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Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 22.02.1882
- Erscheinungsdatum
- 1882-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1878454692-188202229
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1878454692-18820222
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1878454692-18820222
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungFreiberger Anzeiger und Tageblatt
- Jahr1882
- Monat1882-02
- Tag1882-02-22
- Monat1882-02
- Jahr1882
- Titel
- Freiberger Anzeiger und Tageblatt : 22.02.1882
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34. Jahrgang Mittwoch, den 22. Februar. Erscheint jeden Wochentag Abends 6 Uhr für den andern Tag. Preis vierteljährlich 2 Mart 2b Pf., zweimonatlich I M. bv Pf. u. eimnonatl. 7b Pf. und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zu Freiberg nnd Brand. Verantwortlicher Redakteur Julius Braun in Freiberg. Inserate werden bis Vormittags I l Uhr angenom- , men und beträgt der Preis für die gespaltene Zeile 1 oder deren Raum IS Pfennige. -N- Nachbestellungen auf Neu «»Ä für den Monat NS" März "DU werden von fSmmtlicheu Postanstatteu wie von der unterzeichneten Expedition und de« bekannten Aus gabestellen iu Freiberg, Braud, Laugenau, Halsbrücke LaugheuuerSdorf und Weitzeuboru zum Preise von 75 Pfennigen angenommen. Lxpsü. ris8 ,Fr-eid. Anreizen u. Isgediait". Die Reden Skobelesss. Die Verhältnisse Rußlands bringen cs mit sich, daß das Ausland über 'die dort maßgebenden Strömungen und Stimmungen unzuverlässiger unterrichtet wird, als über die in irgend einem anderen Lande Europa's zur Geltung kommenden Ansichten. Wo ein eigentliches öffent liches Leben gar nicht existirt, wo die verschiedenen Ideen nicht frei und offen, sondern auf den versteckten Wegen der Jntriguen und Palastgeheimnisse um die Herrschaft ringen, wo an maßgebender Stelle selbst fortwährend Un klarheit zu herrschen scheint, da ist es für das Ausland natürlich sehr schwer, sich ein Urthcil über die politische Lage zu bilden. Um so dankbarer sind wir dem General Skobclcff, daß er uns neuerdings zuverlässigen Aufschluß über die Ge sinnungen gegeben hat, welche in Rußland wieder — nach einer durch die Danziger Zusammenkunft cingetretenen Pause — zur Geltung gekommen. Wir haben sonst ein gewisses Mißtrauen gegen die oratorischcn Leistungen hoch gestellter Militärs. Der größte Feldherr der Jetztzeit, unser Feldmarschall Moltke, ist bekanntlich äußerst knapp in seinen öffentlichen Reden, obwohl er, wenn es sein muß, ganz vorzüglich zu reden versteht. Die Generale dagegen, welche öfter öffentlich zu sprechen lieben — wir erinnern nur an Leboeuf, Ducrot, Tschernajeff re. — haben sich dabei meist arge Blamagen geholt. Auch ist cs ein fast beispielloses Ereigniß, daß ein aktiver General die inter nationalen Beziehungen seines Landes ignorirt. Man sicht da, daß der Geist der Anarchie in Rußland keine Grenzen und keine Rücksichten mehr kennt. Dem alten Garibaldi konnte man allenfalls ein solches Heraustretcn aus den politischen Regeln und Gebräuchen verzeihen, denn von dem Helden von Caprera wußte man, daß eine edle Gesinnung in ihm lebe und daß er nur bestrebt sei, den größten Ideen Dienste zu leisten. Der alte Garibaldi war ein Held der Freiheit und Humanität; es entsprach auch seinem ganzen Wesen und seiner ganzen Mission, daß er die Vorschriften der politischen Disziplin nicht sonderlich beachtete. Aber dieser russische General ist ein Anhänger des Despotismus; er hat bei seinem Feldzuge in Zentral- Asien aus Uebermuth nutzlose Grausamkeiten begangen, welche allen Gesetzen der Menschlichkeit Hohn sprechen. Er ist ein echter Träger jener blutigen Traditionen, welche seit Iwan dem Schrecklichen für die Geschichte Rußlands charakteristisch sind; ein Brandstifter ist Skobclcff, der die zerstörende Gewalt entfesseln und Europa den Schrecken eines Rasscnkriegcs ausliefern möchte. Und trotzdem sivd wir ihm verbunden dafür, daß er nicht deni Beispiel unseres großen Moltke gefolgt, sondern in die Fußstapfcn Tschernajcffs getreten ist. Wir wissen nun doch, wie wir daran sind. Der Kampf des Slaventhums mit dem