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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 07.12.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-12-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188212073
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18821207
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18821207
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-12
- Tag1882-12-07
- Monat1882-12
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 07.12.1882
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t»n s. s««f- TivoliS, hveirer-, 7 Mack, lpotheke. >uch- und wähl. und Tageblatt. AmtMM für die Mglicheu und städtischen Behördm zu Freiderg nnd Brand, venmttnrtlicha Redakte« Julix« »ran« ix Freiberg. - > > - 34. Jahr,«»,. — A/» M I «rjchmn jtd«»ochm«g»d«d«a shr ptr den I Inserate werden bi» »«mntt-g» 11 Uhr angenom- ! ^284., Domcrst-a, dm 7. Dezember. f 1882«. »fehle ich >k. 1. 50. 2'2b' 3.-. 3. 50. 2.50. 2. 75. - 6. -. k. 1. 50. t: 1. 50. 2.—. 1.80. 2.50. -.2.25 1.75. 2.50. 1.80. 1.60. 2.-. 1. 5L u und gut« 3. 4.50. 6.—. ! XX» sitz: 1.—. 0.25. >90' le in Aus dem täglichen Leben. Ein betrübender Fall ereignete sich kürzlich in Berlin. Dort wurde ein junger Gelehrter vor Gericht gestellt, weil er mehrere Bücher, die er bei einer Buchhandlung behufs Herstellung wissenschaftlicher Arbeiten auf Abonne ment entliehen, zum Antiquar gebracht hatte. Er sagte aus, nur aus Noth habe er zu diesem Mittel gegriffen, da ihm seine schriftstellerische Thätigkeit kein genügendes Einkommen verschaffe. Also wieder ein Schriftsteller! In Leipzig erschoß sich voriges Jahr ein junger Gelehrter, der eben falls schriftstellerte, aus demselben Grunde. Das sind nur zwei Beispiele des schriftstellerischen Elends; man könnte sie aber in's Hundertfache vervielfältigen. Der Grund dafür besteht darin, daß zuviclc unberufene junge Männer unter die Schriftsteller gehen. Das Fach ist überfüllt wie kein anderes. Es ist ein ungewisses, tückisches Meer voll Klippen und Untiefen, über dem zwar eine schöne §u.ta wvrxznit schwebt, die aber die allermeisten betrügt. Das Schlimmste aber ist, daß gerade Diejenigen, welche sich auf gediegene Arbeiten verlegen, am schlechtesten weg kommen, denn das Gediegene hat ein gar kleines Publikum. Ein ebenfalls überfülltes Fach ist das juristische. Man wird mit der Annahme kaum fehlgreiken, daß die Juristen nach bestandener Staatsprüfung > durchschnittlich vier Jahre auf Anstellung warten müssen. Was bleibt da Vielen übrig, als unter die Schriftsteller zu gehen! Glaubt sich doch Heutezutage Jeder, der mit der Feder umgehen kann, zur Schriftstellerei berufen, obgleich sic mehr Geist und Talent erfordert, als jeder andere Beruf. Aui anderen Gebieten des sozialen Lebens treten ähnliche Erscheinungen zu Tage. Der Zug unserer Zeit geht eben dahin, das tägliche Brot leicht zu verdienen, d. h. mit dem geringsten Aufwand von Arbeit möglichst angenehm zu leben. Wer mit den nöthigen materiellen und intellektuellen Kräften ausgerüstet ist, mag bei diesem Bestreben rcüssiren, jedoch nicht immer. Auch große Vermögen gehen zur Neige und Gcistestalente schaffen nur dann Brot, wenn man sie richtig verwerthet. Millionen aber gehen in dem Bestreben zu Grunde, ohne angestrengte Geistcs- und Handarbeit leben zu können. Es ist aber ein unab änderliches Naturgesetz, daß