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01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.11.1902
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-30
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19021130018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1902113001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19021130
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1902113001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungDresdner Nachrichten
- Jahr1902
- Monat1902-11
- Tag1902-11-30
- Monat1902-11
- Jahr1902
- Titel
- 01-Frühausgabe Dresdner Nachrichten : 30.11.1902
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verugrgedW: M"«rrü'W »uaellelll Inmlü vrtakial- >Itt>e>Iuii,tii nur mil »euilig,«, Our>l«nanaLde<,Dlkjd Nachr,"« «nltill«,. Naa>»äaliw«.1>k>n,or,r- anivkilt« blstden «nberüMLn«; uuvcllanLi, M«nulkn»lt wkib» »lckil ambewall«. Leleiramm-AdraUe: L«I«»r« ««»»ich St-rSndet 1856. Äb O«. Uovtel«»ai«» 8r. ä«i -ov 8»vi,,«a. <7Looo2»ck«L, S»o»oM, 8lor«I»nrt»it/ Altmsellt 2. Haupt - Geschäftsstelle: l0kar>enstr. 38. /Inreigen, canf. Annnlunk von Ankiinbiaunaeii di» lltachmmaaL ö Uln »an» uni» sttnilaoS nur Marienttrobe s« l>an N NiS^uUIu Die lUiallia»Grund «ciie -ca. « Lildeiu no Via , An tbudiuunaen aui der Prwaiicue,,-uc L» Wa die sivailiiu,- .Zeile a>« .y,iu ueiandl" oder uui Trrlieüe so Via Än Nummern nach Lmm und ,ze>ti tapen > be« ajpaliiae Grund»e>len Sv. «, de, so uaü so Pia »ach de iondeiein Tani Au«ivarliac !üu> »aae nur acaen BaiauLbc»abiui-a. Lrieabiaiicr weiden in» wPu. dcrechnrt. äernivrechanichlubi Ami l Nr. N und Nr 2ttS«. I»8nt»sl. 88ct>8. U -U. A«UIvr, ^ krvsrtos iriut kslüste» Eß nt«I ^ Vre»«l«»-L., l'rsxvnibr. S!1 .», U» e» r,« 0«»eU»eI»aN»-,8vId«t MM UKalls d«-»rI»8M»«>>»»- « brLd«I-8p1^I«. pe«i»Ii,to fpsi. kstralä L tald«8 L.-V. 0888088. Hp«i>«»«»»»»r 41» 8v«; I<t> I Neioketss l.»g«e »Iler 8etsn pspiee«, k>»pp«n etc. für «liigsn lleSses. ^ ^Nv ^Qterlixuri^n mu>u»5x«'v»gs8 prumpt un<1 l-lUi^r! 1, ui I tL»k»ot»LvM vvu un«1 «int 8<zt,ek«-u. Ä ea Lilltg-sts Uroiss. — 'l'astslloso uuü aelivollsto luvkeruvx. K s 1 ^««IckNj« r»8s«t- uuä L ppv« x Liviler pi"sl<1i8e !."! »pM « L-«6v«münteI x /vi!msctil8ge8i:!iLnks, y„i,>iwlli< V1vvI»4I -uiä 1 - »Ittl rirol, 2rr, purt. u. I. Llii^ck. Rr.331. Schill französische Justiz Hofnachrichtcn. Sächs. Bergbau. Mietlibewolmelveiein. Svar» Mutbnias;l. Witterung: Nebelig u. Bauvernu. Mad. ^ans G« ne. Wagneiveieiu in Gws;cllbatn. Kunst u. Religion, bei sinkender Temberntur. >§onntag, 30. November 1002. jyrauzösische Justiz. Auf die in der französischen Justiz eingerissene Korruption lallen recht grelle Streiflichter durch die Enthüllungen, die neuer dings der Fall Humbcrt gezeitigt hat. Unsere Zeit vergibt ja rasch, und was heute alle Welt in Erregung versetzt, ist morgen ichon vcrblaht und übermorgen so gut nste adgcthan. Tie ingeniöse Madame Humbcrt ober mit ihrer gejainmlen sür den höheren Schwindel so überaus begabten Familie und ihren mysteriösen, nirgends aussindbaren, lediglich in der Humbert'schcn Gauner- phanlasie eristirendcn Millionenerben „Erawfords" hat cS doch vermocht, die Aufmerksamkeit deS schnelllebigen Publikums unserer Tage seit ganzen sechs Monaten zu fesseln. Am 10. Mai dieses Jahres war es, als in der Pariser Wohnung der vorher ver- dufteten HumbcrtS die gehelninißvollc Kassette geöffnet wurde, mittels deren die Madame Humbcrt lange Fahre hindurch grohe und kleine