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Sächsischer Landes-Anzeiger : 22.02.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-02-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189002223
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18900222
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18900222
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-02
- Tag1890-02-22
- Monat1890-02
- Jahr1890
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 22.02.1890
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Nr. 44. — 10. Jahrgang. Die au jedem Wochentag Abend (mit dem Datum des folgenden Tage») zur Ver sendung gelangende unparteiische Zeitung „Sächsischer Landes. Anzeiger" mit täglich einem Extra-Beiblatt: i. Kleine Botschaft 9. Sächsischer Erzähler s. Sächsische Gerichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei b. Jllnstr. Unterhaltungsvlatt s. Sonntagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch lostet bei den Ausgabestellen monatlich 7V Pfg., bei den Post-Anstalten 7ö Psg. Sächsische* Sonnabend. 22. Februar 18911. Der Stichs. Landes-Anzeiger ist eingettagen i.d. 1890er Post-Ztgs.-Preisliste: Rr.SS7«. FürAbonnenttn erscheint je einmal im Jahr: Zllustr. Aalender des Sächsischen Landboten. Jlsustt. WeihnachtSbuch (Jahresbuch). Berbreitetsies nnparteiisches tägliches Lokalblatt. DieHnuptblätter der„Sächs.Landes-AnzeigerL"erscheinen (ohne dessen Extra-Beiblätter) auch meiner billigeren Sonder-AuSgabeals: „Chemnitzer General-Anzeiger" für Chemnitz monatlich 40Pfg.srcii»sHa»s; außerhalb Che.unitz monatlich 50Psg. mit Zntragen. PostzeitiingSpreisliste sür 18S0: Nr. 1307. Verlags-Anstalt: Alexander Wiede Chemnitz, Theaterstraße Nr. 5. Fernsprcch-Anschluß Nr. 136. Telegr.-Adr.: LandeS-Anzeiger. Chemnitz. Anzeigenpreis: Raum einer schmalen CorpuSzeile 15 Psg. — Bevorzugte Stelle (lspnltige Pctitzeile) 30 Pfg. — Bei Wieverholung großer Anzeige» Preis«»,ä den EmrückungSietrag (in Briesniarke») beifüge» lje 8 Silben CorvuSschrist bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen können »nr bis Bormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern. — Die Anzeige» finden ohne Prcisauss chlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauptblätter des „Sächsischen Lander-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter. Amtliche Anzeigen. Da« ConcurSverfahren über das Vermöge» des abwesenden Kaufmanns Paul Wilhelm Jone, in Firma „Paul Jone", in Chemnitz wird »a b e>folgt«'Abhaltung des Schlußtermins hierdurch aufgehoben. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. »., den 19. Februar 1890. Böhme. Bekannt gemacht durch Actuar Pützsch, G.-S Drahtnachrichten unseres Allzeigers. Vom 21. Februar. Paris. Der ehemalige Minister -es Auswärtigen Gras Darn ist gestorben. — In Lamachnir ist dadurch ein grobes Grubenunglück entstanden, dab einige Arbeiter mit offenen Lampen hantirten. Bis jetzt find 44 Todte eonstatirt. — Carnot soll für die sofortige Begnadigung des jungen Herzogs von Orleans fein, doch wird die Entscheidung erst in einigen Tagen erfolgen. Bnkarest. Hier ist einBäckerstreik ausgebrochen, weil die Verwaltung die Erhöhung der Brodpreise verweigerte Berlin. Die bisherigen Wahlergebnisse weisen eine» Rückgang des Cartells auf, eine Zunahme der Freisinnigen und stärkstes An wachse» der Socialdemokratcn. — Nürnberg: Grillenberger .