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Sächsische Volkszeitung : 06.12.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190612062
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19061206
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19061206
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsische Volkszeitung
- Jahr1906
- Monat1906-12
- Tag1906-12-06
- Monat1906-12
- Jahr1906
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- Sächsische Volkszeitung : 06.12.1906
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-r«»eint täglich nachm, mit Ausnahme der Sonn- und Festtage. «r»»aspreiS» Viertels, t .« 50 4 (ohne Bestellgeld), für Oester- reichii»L5i>. Beia.a.Poslanstnlteill.ijeitungspreisiisteNr.8858. Einzelnummer 10 Pf. — RcdartionS-Sprechstunde: LI—IS Uhr. Inserate werden die 6 gespalt. Petitzeile od. deren Raum mit 16 F, Rellamen mit »o 4 die Zeile berechn., b. Wiederh. bedeut. Rabatt. Buchdruikcrei, Redaktion und wcschäftSstelle: Dresden, Pillaiher Strafte 4L. — Fenisprecher Nr. 1308. r Boigt—ein Lpfer der staatlichen Ordnung. Den verbrecherischen Streich des Schuhmachers Wilhelm Borgt. der sich in Köpenick als „Hauptinaiin" ausnab, hat das Gericht mit vier Jahren Gefängnis geahndet. Ter St-zatSamvalt hatte fünf Jahre Zuchthaus beantragt. Aber der Gerichtshof stellte sich auf den Standpunkt, daß lner mildernde Umstäirde einzutreten liaben, weil Voigt tat sächlich ein Opfers der Verhältnisse und der bestehenden staatlicheir Ordnung geworden sei. Die Gerichtsverhandlung ergab scl-were Anklagen gegen den Rechtsstaat, in dem wir leben. Gewiß war Voigt eine ver brecherisch veranlagte Natur. Seit dem 14. Lebensjahre bat er 27 Jahre Zuchthaus abzusitzen gehabt, freilich be- lxurptet er fest, daß er davon 15 Jahre unschuldig gesessen habe. Slber er Uxir kein unverbesserlicher Verbrecher. Die Beweise hierfür gab er »röhrend seiner Gefaugeu- ichaft. wo seine Führung korrekt nxir, das hat er nament lich in Wismar gezeigt, wo seine Ausführung tadellos war. nachdem der Anstaltsgeistliche des Zuchthauses Nawitsch ihm te: dem Hofschuhmachermeister Hilbrecht Arbeit verscl>afft batte', es wurde ihm von diesem das beste Leumundszeug nis ausgestellt, ja, er zeichnete ihn sogar durch familiären Verkehr aus, trotzdem er Voigts Zuchthausstrafen genau kannte. Und Hilbrecht hob den alten Verbrecher empor zu einem anständigen Menschen, indem er in ihm Vertrauen iur menschlichen Gesellscl>ast erweckte. Aber Voigt stand unter Polizeiaufsicht. Was das heißt nach unseren jetzigen Gesetzen, mußte der alte Mann erfah ren. Die Polizei ließ ihn in Wismar nicht in Ruhe. Sie verfolgte ihn von Ort zu Ort, überall mit seiner Aus- nnüsnng vorgeheud, bis es ihm gelang, in der Großstadt Berlin der lästigen Verfolgung der Polizei zu entrinnen. So lange er ordentlich werden wollte, machte mau ihm das unmöglich und als er anfing, wieder verbrecherische Wege zu gehen, vermochte die Polizei dies nicht zu hindern. Ist es nicht, als ob die Polizeiaufsicht den Verbrecher nur wenig au der Ausübung weiterer Untaten hindern kann? Die Polizeibehörde ging bei seiner Ausweisung unge setzlich vor. Tie Ausweisung darf nur aus einzelnen be stimmten Olsten erfolgen — die Polizei wies ihn einfach ans ganz Mecklenburg aus. Die Polizeiaufsicht hat nach 8 31) des Strafgesetzbuches die Wirkung, daß 1) dem dazu Ver urteilten der Aufentlxüt au einzelnen bestimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde unterlagt werden kann, daß 2) die höhere Landespolizeibehörde befugt ist, den Ausländer aus dem Bundesgebiet zu verweisen, und daß 3) Haussn ch u n g e n keiner Beschränkung unterlie gen hinsichtlich der Zeit, zu welcher sie stattsinden dürfen. Dcrfenige also, welcher gerichtlich mit der Strafe der Poli zeiaufsicht belegt ist, untersteht