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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188212093
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821209
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821209
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-12
- Tag1882-12-09
- Monat1882-12
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 09.12.1882
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Amtsblatt für die königliche» md -Mische» Behörde» z» Freiberg Md Braud. BenNtlMrtlichar Rrdakw« 2>li>« «<»> di Freiberg. > SL. Ach,,«,,. , — —, > -^286., I S»mabc>i>? da 9. Dtzmber. I 11882^ Der Reichstag und die Steuerfrage. 8.-6. Der wieder versammelte deutsche Reichstag wird wie seine Vorgänger und wie der jetzt noch neben ihm tagende preußische Landtag das alte Thema von den Steuern vor dem deutschen Volke immer wieder von Neuem behandeln. Das Steuersystem der Einzelstaaten hängt mit dem des Reichs eng zusammen, je nachdem man verlangt, daß das Reich seine Ausgaben aus eigenen Reichssteuern oder aus Beiträgen der Einzelstaaten bestreite. Geht man noch weiter und will man sogar die speziellen Lasten der Einzelstaaten auch mit Hilfe von Reichssteuern decken helfen, so kann auch das Steuerwcsen der Einzelstaaten völlig umgewandelt werden. Die Ansichten in der Steuerfrage stehen sich noch immer schroff gegenüber. Bis vor wenigen Jahren wurde von der Mehrzahl der Volkswirthe und Sozialpolitiker mehr das direkte Steuersystem empfohlen und verlangt, daß das Loos der ärmeren Klassen durch Aufhebung oder Erniedrigung der Zölle und Abgaben von unentbehrlichen Unterhaltsmitteln und durch höhere Belastung der Be sitzenden mit Hilfe von Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuern erleichtert werde. In neuester Zeit ist dagegen mehr das indirekte Steuersystem in den Vorder grund getreten, um das Reich in Betreff seiner Einnahmen auf eigene Füße zu stellen und von den Zuschüssen der Einzelstaaten unabhängig zu machen. Auch die Anhänger des direkten Steuersystems leugnen nicht, daß gewisse indirekte Reichssteuern, namentlich die Zucker- und Brannt weinsteuern, noch einer erheblichen Erhöhung fähig seien, und nach jahrelangen vergeblichen Kämpfen um das Tabak monopol scheint man immcrmehr zur höheren Heranziehung des Zuckers und Branntweins gedrängt zu werden. Vom Standpunkte aller Derer, welche die friedliche Lösung der sozialen Fragen für die Hauptaufgabe der Gegenwart halten, muß wiederholt daran erinnert werden, daß die Besitzenden noch ganz anders als bisher durch direkte Steuern zur Erleichterung der unteren Volks- klafsen beitragen müssen. Früher sprachen wir nur von einer Steuerlast, ebenso wie wir von Militärlast, Schul last, Berficherungslast sprachen. Allmählich gewöhnen wir uns daran, von einer Steuer Pflicht ebenso wie von einer Militärpflicht, Schulpflicht, Bersicherungspflicht rc. zu sprechen. Die Besitzenden müssen mit der sozialen Reform und mit dem Beispiele eines weiseren Verbrauchs der ihnen so oft ohne eigenes Verdienst anvertrauten Güter bei sich anfangen und sich noch weit größere Opfer für die Ge- sammtheit freiwillig auferlegen oder von dem vor zugsweise unter ihrer Verwaltung stehenden Staate auf- erlegen lassen. Koblesso odligv. Das beste Mütel zur Heranziehung der besitzenden Klaffen zur Bestreitung der Staatsausgaben bleiben aber die Einkommensteuern, welche mit Hilfe der Selbstschätzung und der Verallge meinerung der gerichtlichen Inventarisation bei Todes fällen, Vie ja bei dem Vorhandensein unmündiger Kinder jetzt schon überall stattfindet, noch sehr viel gerechter ver anlagt werden könnten. Die schweizerischen Kantone bieten in Betreff der Aus bildung des direkten Steuersystems das lehrreichste und vielseitigste Material, da dort das sogenannte fundirte Einkommen und Vermögen schon viel mehr als das wech selnde Einkommen aus Arbeit zur Tragung der Staats lasten herangezogen wird. Unter den deutschen Staaten hat namentlich das Königreich Sachsen sein Einkommen steuerwesen, namentlich die Sclbsteinschätzung, in den letzten Jahren immer rationeller gestaltet. Die Reichsregierung hat mit der Forderung statistischer Unterlagen für ihre sozialpolitischen Pläne eine Bahn beschritten, auf welcher die Verbesserung der Arbeitsverhält- niffe zwar vielleicht etwas langsamer, aber dafür auch mit größerer Sicherheit durchgcführt werden kann. Durch die in neuester Zeit von