Wochenblatt. Gemeinnützige und angenehm unterhaltende Mittheilungen für den Bürger und Landmann. Mit aller-gnädigster Rönigl. Sächsischer Loncession. 36. Sonnabends, den 5. September 1846. Mottor Welcher Reichthm» in der Schöpfung! Auch die Farbe» zeugen von ihm. Die grüne Farbe. Am fernen Pol und auf deS Gletschers Zinnen Zerreißt des Eises Prisma Jahr für Jahr Der Sonnenstrahlen reinen Farbenblind. DeS Bundes sieben lenchtcnde Genossen, Sie zittern zahllos dort im bunten Tanze, Vergeblich eine Ruhestätte suchend, Die willig war', der Sieben Schmuck zu tragen. Des Menschen Auge, bis dortbin gedrungen, Schaut mit Entzücken ihrem Wirbel zu, Und glaubt sich in der Werkstatt, wo von Geistern DeS Rcgenbogenv Pracht bereitet wird. Da fährt der Sturm auS seiner finstern Höhle Und reißt in jähem Flug die bunten Glieder Zerrihncr Strahlen durch die eis'ge Luft; Er treibt sie fort, fort bis die zarten Wesen In weiter Fern' ein Ruheplätzchen finden. Das Roth schmiegt sich an warme Jnngfrauwangen Und taucht dabei sich auf der Pfirsich Sammet ; Dort senkt sich'S in der Rose keuschen Kelch. Das Blau hält gute Nachbarschaft und schlüpft Der Jungfrau i» das Schelmeuauge. DaS Gelb sucht hier auf Kronen eine Stätte, Dort birgt es sich im wohlverwahrten Ei. Doch keinem ist die Stätte so bereitet An tausend Ohren, als dem heitern Grün; Der Eichenwald streckt Millionen Arme Dem Himmclskinde sehnsuchtsvoll entgegen, Und schnell ist Grün der Sechste Meister worden; Denn überall dehnt seine Herschaft sich Unwiderstehlich an«, nur kleine Plätzchen Jenen, Als dienenden Vasallen, lassend. Es sendet in der Erde tiefste Schachten Gesandten ans, den prächt'gen Malachit, DeS rothen Kupfers grünes Fcsttagökleid, Den strahlenden Smaragd, deS Bleies Säulen. Doch Lleibt der Erde lichtdurchdrungne Scheibe Der grünen Farbe Schauplatz und Gebiet. Im Walde schlägt die mächt'ge Herrscherin Ihr Lager auf, und hält »ach Herrschersitte Sich einen Hofstaat, reich an Schmuck und Glanz. Mit süßem Lied kurzweilt in tausend Weisen Ein großer Sängcrchor, der Auerhahn ergötzt Hier als burlesker Mime; dort ertönt Des Spechtes Trommel, und als lust'ger Rath Durchschlüpft die Elster dort die grünen Räume; Hier zupft der pagenlosen Zunft Die blöde Eule an dem weichen Kleide; — Dort äfft der kleine Bösewicht, der Würger, Mit vielem Glück der Sänger Stimmen nach. Und während so ein tolles buntes Treiben Die weiten Räume überall durchschallt, So schreiten unten in den Säulenhallen DeS Reiches Würdenträger auf und ab. Der edle Hirsch, das stolzgewcihte Haupt DeS ganzen Hofstaats, schlanke Rehe, Der schlaue Diplomat, der Fuchs, mit list'ger Miene, Der Eber dort, der üpp'gen Ruhe stöhnend; — Ha, wo ist noch ei» Reich der grünen Farbe An Reizen gleich und ähnlich ihm an Macht? — Die starke Säule, die auf beiden Borden Des Grabes felsenfest deS Menschen Dasein stützt, Die Hoffnung, trägt sie nicht das grüne Farbcnkltid? Mit Zanbermacht durchdringt sie unser Wesen, Wie sie des Blattes Innerstes durchdringt. Sie stählt den Nerv, der in dem Auge waltet, Sie scheucht das Dunkel, das den Geist umzieht. Sie öffnet leicht des Frohsinns Sprudclquellen, Sie gießet Trost durch schwarze Kcrkergitter, Und fordert aus zu Kampf und Sieg im Leben, Denn siegreich tritt sie stets im Lenz hervor. Drum denen Heil, ans deren Thun und Leben Die grüne Färb' ihr warmes Licht ergießt. Sie ist der Odem, der sie warm durchweht, Ase ist der Schild, an dem deS Schicksals Pfeilen Die Macht gebrochen wird, sie ist der Spiegel, Der ihnen jedes Bild in milde Töne kleidet. — --