Leichtgläubige hypnotisirt batte, indem sie aussprengte, daß dieser Talisman dos Erawsord'sche Origiiialtcstament zu ihren Gunsten mit den famosen 100 Millionen enthalte und daß sic „bei Strafe des Verlusts aller Rechte" kraft gerichtlichen Beitrags verpflichtet sei. die ihr aus Grund eben jenes Vertrages in Verwahr ung gegebene Kassette nicht vor der rechtskräftigen Beendigung „ihres Prozesses mit den CrawsordS um die Erbschaft" zu öffnen. Als der brutale Hommerschlag eines Gerichtsvollziehers in diese Me von schwindelhafter Romantik hineindrühnte. da enthüllte sich Len erstaunten Blicken als Inhalt der Kassette neben anderem werthlosem Tand u. Ä. ein — Hosenknops! So fürchterlich hatte die Madame Humbert nicht blos ihre Gläubiger gefoppt, sondern auch die höchsten Gerichtshöfe Frankreichs fortgesetzt am Gänge!- Lande geführt, indem sic diese durch den Beistand unredlicher Advokaten dazu brachte, Urtheile, Vergleiche und Beschlüsse zu ihren Gunsten zu erlassen, oyne daß auch nur einmal die Vorlegung des angeblichen Originoltestamentz oder das persönliche Erscheinen der erdichteten Erawfords angeordnct worden wäre. Inzwischen hat die Geschichte der amtlichen „Verfolgung" der Humberts den Beweis geliefert, daß der korrumpirende Einfluß dieser Familie von Ur- und Erzschwindlern sich nicht blos aus die „recke der Advokaten erstreckte, sondern auch die Polizei und die Richter ergriff und hier sogar noch heute fortwirkt. Zwei unlängst vollzogene Pcrsonalveränderungen. die mit dem Fall Humbert Zu sammenhängen» geben dafür ein ebenso charakteristisches wie sür die Machthaber der dritten Republik beschämendes Zeugnis;. Dem bisherigen Untersuchungsrichter Lcmcrcier ist nämlich die Fort führung der Untersuchung in Sachen Humbert entzogen und der bisherige Chef der Pariser Geheimpolizei, Cocheferl, zum Direktor aller Tiensizweige der Polizeipräsektur ernannt worden. Herrn Lemercicr hat man gemoßregelt, weil er in der Aufspürung deS Schlupfwinkels der Humberts einen zu ehrlichen Eifer bekundete und Herrn Cochefort hat man emporbefördert, weil er sein Mög lichstes that, um die Humberts vor dem Schicksal der Ergreifung -u bewahren, und dadurch den Wünschen gewisser hochgestellter politischer Persönlichkeiten cntgegcnkam, denen es höchst fatal wäre, wenn eS wirklich zur gerichtlichen Verhandlung in dieser SensationSasfaire käme Der neue Chef der Geheim Polizei, Gamard. hat gleich von Anfang an den Mund recht voll genommen und mit einer gewissen naiven Harmlosigkeit urbi st > rdi verkündet, daß „nun ober auch ganz gewiß" das Scki'ckfal der Humberts besiegelt sei und daß er sie binnen wenig Tagen sicher im Retze haben werde. Dem voreiligen Herrn, der offenbar bei seinem Borgänger Cochefert noch nicht genügend in die Schule gegangen ist, hat man aber von höherer Seite schleunigst den Mund gestovft durch dlc polizeiosfiziöse, sogar der auswärtigen Presse drahtlich übermittelte Erklärung, das; alle über die bevor sichende Ergreifung der Humberts verbreiteten Mittheilungcn jeder Unterlage entbehrten und Niemand wisse, wo die Humberts sich beiänden Jetzt wird Herrn Gamard wohl ei» Licht über die Pflicht seines Amtes ausgegarigen sein, die darin besteht, daß er Lie HuinbcrtS unter keinen Umstände» finden darf, sondern selbst dann, wenn sie undelikater Weise ihre» Aufenthalt selbst verrathe» sollten, krampfhaft beide Augen zudriicken muß. Der Gencral- üaalsanwnlt Bulot. der mit Therese Humbert frcimdichastlichen