der Reichsregierung selbst betonte Vorsicht und Berücksichtigung der individuellen, lokalen und provinziellen Verhältnisse scheint wieder ein neuer Boden für eine allseitige Verständigung der verschiedenen Parteien gewonnen zu werden. Möchte dieser Weg auch in Betreff der brennenden Steuerfrage beschritten werden! Tagesschau. Freiberg, den 8. Dezember. Fürst Bismarck ließ gestern wegen wieder eingctretener neuralgischer Leiden im deutschen Reichstage vergeblich auf sich wartm, wiewohl ein zahlreiches Publikum auf den Tribünen sich cingefundcn, um den Kanzler in der Budgetdebatte zu hören. Nachdem das Laus die Novelle zum Beamtenpensionsgcsctze nach längerer Diskussion einer 14gliedrigen Kommission zur Borberathung übergeben hatte, begann die erste Losung des Etats ode: vielmehr der beiden Etats pro 1883/84 und 1884/85 Schatzsckretär Burchard leitete die Debatte mit einem längeren Resums ein. Der Redner betonte die Mißstände, die aus dem Nebeneinandertagen von Reichs und Land tag sich Jahr für Jahr ergeben und zur Einführung doppelter Elatspcrioden nothnendig führen müssen. Der Feststellung zweijähriger Etats stehen weder technische noch BerfassungSbedenken entgegen, weshalb er vom Reichstage ebenso die unbefangene Prüfung und Annahme der Vor lagen erwarte, wie es seitens des Bundesraths bereits geschehen sei. Die allgemeine Finanzlage bezeichnet der Schatzsekretär im weiteren Fortgang seiner Rede als ver- hältnißmäßig günstig. Der Etat des laufenden Jahres schließt mit einem Uebcrschuß von 25 Millionen ab, wo von 10 Millionen in den neuen Etat eingestellt sind. Wenn er die Einnahmen oder Ausgaben des abgelaufenen Rech nungsjahres in Betracht ziehe, so könne er sich dahin rcsumiren, daß die Ausgaben innerhalb der veranschlagten Grenzen sich bewegt, und daß die Einnahmen durchweg ein günstiges Resultat ergeben haben. Steigerungen haben sich ergeben bei der Branntwein- und Brausteuer. Zurück geblieben ist nur die Spiclkarten-Stcmpelsteuer. Die Zölle haben mit einem Ausfall von 7 Millionen abgeschlossen. Derselbe erklärt sich daraus, daß die Eratsansätzc etwas zu hoch gegriffen worden sind. Die TabakSstcuer hat mit einem Plus von 2 Millionen abgeschlossen. Auf das laufende Etatsjahr übergehend, bemerkt Redner, daß das rechnungsmäßige Ergebniß selbstverständlich noch nicht voc- licgen kann, bei allen wichtigen Positionen würde das Er gebniß voraussichtlich die veranschlagte Summe erreichen höchstens könne es sich um einige wenige Millionen han deln. Nach dem Stande vom 1. Oktober d. I werde sich voraussichtlich ein Uebcrschuß von 2 400 000 Naik für das laufende Jahr ergeben. Mehreinnahmen stellen sich fast bei allen Berwaltungszweigen heraus. Diesen Mehrein nahmen steht gegenüber eine Mindereinnahme von über 8 Millionen Mark und zwar fast ausschließlich bei der Rübenzuckersteuer, bei welcher der Ausfall fast 6 »Millionen beträgt. Das ist eine Erscheinung, die ernste Erwägungen herausfordert. Der Voranschlag des Etats beruhe in Bezug auf diese Steuer auf ziemlich zuverlässiger Grund lage. Dabei sei noch zu erwägen, daß die letzte Kampagne für die Rübenzuckerfabrikation eine ganz außerordentlich günstige war, und die Exportprämie auf den Steuererlrag durchaus einflußlos gewesen sei. Die verbündeten Regie rungen würden nicht unterlassen, in Erwägung zu ziehen, welche Mittel anzuwenden seien, um hier Abhilfe zu schaffen. Die Aeußerungen der Bundesregierungen seien jetzt vollzählig eingegangen. Das Resultat dieses Mate rials werde jetzt zusammengestellt und es würden auf Grund deffelben Vorschläge wegen Aenderung der Rüben- zuckcrstcuer unterbreitet werden. Redner geht sodann noch auf die vorliegenden Etats im Detail ein und bittet zum Schluß nochmals dringend, den Vorschlag der Regierung wcgen der zweijährigen BuDgels in ernste Erwägung zu ziehen. _ (»Beifall rechts.) — Abg. Rickert bekämpft mit großer Entschiedcnhen den Vorschlag der Regierung, gleichzeitig die Etats für zwei Jahre im voraus festzustcllen. Um der Vereinfach ung der Geschäfte halber werde das deutsche Volk nicht eines seiner wichtigsten Rechte aufgcben. Dem Vorschläge stehe aber unzweifelhaft die Bestimmung des Artikel'6S der Verfassung entgegen, über welche der Herr Schatz sekretär leichten Herzens hinweg gegangen sei. Er glaube, daß die Vertreter der Bundesregierungen auch nicht ein mal den Versuch machen werden, die doppelte Vorlegung des Etats gegen Art. 69 der