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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 04.04.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188204047
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820404
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820404
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-04
- Tag1882-04-04
- Monat1882-04
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 04.04.1882
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Inserate werden bis Vormittags 11 Uhr angenom- - men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile D oder deren Raum 15 Pfennige. 34. Jahrgang Dienstag, den 4. April. Erscheint jeden Wochentag Abends S Uhr fiir den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mart 25 Pf., zweimonatlich 1 M. 50 Pf. u. eimnonatl. 75 Pf. M Tageblatt. Amtsblatt für die königliche» u»d städtischen Behörden zn Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur Julius Braun iu Freiberg. Lismarcks Rückzug. Der Abschluß der kirchenpolitischcn Debatten im preußi schen Abgeordnetenhause ruft in der Presse sehr gemischte Empfindungen hervor. Am meisten befriedigt zeigt sich die „Germania", die einen erfreulichen, hoffm ugsreichen Eindruck konstatirt. Die Freude ist ihr nicht zu verargen, denn ohne daß die Kurie nur die geringste Konzession ge macht, sind durch das bekannte Kompromiß des Zentrums, der Konservativen und der Polen alle Rechte des Staates preisgegeben worden. Selbst auf die Anzeigepflicht der Geistlichen hat die Regierung verzichtet und damit den Kernpunkt der Maigesetzgebung aufgegcbcn. Die Bischöfe können wieder zurückgeführt, der Eid kann denBisthums- verwcscrn erlassen und das Sperrgesetz aufgehoben werden. Das Kulturexamen und das Selbstbcstimmungsrecht der Gemeinden bezüglich der Wahl ihrer Pfarrer, also die wesentlichen Bestimmungen der Maigesctzgebung von 1873, fallen ganz weg. Diese Abänderungen in Verbindung mit den Vollmachten, welche sich die Regierung bezüglich ihres Dispensationsrcchtcs ausstellen läßt, und im Zusammen halt mit dem Begnadigungsrechte des Königs sind gleich bedeutend mit der Kapitulation des Staates, gleichbedeutend mit dem Bußgange nach Kanossa. Der Staat hat that- sächlich den Weg bereits betreten, den Herr v. Windthorst ihm angewiesen. Die peinliche Ucberraschung ist vollauf begreiflich, welche diese Erledigung der momentan wegen ihrer praktischen Bedeutung wichtigsten Frage der inneren Politik in allen liberalen Kreisen Deutschlands erzeugt. Fast zehn Jahre sind es nun, daß der Kulturkampf in Preußen und im deutschen Reiche begonnen. Mit ge rechtfertigter Spannung verfolgten alle liberalen Geister das großartig angelegte Unternehmen Deutschlands und seines führenden Staates, nach Niederwerfung des fran zösischen Erbfeindes auch die Macht der römischen Kurie, die mit ihren Glückwünschen hinter dem Angriffe des letzteren stand, zurückzuweisen und das Verhältniß zwischen Etaat und Kirche durch eine eigene souveräne Gesetzgebung zu regeln. Man konnte annehmen, daß die frischen Kräfte der wiedererstandcnen Nation und die diplomatische Kunst ihres ersten Staatsmannes einer Aufgabe gewachsen waren, an deren Lösung alle Staaten scheiterten, Frankreich viel leicht ausgenommen; zweimal hat dieses die Kurie gebeugt, einmal unter dem vierzehnten Ludwig, das andere Mal unter dem ersten Napoleon. Es besteht heute kein Zweifel darüber, daß Fürst Bismarck dies nicht vermocht hat. Betrachten wir nunmehr die Anzcigepflicht der Geist lichen etwas näher, welche wir oben den Kernpunkt der ganzen Maigesctzgebung nannten. Während die preußische Regierung und das gcsammte deutsche Volk eben um der Möglichkeit eines dauerhaften Friedens willen in dieser Hauptsache unbeugsam bleiben mußten, konnte in den Formen und äußerlichen Einzelheiten vielleicht Manches unbedenklich nachgegeben und gemildert werden. Nachdem der neue Papst Leo in einem Schreiben an den geflüch teten Erzbischof von Köln, Herrn Melchers, endlich aner kannt hatte, daß die „Anzeigepflicht" und also die sym bolische Wiederanerkennung des staatlichen Hoheitsrechtes auch über die katholischen Sakra kirchlicherseits zugelassen werden könne, wie sie ja vor Pius IX. beim deutschen Episkopat stets — theils in den landrechtlichen, theils