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Frankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger : 14.11.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1786999250-191111145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1786999250-19111114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1786999250-19111114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFrankenberger Tageblatt, Bezirks-Anzeiger
- Jahr1911
- Monat1911-11
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Dienstag, den 14 November Frankenberger Tageblatt begründet 1842. 7v. Jahrgang. KMU fm hie MM DlchupIniMW IW, Has MM DlsgM md he» KMü p IrMMg i. Za. Berantwortltcher Redakteur: Ernst Roßberg in Frankenberg t. Sa. — Druck und Verlag von E G. Roßberg in Frankenberg i. Sa. 'i . ' : «rscheint an jede» Wochentag abend» für den folgenden Tag. Bezug», drei« vierteljührlich 1 bo -Z, nionatlich 50 Trägerlohn extra. — Einzelnummern lausenden Monats b früherer Monate 10 H. BeRelurnge» weiten in unserer Geschäftsstelle, von den Boten und Ausgabe- stellen, sowie von allen Postanstalten Deutschlands und Oesterreichs angenommen. Nach dem Auslande Versand wöchentlich unter Kreuzband. Ankündigungen sind recbtzeirlg auszugeben, und zwar größere Inserate bis g Uhr vormittags, kleiner« bis spätestens 11 Uhr mittags des jeweiligen Ausgabetages. Kür Aufnahme von Anzeige« an bestimmter Stelle kann eine Garantie nicht übernommen werden. 18^-51. Telegramme: Tageblatt Krankenbergsachsen. Anzeigenpreis: Die o -gesp. Petitzeil« oder deren Raum 1b bei Lokal- Anzeigen 12 im amtlichen Teil pro Zeile 40 „Eingesandt" im Redaktionsteile 35 ä. Für schwierigen und tabellarischen Satz Ausschlag, für Wiederholungsabdruck Ermäßigung nach feststehendem Tarif. Für Nachweis und Offerten-Annahme werden 2b H Extragsbühr berechnet. Jnseruten-Annahme auch durch alle deutschen Annoncen-Expeditione«. Bekanntmachung. Diphtherie-Kerum mit der KontroLnummer 253 Zweihundertdreiundfünfzig — aus der Chemischen Fabrik von E. Merck in Darmstadt ist wegen Abschwächung zur Ei«- ziehuug bestimmt worden Dresden, am 10. November 1911. Ministerium des Innern, II. Abteilung. Die Aufgabe von Inseraten ersuchen wir im Interesse der rechtzeitigen Fertigstellung und Ausgabe unseres Blattes gefälligst so zeitig als möglich erfolgen zu lassen. Größere Inserate erbitten wir uns dis vor mittags V Uhr, während kleinere Inserate bis 11 Uhr mittags Aufnahme finden. Für später einlausende Anzeigen können wir eine Garantie des Abdrucks in der bezüglichen Abendnummer nicht übernehmen. HbMSSg. * Das November-Gewitter, welches sich im Reichstag entladen hat. hat ganz Deutschland in den tiefsten Tiefen auf geregt, und r.e Bewegung wird nachhallen, bis die Neuwah. len zu. deutschen Volksvertretung stattgekunden haben. Die Marokkoabmachung bildete den unmittelbaren Anlaß zu der umlangreichen Auseinandersetzung, aber sie ist in den.Hinter grund getreten vor den Ereignisfen, die sich dazu gesellten. Der Beifall, den der im Reichstage anwesende deutsche Kron prinz den Forderungen nach einer energischeren NuLlandspMtik zollte, war die Einleitung für die Periode der Ueberraschun- gen; weitere Folgerungen kann diese Szene nicht zeitigen, sie ist an der Tafel, welche nach Schluß der betreffenden Reichs tagssitzung das Kaiservaar, den Kronprinzen, sowie den Reichs kanzler v. Brrthmann-Hollweg und seine Gemahlin mitein ander vereinte, zum Austrag gebracht worden. Aber die Nachwirkungen der Auseinandersetzungen zwischen dem leiten den Staatsmann und der konservativen Partei, deren Führer die englische Regierung scharf angegriffen hatte, lasse» sich schwer absehen. Herr v. Bethmann-Hollweg leitete die Hal tung des Abgeordneten v. Heydebrand aus Wahlzweckrn her, und