(soc.) gewählt. — Essen: Stütze! (Ceutr.) gewählt. —Hagen Richter (dfr.) gewählt. — Düsseldorf: Stichw. zw. Wenders (Centr.) und Grimm (soc.). — Bochum: Stichw. zw. Müllen siefen (»at.-lib.) und Schorlemer-Alst (Centr.). — Gotha Stichw. zw. Bock (soc.) und Zange me ist er (dfr.). — Stutt gart: Stichw. zw. Siegle (nat.-lib.) und Kloß (soc). Mühlheim: Stichw. zw. vr. Ham wacher (nat.-lib.) und vr. Lieber (Centr.). — Erlangen: Stichw. zw. v. Stauffen berg (dfr.) und Bebel (soc.). — Hannover: Stichw. zw. Meister (soc.) und Wallbrecht (Cartell). Politische Rnndscha«. Chemnitz, 21. Februar. Deutsches Reich. Die gesammte Berliner Garnison wurde mn Wahltage, Donnerstag, Nachmittags l'/z Uhr, durch den Kaiser alarmirt. Kaum war die Alarmirung erfolgt,so standen die Regimenter schon marsch bereit und rückten eilenden Schrittes aus den Kasernen nach dem Tempel Hofer Felde. Die Jnfanterie-Negimenter zogen meist die dichtbelcble Friedrichstraße hinunter, die Cavallerie schlug die nächsten Richtwege ein. Das ungewöhnliche Schauspiel, die Fußtruppen im Geschwind- schritt, die Cavallerie im Trabe durch die Straße» ziehen zu sehen, erregte natürlich das allgemeinste Aufsehen. Allerlei Muthmaßungen wurde» au die Alarmirung geknüpft, und besonders hieß es. es seien ernste Ruhestörungen ausgebrochen, wovon indessen nicht die Rede war. Auf dem Tempethoser Felde traf mit den ersten Truppen der Kaiser ein, der persönlich den Befehl zur Alarmirung gegeben halte, und ließ die Regimenter eine Anzahl von Exercitien vornehmen. Darauf erfolgte die Rückkehr in die Stadt. Der Kaiser hatte den Weg zum Tempelhofer Felde mit drei höheren Officieren iin Galopp zurückgelegt. Es folgten ihm zwei Leibgensdarmen, von denen einer die Kaiser standarte trug. In Berlin hat das Zusammentreffen der Alarmirung mit dem Wahltage natürlich zu vielerlei Reden Anlaß gegeben. Die einfachste Erklärung, weshalb der Kaiser diesen Tag gerade wählte, liegt wohl darin, daß am Wahltage die Ueberraschung für die Truppe» Der König der Falschspieler. Roman von Adolphe Bölüt. Fortsetzung. Nachdruck verboten. Sechstes Capitel. Die Thür des Gesängnißsaales, in welchem man den Angeklagten bis zum Beginn der Verhandlung seiner Sache inleruirt hatte, öffnete sich n»d der Wächter rief hinein: „Lucien Lecomtc!" Der Gerufene erhob sich und folgte den: Wächter auf dessen Wink. Das Reglement schreibt den Wächtern in allen Gefängnissen der Welt vor, gegen die von ihnen Bewachte» sehr lakonisch zu sein. Insbesondere pflegt man de» Gefangenen, wenn mau sie abruft, nicht zu sagen, wohin man sie führt. Sie erfahre» das zeitig genug, sagt man sich, wenn sie an Ort und Stelle sind, und man hat cs zum Priucip erhoben, vorher darüber zu schweigen, um den Ge- fangenen die Gelegenheit zu nehme», sich, wie cs znm Beispiel bei Recherchen oder dergleichen geschehen würde, klug ans die Situalivn vorznberciten, welche ihn erwartet. Auch Lucien wußte nicht, indem er hinter dem Wächter hcrschritt, wohin man ihn führe. Zum Beginn der Verhandlung mußte es noch zu früh sein, um was sonst konnte es sich aber jetzt handeln? Es liegt auf der Hand, daß diese Frage Lucien's Geist lebhaft be schäftigte. War der