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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 16.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188212162
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821216
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821216
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-12
- Tag1882-12-16
- Monat1882-12
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 16.12.1882
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Amtsblatt für dir königlichen nnd städtischen Behörden zu Freiberg und Brand. L««lM»rtlicher Redake« Julin» Brann m Freiterz. » ... - „ 34. I«hr-«u,. , -UM I WMeiM M« M«»« «Uhr fUr dm Jns««te »ad« di« 11 Uhr 292.f ?LÄ«?rS'M''LL!RR I Somabend, dm 1S. DczcMcr. 1888. Das österreichische Finanz-Lrposv. De« jüngst wieder zusammengetreteuen österreichischen Reichstage wurde ein Finanz-Exposs vorgelegt, welches pro 1883 abermals ein Defizit und zwar von nicht weniger als 31 Millionen Gulden in Aussicht stellt, und daher die verschiedenartigsten abfälligen Kritiken im In- und Auslande hervorrief. Zwar sind die österreichischen Staatscinwohner längst zu sehr an Defizite gewöhnt, um von einem weiteren solchen allzusehr überrascht zu werden; allein sie begreifen nur allzuwohl den Eindruck, welchen die Permanenz der Defizite des österreichischen Staats haushalts auf jene Auslandstaaten machen muß, von welchen sich die österreichische Regierung seither das Geld zur Deckung ihrer Defizite holen mußte und weiter holen müssen wird, indem die österreichischen Anleihen nur zum fast verschwindend kleinen Theile im Jnlande untergcbracht werden können. Genau besehen, hat das diesmalige österreichische Defizit keineswegs die großen Schattenseiten, die man ihm unter schieben wollte. Abgesehen, daß derselbe um 7 Millionen Gulden geringer ist als im Vorjahre, läßt der Ausgabe- Etat ersehen, daß der österreichische Staat eine Reihe von Ausgaben für solche Zwecke präliminirt, welche sozusagen das Handwerkszeug für produktive Zwecke vermehren, und sich daher in nicht ferner Zeit als eine rentable Kapitals anlage erweisen werden. Ein gekräftigtes Staatswesen, als welches sich die österreichische Monarchie unbestritten darstcllt, kann und darf sich solche Ausgaben wohl erlauben. Es kann von Niemanden geleugnet werden, daß dieser Staat heute weit besser administrirt ist als vor Jahr zehnten, daß seine Machtst llung auf besseren Füßen ruht als vordem, und daß die österreichischen Staatscinwohner von heute von weit mehr Selbstvertrauen und von Hoffnung in die Zukunst getragen sind, als jene von ehedem. Jene Zeiten sind vorüber, wo die österreichische Hauptstadt illuminirte, wenn Schlachten verloren gingen, hoffend, daß die Schwächung nach Außen eine bessere Regierung im Innern zur Folge haben würde. Heutzu tage existirt dort trotz aller politischen Parteien-Zerklüstung ein starkes Zusammengehörigkeits-Gefühl, und wer heutzu tage den gegenwärtigen Bestand der österreichischen Ge° sammtmonarchie anzutasten wagte, würde finden, daß alle unter dem Szepter des österreichischen Herrscherhauses vereinten Nationalitäten vereinter als je Front gegen den Störenfried machen würden. Das oben bezifferte Defizit hängt zum Theile mit den Kosten der Administration Bosniens und der Herze gowina zusammen. Diese Kosten werden in nicht ferner Zeit nicht nur aufhören, sondern voraussichtlich einem Beitrage zu den Kosten des gemeinsamen Staatshaushalts Platz machen, wofür bereits alle Anzeichen sprechen. Die nachtheiligen Folgen, welche aus den Zollerhöhungen prophezeit wurden, sind nicht ein getreten. Die voraus gesagte Preissteigerung wichtiger Artikel des allgemeinen Konsums haben nicht stattgefunden, auch ist von schäd lichen Rückschlägen der jetzigen Finanzpolitik auf das Steuererträgniß nichts wahrzunehmen. Auch hebt der österreichische Finanzminister hervor, daß der Stand der Staatskassen ein besserer sei als vorher. Die Opfer, welche die bekanntlich wohlhabende Bevölkerung gebracht hat, um ihre Staatseinnahmen zu vermehren, haben somit ihren Zweck erreicht. Was die Opposition im österreichischen Reichstage betrifft, so konnte sie diese offenkundigen Fakten nicht leugnen; sie richtet ihre Angriffe nur gegen die Thatsache, daß das Defizit nicht überhaupt schon verschwunden sei. Der Minister von Dunajew-kl stellte jedoch klar, daß cs