Teutonenthum ist von ihm proklamirt. Das heißt zwar ein großes Wort gelassen aussprechcn, aber die Kühnheit dieses Wortes beweist nichts dagegen, daß es wirklich ernst gemeint ist. In der offiziellen Welt wird man diesen Ausspruch abzu schwächen, ihn als eine Ausgeburt der Phantasie hinzu- stcllen suchen. Skobclcff — wird cs heißen — repräsen- tirt ja gar nicht das amtliche Rußland; dieses ist von ganz anderen Gesinnungen beseelt. Man geht vielleicht noch einen Schritt weiter und verschärft, um Deutschland einige Genugthuung zu bieten, die Maßregeln gegen den Brandrcdner, indem man ihn aus der russischen Armee entläßt, oder ihm die Rückkehr nach Rußland verbietet. Aber alle derartige Vertuschungsmaßregeln verfehlen sicher ihren Zweck. Die russische Regierung wäre wohl die letzte,, einem ihrer Generale zu gestatten, solche Reden zu halten, wenn sie nicht im Grunde ihres Herzens damit einverstanden wäre. Angenommen selbst, der Czar sei aufrichtig dem Fricdensgcdanken zugcthan, so würde doch die Gemüthsrichtung des russischen Volkes als ausschlag gebendes Moment hier sehr ins Gewicht fallen. Aber wir glauben, das panslavistischc Programm und die pan- slavistischcn Ideen sind auch dem Czarcn eine heilige Sache. Die Antipathien gegen die Fremden und das Fremde wohnen auch in seinem Herzen. Was sollen da diplomatische Beschwichtigungsversuche nützen und be deuten ? Daß darum der Kampf, den Skobclcff anzukündigen die Freundlichkeit hat, schon in nächster Zeit ausbrcchcn sollte, glauben wir nicht. Die Ungeduld der Panslavisten wird sich noch Zügel anlcgen müssen. Wohl aber halten wir die Skobclcff'schcn Reden für ganz geeignet, den bei uns vielfach verbreiteten Wahn zu zerstören, die inneren Schwierigkeiten Rußlands seien so groß, daß cs nicht daran denke, einen Konflikt außerhalb seiner Grenzen zu suchen. Für den Czaren mag ja die Meinung sehr verführe risch sein, alles Unheil komme eigentlich nur vom Auslände; das einzige Heil für das Reich liege darin, sich in die Hände der Moskauer Partei zu begeben, welche das echte und rechte Russenthum repräsentirt. Der Minister Jgna- ticff ist ganz der Mann dazu-- diese Meinung seinem Herrscher plausibel zu machen. Die ehemaligen Reden Tschernajcffs mit dem berühmten „Ehrensäbel", durch welche der letzte orientalische Krieg entzündet wurde und der Besuch des Kaisers Alexander II. in Moskau vor Ausbruch des jüngsten orientalischen Kampfes belehren uns, welchen Einfluß der Fanatismus zuweilen auch über den verständigsten Herrscher zu erlangen vermag. An Zündstoff fehlt es somit in der politischen Welt keineswegs. Tagesschau. Freiberg, 21. Februar. Wird die deutsche Regierung wegen ter beleidigen den Reden des Generals Skobeleff in Petersburg Vor stellungen machen? Diese Frage liegt zwar nahe, kann aber gegenwärtig nur im Wege der Vermuthung erörtert werden. Während die Nationalzeitung annimmt, daß eine Reklamation schlechterdings unvermeidlich sei, wird von anderer Seite das Gegentheil versichert, jedoch mit dem Zusatze, daß die russische Regierung aus freier Entschließung zu einer befriedigenden Erledigung dieses Zwischenfalles die Hand bieten werde. Wir lassen dahin gestellt, ob sich diese Darstellung bewahrheiten wird. Die Kreuzzeitung meint, Deutschland und Oesterreich können durch solche Reden nicht beunruhigt werden; denn die hochtönende Auflehnung gegen das durch das Deutschthum repräsentiere Kulturclement vcrräth eher Ohnmacht, als Aktionsfähigkeit. Wo man aber Anlaß finden könnte, besorgt zu sein, das ist in Petersburg selbst; denn das Schauspiel vollkommener Disziplinlosigkeit, welches das Auftreten des Generals bietet, kann den Freunden der Ordnung überhaupt nicht gleichgiltig sein. Die österreichischen Blätter sprechen die Vermuthung aus, daß die Luft von Paris und die fran zösische Umgebung den General in einen nationalen Taumel versetzt haben, in dem sein wilder Haß gegen das Deutsch- thum alle Schranken des Anstandes und der Klugheit durchbreche. „Das ist — sagen sic — die Sprache des echten Barbaren, so redet das unverfälschte, von keinem Hauche des Westens verfeinerte Russenthum und wir ziehen diese Brutalität der Heuchelei vor, mit