keineswegs einer ständigeil Aufsicht der Polizei. Sie wird wohl ein sclwrfes Augenmerk auf solche Personen richten, sie kann sich aber diese Arbeit erleichtern, indem sie diese einfach ausweist — so machte man es in Mecklenburg mit Voigt und wies ihn im summa rischen Verfahren aus dein ganzen Lande ans. So wurde Voigt, der ehrliche Arbeit gefunden batte, ge nötigt, abermals sich weiter zu flüchten, lim einen Hafen zu finden, wo er ruhig arbeiten könne: am liebsten wäre er ins Ausland gegangen, aber Ivo sollte er den Paß hernehmen? Das sind Anklagen gegen die staatliche Ordnung. Aber auch gegen die Preußische Justiz wurde im Verlaufe des Ver- üörs noch eine schwerere Anklage erhoben. Voigt lvar vom Landgerichte zu Gneseu zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Er wurde in halbstündiger Verkiaildlung zu dieser höchsten zeitlichen Zuchthausstrafe verurteilt, trotzdem von den sechs geladenen Zeugen keiner vernommen worden lvar. „Das Urteil ist tatsächlich anfechtbar gewesen," erklärte der Vorsitzende des Gerichtshofes in Moabit, aber dem Voigt wurde die Gelegenheit abgeschnitten, die Revision anzumel den und alle seine Bemühungen um Wiederaufnahme des Verfahrens sind vergeblich gewesen. Dabei kömmt noch in Betracht, daß Voigt seiner Angabe nach wegen seines Ein bruchs als Kulisse dienen mußte, um das Fehlen unter schlagener Gelder und einer Uhr zu verschleiern — eine Be hauptung. die wohl einer näheren Untersuchung wert wäre, wenngleich inzwischen die strafrechtliche Verjährung für die betreffenden Schuldigen eingetreten ist. So kam es, daß das Gericht in Moabit zu der Ueber- zeugung kam, Voigt sei ein „Opfer der Verhältnisse und der bestehenden staatlichen Ordnung" geworden. Wir wollen l>eute keineslvegs der Anslwbung der Polizeiaufsicht daS Wort reden. Aber es ist eine Ausgestaltung der Institution anzustreben: nämlich eine Uebernahme der Polizeiaufsicht dlrrch Fürsorgcorgane, wie dies in 8 0 der Preußischen Mi- nisterialinstruktion vom 30. Juni 1900 angeregt ist. Diele Fürsorge wird nur da wirksam werden, nw man Inspektoren im Hauptamte anstcllt, wie solches vom Berliner Verein zur Besserung der Strafgefangenen bereits vor Jahren an geregt wurde. Denn für solch schwieriges Amt sind nicht freiwillige Kräfte zu gewinnen. Nur eine Tätigkeit in, Hauptamte verspricht Erfolg. Das System der Abschiebung sollte so selten als möglich gegenüber Inländern angetvan-1 »verden. Der Grund, damit den Ort von Verbrechern rein zu halten, ist nicht stichhaltig. Zunächst ist derjenige, welcher seine Strafe abgebüßt hat, kein Verbrecher mehr, sondern kehrt in die menschliche Gesellschaft zurück. Freilich muß unterschieden werden zwischen solchen, die das tun wollen, und solchen, deren verbrecherischer Trieb darauf geht, unser - Rechtsordnung von neuem zu durchbrechen. Dergleichen Leute aus dem Zuchthause entlassen, heißt, sie auf die Ge sellschaft loslassen. Diese Kreise sind es, die alle Entlasse- nenpflege zu einem so furchtbar fcl)weren Amt machen. Aber jene, die sich bessern, darf man nicht grundlos ausweisen, weil sie doch wieder nur anderswohin ziehen. In geregelten Verhältnissen sind die ehemaligen Zucht häusler oft sehr besserungsfähig: man stoße sie znnäclfft nicht ins lxuste Leben hinaus, sondern gewähre ihnen Zeit, sich an die Freiheit in Kolonien zu gewöhnen, wo sie all mählich erzogen werden, gegen Trunk und Verbrechen sich zu stählen. Wir fühlen für Voigt keine anderen Shmpathien, als jene, daß, wenn er wirklich ein „Opfer der Verhältnisse und der staatlichen Ordnung" gervorden ist, er christliche Nachsicht verdient hat. Sein Prozeß ist aber daun eine Anklage gegen -Polizei und Justiz. Deutscher Reichstag. k. Berlin. 