Verfassung zu rechtferttgea. Ebensogut könne man auch gleich einen Etat auf 5 Jahre vorlegen. Auch Art. 71 und 72 der Verfassung wider streiten dem Verfahren und man muffe den Worten dieser beiden Artikel Gewalt ant hun, wenn man dieselben in der Weise interpretiren wollte »Mit dieser Logik werde man bei den Wählern sowohl Preußens als auch Deutschlands entschieden auf »Widerspruch stoßen. Auch das Gesetz über die Reichsbank gehe von der jährlichen Festsetzung des Etats aus. Redner geht auf die Verhandlungen genauer ein, welche bei der Berathung der Verfassung gepflogen wurden. Er richtet an die Vertreter der Staatsrcgicrung die Frage, worin der Bortheil dec Finanzverwaltung beruhe, der ihr durch den Doppcletat erwachsen solle. Zeitersparnis sei es nicht. Der Etat pro 1884 85 sei nichts weiter, als eine kalkulatorische Fiktion. Für die Einzelregierungen ist es aber von der allerhöchsten Wichtigkeit, daß die Reichsetats nicht Fiktionen, sondern Etats der »Wirklichkeit sind. Wir können uns auf diese »Probe nicht einlaffen, die ein V rsuch ist, die wichtigste »Bestimmung der Ver fassung zu umgehen und zu beseitigen. »Wir (die Linke) beantragen deshalh, diejenigen Theile des Etats pro 1883/84, welche seither immer der Kommission überwiesen, auch diesmal an die Budgetkommission zu verweisen, die übrigen Theile aber ürit dem Etat pro 1884/85 und das Anleihegcsetz im Plenum zu berachcn. Zu den Spezialitäten des Emts übergehend, dcduzirt Redner aus den Positionen des Etats heraus, daß das »Vertrauen zur Wirlhschafts« refocm in denselben nicht zum Ausdruck gekommen. Redner versucht dies aus den einzelnen »Positionen nachzuweisen, welche die Einnahmen in sehr bescheidenem »Maße ver anschlagen, nicht in der Höhe, die man von den sanguini schen Erwartungen, die man von der neuen Steuerpolitik hege, hätte erwarten sollen. »Man fordere jetzt wieder neue Zölle für Holz, während man andere Steuern, wie z B. die Rübenzuckersteuer, die vergrößert werden könnte, übersteht. Der Etat könnte um mindestens 9 »Millionen in den Einnahmen aus den Zöllen und »Verbrauchssteuern erhöht werden. Wenn man die Ansätze ansteht, welche man aus der Börsensteuer erwartet, so ist es allerdings komisch, auf wie geringe Erfolge man von diesen mit so großem Eklat in Szene gesetzten Steuern sich Rechnung macht. Er wünscht ferner, daß die 750000 Mark Zinsen aus dem Retchstagsbaufonds in den Etat ausgenommen werden, da in diesem Jahre die Arbeiten noch nicht so weit vorschreiten würden, um diesen Fonds zu absorbiren- Er glaubt, daß es gelingen werde, den Etat zur »Balance zu dringen. Wenn es auch schwer ist, dies bei dem Etat 1883/84 herbeizuführen, wo man mit gegebenen Verhältnissen rechnen könnte, so sei dies doch erst recht unmöglich mit einem Etat, für welchen gar kein Anhalt vorliege, wie dies bei dem Etat pro 1884/85 der Fall sei. Wir müssen mit den kostbaren Ausgaben, namentlich mit denen für »Bauten, aufhöcen, müssen Ec- sparnnisse zu machen suchen. Die nothwendige Konsequenz der neuen Steuerpolitik sei die rücksichtslose Beschränkung der Ausgaben. Will der Reichstag Hunderte von »Millionen neuer Steuern bewilligen, üver die chm jede Kontrole ent zogen werden soll? Es ist die Pflicht des Reichstages, von der Reichsregierung zu verlangen, daß sie die Mittel nachwcist, aus denen sie das Zukunftsdefizit von 3 bis 400 Millionen decken will. Der Reichstag muß den Etat nicht vom kalkulatorischen, sondern vom allgemeinen politisch- finanziellen Standpunkte beurtheilcn. Eine Regierung kann nicht auf die Dauer regieren, wenn sie sich nicht in Uebereinstimmung mit dem »Willen des Volkes befindet. Die Liberalen streben kein parlamentarisches »Partei Regiment an in dem Sinne, daß der Kaiser aus der »Majorität immer die Minister nehmen solle, aber sie verlangen, daß die Re« qierung dem klar erkannten MajoritätSwillen der Nation sih beuge. So nehme die Linke die Situation, wie sie Durch die Neuwahlen zum Abgeordnetenhaus«: geschaffen worven, willig hin, und sie werde abwarten, was die kon servativ klerikale Mehrheit leiste. »Aber sie fordere anDrer- scits von den Konservativen, Daß auch sie, wenn einmal eine unzweischaft liberale Mehcyeit vorhanden ist und namentlich, wenn ein liberales Ministerium an der Spitze der Geschäfte stehen wird, den veränderten »Verhältnissen »Rech nung trage und nicht alsdann Stützpunkte ^ihrer Macht
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