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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.11.1885
- Erscheinungsdatum
- 1885-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188511286
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18851128
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18851128
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1885
- Monat1885-11
- Tag1885-11-28
- Monat1885-11
- Jahr1885
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 28.11.1885
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38. MtieWrAM^. und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg nud Brand. Verantwortlicher Redaktcm: Jaltas Brau« in Freiberg. Inserate «erben bi» Vormittag 11 Uhr angawm» LHFH »- men und betrügt der Preis für dir gespaltene Zeil« H oder deren Ramn 1b Pf. v w« ben Wochentag <ll»^>d* ,7 Uhr für den Sonnabend, den 28. November. Nachbestellungen «f Monat Dezember »erde« zum Preise von 75 Pf. von allen lsiftrlichen Postanstalten sowie von den be° Kumten Ausgabestellen und der unterzeichneten Expedition angenommen. Expedition des Freiberger Anzeiger. Agrarische Wünsche. Leit dem Jahre 1878 haben die Agrarier, jene Politiker, «lche allein die landwirthschaftlichen Interessen beaettlich H«dev, eine große Bedeutung gewonnen. Der deutsche Reichskanzler, der zu den angesehensten preußischen Groß grundbesitzern in nahen Beziehungen stand, hatte sich im wichtigsten Theil des agrarischen Programms ange- chuet und sich bereit finden lassen, zahlreiche agrarische Lwsche der Erfüllung näher zu bringen. Die Folge war he Einführung und spätere Erhöhung der Kornzölle und der Nrsenstenrr, sowie dir Einschränkung der Gewerbe- sreiheit. Finit Bismarck ist zwar nicht der Mann, nur die emfeinge Jüleresscnpolitit der norddeutschen Großgrund besitzer zu wroecn; was er gerimn, das glaubte er sicher m Znicnsse der gelammten L mdwirthfchaft thun zu müssen, und in der VoranSseyunf, daß dieses Interesse keineswegs dem der industriellen »kreise widerstreite. In Wirklich^! sichen ja auch alle wohlverstandenen gerechten Interessen mir einander im Einklang und ist gerade der Mangel an Rücksicht aus die Kreise der Industrie der Grundfehler de? agrarischen Programms, dessen vollständige Erfüllung niemals von einem so einsichtsvollen Staats mann, wie Fürst Bismarck, zu erwarten ist. Auf die deutsche Reichsregierung muß schließlich die nie rastende Begehrlichkeit der Führer der agrarischen Partei einen cr- müdenden Eindruck machen, um so mehr, als es sich un- weideutig herausgestellt hat, daß das Leiden der deutschen Andwirthschaft mit den bisher aus agrarischen Rath an- smandten Palliativ-Mitteln nicht gehoben, sondern nur in uhr mäßiger Weise gelindert worden ist. Wie jeder Arzt, der den Sitz der Krankheit nicht richtig erkannt hat, zum Nachtheil des Leidenden an demselben Herumprobirt, so hiren auch die Agrarier nicht auf, Zugeständnisse für die Ändwinhschaft zu fordern, ohne jedoch in überzeugender Leise darthun zu können, daß die mit neuen erheblichen Opfern verbundenen Mittel im Stande sind, dem Patienten gründlich zu helfen. So agitirt jetzt der „Kongreß deutscher Landwirthe- Meder für einen bedeutenden Zoll auf Wolle, ohne sich ^ran zu kehren, welche empfindliche Nachtheile bannt zahl- rächen bei der Wollenweber« betheiligten Fabrikanten und Arbeitern zugefügt werden müßten. Man hat früher aus Rücksicht für die mühsam emporgekommene und stark expor- krende Wollindustrie in Krimmrtschau, Meerane, Greiz rc. Hr richtig von hohen Wollzöllen absehen zu müssen ge glaubt. Die neuesten Kundgebungen der Agrarier