zur Erhaltung einer gewissen Anzahl von Menschen eine verhältnißmäßige Summe von Arbeit geleistet werden muß. Wenn alle Nationen wie die Juden Handel trieben, wäre bald nichts mehr zum Handel da. Es gehört zur natürlichen Weltordnung, daß nicht alle Menschen die Erde bebauen; es geht aber gegen alle Ordnung, wenn Diejenigen sich der Handarbeit ent ziehen, welche ohne dieselbe nicht leben können. In unseren Tagen ist aber die Arbeitsscheu epidemisch geworden; das Müjsiggehen gehört leider sehr häufig zum sogenannten guten Ton. Je anstrengender die Arbeit ist, desto mehr wird sie verabscheut. Sehen wir uns einmal die jüngere Generation in unseren Städten an. Knaben, welche einige Jahre höhere Schulanstalten besucht haben, empfinden einen wahren Schrecken vor anstrengender Arbeit. Die Zumuthung, das in der Schule Erlernte beim Pfluge, im Stalle, bei der rauchenden Esse oder an der Werkbank zur praktischen Anwendung zu bringen, erscheint ihnen als eine Art Degradation. Nur das Komptoir kann ihre Vornehmheit befriedigen. Einerlei, wie es mit den ökonomischen Hilfs mitteln und der geistigen Befähigung steht, man wird Kaufmann, Burcauarbeiter oder Kommis. Eher leiden die Burschen Hunger, als daß sie nach dem Hammer oder der Schaufel greifen. Es gibt eine Unmasse stellenloser Kommis und Kopisten, die ein Leben voll Sorge und Entbehrungen führen, dabei aber zu stolz sind, in ihrer ländlichen Heimath eine untergeordnete, aber sichere Stellung einzunehmenj Noch größer ist das Kontingent des weiblichen glänzen den Elends. Es giebt zahlreiche Töchter höherer und mittlerer Stände, die zwar ein wenig Französisch parliren und das Klavier bearbeiten können, es aber für eine Schande halten, irgend eine gröbere häusliche Arbeit, wie Kochen und Waschen, zuverrichtcn. Sie leiden lieber Noth und Hunger, als daß sie ihren bornirten Hochmuth ab legen oder auf ihren Modeputz verzichten. Jedes Ansinnen, eine nothwendige häusliche Arbeit zu thun, weisen sie mit Entrüstung zurück, darben aber dabei, nur um ihrem aner zogenen Dünkel stöhnen und der Welt Sand in die Augen streuen zu können. Auch unter dem städtischen weiblichen Arbcitcrstande ist leider die Putz- und Modcsucht sehr zu Hause. Ein un kundiger Sohn des Landes muß, wenn er an einem Sonn tage in die Stadt kommt, zu dem Glauben verleitet werden, daß da lauter reiche Frauenspersonen zu Hause seien. Fabrikarbeiterinnen entfalten einen Kleiderluxus, wie es die wohlhabendsten Bauers- oder Handwerkers- frauen auf dem Lande nicht vermögen. Weniger nobel sicht es aber im Sparkassenbüchlein, im Schlafzimmer und im Kopfe dieser Damen aus. Das Sparbüchlein tragen sic in Gestalt von allerlei Bändern und Spitzen am Leibe; das elegante Portemonnaie hat ein eigenes Fach für Pfandhausschcine, im DachkämmerFtin liegt Alles un ordentlich und verwahrlost da, das Bett und die Leinwand sind schlecht und im Kopfe steckt jedenfalls das Gehcimniß nicht, wie man eine Suppe kocht, einen Boden scheuert und zerrissene Strümpfe ausbesscrt. Nur das weiß die „Dame", daß sie in einem Geschäft arbeitet und daher besser und nobler als eine Küchenmagd, auch viel gescheidtcr als die auf dem Felde schaffende Tochter des Landes ist. Armer Mann, der du diese „noble Dame" zur Frau bekommst! Tagesschau. Freiberg, den 6. Dezember. Schon ost haben wir darauf hingewiesen, daß das Partciwcscn im