seinem Proceß vorhergehende Fall früher beendet worden, als man geglaubt halte, und rief man ihn demnach schon zu der wichtigen Stunde, die über sein Schicksal entscheiden sollte? Oder wünschte ihn sein Vcrtheidiger zn spreche»? Nicht doch : hinter dem Gitter am Ende des Corridors, den man soeben erreicht hatte, erblickte er die Gestalt der kleinen Frau Petithomme. Ah, also das war es! Die unermüdliche Cesarine hatte sich die Erlaubniß zu verschaffe» gewußt, ihn zu sprechen, und man führte ihn zu ihr. Mie lieb, wie treu von dieser seltsamen, kleinen Frau I Lncicn's kummervolle Miene belebte sich bei ihrem Anblick; cs gab doch »och eine befreundete Seele, die er sein nennen durfte und die seiner nicht vergaß! Er hatte das Gitter, das sich vor Ihm und seinem Begleiter öffnete, kaum durchschritten und war in das Borzimmer hinter dem selben eingetrelen. als Cesarine hastig auf ihn Eilte, sein« beiden NM größten war und die Marschbereitschaft sich am besten erproben konnte. Besondere Absichten haben der Ordre gewiß nicht unter- gelegen. —> Der Rücktritt des Fürsten Bismarck von seinem Posten als preußischer Ministerpräsident wird jetzt als sicher angesehen, doch wird die Verkündigung kaum vor dem Geburtstage des Reichskanzlers (1. April) erfolgen. Der Kanzler würde sich damit ans die Leitung der auswärtigen Politik beschränke». — Herr Miqucl hat im Privatgespräch bestätigt, daß der Kaiser ihm das Amt als Oberpräsident der Rheinprovinz selbst angeboten hat. Er hat indessen offen erklärt, daß er glaube, in seiner jetzigen freieren Stellung dem allgemeinen Interesse besser dienen zu können, als aus dem zwar hohen, aber doch immer abhängig'?» Beamtenposten. Der Monarch hat diese Darlegungen im vollen Maße gewürdigt. Der nun znm Obcrpräsidenten ernannte Unterstaatssecretär Nasse in Berlin wird sein Amt unverzüglich antretcn. — Das Kriegsgericht in Mainz hat, der „Franks. Ztg." zu folge auf Anordnung des Kriegsministers von Verdy eine Untersuchung gegen eine Anzahl Militärpersone» eingeleitet, die mehrere zu den Hebungen eingezogene Volksschullehrer durch höchst beleidigende Aenßerungcn herabgewürdigt haben sollen. — Der bayerische Ministerpräsident Freiherr von Lutz, der das bayerische Staatsschiff durch manche ernste Krisis geführt, denkt jetzt ernstlich an seinen Rücktritt. Der 63jährige Mann scheint das Un glück zu haben, van einem schleichenden Siechthum befallen zu werden, welches ihm die Führung seiner schweren Amtsgeschäfte unmöglich macht. Die kürzlich gemeldete Besserung des Ministerpräsidenten soll sich abermals als eine trügerische hcrausgestellt haben. — Der letzte Reichstag zählte (unter Zurechnung der mit den betreffenden Fractionen gewöhnlich stimmenden Wilden) beim Schluffe der Legislaturperiode; 96 Nationalliberale, 78 Conservative, 39 Frei- conservative, also Cartellparteien zusammen 213 oder 14 Stimmen über die absolute Mehrheit; 104 Centrumsinänner, 36 Freisinnige, 11 Socialdemokcaten, 14 Elsaß-Lothringer, 13 Polen, 1 Demokrat, 4 Wilde. Ein Definitiv-Verlust von acht Sitzen Seitens der Cartell parteien beendete also die Mehrheit derselben. — Die sechs Berliner Wahlkreise zählen heute 352,000 Reichstags- Wähler, daS ist etwa der 29. Theil der gesammte» deutschen Wähler. Der größte unter de» Berliner