lediglich Posten des Exttaordinariums (u. A. Ausgaben sür die Arlberg- und die galizische Transversalbahn, sowie für die bosnische Okkupation) sind, welche das Defizit repräsentiren, und daß Oesterreich sich bei einem regel mäßigen Verlaufe der Dinge dem Gleichgewicht im Staats haushalte schon von jetzt ab nähert. Um jedoch das ziffermäßige Defizit nicht einzig und allein im Wege der Kontrahirung neuer Anleihen, sondern theilweise durch neue Steuern zu decken, wurden dem Reichsrathe Gesetzentwürfe vorlegelegt, welche die Erwerbs steuer, die Besteuerung der zur öffentlichen Rechnungs legung verpflichteten Erwerbsunternchmen (Aktiengesell schaften), die Renten- und Erwerbs-Einkommensteuer be treffen. Aber es trat sofort auch in Oesterreich die bei uns so oft vorkommende Erscheinung auf, daß die Oppo sition sich gegen diese Gesetzentwürfe aus dem Grunde auflchnte, weil ja der Minister die Lage der Finanzen als eine sehr günstige bezeichnet habe. Hätte also Oesterreich kein Defizit, so würden die Volkswirthe klagen, daß der Staat am unrechten Platze spare und daß er namentlich keine Ausgaben für produktive Zwecke mache. Wird dies beachtet, und erlaubt sich der Staat produktive Vorauslagen zu machen, so entsteht ein Defizit, und dieses soll man mit Steucrcrhöhungen wieder nicht decken dürfen. Geschieht die Deckung dann durch Anleihen, wird die Regierung beschuldigt, die kommenden Geschlechter zu belasten. Nachdem aber andere Mittel als Steuererhöhungen oder Anleihen zur Deckung von Defiziten gutverwalteter Staatswesen noch nicht erfunden worden sind, so giebt cs freilich unter allen Umständen Opposition, und man darf sich billigerwcise nicht mehr allzustark darüber verwundern, wenn einsichtige scharf blickende Staatsmänner zuweilen ganz ihre eigenen Wege gehen. Tagesschau. Freiberg, den 15. Dezember. Der Reichstag trat gestern unmittelbar nach Beendi gung der Sozialisten-Dcbatte seine Weihnachtsfcrien an, so daß die übrigen Gegenstände der Tagesordnung erst im neuen Jahre zur Verhandlung kommen werden. Als erster Redner erklärte sich Abg. Hänel gestern gegen das Sozialistengesetz überhaupt. Die vom Herrn v. Puttkamcr in der vorigen Sitzung angesührten Zitate seien kein Be weis für die Nothwcndiokeit des Gesetzes. Die Regierung verschulde es selbst, wenn das Mißtrauen gegen die be stehende Staats- und Gesellschaftsordnung immer weiter greise. Nur durch das Eingehen auf wahrhaft liberale Prinzipien sei die soziale Frage zu lösen, nicht durch Preisgeben der liberalen Errungenschaften. Hoffentlich werde auch die Regierung recht bald zu der Ueberzeugung gelangen, daß es mit dem Sozialistengesetz nicht ferner gehe. Die Sozialdemokratie werde dieses Gesetz überleben, da man doch nicht alle Anhänger derselben ausrotten könne. Ausnahmcmittel helfen nun einmal nichts; nur in organischer Fortentwickelung lasse sich das Uebel heilen. — Minister v. Puttkamcr vermißt in Hänel's Rede die Klarheit darüber, wie sich die Fortschrittspartei über haupt zur Sozialdemokratie stelle. Die Regierung erhebe nicht den Anspruch, die Sozialdemokratie schön ganz unter drückt zu haben, aber ihre Ausbreitung habe sie verhindert, und das sei schon ein großer Erfolg. Ohne jenes heilsame Ausnahmegesetz würden wir eine ganz kolossale Vermeh rung der Bewegung erlebt haben. Wir würden eine Ver breitung der sozialdemokratischen Lehre in der Mitte der ländlichen Bcvötkcrung haben. Das ist eine Wirkung des Gesetzes, die wir nicht hoch genug veranschlagen können. Daß das Gesetz ewig bestehen soll, darauf lasse ich mich nicht ein, das liegt im Schooße der Zukunft. Ich habe nur zu konstatircn, daß, so lange dieses Gesetz besteht, die Regierung sich niemals ihrer Pflicht entziehen kann, im gegebenen Falle zu prüfen, ob nach der konkreten Lage der Verhältnisse eine Anwendung desselben nothwendig ist. Es wäre ein Frevel, wenn man ohne zwingende Gründe von dieser Vollmacht Ge brauch machen wollte. Der Minister geht dann aus die Wahlen kurz ein, und bemerkt, daß allein die Fortschrittspartei offen sür d>- Wahl eines soziulsemo- tralischen Kandidaten cingetrcten ist. Der urkundliche Beweis liege in dem Manifest der Fortschrittspartei be züglich der Hanau-Kasseler Wahl. Ec gebe zu, daß in wirthschastlicher Beziehung der Standpunkt der Regierung von der Sozialdemokratie nicht so weit entfernt tst, wie der in politischer und