politischen Leben Deutschlands überwuchere und deshalb die einzelnen Parteien ost zu wenig den neuen Aufgaben gerecht werden, die für das Reich noch zu lösen sind. Glücklicher Weise sind jetzt aber auch mehrere Anzeichen vorhanden, daß die alten aus den poli tischen Sturm- und Drangjahrcn herrührenden Partei gegensätze ihre Kraft und Schärfe verloren haben und die Ucberzeugung in immer weitere Kreise dringt, daß jede Partei vor ihrer besonderen Aufgabe zunächst zu einer praktischen und nationalen Politik im Interesse des ganzen Volkes verpflichtet ist. Im Grunde genommen sollte ja auch schon der Patriotismus und das politische Gerech tigkeitsgefühl jeder Partei dieses erste Zugeständniß an das Vaterland und an das Gemeinwohl adnöthiqen, denn wie die Dinge nun einmal bei uns in Deutschland liegen, ist für absehbare Zeilen doch keine Aussicht vorhanden, daß eine der bestehenden Parteien eine sichere parlamentarische Mehrheit bilden kann. Wohin soll da das starre Fest halten am Parteiprogramm führen, wenn keine Partei Aussicht hat, ihr Programm vollständig durchführen zu können? Thatsächlich stehen daher die alten Parteien Deutschlands vor neuen Aufgaben und nicht nur erleuch tete 'Männer, sondern auch das Volk hat dies begriffen. So ficlcn die letzten preußischen Landtagswahlcn trotz der Siegesgcwißhcit der Fortschrittspartei konservativ und regierungsfreundlich aus, weil das Volk der Parteizwistc müde ist und eine mehr sachliche Politik verlangt und Zersetzungen, die in den Parteien selbst stattfindcn, weisen auch darauf hin, daß man auch innerhalb der Parteien diesen politischen Drang der Gegenwart begriffen hat und demgemäß die Richtung des Steuerruders ändern will oder auch früher schon geändert hat. So löste sich von den Konservativen die frcikonservalive oder Reichs- Partei los, weil sie über die konservativen Prinzipien bas Wohl des Reichs stellte und vor allem danach ihre Politik einrichten wollte und neuerdings hieß cs, daß in den Reihen der Deutschkonservativen Neigung vor handen fei, eine deutsche Nationalpartei zu bilden- Aehn- lichen Erwägungen wie die Freikonservativen folgend, bildeten sich aus der alten liberalen Partei auch die Nationalliberalcn, von denen allerdings vor zwei Jahren die Sezessionisten wieder nach links abschwenktcn.Aber wie richtig die von uns wiederholt vertretene Anschauung über die allmähliche Umbildung der Parteien ist, ^beweist die Zersetzung, welche seit einigen Wochen auch in der Fortschrittspartei, die lange Zeit das Banner des Radi kalismus und schroffer Opposition hochgehalten hatte, cingctretcn ist. Ein sehr namhafter Theil der Fortschrittler hat sich von ihrem gewaltigen Führer im Streite, Herrn Eugen Richter, losgesagt und strebt eine Einigung mit den Sezessionisten und Nationalliberalcn an, für das preußische Abgeordnetenhaus hat sogar Herr Richter die Führerschaft der Fortschrittspartei niederlegen müssen, während er sie für den Reichstag noch behauptet hat. Die scharfe Opposition, die R'chter seinen Anhängern gegen jede andere Partei lehrte, hat sich nun einmal aus den Reihen der Genossen gegen Richter- selbst gewandt, weil seine Oppositionspolitlk bei den Wahlen Fiasko ge macht hatte. Die alten Parteien sind eben vor neue Aufgaben gestellt und das dauernde Ver schließen vor denselben muß ihnen Verhängniß voll werden. — Im deutschen Reichstage fand