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Der sächsische Erzähler : 19.05.1883
- Erscheinungsdatum
- 1883-05-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735960349-188305195
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735960349-18830519
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735960349-18830519
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDer sächsische Erzähler
- Jahr1883
- Monat1883-05
- Tag1883-05-19
- Monat1883-05
- Jahr1883
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 19.05.1883
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20. Sonnabend, dm IS. Mai. 1883. Aelletrißische Anlage zum sächsischen Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Ln Gold vergraben! Novelle von r. 8. Unter den vielen fürstlichen Landsitzen, welche sich zur Zeit unserer Erzählung gleich einem Blumen gürtel um die Südseite der Stadt Hartem schlangen, war van Geldern'« vielleicht der prächtigste; denn van Geldern entsprach seinem Namen und war bis nuf eine einzige Persönlichkeit der reichste Mann in der Provinz Nordhollavd. Im Weichbilde der Stadt klapperten über hundert Leinwaodmaschinen in seinen riesigen Fabriketablifsement«; außerhalb Hat! em« erblickte da» Auge aber meilenlange Rasenplätze, welche mit den blendendsten Weißwaaren Gedeckt waren. Und all diese Herrlichkeit gehörte von Geldern, dem unermeßlich reichen van Geldern, welcher erster Senator der Stadt und Provinzial rath war, ein Mann vor welchem — mit Ausnahme eine« Einzigen — Alle ehrerbietigst den Hut abnahmen. Der Mangel an Ehrerbietung seitens dieses Einzigen ärgerte van Geldern sindeß weit mehr, al« die übertriebenen unterthäoigen Begrüßungen der Uebrigen ihn erfreuten. Ban Geldern war jedoch nicht nur Fabrikbesitzer And Kaufmann, sondern gleichzeitig auch HandelS- gärtner; letztere Branche betrieb er aber, wie Alle», was er anfing, nach einem so großartigen Maßstabe, daß er füglich „Blumenfabrikant" hätte genannt werden können. Da, wo die Bleiche aufhörte, fingen die Tulpenbeete zu duften an und e» herrschte im Frühjahr ein solcher Farbenglanz von allen erdenk lichen edeln Zierpflanzen, daß da» Herz eines jeden Vorübergehenden sich an dem Anblick erfreuen mußte. Auch das Herz des van Geldern hüpfte vor Freude, zwar weit weniger über den lieblichen Duft und das feine Farbenspiel, als über den Klang der vollwichtigen holländischen Ducaten, die dieser Blumengarten ihm einbrachte; denn damals ging man nicht zum ersten besten Gärtner, um eine aus erlesene Tulpenzwiebel für einige Mark zu kaufen, — nein, man mußte einen weit gewichtigeren Griff in den Geldbeutel thun, dafern man .etwas recht Schönes" haben wollte. Heutzutage erscheinen un« diese Preise wie Wahnsinn, und doch sind dieselben vollkommen historisch. Derzeit herrschte nämlich eine Manie, eine förmliche Wuth nach seltenen und „curiosen" Tulpen, und man speculirte eben so ver bissen in „Zwiebeln/ wie man jetzt an der Fonds börse in „Papieren" macht. Tulpeavarietätev, die man häufig nicht einmal besaß, wurden im Vorau» verkauft und war e» für die Verkäufer eherne Nothwendigkeit, die bedungenen Partien zur festge setzten Zeit zu liefern, wollte man nicht eine eben falls voraus stipulirte hohe Mulet bezahlen. Da durch wurden die Preise auf eine so fabelhafte Weise in die Höhe geschraubt, daß man für eine — Semper Augustus — 13,000 und für drei zusammen gewachsene Zwiebeln gar 30,000 Gulden bezahlte. Fürwahr, das waren Coojunctureo für einen tüchtigen Geschäftsmann, und van Geldern verstand e», wie kein Zweiter, aus denselben Nutzen »u ziehen. Die wirklich feinen Sorten oder — die Prinzen, — wie van Geldern dieselben zu nennen beliebte, wurden indeß in den gewöhnlichen Beeten auf dem freien Felde nicht gepflanzt. Gleichwie Prinzen ihre Paläste und ihre abgesonderten Zirkel haben, wozu den gewöhnlichen Sterblichen der Zutritt ein für allemal verwehrt ist, hatten diese prachtvollen Blumen auch ihren höchsteigenen Palast und dieser war ein mit verschwenderischem Luxus ausgestattetes Gewächshaus in van Geldern'« Privatgarten. Letzterer erstreckle sich in gerader Richtung von seinem Landsitze bis an den Harlemer Hafen, welcher damals seine Wogen schäumend bi« hart an den breiten Felsendamm hinan peitschte, von welchem von Geldern eine bezaubernde Aussicht genoß, wenn die sogenannten Blumenprammen daselbst ihre kost bare Ladung einnahmen. Dieser Garten war van Geldern« Stolz und wenn fremde Reisende zur Stadt kamen, wurde ihnen derselbe wie eine Nothwendigkeit vom alten Diestler gezeigt, welcher seit langen Jahren van Geldern- verantwortlicher Obergärtner war. Und Diestler war auch kein Führer, wie man sie zu Dutzenden vorfindet, sondern vielmehr ein hervor ragende» Genie, wenn er auf seinen krummen Beinen und mit der großen Hornbrille auf seiner spitzen Nase durch die sich schlängelnden Pfade und Beete de« Riesengartens sich fortbewegte. An jeden Baum, an jede Zierpflanze wußte er eine Erzählung zu knüpfen, die mit Vorliebe ihren Ursprung in den mystischen Wäldern Ceylons oder Sumatra» nahm und unfehlbar mit dem Preise endete, welchen van Geldern seiner Zeit dafür bezahlt hatte. Don jeder seinen Tulpe wußte Diestler auf'« Genaueste anzu geben, wie viel Exemplare von denselben existirten, welche Könige und Fürsten van Gelbem mit ihre« Aufträgen in Bezug auf diese Blume beehrt hätten, und darauf folgte der Preis, welcher für den alten Diestler den eigentlichen Duft bildete. Wollten wir annähernd die Summen nennen, welche fürstliche Personen und reiche Privatleute derzeit an eine Unzige Modetulpe wandten, würde«, wie bereit«
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