum Belege feiner Behauptung anführl, erfährt indcffcn durch den Untcrstaatssckrctär im Justizministerium Rindfleisch seine Richtigstellung dahin, daß jene angeblich geschädigte Person es nur sich selbst und ihrer mangelhaften Vertretung zuzuschrcibcn habe, wenn der Kosten betrag zu hoch angelaufen sei. Die zur Zeit schwebende kommissarische Untersuchung werde übrigens ergeben, ob die Gcrichtskosten wirklich zu hoch seien oder ob die häufigen, in dieser Richtung laut werdenden Klagen nicht vielmehr übertrieben wären. - In längerer Aus führung ergeht sich sodann der Justizmimster vr. Friedberg über die Thätigkeit und die Organisation der Amtsgerichte, die keineswegs an dem Mangel an Beschäftigung laborirtcn und die auch richt in ihrer Zahl reduzirt werden dürften. Er persönlich wenigstens werde in die angeregte Aufhebung einzelner Amtsgerichte niemals willigen, da man etwaige Unzuträglichteitcn des Uebcrgangsstadiums mit Geduld er tragen müsse. — Abg. Virchow bezeichnete es als geradezu erschreckend, daß jetzt fast allwöchentlich Nachrichten von Unschuldigen, die zu mehrjährigen Zuchthausstrafen ver- nrlheilt worden, durch die Presse gehen und daß auch überdies die Privatwohlthätigkcit helfend cintretcn müsse, um den schwer geschädigten Ersatz zu bieten. Eine Ent schädigung auf Staatskosten, die der Redner für solche Fälle anrcgt, hält indessen der Justizminister in seiner Erwiederung nicht für angemessen, indem er eö als möglich bezeichnet, daß schlechte Subjekte sich geflissentlich eine Vcrurtheilung zu Unrecht zuziehen, um hernach vom Staat gleichsam eine Prämie für ihr Märtyrerlhum m Empfang zu nehmen. So sei der einzige Fall unschuldiger Berur: Heilung, der außer dem Fall Haarbaum ihm amtlich bekannt geworden, auf Grund deS eigenen Ge ständnisses des Angeklagten erfolgt, der späterhin er klärt habe, er sei zu jener Zeit physisch und moralisch gebrochen gewesen und habe nur die Wahl gehabt zwischen dem Selbstmord und der gerichtlichen Verurlycüung.
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