gestern die erste Berathung des Antrages Philipps, betreffend die Ent schädigung unschuldig Vcrurcheilter, statt- Abg. Philipps giebt eine Uebersicht über zahlreiche, nachher reklifizirte Verurlheilungen Unschuldiger unter Betonung des sozialen und pekuniären Schadens der dadurch Berurthcilten. Die juristische Seite der Sache möge zweifelhaft scheinen, aber das Volk verstehe es nicht, wenn ein Staat, der die Fürs sorge für die wirthschaftlich Schwachen auf seine Fahne geschrieben habe, gerade die davon ausnchmen wolle, die er selbst ins Unglück gestürzt, mit seiner Justiz vergewaltigt habe. Der Antrag stelle die Bewilligung der Eatschädl- gung dem Richler anheim und beseitige damit das Bedenken, daß Gauner um einer Entschädigung Willen ihre Vcrurtheilung hcrbcisühren. — Staatssekretär Schelling giebt zu, daß man der Tendenz des Antrages sympathisch gcgenüberstehen könne, aber der kühle Kopf des Gesetzgebers bezweifle die Ausführbarkeit, weil die Voraussetzungen der Entschädigung nicht genügend greifbar festzustcllen seien. Die bloße Freisprechung nach Wieder aufnahme des Verfahrens sei keinesfalls schon ausreichend, darauf würde die Regierung nun und nimmermehr ein- gehen- Die Freisprechung bedeute nicht den Beweis der Nichtschuld, sondern nur den Beweis, daß die Schuld nicht bewiesen werden könnte. Wie die Regierung keine Mittel habe, Geständnisse der Angeklagten zu veranlassen, so wolle sie auch keine Mittel gewähren, die es den Angeklagten vielleicht zur Zeit Vortheilhaft erscheinen lasse, nicht zu gestehen. — Abg. v. Reichensperger spricht für die Entschädigungspflicht des Staates vom Standpunkte der Billigkeit und des praktischen Christenthums. — Staatssekretär Schelling betont, daß sür die Stellung der Regierung zu dem Antrag keines wegs finanzielle Gesichtspunkte maßgebend seien. — Abg. Petersen (Senats-Präsident beim Oberlandesgericht zu Kolmar) erörtert juristisch die technischen Schwierigkeiten des Antrages und beantragt selbst, eine Kommission von 14 Mitgliedern für diesen Antrag zu ernennen, der ihm in vielen Stücken sympathisch sei. Die Kommission müsse den annehmbaren Theil herausschälen. Im nämlichen Sinne äußert sich Abg. Staatsanwalt Hartmann. Abg. Schriftsteller Frohme will das Prinzip der Entschädigung in allen Konsequenzen durchgeführt wissen; er wird wegen Schmähung der Gerichte und der Polizei zweimal zur Ordnung gerufen. — Abg. Rechtsanwalt Scllo empfiehlt die Kommissionsberathung, ebenso Abg. v. Czarlinski. Das Haus verwies den Antrag an eine Kommission von 14 Mitgliedern, und erledigte hierauf mehrere Rechnungs vorlagen. — Die nächste Sitzung findet am Donnerstag statt. Tagesordnung: Etat. Der Festsetzung der Tages ordnung ging eine Geschäftsdebatle voraus, wonach die Reichsregierung Werth auf die ununterbrochene Fortsetzung der Reichstagsvcrhandlungen legt, und eine Vertagung bis zum Februar nicht beabsichtigt, wie Staatssekretär Bötticher erklärte. — Fürst Bismarck hat befreundeten Reichsiags- abgeordncten gegenüber erklärt, daß ihm eine Vertagung des Reichstages vom Sonnabend dieser Woche bis etwa zur Mute des Januar, wie sie seitens des Präsidiums und des Seniorenkonvents vorläufig in Aussicht genommen war, keineswegs genehm sein würde. Ec wünsche vielmehr, daß die parlamentarischen Arbeiten ohne Säumniß,^soweit
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