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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.01.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-01-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188201127
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820112
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820112
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-01
- Tag1882-01-12
- Monat1882-01
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 12.01.1882
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MMFiyeiq^ und Tageblatt. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur Julius Brauu iu Freiberg. — / 34. Jahr,«»-. — > - » 'N/» ! Erscheint jedrn Wochentag Abends Ü Uhr für den . , . . _ Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- A SoLch^Z.^ Donnerstag, den 12. Jamar, j 1882. Rückblick auf 1881. iu. In dem inneren politischen Leben des deutschen Reiches hat noch kein Jahr seit Einigung unseres Vater landes eine so tiefgehende Erregung gesehen, wie das ab gelaufene. Die Wahlen zum Reichstage wurden mit einem Aufwand von Aufregung vollzogen, wie nie zuvor. Das Resultat derselben entsprach dieser lebhaften Agitation und den daran geknüpften Erwartungen keineswegs; denn fast jede Partei fühlte sich enttäuscht, da die Zusammensetzung des Reichstages, sobald es sich um ausschlaggebende Ent scheidungen handelt, im Wesentlichen die alte blieb. Aber gerade dieses negative Resultat, verbunden mit dem Um stande, daß eine irgendwie berechenbare Majorität in der deutschen Volksvertretung nicht existirt, trug selbstverständ lich nur dazu bei, die allgemeine Unbehaglichkeit zu ver mehren. Daß in dm heftigen Parteikämpfen des abgelaufcnen Zeitraumes die Stellung des Zentrums insofern verbessert wurde, als auf die Klerikalen mit ihrer imposanten Stim- mcnzahl heute mehr denn je ankommt, und daß ferner die zentrifugalen Tendenzen im deutschen Reiche an Einfluß gewonnen haben, ist nicht zu leugnen. Der Vernichtungs kampf gegen die national-liberale Partei kam meist den anti-nationalen Strömungen zu Gute. Die Sozialdemo kraten erwiesen sich bei den Wahlen nicht mehr so stark als früher, doch verschaffte ihnen die Uneinigkeit der soge nannten Ordnungsparteien bei den engeren Wahlen immer hin einige Sitze im Reichstage, wenn auch das Fehlen ihres bedeutendsten Führers, Bebel, ein harter Schlag für sie ist. Was die Stellung der Reichsregierung betrifft, so ist gar nicht zu verkennen, daß der Reichskanzler eine ganz bedeutende Schwenkung nach rechts hin gemacht und die Richtung, welche er im Jahre 1878 einschlug, in dem ab gelaufenen Zeitabschnitte noch viel entschiedener verfolgt hat. Positive Resultate dieses Wechsels traten zwar wenig zu Tage, allein eine gewisse Schwüle beherrschte die po litische Atmosphäre und auch insofern trug das vergangene Jahr allenthalben den Charakter des Ungewissen und Un berechenbaren. Die wichtigste Ursache dieser Unentschieden heit war wohl der Umstand, daß die Verständigung mit Rom, welche Fürst Bismarck ernsthaft suchte, nicht zum Abschluß kam und diese wichtige Frage mit ihrer Rück wirkung auf die Haltung der Zentrumspartei noch auf das neue Jahr als Erbschaft überkommt. Jenes Hinüber neigen des Reichskanzlers nach rechts, welches sowohl in der offiziösen Presse als auch in den Reichstagsreden des Fürsten Bismarck zum Ausdruck kam, hatte aber zur na turgemäßen Folge, daß in demselben Grade die national liberale Partei nach links hin Fühlung suchte. In der Haltung des Herrn v. Bennigsen, dessen staatsmännische Bedeutung sich auch in der verflossenen Periode recht deutlich zeigte, konnte man diese veränderte Lage recht klar erkennen. Die verschiedenen Schattirungen der liberalen Parteien rückten nach dem Wahlkampfe einander näher, wenn auch von der erträumten «großen liberalen Partei" nicht die Rede sein konnte und wohl auch lange nicht die Rede sein wird. Unter solchen Umständen war naturgemäß die gesetz geberische Ausbeute des vergangenen Jahres eine nur sehr geringe. Von Reformen ist zwar viel gesprochen worden, aber