der letztere wie« diese Bemerkung zurück. Die große Bewegung, die im Sitzungssaals bei diesem Zusammenstoß herrschte, bewies, daß der ganze Reichstag die Bedeutung des Vorfalles erkannt hatte. Diese Rede des verantwortlichen Leiters der Reichsregie rung ist in nicht wenigen Prcßorg.men sein „Schwanengesang" genannt worden, von neuem ist die Ansicht ausgetreten, Herr v. Bethmann-Hollweg wolle die Bürde seines Amtes nieder legen. Als er das Erbe des Fürsten Bülow antrat, erklärte er vor den Reichstagsabgeordneten, daß er über den Parteien stehe, daß seine Richtschnur der Zwang und die Pflicht zur gedeihlichen Arbeit sein werde, die auch die Volksvertreter beherzigen sollten. Der Kanzler hat heute wohl erkannt, daß eS unmöglich ist, für immer die Stellung über den Parteien zu behaupten, er ist sich auch bewußt gewesen, was er tat, als er die scharfen Worte gegen den Führer der Partei ge brauchte, auf welche er sich seither gestützt hatte. Daß die liberalen Parteien ihm nicht folgen werden, ist hinlänglich bekannt, ob eine Einigung mit den Konservativen von neuem möglich ist, muß die Zeit ergeben. Wenn es sich auch um eine Angelegenheit der auswärtigen Politik handelte, die Rück wirkung auf die inneren Verhältnisse ist da, und bis zu den Reichstagswahlen sind es bloß noch zwei Monate, eine kurze Zeit, wenn keine ernste Neigung ist, das Geschehene geschehen sein zu lassen und Frieden zu schließen. Bismarck -hat einmal ausgeführt, daß es in der Politik keine Zufälligkeiten geben darf, sondern nur Notwendigkeiten. Und da wäre es für Reichsregierung und Reichstag gleich dringend erforderlich, unser Ansehen vor aller Welt gerade angesichts des Abschlusses des Marokkovertrages zu stärken, damit niemand spater mit neuen kritischen Vorwürfen kom men könne, es sei von unserer Seite auS zu wcit nachgegrbcn. Zu dieser Befestigung nach außen hin gehört eine parlamen tarische Geschlossenheit, die in keiner Weise ei,re Anfechtung erfahren darf. Frankreich, England, Italien haben verschie dene politische Parteien, aber bei allen Fragen der auswär tigen Politik schwenken sie ein wie die Unteroffiziere. Sturm- szenen, wie sie jetzt im Reichstage sich abspielten, sind dort nur eingetreten, wenn wirklich schwere Ereignisse Vorlagen. So z. B. erfolgte in Rom der jähe Sturz des ganzen Mi nisteriums Crispi, als die italienischen Truppen von den Abessyniern geschlagen wurden, und das gleiche Schauspiel fand in Paris nach der Schlacht bei Langfon in Ostafien statt, wo dir Franzosen von den Annamiten und chinesischen Schwarzflaggen (Seeräubin) besiegt wurden. Das Opfer war ,in diesem Falle das Ministerium Ferry. Aber solche Fälle lagen doch bei uns nicht entfernt Hör. Die Verhältnisse bei uns sind kritisch geworden. Die Würde des Kaisers ist unantastbar, und hoch stehen uns muh Reichskanzler und Reichstag. Der Kanzler soll uns ein gei- sttgrr Führer der Volksvertretung trotz aller parteipolitischer Meinungsverschiedenheiten im einzelnen sein, er kann sein AM nur dann recht verwalten, wenn diese Vorbedingung erfüllt ist. Kann sie nicht erfüllt werden, dann ist der Rück tritt nicht zu vermeiden. Das ist eine Tatsache, die jeder erkennt, auch wenn wir keine parlamentarische Regierung ha ben, allein der Kaiser seinen ersten Ratgeber beruft und ver abschiedet. Herr v. Bethmann-Hollweg hat sich zu seinem Posten nicht gedrängt, das muß ihm jeder nachrühmen, aber er wird wohl unterschätzt, wenn man denkt, er werd: die Flinte ins Korn werfen. Und er genießt das Vertrauen des Kaisers. Das Reichsoberhaupt steht dem ganzen Widerstreit abwarrend gegenüber; daß er kein anderes Sinnen und Trach ten hat, als des Reiches Wohl, wissen wir. Und nur das kann hier entscheiden. Vom Reichstag. 