am linken Rhein in den französischen Formen — längst in Aebung gewesen ist, da bewies auch alsbald der preußische Staat durch das Gesetz vom 14. Juli 1880 seinen ernsten Willen zu dem weitesten Entgegenkommen, obwohl das be gründete Zugeständniß des päpstlichen Schreibens durch Drehen und Deuteln des Zentrums und der Kurie in zwischen bereits theoretisch wieder bei Seite geschafft und praktisch nie ins Leben getreten war! Dieses staatliche Entgegenkommen hat freilich einige erfreuliche Konsequenzen gehabt, doch vielleicht auch die schlimme Folge, Hoffnungen )er Kurie und des Zentrums auf unmögliche weitere Zu geständnisse zu bestärken. Einige erledigte Bischofssitze sind wieder besetzt, aber die Anerkennung der Anzeigepflicht wurde bis heute verweigert. In diese peinliche Lage fiel die neue kirchenpolitische Vorlage. Dieselbe zielt wieder auf ein fortgesetztes ein seitiges Entgegenkommen des Staates. Da ist denn nun die selbstverständliche Stellung der besonnenen Mittel parteien folgende: man kann und soll die Geltung der 1880 genehmigten entgegenkommenden Schritte — obgleich grundsätzlich der diskretionäre Charakter der ertheilten Dispcnsationsvollmachten nicht zu billigen, sondern nur durch den Wunsch nach eiliger Abhilfe der Noth vieler gläubigen Katholiken zu entschuldigen ist — nochmals um eine kurz bemessene Frist erneuern und allenfalls auch die Dispcnsationsbefugnissc in Bezug auf weitere Bedingungen der Anstellungsfähigkeit für gleiche Frist noch ausdehnen, damit die wortbrüchigen Gegner sich nicht mit der Aus rede schützen können, es fehle ihnen an gesetzlich benenn baren Kandidaten für die verwaisten Aemtcr; aber es kann und darf nicht der ganze Kern der Maigesetzgebung für zu Unrecht bestehend erklärt und so der Bußgang nach Kanossa vollzogen werden! Nun, dieser Gang ist so gut wie vollzogen! Die Ucberraschung darüber ist eine um so größere, als man eher den Abbruch der Verhandlungen mit Rom und das Scheitern der Kirchenvorlage erwartet hätte. Die Extreme berühren sich, aber in der Kirchenpolitik sind sie allemal ein Fehler, wie die Geschichte des preußischen Kultur kampfes und sein Ende zur Evidenz klarstellt. Wir können nur völlig der „Köln. Ztg." bcistimmen, welche am Schluffe eines längeren Artikels sagt: „Für uns und alle Ge sinnungsgenossen bleibt nur der Trost, daß der mündigen Nation bald genug die Augen aufgchcn werden über die unseligen und friedlosen Folgen solcher schwachen Stunde ihrer Regierung und ihrer Vertreter, und daß sie recht bald sich ermannen und vermöge ihres unverlierbaren freien Gcsetzgebungsrechtes die deutsche Zivilisation und kirchliche Reformation von Neuem vertheidigcn und auch zum Siege führen werde. Den Kanzler aber, der 1873 die deutsche Fahne so kühn cmporhielt, auf so unrühm lichem Rückzüge zu sehen, muß alle seine aufrichtigen Ver ehrer innigst betrüben!" Und weshalb trat Fürst Bismarck diesen Rückzug an? Alle Welt glaubt, um sich dadurch eine Majorität für das Tabak Monopol zu sichern, denn die Allianz zwischen Zentrum, Konservativen und Polen hofft er, werde auch diesem Licblingsplane gegenüber sich bewähren. Schon die nächste Zeit wird lehren, ob diese Rechnung richtig ist. Tagesschau. Freiberg, 3. April. Auch das heutige „Montagsblatt" widmet dem Kom promiß über die kirchenpolitische Vorlage eine längere Abhandlung, worin es u. A. heißt: „Es ist anzunehmcn, daß nunmehr die Ansprüche der Kurie über kurz oder lang auf vollkommene Erfüllung zu rechnen haben, denn auf der schiefen Ebene der kirchenpolitischen Zugeständnisse v-m Seiten des Staates giebt cs für diesen kaum eine ernstliche Haltestation. Mag man nun aber diesen Kompromiß willkommen heißen oder ihn verabscheuen, das eine Gute hat er doch im Gefolge, daß er zeigt, wie auch die preu ßische Regierung, trotz ihrer oft wiederholten Behauptung des Gcgentheils, einer wirklich ausgesprochenen entschlossenen Parlamentsmehrhcit gegenüber einen faktischen Widerstand nicht festzuhaltcn vermag. Der Sieg, den die verbündeten Klerikalen, Konservativen und Polen über die bisherige Kirchenpolitik des Fürsten Bismarck erfochten haben, ist ein bedeutungsvoller Sieg des parlamentarischen Systems und ein neuer Beweis dafür, daß es lediglich in der Hand der Wähler liegt, die Regierung zu beeinflussen und in