133 Stvung am 4 Dezember 1806. Aus der Tagesordnung steht die Kolonialdebatle Abg Rören (Zentr.) erklärt, daß über die Angelegenheit Wistuba und die Verhandlune.cn der Mission in der Fraktion nicht verhandelt worden sei. Im Falle Wistuba habe ich erst eingegriffen, als mich Dr. Stübel erjuchte meinen wirkungsvollen Einfluß auf Wistuba gellend zu macken. (Hört!) Reichskanzler Fürst Bülow billigt die Art des Auftretens des KolonialdirekiorS. Unter meiner formalen Vertretung haben sich manche Mißstände eingeschlichen, ich habe einen zweimaligen Wechsel herbeigeführt und eine Untersuchungs-Kommission eingesetzt. Da hätte ich gewünscht, daß der Abg. Rören nicht Einzelrälle vor- gebrachl hätte, sondern »vre der Abg. Eczbergec sein Material über geben häne. (Beifall.) Helfen Sie uns mit, daß die Kolonien einer besser n Zukunft eatgeaengehcn. (Schall.) kbg. Werner (llnts.): Wenn wir in den Kolonien ein brauchbares, seiner Ausgabe gewachsenes Beamtenpersonal haben, werden wir auch einen wirlschastiichen Aufschwung derselben er leben. Die Kolonialpolllik sei auf die Grundsätze des Christentums zu stützen. eibg Müller-Meiningen (Freist Volksp.) spricht dem Herrn Präsidenten und Bureaudirektor seinen Dank aus sür die energische Wahrung der Jmmunilätsrechte der Abgeordneten. Hat die gestrige Debatte eine politisch Bedeutung? Ich glaube kaum. Besonder« nicht die Erklärung des Abg. Rören. So leicht kommt kein Minister durch wie der Reichskanzler. Die volle Freiheit der Revgions- übung anerkennen wir, aber eine Unterstützung der Missionen wollen wir nicht. Neue Enthüllungen strhen bevor. Ohne eine parlamentarische Untersuchung kommen wir nicht vorwärts. Es ist dringend nötig, den Kolonien klares Recht zu verschaffen und diese schändliche Prügelstrafe zu beseitigen. Der Kolonialdirektor habe jüngst den Satz gesprochen: für die Kolonien ist der beste Charakter gerade gut genug. Aber dieser Satz soll auch praktisch beachtet werden. Gegen den Reichskanzler bleibt der Vorwurf in Krait, den das Sprüchwort enlträll: Tie kleinen Diebe hängt man und die großen läßt man lauten. Wenn er eine Politik der Gerechüg- k,it verfolgt, dann hat er unsere Zustimmung, wenn nicht, dann nicht, i Beifall links.) Abg. Bebel (Sc>;d.): Der Abgeordnete Rören hat sich einer Leisctrclcrei schuldig gemacht. DaS wäre mir nie passiert. Redner behandelt eingeheno den Fall Pöplau. Das Vertuschnngs- system wirkt demoralisierend auf die gesamte Beamtenschaft. Wer Peters verteidigt, ist ichlimmcr als dieser; Herr Dr. Arndt, wenn Sie an eine Hölle glauben, müssen Sie mindestens 10 000 Jahre in der Hölle braten. (Stürmische Heiterkeit > Diese Sorte von Menschen wollen Swatsstützcn sein. (Vizepräsident Graf Stol- bcrg rügt den Ausdruck „Sorte".) Abg. Erzberger (Zentr.) will sich über die Verletzung der Immunität nicht näher anssprcchcn, da dieser Gegenstand noch später zur eingehcnddn Verhandlnng gelangen werde. Auch nach seinem gestrigen Auftreten halte er den Kolonialdirektor für einen intelligenten Mann. Aber gewundert habe ihn, das; der Kolonial« direktör kein Wort habe erklären lassen über die Sewing, welche die Negierung in Bezug auf die Prügelstralc entnehme: im Namen des Christentums und der Menschlichkeit fordere er die volle Be seitigung der Prügelstrafe. Dagegen habe der Direktor den Streitpunkt über die Kolonien auf einen ganz anderen Gegenstand verschoben. Er hat dem Abg. Rören Vorwürfe darüber gemacht, das; er sich angelegen sein ließ, Mißstände in den Kolonien zu be heben. Die Unterredungen des Abgeordnete» Rören waren private und vertrauliche und erfolgten ohne Wissen und Mitwirken der Fraktion. Auff«llcnd sei, daß derartige Unterredungen zum Gegen stand der Verhandlung in diesem hohen Hause gemacht werde»; das werde die Folge haben, daß kein Abgeordneter mehr auf ver traulichem Wege Mißstände zur Sprache bringe. In der Presse herrsche die Ansicht, als