de» 11. Fetmar. Aelletrisiische Aeilage zum sächsischen Erzähler. L87I. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. Ern sächsischer Wachtmeister. Zeitbild au- der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts. Bon E. Gottwald. (Fortsetzung.) Das ist der Fluch unserer Knechtschaft, daß die Mächtigen dieses Landes schänden und entehren dÜrfey alles, was uns heilig, sprach Ben Jochai Witz zu sich selbst. — Und was wurde aus Esther? Nachdem sechs Monden verflossen, fuhr mit dumpfer kaum vernehmbarer Stimme der Falken- wirth fort, und ich Gewißheit erhalten durch Be stechung der Leibeigenen des Starosten, daß Esther nicht mehr auf dem Schlosse der Jungfrauenräuber sei, da fand man, ohnweit Sandomir von den Fluthen her Weichsel ausgeworfen ihren Leichnam, denn die Verzweiflung hatte die Unglückliche getrieben, ihr Wen im kühlen Wassergrabe zu enden, und ihre Schande zu verbergen den Blicken ihres Volkes. Der Falkenwirth schwieg hier, durch die Er innerung an das Gräßlichste, was ihn betroffen, tief erschöpft und drückte die Hand fest auf seine Stirn, dann fuhr er mit finsterer Kälte in Blick und Stimme fort: Aber die Rache bleibt nicht aus und Jehova zählt die Thränen des Schmerzes im Thale Josaphat, und LiliS, die Nachtfrau, hat diese verfluchten Gojims Zy meine Hände gegeben. Der Vater ist in seinen Sünden dahin gefahren, aber der Sohn ist unter den Verschwornen und schon erschienen, ohne zu ahnen, daß er unter dessen Dache ist, dem er ge mordet den Frieden seiner Seele. — P In diesem Augenblicke traten die beiden Knechte des Juden ein. Sind die Mägde im sichern Verschluß des Keller gewölbes? frug der Wirth den ersten desselben. Schon seit drei Stunden, entgegnete Jener. Sind die Eisenstangen vor Laden und Thüre gelegt, ohne Geräusch, ftug er den Zweiten. Soeben, entgegnete der Gefragte. Dann ist's Zeit Ben Jochai, daß ich gehe; in wenigen Minuten wird verloren sein die Rotte Kohran, in deren Mitte der Mörder der Unschuld der Jungfrau, die ich heim führen wollte als ein treues Weib, rief jetzt der Falkenwirth und stand rasch auf. Bleibt hier, Ben Jochai. Dieß Zimmer wird verschlossen und ihr habt nichts zu fürchten. Mit diesen Worten verließ er nebst den Knechten die WirthSstube und eilte über den Hof dem Hinter gebäude zu, in dessen entlegenstem Zimmer die Ber- schwornen sich versammelt, und links und rechtsum ihn her tauchten die riesigen Gestalten der Grena diere im Dunkel der Nacht aus ihren Schlupfwinkel hervortretend auf und geräuschlos dem Wirth folgend, bis dieser die Thüre eines finstern Ganges öffnete, an dessen Ende ein schwacher Lichtschimmer das Ge mach bezeichnete, in welchem die Verschworenen sich befanden. Ein Schlag an den Thorweg des Hauses, der durch die Stille der Nacht weit hin im Innern des Gasthofes zu hören war, und nach welchem gleich auch die Glocken der Thürme Warschaus die zehnte Stunde verkündeten, zeigte die Ankunft des CapitänS Menzel an. Endlich, rief der Wirth zitternd vor Erwartung und Rachgier, und der tactmäßig feste Schritt sich rings um den Gasthof aufstellender Truppen wurde hörbar. Im Zimmer der Verschwornen hatte man jedoch von allen diesen für dieselben so Verderben bringenden Vorkehrungen keine Ahnung, denn der wieder stärker niederströmende Regen von Sturmgeheul begleitet, der an die Fenster des Gemachs anschlug, welches nach dem Garten zu lag, ließ von dem, was in den Räumen des vordern Hauses und auf der Straße vorging, nichts vernehmbar werden. Aber mit dem Schlage zehn Uhr erhoben sich auch die Versammelten, und der Vorsitzende detselben, Graf Sapieha, rief, indem er einen vollen Becher ergriff: Zum Abschied denn noch einmal laßt uns Vie Hände reichen und die Pocale leeren auf LeS- zczynskh's Wohl und Sachsens Untergang, aus Treue bis in den Tod! Vivat 8tani8lausl.68202yn8itV, rereat^U8U8tu8l tönte es aus Aller Mund und die Becher erklangen im Kreise umher. Und nun laßt uns aufbrechen, fuhr Sapieha fort: Ihr entfernt Euch, wie wir gekommen durch den Garten, denn ob auch der übermüthige Satrap des Sachsenkönigs, Gras Flemming, nicht ahnen mag, wie nahe ihm das Verderben, so ist Vorsicht um so nöthiger, da leider früher als wir es ge wünscht, der Aufruhr in den Provimen losgebrochen,