Perkehr gepflogen haben soll, wird direkt als der Anstifter und Begünstiger aller der amtlichen Machenschaften zu Gunsten der Humberts genannt. Unter den richterlichen Helfershelfern der Madame Humbert war vornehmlich der in diesen Tagen verstorbene ehemalige Präsi dent des Pariser AppcllhofeS Ptzrivicr berüchtigt. In einer Pariicr Zuschrift an die Wiener „Reue Freie Presse" wird von ihm gesagt, er fei jeder Korruption zugänglich gewesen und habe seine richter liche Autorität jeder Art von Infamie geliehen Die Betrügereien der Madame Humbert insbeivndcrc unterstützte er dadurch, daß er ihre Prozesse absichtlich auf Jahre hin in die Länge zog. um einer endglltsgen Entscheidung, die das Lügen gewebe hätte ausdecken können, auszuweichen. Mit dem Ge nannten waltete übrigen« an dem Appellhofe noch ein GerlchtS- ratb Namens Andrieu seine- Amte-, der auch al» Muster eines Richters, wie er nicht sejn soll, gelten darf. Dieser Herr Andrieu hatte mit dem jüngst sestgcnommcnen Gründung«, «ckitvindler Boulaine in sehr engen geschäftlichen Beziehungen ge standen »nd „gegen Geld und gute Worte" u. A. dem bereits früher zu sechs Monaten Gesängniß vcrurthcllten Boulaine zugesagt, die endgiliige Entscheidung deS AppellhofcS, die zweifel los zur Bestätigung des erstinstanzlichen Erkenntnisses führen mußte, bis zum Eintritt der Prozeßverjährung zu verschleppen. Nach der jüngsten Bcrhastung Boulaine's ließ nun Andrieu dnrch seine Kreaturen besten Papiere „beschlagnahmen", d. h. ans die Seite schassen, versäumte es aber, sie Jenem sofort abzunchmen und in seinen eigenen Besitz zu bringen. Die Folge war. daß die Inhaber der Papiere diese zu privaten Erpressungsversuchen inißbrauchlen, und als nunmehr auf die cinlausendcn Anzeigen hin die Staotsanwaltschasl cingriff und die Dokumente einer genaueren Durchsicht würdigte, fand sie auch die Andrien'sche Korrespondenz mit Boulaine, die den ehemaligen hohen Gcrichtsrath demnächst mit seinen Genossen wegen schweren Amtsvergehens vor das Schwurgericht führen wird. Die Opposition sucht die angcdeutcten Vorkommnisse, soweit sic den Fall Humbert betreffen, aus das politische Gebiet hinüber zu spielen und verdächtigt die leitenden Männer des Kabinets Combes, dos unmittelbar nach der Flucht der Humberts zu Stande kam. daß sie mit gewissen hochstehenden Persönlichkeiten, die im Falle der Ergreifung der Humberts kompromittirt zu werden fürchteten, unter einer Decke steckten und in deren Inter esse der Justiz gegenüber den HumbertS nicht freien Laus ließen. Auch im Falle Boulaine sollen verschiedene frühere Minister und andere hohe Personen derartig bloßgestellt sein, daß angeblich ihre Bcrhastung bevorsteht. Indessen abgesehen von ollen poli- tischen Gesichtspunkten bctTeiscn jene Vorkommnisse in ihrer Gesammtheit doch jedenfalls so viel, daß im Punkte der Recht» pflege etwas faul ist in der dritten Republik. Tic stolze, gegen jede Bestechung gefeite Unabhängigkeit der Justizbehörden, das Palladium jedweder Rechtssicherheit, ist nicht mehr über jeden Zweifel erhaben; auch in den Organismus der französischen Justiz bohrt der Wurm der Korruption sich tiefer und tiefer ein. Wie allgemein in Frankieich diese Empfindung ist. zeigt die hundert- malige Aufführung eines Stückes wie „Tie roihc Robe", dessen Schilderung einer verlumpten Justiz von jedem ernst denkenden Zuschauer in Deutschland im Interesse des Ansehens der Rechts pflege nur mit größtem Widern».Ilen zu genießen ist. Die