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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.01.1860
- Erscheinungsdatum
- 1860-01-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-186001109
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18600110
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18600110
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1860
- Monat1860-01
- Tag1860-01-10
- Monat1860-01
- Jahr1860
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 10.01.1860
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Erscheint lebe« Wochentag * berechnet. .t,i- 7. gespalttüe Zeile oder i -> deren »Summw» Pf. . . ... ' ''r ... »'Nr/?.: Amtsblatt des Königl. Bezirksgerichts zu Freiberg, sowie der Königl. GerichtSamter und t - der StadtrLthe zu Fieiberg, Sayda ünd ° Brand. !»Atz Lagevlatt. »^Freiverger-NnzeigeWM. den bi» RachmMag» ^7 untk ' "k ' s Uhr für>ie»LchH.. . , erscheinende Nummer angenommen. -7' " Dienstag, den 10. Januar. 1880. Zur Charakteristik vergangener Zeiten. 4) Pit Stahn im Matter der 30Migt« Krieg«.*) Wir machten schon früher in unseren Charakteristiken vergan gener Zeiten die Bemerkung, daß die Mode das Aushängeschild deS Zeitgeistes genannt zu werden verdiene. Alle Kulturvölker aber kennen auf diesem Gebiete ein Geschlecht, das nie ausstirbt, unver wundbar gegen alle Giftpfeile de- Witzes und der Verspottung ist; es ist das Geschlecht der Stutzer. Athen und Rom kannte sie und die Komiker deS TbeaterS, wie die Verse der Satyriker be gossen sie mit der Lauche ihres Spottes, aber vergebens. Die Deutschen haben gleich den übrigen Kulturnationen des neueren Europa'- dieselbe Erfahrung gemacht. Betrachten wir uns einmal den Stutzer derjenigen deutschen Generation, die nur das Ge tümmel deö Krieges, aber die Sonne des Friedens nicht sah, der Generation deS 30jährigen Krieges. Der Stutzer jener Zeit, Uousienr k la wolle genannt**), verschmähte, um mit dem Haupt haar zu beginnen, die geregelte Zierlichkeit desselben und suchte vielmehr mit besonderer Kunst sich den Schein genialliederlicher Nachlässigkeit zu geben. Darum sehen wir auf Bildern sein Haar langzottig, struppig und wüst am Gesicht herunter fallen. Schwarz mußte eS sein, wenn er den Damen gefallen wollte, weil diese da mals keine andere Farbe des Haares liebten. Hatte die Natur unglücklicherweise ihm diesen Vorzug versagt, so half er durch Farbe und Bleikämme nach und streute Pulver ins Haar. Auch die Augen brauen und den Bart färbte er schwarz. Der Zopf, dessen bei diesen Herren ü la wolle öfters Erwähnung geschieht, hing nicht hinten im Nacken, wie sein berühmter Nachfolger im 18. Jahrhundert: beide haben nichts miteinander gemein. Der Zopf des 30jährigen Krieges war rein stutzerischer Tracht, wenn auch die höchsten Häuser eS nicht verschmähten sich damit zu schmücken: eS waren ein Paar zusammeugeflochtene Locken, die vorn an der einen Seite des Gesichts rechts oder links vom Ohre herunterhingen***) oder auch wohl an beiden Seiten und am unteren Ende, welches auf Schulter und Brust herabzureichen pflegte, einen kleine» Schmuck, eine große Perle, einen Edelstein, eine Schleife oder dergleichen trugen.****) Dem Stutzer war das wohl ein theureS Andenken seiner Dame, „Favor" oder „Faveur" genannt. Während aber das Haupthaar von dem Stutzer fast vernachlässigt ward, erfuhr sein Bart die aufmerksamste und liebevollste Pflege und Wartung. Die Wangen wurden jeden Morgen glatt rasirt, aber den Kinnbart ließ er an schmaler Stelle wachsen, so lang er wollte, und klebte ihn zusammen in eine lange seine Spitze. Auch an den Schnurrbart legte er das *) Wir folgen hier den neuesten kulturhistorischen Forschungen, wie sie vorzüglich durch das Nürnberger Museum möglich geworden sind. Außer dem liegen vor uns einige alte satprische Lieder, die man als Quelle» be trachten darf, die wir spater, wenn die geehrte Redaction damit einverstanden ist, hier mitthcilen werden. **) Die Helden der Zeit, wie z. B. Bernhard von Weimar, trugen ge locktes Haar über die Schultern hängend, doch