203 Sitzung vom 11. November. Am Bundesratstisch die Staatssekretäre v. Kiderleii-Wächter, Delbrück, Solf, Ltsco, Krätke und zahlreiche Bundesratsöevoll- mächtigte. Die Besprechung des Marokko-Abkommens wird fort gesetzt. Abg. Frank (so»): Als jüngst der englische Minister Lloyd George einer deutschfeindlichen Rede des Führers der englischen konservativen Partei entgegentrat, dachte ich, wann wird Der artiges bei «ns geschehen? Ich bin durch daS gestrige Auftreten des Reichskanzlers angenehm enttäuscht worden. Als ehrlicher Gegner muß ich dem Reichskanzler zugestehen, daß er den deut schen Nationatdemagogen die vatriotiiche Maske vom Gesicht ge rissen hat. (Beifall links.) Der konservative Wahlpatriotismus ist in dieser Woche totgeschlagen worden. Die Konservativen haben mit den deutschen Kanzlern ein steigendes Pech. Die Kanzler wer den gegen sie seit Bismarcks Zeiten immer couragierter. Caprivi schwieg noch; aber schon Hohenlohe schrieb: Die Junker pfeifen auf das Reich. Bülow sagte bei seinem Abgang: Die Konser vativen treiben ein frivoles Spiel mit den Interessen der Mo narchie. Der jetzige Kanzler wirft ihnen vor, daß sie die In teressen des Reiches bewußt schädigen, uni ihrer Partetzwecke willen. Ich weiß nicht, ob es noch dieser Kanzler oder sein Nach folger sein wird, der die letzte Steigerung bringt, der daS reichs- schädltche Junkertum an seiner Wurzel, am preußischen Wahlrecht, angreist. (Sehr richtig! links.) Wir wollen aber auch keinen bureaukratischen Absolutismus. Wahrend der Rede Heydebrands, der ja ost der ungekrönte König genannt wird, hat ein anderer noch Ungekrönter Beifall gezeigt, der Kronprinz. Wie sich der schwarze oder schwarz-blaue Husaren-Oberst mit seinem Kriegs herrn abfindet, ist seine Sache. Uns interessiert nur die politische Seite, der Anschauungsunterricht, wie er deutlicher dem deutschen Volke nicht gegeben werden konnte. Wir muffen daran arbeiten, daß bis zur Zeit, zu der der Kronprinz einmal den Thron zu be steigen hofft, die Demokratisierung Deutschlands vollendet ist. (Bei fall bei den Sozialdemokraten.) Wir lassen uns von China be schämen; aber auch im europäischen Reiche der Mitte werden die Zöpfe abgeschnitten werden. Gleich der Algeciras-Akte, müssen auch die jetzigen Verträge von uns genehmigt werden. Unsere diplomatischen Vertreter versagen an den wichtigsten Posten. Das ganze System ist zufammcngebrochen. Die vernünftige Friedens politik, die der Kanzler in den letzten Tagen bekannt gab, begrüßen und unterstützen wir durchaus. Er hat leider nicht in allen Sta dien der Marokkoaffäre danach gehandelt und muß namentlich offen den Zweck der Entsendung des „Panther" nach Agadir darlegen. Nur kleine Interessengruppen wünschen den Krieg, die Massen den Frieden. Bassermann, der in seiner ersten Rede eine Flotten Vorlage forderte, rückte in seiner zweiten von den Konservativen ab. Was es mit dem Gerede von Kulturstauten auf sich hat, zeigt Italien, das ein Schiff voll Dirnen nach Afrika schickte und dort an Frauen und Kindern Taten vollbringt, von denen sich die zivilisierte Welt mit Abscheu wendet. Herr v. Heydebrand ist zur Gewährung einer Besttzfieuer bereit; cr gesteht damit ein, daß die Besitzenden noch nichts gezahlt haben. Hrydebrand schloß mit meinem Zitat Schillers, daS die Schweizer zum Befreiungskampf gegen den Landvogt, gegen den Landrat auffordert. Wir wollen diese» Ruf aufnehmen im Kampfe gegen die brutale Klassenherr schaft dcr Junker. Wir wollen sie niedcrringen mit dem Ruse: „Nichtswürdig ist die Nation, die nicht ihr Alles freudig setzt an ihre Ehre!" (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Graf Mielczynski (Pole): Der Kanzler variierte den Konservativen gegenüber den Heinefchen Vers: „Blamier' mich nicht, mein schönes Kind, und „schimpf" mich