beweisen «bn, daß die letzteren auf den besagten Hammel zurück- gÄmmm sind. Das Hauptdirektorium der Pommerschen iknomischen Gesellschaft schlägt freilich vor, die Wollweber dn Einführung des Wollzolles durch eine Ausfuhrvergütung Wollgewebe schadlos zu halten, aber das System der MN-Bonifikationen hat sich bei dem Rübenzucker «ad dem Spiritus so wenig bewährt, daß es wenig dünichenswcrth erscheint, auch die Wolle diesem Hsiem zu unterwerfen, llebrigens beschränkt sich das ge° «anale Hauptdirektorium durchaus nicht auf diesen speziellen Artikel. In der Denkschrift, welche es durch den Guts aachbar des Grundherrn von Varzin, von Below-Saleske, mi Reichskanzler, dem deutschen Bundesrathe und dem "eichtag zustellen läßt, werden noch außerdem die Einfüh- ving der Doppelwährung, die zeitweise Erhöhung der land- Ärthschaftlichen Schutzzölle, die Heraufsetzungder Ausfuhr- »krgüiung von Spiritus von 16 auf 20 Mark (für die aächsten drei Jahre ohne Erhöhung der Spiritussteurr) Klangt, dagegen die Einführung einer hohen Konsumstcuer m ausschließliche Verkauf des Branntweins durch den vtaat, hohe Besteuerung der ausländischen Börsenpapiere, >°wic aller Bvrsen-Differenzgeschäfte, Verstaatlichung der Mcr- und Hagelversicherung, Erleichterung der Kolonisation «ad Begründung eines unverschuldeten Mein-Grundbesitzes dargeschlagen. Gerade die letzte Forderung hätte die meiste Berechtigung; eigenthümlich genug wird sic von einem Meise pommcrscher Großgrundbesitzer erhoben, die es seit Jahren dahin gebracht haben, daß sich in ihrer Nähe kein kleiner Landwirth halten kann, daß die eigentlichen Bauern ihre Aecker den Großgrundbesitzern billig verkaufen und aus wandern. Schon der Titel der Denkschrift ist sonderbar; er lautet i „Welche weitere gesetzgeberische Maßnahmen erheischt der fortschreitende Niedergang der deutschen Land- wirthschaft?" Wenn noch dem Zugeständnis) dec Freunde >es Herm von Below-Saleske trotz der seit sechs Jahren 'ewilligten landwirthschaftlichen Schutzzölle der Niedergang der Landwirthschaft noch immer fortschreitet, so liegt doch )er Gedanke nahe genug, daß das ganze bisherige agrarische kezept unwirksam ist und daß man besser thäle, umzukehren, tatt auf einem falschen Wege weiter zu gehen. In einem Schreiben des denselben Kreisen angehdrenden Freiherrn von Mirbach - Sorquittrn, welches die „Krcuz- eitung" veröffentlichte und die „Bimelallistische Korrespon- >enz" abdruckte, ist alles Leid der Landwirthschaft auf die Goldwährung zurückgeführt. Es ist das eine Behauptung, die auch im sächsischen Landtage wiederholt ausgestellt worden ist und in dieser Versammlung zahlreiche Verfechter >esitzt. In einer Gegend, wo wie hier in Freiberg der Silberbergbau eine so große Roll« spielt und das Sinken der Silberpreise eine so tiefeinschneidende Wirknng ül^, ist man sicher wenig geneigt, für die Errungenschaft der Gold währung zu schwärmen. Darüber ist man sich aber in maßgebenden Kreisen hier vollständig klar, daß eine einseitige und nicht internationale Einführung der Doppelwährung dem Uebel nicht abhelfen, sondern dasselbe eher verschlimmern würde. Auch das fachmännische Gutachten, welches dem königlichen Dekret über den Ankauf von drei Freiberger Gruben beigegeben war, besagte ausdrücklich, daß die Ein- ührung der Goldwährung durchaus nicht als die alleinige Ursache des Rückganges der Bergbaucrträge ungesehen werden könne. Ganz ebenso wird es sich auch mit dem Niedergang der deutschen Landwirthschaft »erhalten, zu dem ganz andere Umstände, u. A. die rapide Venheuerung von Grund und Boden, weit mehr beigetragen haben. Die Behauptung