nationaler, aber doch nur in be schränktem Umfange, Ziel und Methode seien himmelweit von einander verschieden. Die Regierung erkenne an, daß auf dem sozialen Gebiete gewisse Mißstände vorhanden sind, die nur mit Hilfe der Gesetzgebung gelöst werden können. Wenn die Regierung sich hier im Jrrthum be findet, so theile sie diesen Jrrthum mit der überwiegenden Majorität der Nation. Der Minister macht sodann auf die bekannten Vorgänge des letzten Sommers auf dem Anhalter Bahnhofe aufmerksam, und hält dem Vorredner entgegen, daß derselbe schwerlich Garantien geben könne dafür, daß ähnliche Szenen sich nicht wiederholen werden. Er bitte, den Antrag der Sozialdemokraten, den er ver fassungsmäßig nicht einmal für zulässig hält, abzulehnen und die Maßnahmen der Regierung gutzuheißen. — Abg. Wendt erklärte namens der Fortschrittspartei, daß sie die Darlegungen der Denkschrift für unzureichend finde und ausnahmslos dem sozialdemokratischen Anträge, dies in einer Resolution auszusprcchen, zustimme. In seiner Heimath, Hamburg, sei das Sozialistengesetz durchaus ! loyal ausgesührt worden, aber eine Verlängerung des Belagerungszustandes erscheine nicht ausreichend motivirt. — Staatssekretär Staatsminister v. Bötticher kon- statirte, daß der Hamburger Senat das Sozialistengesetz nicht anders aussühre, als die anderen Regierungen. — Abg. v. Czarlins ki bemerkte, die Erfah rungen der polnischen Bevölkerung gestatteten den Polen nicht, sür die Polizeibcfugnisse zu stimmen. — Abg. Grillenberger widersprach der Annahme, daß das Sozialistengesetz und der Belagerungszustand die Sozial demokratie erheblich geschwächt hätten. Nach wie vor hätten die Arbeiter kein Vertrauen zur Regierung, denn deren sogenannten Resormmaßnahmen seien nur neue Ketten für die Arbeiter. Er gebe zu, daß jeder ziel- bewußte Sozialdemokrat Republikaner sei, daraus folge aber noch nicht die Sehnsucht oder das Streben nach ge waltsamer Revolution. — Dem Abg. Grillenberger gegen über konstatirte der Minister v. Puttkamcr, daß niemals im amtlichen Auftrage von Agents Provokateurs Exzesse provozirt worden seien, um Material zur Begründung der Verlängerung des Belagerungszustandes zu gewinnen. — Nachdem auch Minister v. Nosttz-Wallwitz einzelne Detail angaben richtig gestellt hatte, erörterte Abg. Windthorst der Stellung des Zentrums zu dieser Frage. Das Zentrum habe, als es äs Isxg ksrsnäo handelte, das ganze Gesetz bekämpft, jetzt, äs Isxs lata, werde er mit seinen Freunden gegen den sozialdemokratischen Antrag stimmen, weil cs die Stellung des Reichstages nicht entspreche, akademische Resolutionen zu fassen, denen er keinen praktischen Nach druck zu geben vermöge. Er werde den Bericht der Re gierung einfach zur Kenntniß nehmen, und das enthalte weder eine Billigung, noch eine Mißbilligung der darin enthaltenen Thatsachen. Als Gegengift gegen die Sozial demokratie befürwortete Abg. Windthorst die unverweilte Inangriffnahme der Reformen zu Gunsten des Arbeiter standes, das Christenthum und die freie Kirche müßten dabei mit dem Staat Hand in Hand gehen. — Aba. Stöcker konstatirt, daß die wahren Ziele der Sozial demokraten ganz andere seien, als die angeblich harmlosen Ziele, die ihr die sozialdemokratischen Abgeordneten des Reichstages nachzusagen Pflegen; Redner hoffte, daß die soziale Reform der Regierung die Herzen der Arbeiter ge winne. — Abg. Schröder (Wittenberg) erklärte, gegen die Resolution der Sozialdemokraten zu stimmen; die diskretionären Vollmachten, die das Sozialistengesetz der Verwaltung beilege, vertrügen die Einmischung des Reichs tages nicht. — Äbg. Richter (Hagen) konstatirte namens der Fortschrittspartei, daß die Bemerkungen des Abg. Wendt nicht im Namen der Fraktion gemacht seien, seine Partei werde indessen sür den sozialdemokratischen Antrag stimmen, des Abg. Stöcker Thütigkeit gefährde den öffent lichen Frieden viel mehr, als die sozialistische Agitation. Der Antrag wurde hierauf abgeiehnt und die Kenntniß- nahme der Denkschrift ausgesprochen. Das Haus vertagte sich sodann bis zum 9. Januar. Die in Berlin versammelten Delegirten von sechzehn der größten deutschen Handelskammern nnd Korporationen beschlossen gestern einstimmig eine Resolution gegen den Wcdellhchen Börsenstcucrantrag, welche heute in dem deut schen HandelStage cingedrachr und molwirt werden soll.
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