jene Bahnen zu zwängen, welche dem Willen der Mehryeit im Lande entsprechen. Für die bevorstehenden Wahlen gewiß ein beherzigenswerther Fingerzeig. Die nicht in Friedrichsruhe weilenden preußischen Minister, die noch jüngst als Stein des Anstoßes und Hindernisses für einen ehrlichen Friedensschluß mit Rom in allen Tonarten die „Polen" bezeichnet hatten, mußten nun einen Kompromiß über sich ergehen lassen, der ihnen lediglich mit Hilfe dieser perhorreszirten „Polen" aufgezwunqen zu werden vermochte, und so dürfte dem abwesenden Herrn und Meister des Ministerrathes auch kaum etwas Anderes übrig bleiben, als gleichfalls Ja und Amen zu diesem Friedensschlüsse von Kanossa zu sagen, über welchen im Vatikan natürlich die größestc Freude herrschen wird, Ob dadurch die Po sition des Herrn von Schlözer den Staatsmännern der Kurie gegenüber eine günstigere zu werden vermag, bleibe dahingestellt. Gewöhnlich aber kommt auch den vatikanischen Diplomaten der Appetit beim Essen, und so dürfte es diesmal wohl auch schwerlich eine andere Wendung nehmen." — Berliner Blätter berechnen, daß das Tabakmono pol im Bundcsrathe mit 36 gegen 22 Stimmen angenommen werden würde. Für dasselbe sollen angeblich stimmen wollen Preußen (17 Stimmen), Baiern (6 St.), Württemberg (4), Hessen (3), Mecklenburg-Schwerin (2), Mccklenburg-Strclitz, Anhalt, Schwarzburg-Rudolstadt und Waldeck (je eine Stimme). Die Stimme Waldecks wird bekanntlich von einem preußischen Beamten abgegeben. Jndcß giebt man zu, daß Hessen vielleicht gegen das Mo nopol stimme. — Der Landesdirektor der Provinz Sachsen, Graf Wintzingerode, wird mit einer großen Deputation Abgeordneter der sächsischen Städte am Montag Nachmit tag im Stadtschlossc zu Potsdam dem Prinzen und der Prinzessin Wilhelm das nachträgliche Hochzeitsgcschenk der Provinz Sachsen, einen silbernen Humpen nebst dazu ge hörigem in Eichenholz geschnitzten Kredcnztisch, überreichen. — Am 1. April wurde in Berlin die heraldische Ausstellung umer Thcilnahme zahlreicher Notabili- täten eröffnet und macht durch die große Zahl der von dem Königshause, den deutschen und fremden Fürsten, dem Adel, den Städten der Gelehrten und Instituten ausgestell ten Gegenstände einen glänzenden Eindruck. Eine landesherrliche Verordnung des Großherzogs von Baden setzt einen Landesgesundhcitsrath ein, um die Angelegenheiten des Medizinalwesens und die darauf be züglichen Gesetze und Verordnungen zu begutachten und Wünsche und Beschwerden zur Kenntniß des Ministeriums des Innern zu' bringen. — Der Direktor der Kunst gewerbeschule in Karlsruhe, Gustav Kachel, ist gestorben. Der Kaiser von Oesterreich eröffnete am Sonnabend die erste internationale Kunst-Ausstellung. Der Kaiser wurde bei seiner Ankunft von den versammelten Erzherzögen und dem Grafen Zichy empfangen. Außer dem waren anwesend der Erzbischof, Minister-Präsident Graf Taaffe und die Minister Conrad und Kalnoky, die Mitglieder des diplomatischen Korps, sowie die Vertreter der Aristokratie und der vornehmsten Kreise Wiens. Auf die Ansprache Zichy's, in welcher er für die Schenkung des Platzes für das Künstlerhaus dankte, erwiederte der Kaiser, es freue ihn, daß der Kunst eine neue Stätte ge schaffen werde und die Künstler zu edlem Wettstreit em- gcladen würden, bei welchem die vaterländische Kunst ge wiß einen hervorragenden Rang cinnehmen werde. Der Kaiser besichtigte sodann die Ausstellung. — Aus Süd- Dalmatien wird berichlet: Die Arbeiten schreiten rüstig vorwärts, der Straßenbau naht seiner Vollendung, das Kommunikations- und Fortifikationsnetz wird in der über raschend kurzen Frist von drei Wochen vollendet sein und über fast immer von Woltmkappcn bedeckte Felscngrate ziehen sich die Kolonnenwege, deren hellgelbe Zickzack linien sich auf meilenweit von dem dunkelgrauen verwit terten Karstgestein abhebcn. Ganze Bataillone von Straßenbauern, deren Mannschaft zumeist von den benach barten Kommunen gestellt wird, arbeiten unter Anweisung und Leitung von Geniesoldaten und Jnfanteriepionieren den ganzen Tag. Die Werke, die unser Genickorps dort oben errichtete und deren Stcinwälle von den Berggipfeln niederblickcn, sind auch bald fertiggestellt und die Kanonen werden schon demnächst in die Bettungen cingeführt. Das
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