des Herm von 'Mirbach, daß alle Preise in Folge der Goldwährung einen kolossalen Rückgang erfahren hätten, ist auch nicht unzutreffend. Auf Grund lage der Hamburger Handelsstatistik bringt das „Frank- iirter Journal" folgende Aufstellung: „Setzt man die Durch- chnittspreise der Waaren in den Jahren 1847 bis 1850 mit 100 an, so ergiebt sich, daß bis heute im Werthe ge stiegen sind Ackerbauprodulte auf 134,04, Produkte der Viehzucht und Fischerei auf 152,99, Südfrüchte auf 137,08, Kolonialwaaren auf 120,79; gesunken sind Bergwerks und Hüttenprodukte auf 83,38, Textilstoffe auf 90,84 und außerdem einige Fabrikate der chemischen Industrie, wie Pottasche (67,95), Soda (57,16) und Stearinlicht (52,96). Was die Erzeugnisse des Ackerbaues und der Viehzucht betrifft, ist eine Preiserhöhung bei 37 Artikeln ein getreten. Dieselbe beziffert sich nach der Hamburger Statistik nn Einzelnen auf 383,50 (Hopfen), 229,53 (Borsten), 195 (Butter), 183 (Hammelfleisch), 171 (Milch), 145 (Malz), 131 (Hafer und Roggen), 129 (Gerste). Hingegen hat eine Preisminderung bei 5 Artikeln stattgehabt, denn Weizenbrot ist auf 85,29 gesunken (Weizen selbst ist auf 100,41 ge stiegen), Rüböl auf 87,06, Leinöl auf 89.41, raffinirter Zucker auf 96,87 (Rohzucker ist aus 100,25 gestiegen) und Talg auf 99,39." Da außer den Preisen für die Erzeug nisse der Bergbau- und Textil-Jndustrie alle Preise sich erhöht haben, kann der Preisrückgang einzelner Artikel kaum auf die Knappheit des zirkulirenden Goldes zurückgeführt werden, ebenfowenig aber durch Abschaffung der Goldwäh rung der Landwirthschaft aufgeholfen werden. Tagesschau. Freiberg, den 27. November. In der gestrigen Schmig des deutschen Reichstages begründete Abg. Reichensperger seinen Anttag auf Ab änderungen und Ergänzungen des Gerichtsverfassungs gesetzes und der Strasprozeßordnung und wies daraus hin, daß im Prinzip die Berufung in Strafsachen fast überall als richtig anerkannt werde. Fast nur in Deutschland sind dieselben nicht statthaft, doch bestreite auch hier die Mehr zahl der Richter auf Grund gewonnener Erfahrungen die Zweckmäßigkeit der Berufung nicht mehr. Eine einmalige Verhandlung kläre in sehr vielen Fällen den Thatbcstand nicht ! völlig auf und häufig erfahre der Angeklagte erst bei Ver- > kündigung des Urtheils, welche Indizien gegen ihn vorliegen. Es sei aber durchaus wünschenswcrth, daß demselben Gelegen heit geboten werde, sich über diese Indizien eingehender aus» zusprechen. Die gegenwärtigen Bestimmungen brächten es mit sich, daß die Richter häufig nicht mit der wünschenswerthea Sorgfalt verfahren. Die Wiedereinführung der Berufung werde diesen Mißstand beseitigen, ohne eine Erhöhung der Gerichtskosten hrrbeizuführen. Abg. Hartmann meint«, eine politischen Freunde seien theils für, theils gegen die Be rufung. Die Gegner derselben behaupteten, daß die Maßregel ehr große Nachtheile im Gefolge haben werde. Man sollte »er ersten Instanz möglichst umfassende Befugnisse geben; jedenfalls sei da- Bedürsniß nach umfassender Revision des Gerichtsverfassungßgcsrtzes und der Strasprozeßordnung unab weisbar, zumal die letztere bei ihrer Einführung nur als Nothmaß regel angesehen wurde. Abg. Marqnardsen sprach sich ent- chieden gegen die Berufung aus, dagegen erwartete Abg.Muuckel nesmal einen Erfolg der betreffenden Anträge und meinte, di« zweite Instanz sei unleugbar immer eine Art von Konttole über die erste Instanz. Wenn fast von allen Seiten der Nutzen der Berufung zugegeben worden sei, solle man doch einen Augenblick zaudern, die Wiedereinführung dieser Jn- titution zu beschließe». Abg. Reichsgerichtsrath