Wahlkreisen ist der sechste, der fast.hundert tausend Wähler zählt. Dieser Riesenwahlkreis ist überhaupt der größte deutsche Reichstagswahlkreis. — Die Reichstagsstichwahlcn sollen, wie verlautet, bereits am 28. d. M. abgehalten werden. Indessen erscheint diese Nachricht nn glaubwürdig, denn am 24. findet ja erst die Feststellung des Rcsul tates der Hauptwahlen statt, und eS würde mithin kaum Zeit bleiben, den Stichwahltermin gehörig bekannt zu machen. — Der Reichsanzeiger pnblicirt die Ernennung des Unterstaats secretärs Nasse in Berlin zum Obcrpräsidenten der Rheinprovinz. Zum Unterstaatssecretär im preußischen Cultusministerium ist der Ministerialdirektor vr. Barkhausen ernannt, zum Ministerialdirector der Geh. Rath vr. Barth. — Die dem preußischen Staatsrath zu unterbreitenden Vorlage» sollen bereits so weit gefördert sein, daß die am 26. Februar zusammentretenden Abtheilungen, deren Berathungen der Kaiser selbst zu präsidircn - gedenkt, die Entwürfe fertig vor finden werden. Ans Grund der von den Referenten zu er stattenden Berichte wird dann das Plenum des Staatsrathes in die endgiltige Verhandlung eintreten. — Auch die Vorerörterungen zur internationalen Arbeiterschutzconferenz nehmen einen erfreulichen Ver lauf. I» unterrichteten Kreisen ist man davon überzeugt, daß eine Verständigung zwischen den verschiedenen Regierungen über die Be schickung der Cvnferenz schon bald erzielt sei» wird. — Das Cvnsistorium der Provinz Brandenburg hat jetzt endgiltig entschieden, daß die Confirmandinnen in Berlin hei der Einsegnung dnnlelfarbene Feierkleider zu tragen habe». Es war nämlich sehr häufig vorgekommcn, daß die Kinder wohlhabender Eltern in weißen Kleidern erschienen, während diejenigen ärmerer Eltern sich mit schwarzen begnügen mußten. Um nun dem äußeren Unterschiede zwischen Arm nnd Reich bei dieser Gelegenheit ein Ende zu machen, ist allgemein das Tragen dunkelfarbener Kleider vorgeschrieben. Oesterreich-Ungarn. Die Leiche des Grafen Julius Andrassy ist jetzt von Volosco nach Pest überge ührt und dort mit den ent sprechenden Ehrenbezeigungen einpfangen worden. Heute Freitag findet die Leichenfeier auf Staatskosten statt. Der Kaiser und die Kaiserin werden derselben beiwohnen. — Aus Anlaß des hundertsten Jahrestages des Todes Kaisers Joseph's II. feiern die meisten Journale in Artikeln nnd Feuilletons das Andenken dieses edlen Hände ergriff und ohne ihn zu Wort kommen zu lassen, erregt heraussprudelte: „Muth, Herr Lccomte! Zeigen Sie, daß Sie ei» Mann sind, sage ich! Werden Sie nicht weich, fangen Sie nicht an zu weinen oder so etwas, ich kann derlei nicht sehen und es regt Sie zu sehr auf, nimmt Ihnen die Ruhe für nachher! Seien Sie stark, machen Sie sich auf etwas Unerwartetes gefaßt .... ich habe Sie vorbereitcn wollen, damit es Sie nicht zu sehr erschüttert." „Sprechen Sie, sprechen Sie, was gicbt es?" unterbrach Lucien ungeduldig die Hastende. „Sie finden mich auf Alles gefaßt." „Auf Schlimmes, ja! Aber auch auf Freudiges?" „Freudiges, mir?" Der Bermulhung, daß man ihm ei» neues Unheil melden wolle, welches sich über ihm gesammelt, war er mit Festigkeit entgegcngetreten. Bei den Worten Cesarinens, die ihm eine Freude ankündigten, erbleichte er. „Was könnte cs sein?" fragteer. «Ein Besuch," entgcgnele Cesarine