republikanische Regierung sollte sich daher die jetzigen Un- znträglichkcilen zur ernsten Warnung dienen lassen, um cnd- giltig mit einem System zu breche», das in erster Linie daraus ausgeht, im Justiz- und PoUzeidienste dem herrschenden Regime blindlings ergebene Kreaturen zu sickiern. statt eines Stammes von tüchtigen, wahrhaft unabhängigen Männern, die ideale Hüter des Rechts und der Gercchtigkeit zu sein un Stande sind. Sonst dürste die Zeit nicht mehr fern sein, wo die lebende Generation in Frankreich Ursache hat, sieb des prophetischen Wortes zu er- inncril. das der französische Gesandte in Neapel, Salvandy. un mittelbar vor dem Ausbruche der Iulirevolulion des Jahres 1830 sprach: „Wir tanzen auf einem Lukka»!" Neueste Drahtrueldnnqen vom Li). Novcmbci. INachts eingeliende Depeschen befinden sich Leite 4.) Berlin. lPriv.-Tel.s Reichstag. Auf der Tagesoro- NilNg steht zunächst die Interpellation Dziemböwski- Pomian, betreffend ungerechte Behandlung der Pole» Ans Anfrage des Präsidenten erklärt 2taats>ekrcrär Gras Poja- dowsky. wegen noch nolhivcndigcr Erhebungen wolle der Reichs kanzler die Interpellation an einem späteren Tage beanlwarle». — Präsident Gras Ballestrem: Tamil ist dieser Gegennand sür heule erledigt. Meine Herren! Nach 8 M der Geschäftsord nung liegt dem Präsidenten die Aufrechlerhaltung der Ordnung in den Sitzungen dieses Hauses ob. Ich bestimme daher i der Raum zwischen den Sitzplätzen der Abgeordneten »nd dem Tisch des Hauses resp. den Stenographcn-Plätzen darf von Abgeordneten nicht eingenommen werden, ebenso wenig die Treppenstufen, die zur Rednertribüne führen. Auch auf dem Reserenteuplatze und neben dem Redner dürfen nur die offiziellen Referenten sich aus- haltcn. Ich habe diese schon längst bestehende Bestimmung wieder cnisgcsrischl im Interesse der Würde dieses Hauses und der Rede freiheit seiner Mitglieder. lLachen linkS; Beifall rechts.! Es sind noch mehrere Abgeordnete zur GcschästSordnungsdcl- attc gemeldet. — Abg. Stadthagen l2oz.> behauptet, daß der Prä sident am Donnerstag bereits die Bewachung über den Tarif er öffnet gehabt habe. Außerdem heiße cs in dem bereits ange nommenen Absatz 2 des H 1: „die Zollsätze des Tarifs". Schon deshalb sei cs nicht zulässig, die Berachung des Tarifs nun ein- fach auf dem Wege des Antrags v. Kardorff abznschneide». Gegen Widerspruch ans dem Hause könne eine <» lüoc-Aniiahmc keinesfalls erfolgen. Keiner seiner Freunde würde wagen, dem Präsidenten einen Antrag zu überreichen, über dessen Zulässigkeit Zweifel bestünden, denn sie würden das sür eine Verletzung der dem Präsidenten schuldigen Achtung anschc». Tie gesicriz von Spahn angeführten Präjudizfälle hätten mit der vorliegenden Frage überhaupt mchtü zu thun. Wie könne es als Beweis für die Zulässig keit einer c-i> tzloa-Beratbung und Abstimmung, in zweiter Lesung angesehen werden, wenn feiner Zeit durch ein sondergesctz ein bc- stehendes Gesetz in feiner Totalität auf einen größeren Geltungs bereich erstreckt worden fei. Unrecht werde selbst dann nicht Recht, wenn den Parteien, die das Unrecht begehen, dazu von anderer Seite Anlaß gegeben worden wäre, etwa durch Obstruktion. Eine solche sei aber in diesem Falle seitens der Linken gor nicht geübt worden. Seine vicreinhalvstündiqc Dauerrcde, die man ihm als Obstruk- tion ausgelegt habe, sei lediglich durch die Mchrbeit selbst ver- schuldet worden, die ihn gezwungen habe, bei tz 5 des Tarksgesetzes über nicht weniger denn 15 