v. Gräveuitz prach Namens seiner Partei für den Anttag Reichensperger, Abg. v. Gräve Namens der polnischenFraktion ebenfalls für die Berufung. Abg. Kayser sand das Stillschweigen der Regierung über dm Antrag Reichensperger verwunderlich und sagte, wie »othwendig eine Reform der ganzen Justizgesetz gebung sei, habe der Prozeß Stöcker gegen Bäcker bewiesen. Der Staatssekretär des Reichsjustizamte-, v. Schelling, erklärte das Stillschweigen der Regierung damit, baß bereits seiner Zeit in dm Motiven der Vorlage Alles gesagt sei, waS die Regierung überhaupt vorzubringm habe. Abg. Windthorst äußerte, die Regierungen machten in neuerer Zeit immer mehr den Versuch, politische Angelegenheiten vor das Gericht zu bringen, wie die Diätenprozesse bewiesen. Einer eingehenden Revision der Strafprozeßordnung werde er unter dm jetzige» Verhältnissen nicht zustimmeu. Nachdem Abg v. Helldorf die Forderung Kaysers, daß alle Gerichtsverhandlungen in die Presse kommen müßten, für sehr bedenklich erklärt hatte, wurde der Anttag einer vierzehngliedrigen Kommission über wiesen. ES folgte der Anttag Lenzmann auf Entschä digung unschuldig Vrrurtheilter. Abg. Träger, der wegen der Abwesenheit des Antragstellers die Be gründung des Antrages übernommen hatte, ersuchte das HauS dringend, endlich Schritte zu thun, um die unschuldig Ver- urtheilten für ihre Einbußen, die sie durch lange Hast zu erleide« hattm, angemessen zu entschädigen. Der Staatssekretär des Reichs- justizamtes v. Schelling erklärte, daß die verbündeten Regie rungen vollständig das Mitgefühl theiltm, ans dem der Antrag hervorgegangm sei, daß sie stets bestrebt gewesen seien, wo eS angängig war, eine Entschädigung zu gewähren, doch scheine es sehr bedenklich, dem durch die Gesetze Ausdruck zu verleihen. Vielleicht gestalte die Kommission den Anttag so um, daß er sür die verbündeten Regierungen annehmbar werde. Abg. Hartmann schlug vor, den Antrag derselben Kommisfio« zu überweisen, der auch der Rcichensperger'sche Antrag über wiesen worden sei. Abg. Frohme wies auf die gegenwärtige« mißlichen Justizzustäude hin und meinte, politische Tendenz? Prozesse seien an der Tagesordnung. Der Präsident von Wedell-Piesdors rief dm Abg. Frohme wegen seiner Amßemng .Mißbrauch der Justiz zu politischen Zwecken" zur Ordnung. Der Ankag Lenzmann wurde der für den Anttag Reichensperger festgesetzten Kommission überwiesen. — Die Kon servativen und daS Zentrum brachten wiederum einm Anttag ein, welcher zum selbständigen Handwerksbetrieb einm Be fähigungsnachweis verlangt. Unser Kaiser, der gestern Nachmittag dem Fürsten. Bismarck eine längere Audienz ertheilte, empfing hmte das Reichstagspräsidium. — Für dm verstorbenen König von Spanien, Alfons XII., ist am kaiserlichen Hofe eine drei wöchentliche Hoftrauer Ungeordnet wordm. — Der Prinz- Regent von Braunschweig verlieh dem Prinzen Wilhelm von Preußm das Großkreuz des Ordens Heinrichs des Löwm. — Das deutsche Zentralkomitee des Rothen Kreuzes entsandte den dirigirenden Arzt vom Krankenhaus in Langmbuch, Ur. LazoruS, nebst vier Assistenzärzten und zwei Schwestern mit Instrumenten, Medikamenten und Verbandsmitteln nach Sofia. An das Komitee des serbischen Rothen Kreuzes in Belgrad sind sehr erhebliche Sendungen von Verbandzeug, Schienen, Decken und Hemden abgegangen. — Am hessischen Hofe in Darmstadt ist folgmde Depesche eingetroffen: „Tsaribrod, 26. November, Vormittags 9 Uhr 30 Minuten Heute über schritten wir die Grenze unst gehen nach Pirot. Bis auf Widdin ist Bulgarien von den Serben frei. Beide wohl!"
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