erreicht wurde wenig. In Bezug aus die Gerichtskosten, deren Höhe noch immer schwer au unserer Bevölkerung lastet, wurde zwar Einiges gebessert die grundlegende Reform aber steht noch aus, weil erf weitere Erfahrungen gesammelt werden sollen. Bezüglich der gewerblichen Verhältnisse wurde ein Jnnungs- gesetz vom Reichstage angenommen, welches manches Gute bringt, aber doch noch Manches zu wünschen übrig läßt- Ebenso wie in dieser Beziehung die Konservativen sich die Streichung derjenigen Bestimmungen gefallen lassen mußten' auf welche sie den meisten Werth legten, so wurde auch an dem Gesetze über die Reichsstempel-Abgaben durch die Ablehnung des Werthstempels für die Börsengeschäfte gerade das beseitigt, was den Gesetzentwurf für sie er- strcbenswerth machte. Dagegen war die Einverleibung Hamburgs in den Zollverein ein unstreitiger Erfolg der Reichsregierung und der sie unterstützenden Parteien. Unter den sonstigen Erscheinungen unsers politischen Lebens nahm die antisemitische Bewegung einen besonders breiten Raum ein. Wenn auch manches dabei auf Seite der Angegriffenen in leicht erklärlicher Erregung übertrieben worden sein mag, wenn manche unvorsichtige Provokation mit unterlaufen und manches berechtigte Wort der Kritik falsch ausgefaßt sein mag, so hat diese Bewegung so viele der schlimmsten Elemente an die Ober fläche gebracht und so viel abscheuliche und verdammens- werthe Exzesse im Gefolge gehabt, daß man froh sein kann, wenn dieselbe nunmehr augenscheinlich ihren Höhepunkt überschritten hat. Hoffen wir, daß diese häßliche Episode in dem tollen Durcheinander des vergangenen Jahres endgiltig begraben ist und nie mehr zum Leben erweckt wird. Manches Andere, was das vergangene Jahr uns brachte, war froherer Art, wenn die Früchte auch nicht sofort zu Tage traten. Wir rechnen hierzu in erster Linie die Thatsachc, daß die Ueberzeugung von der Noth wendigkeit einer Beschränkung des sozialen Uebels durch die Mitarbeit der ganzen menschlichen Gesellschaft sich in weiteren Kreisen Bahn gebrochen und daß der Reichs kanzler dieser wichtigen Frage, der wichtigsten des Jahr hunderts, näher getreten ist. Es darf uns nicht irre machen, wenn vorläufig nichts Positives geschaffen wurde; gut Ding will Weile haben und eine so tiefgreifende, schwierige Angelegenheit erledigt man nicht kurzer Hand- Zwar ist das Unfallversicherungs-Gesetz nicht zu Stande gekommen, aber seine Aussichten sind heute besser, als sie ehemals waren. Die Meinung, daß die Gesellschaft der sozialen Noth nicht ruhig zusehen darf, verschafft sich immer mehr Geltung. Das alles sind nur Keime, die ausge streut wurden und welche vielleicht noch lange schlummern müssen, ehe sie aufgehen und Früchte zeitigen. Wenn es nach der Ansicht des Dichters ein Trost ist, im Unglück Gefährten zu haben, so mag es uns tröstlich erscheinen, wenn auch das uns verbündete Oesterreich seine Plage hatte, unter der es seufzte und die es nicht zum freudigen Genüsse der Früchte des Fleißes seiner Millionen Bewohner gelangen ließ. Führte doch die deutsch-feindliche Politik des Ministeriums Taaffe zu fort dauernder Bedrückung des Deutschthums, die in den Prager Pöbel-Exzessen ihren Höhepunkt fand. Auch in Ungarn und Siebenbürgen ging man gegen die deutschen Träger der Kultur mit allen Mitteln der Unterdrückung vor und es ist schwer zu sagen, wie die österreichischen Staatsmänner sich unter solchen Umständen die Sicherung ihres Einflusses auf der Balkanhalbinsel — welche doch nur im Bunde mit deutscher Kultur Sinn und Berechtigung hat — vorstellen mögen. Ein Trost in diesem wirren Treiben ist der, daß die Deutschen in Oesterreich doch all mählich anfangcn, sich fester zusammcnzuschließen, um den drohenden Gefahren gegenüber ihre Nationalität zu behaupten. Tagesschau. Freiberg, 11. Januar. In der gestrigen Sitzung des Reichstages paffirte zunächst der Beschluß des Bundesraths, betreffend die Auf nahme der Kalifabriken rc. in das in dem 8 16 der Ge werbeordnung enthaltene Verzeichniß der gewerblichen An lagen, welche einer besonderen Genehmigung bedürfen, die