verschiedene GegeiiMide in einer Rede zu fprcchcn. lAbg. Gamp, der dem Redner inzwischen immer näher gelommen lst und aus der obersten Treppenstun zur Rednertribüne Stellung genommen hat. ruft dem Redner etwas zu, was auf der Tribüne unverständlich bleibt. Vize Präsident Gros Stolbcrg greift zur Glocke, Abg. Gamp begiebt sich sofort raschen Schrittes unter stürmischer Heiterkeit der Linken und unter Rusen: „'runter von der Treppe!" auf seinen Plaj, zurück. Auch während der spätere» Tarlegnngen des Redners nimmt Abg. Gamp nochmals Aufstellung am Tisch des Hause-, um sehr bald unter erneuter Heiterkeit der Linken wieder ans feinen Platz zurnckzucilen.! Tic Mehrheit habe seiner Zeit selber in endlosen Reden hier und im wirthschastüchcn Ausschüsse, elm noch der Zolltarif diesem Hause Vorgelegen, sich ergangen, unki da wolle sie jetzt die Minderheit mundtodt machen, neulich sogar mit Unterstützung Richter's, der dabei den Fehler begangen Hab.:, zuzugcbcn, daß die Mehrheit unter allen Umständen das Recht habe, nach ihrem Willen zu beschließen. In Wirklichkeit habe' auch die Mehrheit immer nur Rechte innerhalb der Geschäfts ordnung. niemals außerhalb derselben. Ein solcher Antrag, wie der vorliegende, hätte überhaupt zurückgewiesen werden müssen. Schon daß über die Zulässigkeit des Antrags überhaupt eine Ge- schästsordnungsdcbattc eröffnet worden sei, fei eine große Con- nivcnz des Präsidenten gewesen. iBizepräs. Graf Stolverg ersucht den Redner, den Präsidenten aus dem Scheie zu lassen, zumal derselbe abwesend sei f Ein Landgcrichtspräsident, der einen An geklagten vcrurthcilc, obwohl die Beisitzer ihn frcisprechen, würde geradezu verbrecherisch handeln. Ein Präsident, der einen Antrag nicht zurückweise, den er sür unzulässig halte, würde ebenso ban deln. wie er es eben bezeichnet bade. IBeifall links.s — Abg. Dr. Barth fübrt aus: Es handle sich hier um weit mehr, als tiur um den Zolltarif, es handle sich hier einfach um einen Staats streich, der heute in der „Rational-Zeitnng" von keinem Ge ringeren, als von dem Mitglieds des höchsten preußischen Gerichts hofes^ dem Kammergerichtsrath Carsten, auf's Schärfste ver- »rtheilt werde. Tie Mehrheit sage ja auch ganz offen, daß sie lediglich um des Zolltarifs willen das Recht beuge. Habe doch Bast ermann gestern gesagt, es wäre ein nationales Unglück, wenn der Zolltarif nicht zu Stande käme, Dr, Sattler habe sich dem angeschlossen, nachdem er noch am 10. Oktober verlangt hatte, die Regierung solle die ganze Borlagc ziiriickzichcn. An der Ver, zögerung der Verhandlungen sei nur die unglaubliche Ungeschick lichtest der Mehrheit selbst schuld. sBeifall links.! Um 60 Ps habe man sich mit der Regierung wer weiß wie lange gestritten, das Ecntrum mit einem Eifer, daß es sich heute nennen sollte, die Partei, nicht der Wahrheit, Freiheit und des Reckst? wie sie sich nennt, sonder» vielmehr die Pariei für Wahrheit, Frei heit und Braugerste. sTtiirmiicher Bestall links ! Bachem Hobe gestern ein Verhalten eingeschlogen, das wohl seine eigenen Freunde nicht snr ein heroisches ansehcn werden. Auf seinen Kaffeeklatsch über die Freisinnige Vereinigung will ich nicht weiter cingehen; Thatiachc ist aber, daß meine Freunde und ich zu allen Zeiten die protektionistischen Interessen auf das Schärfste be kämpft haben. Das ist unsere Sozialpolitik, dieser sind wir treu geblieben, wenn wir jetzt mit den Sozialdemokraten diese Vor läge bekämpfen, , Wir werden auch ferner mit ollen