nicht unter den Lin den." (Heiterkeit.) Wir haben eigentlich keinen Anlaß, in diese rein akademische Erörterung einzugreifen. Unsere prinzipielle Stellung in allen Fragen des Ländererwerbs ist ja bekannt. Agadir ist alldeutsche Mache; der Krieg hing an einem Faden. Das chauvinistische nationalistische Scharfmachertum will den Fr!e den weder im Ausland, noch im Inland. Abg. Haußmann (Vp ): In Erregungszuständen muß man kaltblütig bleiben, um den Äolkswillen, der ein leitender Gedanke dcr Staatskunst sein muß, durchsetzen zu können. Es ist ein Ver hängnis der Rechten, daß sie in dieser historischen Debatte ihren Standpunkt gewählt hat im heftigen Angriff gegen die Regierung. Herr v. Hrydebrand, der das Ucbermaß von Kritik der Linken vorzuwerfen Pflegt, hat sich in einer Tadelsucht ergangen, die nicht davor zurückscheute, hier, wo wir dem Auslände gegenüber sprechen, den Beweis für die Unfähigkeit unserer Geschäftsführer antrcten zu wollen. Das ist das Gegenteil einer Stärkung der Autorität der Regierung, das ist nicht Kritik, daS ist Herunter reißen. Die Regierung und der Vertreter der Krone sind an- geklagt der Friedensliebe (Heiterkeit). Herr v. Heyvebrand war gewöhnt, der Regierung seinen Willen zn oiktirren. Darum war er über jede andere Meinung erbittert, daher die Fortsetzung seiner Desperadapolitik hier im Reichstage. Wir sind frei in der Kritik, wir stehen in Opposition gegen Bethmann, aber wenn Heydebrand dem Kanzler derartig in den Rücken füllt, dann wird sich daS an der konservativen Partei noch schwer rächen. Herr v. Bethmann hat gestern Herrn v. Heydebrand das Schwert ouS dem Munde geschlagen. (Lebhafter Beifall) Er hat ihm vorgeworfen, daß cr die deutschen Jutereffen schädigt. Mehr kann man nicht sagen. Alle großen Parteien sind einig darin, daß das Verhalten des Kronprinzen eine Zersetzung der öffentlichen Gewalten an der Spitze bedeuten würde. (Lebhafter Beifall.) Herrn Bassermann danke ich, daß er klar ausgesprochen hat, daß keine PaUei einen Krieg wegen Marokko will. (Beifall.' Deutschland, dessen Haltung nicht schwächlich war, Zat wirtschaftliche Vorteile erreicht. Wir bedauern, daß es nicht mehr sind. Seine Friedensliebe hat sich wieder glänzend bewiesen. Das ist keine falsche Politik, sondern die einzig gangbare. Ich hoffe, daß wir in der Kommission einen Schritt weiter machen zu einer größeren Eir.heitlichk' t im deut schen Volke, die getragen werden kann von einer Politik der Retchs- regierung, die nicht nur die Heißblütigen, sondern auch die Kalt blütigen hinter sich hat. (Beifall links.) Abg. v. Liebert (Np.): DaS Wort, daß wir nicht für unS selbst leben, sondern für die ganze Menschheit, gilt nicht mehr in der Zeit des Raubzuges gegen Tripolis. (Vizepräsident Schultz bittet den Redner, sich zu mäßigen.) Die Folgen deS Verzichts auf Marokko lassen sich nicht abwenden. Wir fürchten von dem Marokkoabkommen, daß Frankreich in einem etwaigen Kriege Von dort große Truppenmassen beziehen werde, und aom Kongovrrtrag, daß uns die Ablösung der Gesellschaften große finanzielle Opfer auferleaen werde. Wir hoffen jedoch, daß schließlich doch trotz aller Mängel auS dem Vertrage für uns Nutzen erwachsen wird. Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter: NamenS der kaiser lichen Regierung protestiere ich aufs entschiedenste gegen die be reits vom Präsidenten gerügte Bezeichnung, die der Vorredner auf einen zwischen uns befreundeten und einer unS verbündeten Macht geführten Krieg angewendet bat. Was es mit der schwarzen Gefahr auf sich habe, zeigt der Krieg von 1870/71. Damals hat Frankreich aus Afrika im ganzen 19000 Mann herangezoaen, während 50 OM Franzosen in Algier stehen mußten. Die Vor würfe gegen unsere Vertreter im Ausland weise ich zurück. Es wird in