fanden sich auch Männer selbst Heroisieren Alter» „mit ZLuftch, Bändeln, Ringlein u. a. weibl. Phantasien '.' Der Magistrat von Straßburg erließ dagegen eine polizeiliche Verordnung. ***) Da« war fo ganz neu nicht, wie eS auSsiehti die alten 8«naobarden gingen da» Haar so, daher die grausigen Schilderungen italienischer Chronisten Mon diesen Barbaren.' Der König von Dänemark Christian lt. und sein Sohn Friedrich Ul. trugen solche Zöpfe, al» sie in Deutschland bei ihre« Krieg»h«re sich befanden. Messer nicht, sondern Farbe, Pech und da- heiße. Eisen streift und dreht ihn über den Mundwickeln auswärts, so daß die Spitzen nach den Augen zu stehen. Das der ist allgemeine Typus, dessen un bestrittene Herrschaft so ziemlich in die erste Hälfte deS 17. Jahr hunderts fällt. Aber gegen den AuSgang des 30jährigen Kriege» kamen mancherlei Abweichungen vor, die alle darauf biyau-lausen, den Bart noch , weiter zu verkleinern und namentlich vom Kinn ganz zu entfernen. Ein Satyriker*) jener Zeit schildert die stutzerischen Spielarten in folgender Weise: „Da deine Vorfahren e» für die größte Zierde gehalten haben, so st« einen rechtschaffenen Bart hatten, so wollet ihr den.wälschen unbeständigen Narren nach alle Monat, alle Wochen eure Bärte beropfen und bescheeren, bestümmeln, be« stutzen, ja alle Tage und Morgen mit Eisen und Feuer peinigen, foltern und marteln, ziehen und zerren lassen? Jetzt wie ein Zirkel- Bärtel, jetzt wie ein Schnecken-Bärtel, bald ein Jungfraueu-Bärtel, ein Teller-Bärtel, ein Spitz-Bärtel, ein Maikäfer-Bärtel, ein Enten« wädele, ein Schmal-Bärtel, ein- Zucker-Bärtel > ein Türkisch-Bärtel, ein Spanisch-Bärtel, ein Italienisch-Bärtel, ein SonntagS-Bärtel, ein Oster-Bärtel, ein Lill-Bärtel, ein Spill-Bärtel, ein Drill-Bärtel, ein Schmutz-Bärtel, ein Stutz-Bärtel, ein Trutz-Bärtel. Nun ist eure meiste Sorge, sobald ihr Morgens ausgestanden, wie ihr den Bart rüsten und zuschneiden möget. O ihr Weiber-Mäuler, Ihr unhärige! In den Löffeljahren geht ihr zu zapfen, zu trillen, zu ropfen, bis die Gauchshaar**) herauswollen; und wenn, ihr durch Gunst der Natur dieselhige endlich erlangt habt, so wißt ihr ihnen nicht Marter genug, bis ihr sie wieder vertreibet!-Ihr Bart-Schin der! Ihr Bart-Schneider! Ihr Bart-Stutzer! Ihr Bart-Zwacker! Ihr Bart-Folterer! Ihr Bart-Wipperer! Ihr Bart-Marteln! Ihr Bart-Peiniger! Ihr Bart-Abtreiber! Ihr falsche Bart-Münzer! Ihr Bart-Verderber! Ihr Bart-Narren! Jhp Bart-Mörder!" Doch vergebens schwang der Satyriker seine Geißel. — Das groteskeste Stück der männlichen Tracht war in jenem Zeitalter der Hut: er hatte große breite Krämpe und war schlaff: das war den htessieurs ü la wolle gerade recht. Nachgiebig wie dieser Hut war machten sie mit ihm waS sie wollten. Der Kopf erhöhte sich bald zuckerhutförmig, bald stieg er wieder zu bescheidener .Niedrigkeit herab; der Rand dehnte sich ellenbreit aus, daß er wie ein Schirmdach den ganzen Mann bedeckte; nach hinten fiel eine ungemessene Feder über den Rücken, nicht selten bis zur Kniekehle herab. In dieser Gestalt nannte ihn der Stutzer „Respondent", denn er mußte nun allen Launen und Stimmungen seines Träger» Ivie eine Wetterfahne „entsprechen". Vorne über die Stirne herein gedrückt mit seitwärts ansgeschlagener Krämpe saß er rcnommistisch herausfordernd. War er zurnckgeschlagen und die Krämpe erhoben über die Stirn, so verkündete er heiteres Wetter und gute Laune, das Gesicht war offen, die Stirn frei, während die Augen sonnig und heiter leuchteten. Aber die höchste Trauer war eingezogen, Trübsal und Schwermuth, Geldmangel, Unglück in der Liebe, wenn er über Auge und Stirn hereingevrückt und der Rand, sogar ohne Feder, allseitig heruntergelassen war. So fänden Stolz und Nieder- *) Michael Mosch-rosch (geb. ttüv -f 1SSS) in stimm «-rühmten Wert- „Pytlanöer von Siitenwald . > ** ) Gauch b-deMet in der Sprache deS Mittelalters einen Narren, da«--,di- berühmte Saty« „die Gauchmat' von Lhoma» Murner (sieb. 147« s 1LZ7) die Narrenwiest bedeutet. .
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