Kräften und mit allen geschästsordniingsmähige» Mitteln bemüht sein, dicies verderbliche Werk zu Falle zu dringen. Die Schmähungen, die Sic deshalb über uns häufen, werden für uns Ehrentitel sein. Man hält uns hier die Freisinnige Bolkspartei und deren enahrenen Führer vor: wie war cs denn aber bei der Militär- und Tlottci - Politik? Da waren wir in Ihren Augen die Patrioten, mw Herr Richter nicht der erfahrene Odusscus. sondern el» Anderei dessen Name aber auch in der „Odyffec" oorlomint, lSstirmstch-' Heiterkeit links.! Und wie war es denn bei der Berat!,„ng d- r le-x Hcinze und der des letzten Branntweinstcnergesetzes? T-, mals hat Ihnen Herr Richter selbst zngcniseii: „Sie könne» nick: verlangen, daß wir steifen. Ihnen dieses Geietz durchzubrina,n. sorgen Sie selber dafür, daß das Hans beschlußfähig ist k" Una wcstcr hat Ihnen,, nainentlicki dem Eeistrum, Herr Richter d„ mals zugeruscn: „Herr Windlhorst hat es noch ganz anders vc> standen, die Geschäftsordnung zum Schuhe der Minorität za gebrauchen! Alles, was ich, Richter, von dieser Kunst vei stehe habe ick von diesem Meister gelernt, aber ich habe diesen Meiner des Schutzes der Minorität noch nicht entfernt erreich« ' lWährend dieicr Anssübrungc» deS Redners unmtterbrochener lei basier Beifall links; darauf plötzlich lebhafte Ruse des Ahe, Richter zum Präsidenten hin: Ich verlange Schutz gegen solch- Beschimpfungen, wie sie mir hier von den Sostalaeniokraleii zngeruscn, werden. Lärm, Man hat mich „Verräther!" genauin, Vize-Präsident Bisting: Ich habe nichts davon gehört. Ab-: Richter: .Herr Bebel hat mich Vcrräihcr aenannt! Ernenici Lärm. Bebel rust: Verräther der Minorität! Vieepründeiit Bisting rust den Abg. Bebel hieraus zur Ordnung,l — Ala. Barth ltoi-tfahrend!: Wir werden jedenfalls anch weiterhin u :i allen erlaubten Mitteln den Zolltarif bekämosen, anä, ivenii wir dabci die Sozialdemokraten nicht zur Seite haben wnrden, A! i- würden Sie auf der Rechten wohl darum geben, wenn ',ste Sozialdemokratie innmal Ihre Politik unterstützte wenn die Sozialdemokraten wirklich einmal !o gewissenlos wäre» und stst Ihren Zolltarif einträten oder wohl gar noch das Fünsstgoieiin g bestück daraus legten? sStürmischc Heiterkeit links.I Wir Halle- cs unter allen Umständen sür ein großes Unglück, wenn de Zolltarif Gesetz würde. Sie wollen nur eine einzige Tisstmio:i »nd eine einzige Abstimmung über den Tarif znlasscn, aber Si selber haben >a in der .Kommission nicht weniger als 23 Re screntcn gestellt. Mindestens müssen Sic doch alle diew 23 Referate hören, zumal kein schriftlicher Bericht vorlicgt. lSelir richtig! links.j Herr Bassermann wollte uns eine Stunde zur Prüfung des Antrags Kardorss gewähren — gerade Zelt genug, ei» Paternoster 'zu beten lHeiterkeitZ Ter Antrag ist eine Ausgcburt jener Intereffenoolitik, die unsere ganze öffentliche Moral so stark dcpravirt Im Interesse vor allem deS kleinen Mannes wollen wir. daß dieser Zolltarif der Bevölkerung bei den Wahlen zur Beurtheilung vorgclcgt werde, lLcbhcstter Bei fall links ! — Abg. Singer beantragt Vertagung und bezwcsteli. während durch die Thür „oey fortgesetzt Abgeordnete in den Saal strömen, die Bejchlnßsählgkcit des Hauses. lBestali links.! — P,»« sidcnt Graf Balle st rem: DoS Bureau muß sich diesem Zweckel anschlicßen. Ich setze daher die nächste Sitzung fest auf Mon tag l Uhr. Tagesordnung: Fortsetzung der Berathnng. Schluß 8!ch Uhr.
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