welcher das offizielle Rußland die wilden Instinkte seines Volkes zu verbergen oder zu beschönigen sucht. Skobclcff sagt die Wahrheit, die reine Wahrheit. Alle slavischen Völker, und zumal die Russen, sind von einem wüsten Hasse gegen deutsches Wesen erfüllt. Wir kennen die Wurzel dieses Hasses. E: entspringt dem brennenden Neide, den die höhere Kultur erweckt; er gleicht dem Grolle, den der Bettler gegen den reichen Mann empfindet." — Die italienischen und englischen Journale stehen in der Lebhaftigkeit ihrer Mißbilligung den österreichischen nicht nach. Besonders scharf äußert die „Times" ihren Tadel in einem Artikel, dessen Gcdankengang ungefähr folgender ist: Es sei hohe Zeit, daß den schürenden und beunruhigenden Reden von Männern in so hoher Stellung, wie sic General Skobclcff einnehme, ein summarisches Ende gemacht werde, cs sei jetzt die erste internationale Pflicht Rußlands, dafür zu sorgen, daß einem Bundesgenossen nicht durch die Reden oder Handlungen von Angehörigen der russischen Militärkastc Verlegenheiten bereitet würden. Der Petersburger Hof fei verpflichtet, Oesterreich durch das Wort und durch die That zu beweisen, daß er getreulich festhaltc an dem Berliner Vertrag; Oesterreich habe in seiner schwierigen und delikaten Lage Anspruch auf die loyale Unterstützung aller Signatarmächte des Berliner Vertrags. Das Geringste, was Europa erwarten könne, sei, daß alle diese den europäischen Frieden ge fährdenden Reden hochgestellter Persönlichkeiten, für welche die russische Regierung die moralische Verantwortung trage, sofort dcsavouirt und unterdrückt würden. — Schließlich sei noch erwähnt, daß der General Skobclcff schon während seiner Theilnahme an den deutschen Manövern im Jahre 1880 in höchst ungenirtcr Weise seine lebhaften Sympathien für die Franzosen zur Schau trug, indem cr sich fast demonstrativ zu den französischen Offizieren hielt. Ueberhaupt hat wohl noch nie ein Gast die Gastfreundschaft des Oberhauptes einer Nation so dreist ausgcnutzt, wie damals Skobeleff. Bei den Manövern zwischen Königsberg und Pillau skizzirtc der General — wie die „Rundschau" schreibt — fortwährend das schwierige Terrain, welches selbst unsern Truppen mancher lei Hindernisse bereitete- Und trotzdem man ihm auf die Finger sah, nahm er seine unterbrochenen Studien beständig wieder auf, sobald cr sich unbeachtet glaubte. Mit den jetzt in Paris entwickelten Ideen trägt sich der General also jedenfalls nicht erst seit gestern. In den deutschen militärischen Kreisen muß man den Terrain- Skizzen des russischen Feldherrn indcß keinen zu hohen Wcrth bcigcmeffcn haben. Denn der Kricgsminister von Kameke antwortete auf eine Meldung: „Lassen Sie ihn zeichnen. Was er nicht sehen soll, bekommt cr doch nicht zu sehen!" Alle sonstigen Ereignisse stehen augenblicklich in zweiter Linie. Das preußische Abgeordnetenhaus setzte gestern die Debatte über den Dispositionsfond fort, wobei es an heftigen Angriffen und Vorwürfen nicht mangelte, auf welche näher cinzugchen der Raum uns verbietet. Das Resultat der Abstimmung war, daß 248 Abgeordnete für und 73 gegen den Fonds stimmten. '— Nach mehrtägigen Verhandlungen in dem bekannten So- zialisten-Prozcß contra Mendelsohn und Genossen in Posen wurde gestern das Urtheil gesprochen. Nach fünf stündiger Berathung verurtheilte der Gerichtshof Mendel sohn zu 1 Jahr 8 Monat Gcfängniß und 3 Monat Haft, Truszkowski zu 2 Jahr 9 Monat Gcfängniß und 3 Mo nat Haft, Janiszcwki zu 2 Jahr 3 Monat Gcfängniß und 2 Monat Haft, Frau Jankowska zu 3 Monat Haft, wo von 2 Monat als durch die Untersuchungshaft verbüßt angercchnct wurden, Bujakiewicz zu 3 Monat Gcfängniß und 30 Mark Geldstrafe und Kosobuski zu 1 Monat Ge- füngniß. Goryczewski wurde frcigcsprochcn. Von einigen Seiten wurde die Bereitwilligkeit der österreichischen Regierung hervorgehobcn, Montenegro die Kosten für die Aufstellung von GreuzkordonS ersetzen zu wollen. Diese Nachricht wird heute dcmcntirt. — Eine offizielle Meldung vom Kriegsschauplätze lautet: In den Bezirken Gacko, Konpicc, Nevesinje, Stolac und Zubci finden noch häufig Raubanfälle statt. Am 17. Februar
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