ob die angebliche Erklärung des Abg. Rören, das Zentrum werde keine Mittel für Kolonialzwecke be willigen. wenn ein anhängiger Disziplinarfall nicht ini Sinne des Beschwerdeführers cntsckiedcn werde, eidlich bekräftigt worden sei Das sei vollständig unrichtig. Eine solche Erklärung habe Rören überhaupt nicht abgegeben, am allerwenigsten in eidlicher Aussage. Rören hat lediglich in seiner Privatperson der Mission in Togo beigestanden: er hat sich nicht eingcmischt tu schwebende Prozeßsachen. Stübel hat an Rören geschrieben, er möge seinen wirkungsvollen E-nfluß auf Wistuba geltend machen, damit lrtz- tercr sich beruhige. Warum hat Rören nach 2 Jahren erst den Gegenstand im Plenum zur Sprache gebracht? ES geschah dies, weil die mit Stübel vereiubarten Punktationen nicht vollzogen worden sind. Nicht Rören ist hiernach bloßgestcllt worden, son dern der frühere Kolonialdirektor und jetzige Gesandte Stübel in Chrisliania. Der Kolonialdirektor will zwar die Verantwortlichkeit für die Vergangenheit ablehnen, allein diese Verantwortlichkeit kann doch nur erlöschen unter der Voraussetzung, daß den begrün deten Beschwerden Abhilfe geleistet werde. Wir wollen der Kolonial- vcrwaltung zur Prüfung des Beschwerdematcrials Zeit lassen, aber wenn die Pausicrung vollzogen ist, dann soll R medur geschaffen werden, wo solche sich als Bedürfnis hcrauSstcllt. Auch gegen Pöplau sei Unrecht geschehen, welches gesühnt werden sollte. Die Religionsfreiheit sei vom Zentrum schon im Jahre I8W für die Schutzgebiete gefordert worden. Im Mai 1003 beschäftigte sich eine Subkommission der Budgetkommission mit der Frage der Entlassung von Trupven in Südwestafrika nach der Heimat. Geheiinrat Heilung erklärte ihm (dem Redner), das; er den PeterS- freundcn geopfert worden sei. Redner polemisiert gegen Bebel und erklärt, daß die Missionen in erster Reihe ihre Beschwerden der Verwaltung vortragen sollen. Aber wte.ist cS ihnen ergangen? Sie sind vom Herrn Reichskanzler im Reichstage angegriffen worden, ohne daß sie vom Abg. Bebel in Schutz genommen wurden. Abg. Bebel habe ihm daraus einen Vorwurf gemacht, daß er dem Kolonialdirektor Vertrauen entgegenbringe. Nachdem die Verträge mit Tippelskirch gekündigt seien, also eine wesentliche Beschwerde gehoben sei. so sehe er nicht ein. weshalb er dem Kolonialdirektor nicht Vertrauen entgegrnbringcn soll. Wir sind weder eine prinzipielle Oppositionspartei noch eine Regierung«» Partei, wir sind eine unabhängige Partei, auf christliche Grund sätze aufgebaui. Zwei Grundsätze leiten uns bei der Kolonial- politik: das Christentum und die Rücksicht auf die finanzielle Leistungsfähigkeit des Vaterlandes. Die Unzulänglichkeit der Finanzen gebietet, die in de» Kolonien entbehrlichen Truppen zurückzuziehen. (Bravo!) Kolonialdirektor Dcrnburg: Die Akten seien ihm so vor- gelegt worden, wie sie sich seither gestaltet haben. Aufgabe der Nolonialverwaltnng sei die wirtschaftliche und kulturelle Hebung der Kolonien und dieser Aufgabe werde er nach besten Kräften Nachkommen. Abg. v Kardvrff (Rpt.) verteidigt sich im Falle PeterS. Ein Schlußanlrag wird angenommen Die Vorlage geht an die Budgelkommission. Nächste Sitzung morgen l Uhr. Poleninter pellation. Politische Rundschau Dresden, den b. Dezember 1906. — Tie Taufe deS hessische» Thronfolgers fand am 4. d. M. im Neuen Palais zu Darmstadt statt. Paten stellen haben Kaiser Wilhelm, der Zar und der König von England angenommen. Kaiser Wilhelm ließ sich durch den Prinzen Eitel Friedrich, der Zar durch den hiesigen russischen Gesandten v. Donber, König Eduard durch den Herzog v. Teck vertreten. — Der Vertreter der Braunschweigischen Neuesten Nachrichten, der am Montag am Hofe des Herzogs von Eumbcrland empfangen wurde, hat seinem Blatte über die Unterredung folgende Mitteilungen