erste und zweite Lesung debattclos. Ein Antrag der Ge schäftsordnungs-Kommission dagegen, in einem speziellen Falle die Genehmigung zur strafrechtlichen Verfolgung eines sozialistischen Flugblattes wegen Beleidigung des Reichstags zu versagen, führte zu längerer erregter Debatte, woran sich namentlich Abg- Richter (Hagen), Staatssekretär des Innern v. Bötticher, Abg. Braun, Abg. Saro, Abg. Lasker, Abg. Freiherr von Minnigerode — sämmtlich wiederholt bctheiligten. Es handelt sich nur um die Auf stellung, beziehungsweise Widerlegung der Behauptung, daß die Staatsanwaltschaften bei Einleitung der Verfol gung wegen Beleidigungen u. s. w. nicht mit gleichem Maße messen, sondern dieselbe von dem politischen Partei standpunkte der in Frage stehenden Persönlichkeit abhängig machen. Der Antrag der Geschäftsordnungs-Kommission, die Genehmigung zur Verfolgung im vorliegenden Falle zu versagen, stieß auf keinen Widerstand. Bei Fortsetzung der Berathung der Interpellation des Abg. Frhr. v. Hert ling erhielt zuerst der Abg. Ebert das Wort, welcher na mentlich die segensreiche Thätigkeit der Fabrikinspektoren hcrvorhebt und deren Geschäftskreis noch weiter auszu dehnen wünscht, um die Zahl der Unfälle weiter zu ver mindern. Redner präzisirt die Stellung der Deutsch- Konservativen zum Anträge und erkennt im Wesentlichen )ie Forderungen des Interpellanten als berechtigt an, insbesondere bezüglich der Frauenarbeit und Sonntags arbeit. Abg. Grillenberger erklärt auch die Zustimmung )er Sozialdemokraten zu einzelnen Postulaten, wegen des Normalarbeitstages sei er aber im Zweifel, ob derselbe durchführbar, wenn überhaupt, so sei einzig ein zehnstün diger Normalarbeitstag möglich. Der Staat müsse die dcmoralisirenden Folgen der Frauenarbeit unbedingt besei tigen, ebenso die Sonntagsarbeit mindestens einschränken. Abg. Kayser begrüßt freudig, daß der Kaiser vor allem Volk sich an die Spitze der Rcformgesetz- gebuug stellt, welche Protest einlegt gegen die bis her eingeschlagcne zehnjährige verkehrte Gesetzgebung. Wenn Bismarck seine Projekte einbringe, gleichviel ob Aussicht auf Annahme vorhanden oder nicht, sei dies ein Beweis seiner staatsmännischen Weisheit; wenn nichts Positives zu Stande komme, sei das der evidenteste Beweis für die Unfähigkeit des Liberalismus und des Manchester- thums, ein Sturm werde denselben in kurzer Zeit hinweg fegen. Abg. Stöcker betont besonders die Nothwendigkeit der Sonntagsruhe für die Arbeiter, und seien Frauen von der Fabrikarbeit überhaupt auszuschlicßen. Abg. Lasker nimmt die Autorität Steins trotz Stöcker für die liberale Sache in Anspruch. Die liberalen Parteien hätten es mit den Arbeitern stets gut gemeint und alles gethan, was sie konnten, hätten aber nie dem Gedanken blos deswegen zugcstimmt, weil ihn der Reichskanzler in die Debatte ge worfen. Das hätten die Liberalen auch noch nicht zu bereuen gehabt. Im Lande gäben ihnen die Wähler recht. Auf konservativer Seite werbe heute noch kein Mensch wissen, was der Kanzler unter korporativen Organisationen verstehe. Die Konservativen nähmen aber dieselben schon heute an, obwohl sie sic noch nicht kennten. Der Libera lismus mache keine nebelhaften Versprechungen, welche er nicht einlösen könne. Abg. Schorlemer-Alst vertritt die am Montage vom Interpellanten dargelegten Anschauungen in dessen Vertretung nochmals und meint, hätte die Inter pellation keinen Erfolg gehabt als nur den, daß Bismarck erklärte, im April werde der Reichstag sich mit den neuen Rcformpläncn zu beschäftigen haben, so wäre sie schon reich belohnt. Den Vorwurf der Unzeitgemäßheit habe die Interpellation offenbar nicht verdient. Die Diskussion wurde hierauf geschlossen. Die Erklärungen des Fürsten Bismarck in der V-" gestrigen Sitzung des Reichstages über das sozialpolitis Programm der Regierung haben die lebhafteste Aufme samkeit hervorgerufen. Mit besonderem Interesse ist seitig die Mitthcilung hingenommen worden, da^ Regierung bei der Regelung der Arbeiterversicher'' der Reichsversicherung Abstand neb>-
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