der Presse und leider auch hier im Hause immer ohne jeden Grund und ohne jede Berechtigung und Sachkenntnis von ihnen behauptet, daß sie nicht informiert feien, und darauf beruft man sich gewöhnlich auf junge Herrn, die den Dienst schon nach ganz kurzer Frist verlassen hätten, aber nicht etwa, weil sie zu gut informiert gewesen waren. (Große Heiterkeit.) Abg. Erzberger (Ztr.): Die Souveränität des Sultans von Marokko war schon seit 1904 nicht mehr vorhanden. Die Regierung hat Fehler gemacht: der Reickstag in diesen drei Tagen aber auch. Die Zukunft Deutschlands hängt von dessen Geist und Energie ab; die auswärtige Politik hat sie zu fördern, darf aber nicht links und rechts durch die ganze Welt tanzen. Marokko ist nicht das Paradies, und Kongo nicht die Hölle. Von allen im Hause gemachten Vorschlägen ist das Regierungsabkommen noch immer das beste. Abg. Bebel (soz.): Wenn Erzberger den letzten Satz an die Spitze seiner Rede gestellt hätte, dann hätte er sich alles übrige seiner Rede ersparen können. Die Debatte hat mir viel Vergnügen gemacht. Rechter Hand, linker Hand, alles vertauscht. DaS Du ll Bethnumn-Heydebrand war unbezahlbar. Adg. Dr. Mugdan (freis. Vv-): Leider sind die Ausführung, u des Abg. Bebel in keiner Weise beweiskräftig. Daß die Sozial demokratie als solche den Massenstreik verwirft, ist klar. Tatsache ist, daß zu einer Zeit, wo Deutschland und Frankreich sich in schwerster Lage befanden, die sozialdemokratische Partei durch diese Protestresolution die Stellung Deutschlands entschieden aufs schwerste gefährdet hat. (Lebhaftes Sehr richtig!) Jetzt ist es leicht, über den Redakteur Däumling den Stab zu brechen, der den Massen streik proklamiert hat. Vielfach wurde damals von der heran brechenden Morgenröte gesprochen. Selbstverständlich mußte in Jena diese Erklärung abgegeben werden. (Große Unruhe.) Sie haben den Glauben erweckt, daß das Proletariat in der Lage sei, einen Massenstreik zu inszenieren. (Große Unruhe und Lärm bei den Sozialdemokraten, Rufe: Das ist unwahr! Sie lügen!) Dr. Wiemer hatte vollkommen recht, zu sagen, daß durch diese Ver sammlungen dcr Friede gestört worden sei. Denn wenn die fran zösische Regierung auch so dumm wäre (Zuruf bei den Sozial demokraten: Wie Sie! Heiterkeit) und hätte den Versammlungen den hohen Wert betgemessen, den Sie ihnen beilegen, so würde sie vielleicht auf die Idee gekommen sein, daß tatsächlich im Falle eines Krieges Deutschland uneinig sei, und das wäre die beste Möglichkeit gewesen, den Krieg herbeizuführen. Für mich haben große Versammlungen nur den Wert von großen Prahlereien. Nachdem dec türklich-italicnische Krieg unter dem Jubel des ita lienischen Proletariats begonnen hat, muß ich über solche proleta rische Kundgebungen lachen. Die Rede des Staatssekretärs wird uns nicht davon überzeugen, daß tatsächlich in dcr Diplomatie alles in Ordnung ist. Wenn sich die Regierung von den Parteien abwendet, so wird es ihr vielleicht doch mal angenehm sein, wenn sie sich auf irgend eine Gruppe stützen könnte. Bei eurem Kampf zwischen Regierung und Parlament hat stets noch daS Parlament gesiegt. Wie steht es mit dem Empfang der Pressevertreter im Auswärtigen Amte? Eine Auskunft hierüber haben nur nicht be kommen. Eine gute auswärtige Politik kann nur getrieben wer den, wenn die Regierung daS Vertrauen dcr weitesten Kreise be sitzt Wenn dcr Marokkohandel den Erfolg hat, daß dies herbei« geführt wird, kann ick mich mit dem Abkommen in allen seinen Teilen befriedigt erklären. (Lebhafter Beifall links.) Staatssekretär v. Kiderlen-Wächter: ES ist wieder be hauptet worden, das Aus.vä^t'gc Amt habe Pressevertreter dahin instruiert, daß wir in Marokko Land erwerben wollten. Davon
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