gemacht: Herzog Ernst August hält nach wie vor fest an den« unantastbaren Thron recht seines jüngsten Sohnes des Prinzen Ernst August. Nach der Auffassung der Umgebung des Herzogs sei eS Pflicht der braunschweigischen Negierung, die Thronfolge- fragc unter allen Umständen vor das Forum des Bundes rates zu bringen. Weiter wird der Voss. Ztg. ans Brann- schweig gemeldet, nach einer sicheren Nachricht aus Penzig habe sich der Herzog von Cnmberland entschieden geweigert, auf Hannover zu verzichten. Er lehne auch die Inanspruch nahme des Bundesrates bestimmt ab. — Dem Reichstage ist der Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung der Generalakte der Internationalen Kon ferenz von Algeciras vom 7. April 1900 zugegangen. — Nach Beendigung der Kolonialdebatten wird die Interpellation über den polnischen Religionsunterricht an die Reihe kommen. Ferner sollen in dieser Woche die Marokkovorlage, die Jmmunitätsanträge und die dritte Lesung kleinerer Vorlagen erledigt werden. Für die Inter pellation über die Fleischteuerung ist ein Tag noch nicht festgesetzt. Was die Börsengesetznovelle betrifft, so wird angenommen, daß ihre Beratung vor Weihnachten nicht mehr beginnt. Dagegen sollen die Nachtragsetats für Südwestafrika noch vor Beginn der Ferien zu Ende geführt »verden. — Der „Berl. Lok.-Anz." schreibt zur Erzbischofswahl in Griksen-Poskn: „In den Kreisen der Domherren isr Stimmung dafür vorbanden, als Nachfolger StablewSkiS den Prof. Kioske. Regens des Priesterseminars und geist lichen Rat in Gnesen, zu wählen. KloSke ist Deutscher und spricht gut polnisch." — Tie letzte Bischofskonferenz hat außer dem Hirten briefe auch ein Pastoralschrcibcn an den Klerus beschlossen. Es richtet sich unter Bezugnahme auf die bekannte Enzy klika PiuS X. an die italienischen Bischöfe gegen die mo dernen Tendenzen des Reformismus. Wie schon in einem Hirtenschrciben des Prager Erzbischofs gesagt wurde, wird auch hier betont, daß jeder, der reformieren wolle, bei sich zuerst beginnen möge. Weiter wird dein Klerus der Unter richt der Jugend besonders ans Herz gelegt und ein eifriges Studium der sozialen Frage empfohlen. Es möge dahin gewirkt »verden. daß sich die Gegensätze zwischen Arm und Reich nicht weiter verschärften. — Bei der Stichwahl im dritten Berliner Landtags wahlkreise erhielt Miillcr-Saagu (frels.Volksp.) 1370 Stimmen und Lcdebour 1108 Stimmen. Müller-Sagan ist somit gewählt. — Zu dem Zeuginszwangsvrrsahrcn gegen rin Mit glied des Meininger Landtagrs schreibt der Betroffene, Herr Abgeordneter Arthur Hofmann, daß gegen ihn das Zeug» niszy'angsverfahreii nicht deshalb dnrchgeführt worden sei, »veil er sich in seinen Darlegungen in; Landtage auf eine anonyme Petition stützte. Vielmehr sollte seine Vernehmung als Zeuge deshalb erfolgen, »veil die Staatsamvaltschaft fol gerte, daß der Gewährsmann Hofmanns, der »hm die Unter lage zu einer im Landtage vorgebrachten Vescffn>erde über Mißstände an einem Gymnasium lieferte, dieselbe Person sein könnte, welche kurz vor Schluß deS Landtages eine die schwersten Beleidigungen gegen eine Anzahl Lehrpersonen an jenem Gymnasium enthaltende anonyme Petition an den Landtag richtete. — Gegen den Zcntrumsabgeordnrtcn GirSberts be ginnt in einem Teile der rechtsstehenden Presse eine scharfe Hetze, die jeder Sachlicl>eit entbehrt. Tie twn vielen Blät tern abgedrnckte „Antisoz. Korresp." schreibt unter anderem über ihn: „Herr Giesberts redet gegen die Sozialdemokra tie als eil» bürgertickier Politiker und im besonderen wie ein ZentrnmSinann. um darauf auznkiindigen, wie ein Sozial demokrat lxmdeln zu wollen. In» Historischen und Hinnn- lischen ist dieser Arbeiterführer Christ und Monarchist, im rein Irdischen und Praktischen Sozialist. Jnsotveit nun.
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