mit leiser Stimme, um ihn nicht zu sehr aufzuregen, wie sie meinte. „Ein Besuch, vor dem Ihnen stets gebangt hat und den sie doch so innig ersehnen." Er erhob Plötzlich rasch den Kopf und ließ seine Blicke forschend durch den Raum schweifen. Da öffnete sich die Thür dcS gegenüberliegenden Gemachs, Su- änne erschien in derselben. Er heftete einen Moment sein Auge starr auf sie; dann stieß er einen Schrei aus und schwankte, als wolle er zu Boden sinken. Aber Susanne flog auf ihn zu, wie sie als Kind ans ihn zuge eilt war, wenn er kam, mit ausgebreiteten Armen, mit vor Freude verklärtem Antlitz und umfing ihn, drückte ihn an sich und bedeckte eine Wangen, seinen Mund, seine Augen mit ihren Küssen. Fast bewußtlos, regungslos stand er da, von ihren Arme» um- chlungen, von dem überwältigenden Moment zu gelähmt, um auch nur ihre Küsse zu erwidern. Plötzlich schien die Erkenntniß des Geschehenen ihn zu beleben; er drängte das junge Mädchen sanft ein wenig von sich zurück, um- chloß ihre beiden Hände mit den seinigen und betrachtete sie lange, lange, seine leuchtenden Augen auf ihr liebliches Gesicht heftend, als wolle er ^cS in seine Seele präge», als muffe er sich erst n die Idee hineinleben, daß sie, sie selbst es wirklich sei, die er vor ich sah. Dann sie ebenso plötzlich wieder an sich ziehend, mit beide» llrmen umfassend und sich zu ihr niederbeugend, drückte er jetzt einerseits «inen langen, innigen Kuß aus ihre weike Stirn. Zwei Italien. Die italienische Regierung hat dem Schweizer Bundesrath amtlich mitgetheilt, daß sie an der Arbeiterschutzconferenz derselbe» theilnehmen wird. Bei dieser Gelegenheit mag übrigens gleich mitgetheilt sein, daß eine Einigung zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweiz über die Conferenzfrage in der Hauptsache erfolgt ist. — Wie ans vatikanischen Kreisen verlautet, plant der Papst eine an die deutschen Kaisermanifeste anschließende Enzyklika, die baldigst ausgcgeben werden soll. Frankreich. Finanzminister Ronvier wird heute Freitag den Kammer» das neue Budget vorlegcn. In demselben ist eine Anleihe von bloß siebenhundert Millionen Francs in Aussicht genommen, von welche» allerdings 403 Millionen zur Einlösung vierprocentiger Bons bestimmt sind. — Es heißt, der Herzog von Orleans werde heute per Schub über die Grenze gebracht werden. — Der Kohlen- arbeiterstreik im Bezirk von St. Etieune nimmt zu. Bisher sind am Streik gegen 5000 Arbeiter betheiligt. Die Ruhe ist nicht ge stört worden. Belgien. Aus Brüssel wird berichtet, daß Belgien auf der Berliner Arbeiterschutz-Confercnz jede Festsetzung eines Maximal- Arbeitstages ablehncn wird. Holland. In Amsterdam ist das dortige Stadt-Theater durch Feuer zerstört worden. Das Innere des Baues ist total ausgebrannt. Der Brand entstand Morgens n», 6 Uhr, die Ursache ist unbekannt. Die Casse der niederländischen Schauspieler-Gesellschaft ist gerettet, Bücher und Möbel sind zerstört. Das Gebäude war nicht versichert. Menschen sind nicht verunglückt. Orient. Ein Telegramm des Standard ans Sofia berichtet, die Negierung bewahre die größte Zurückhaltung über Panitza nnd die Verschwörung. Allenthalben herrsche übrigens die vollkommenste Ruhe. Fürst Ferdinand gehe und reite spazieren, überall werde er gnt empfangen. Afrika. Telegramme aus Tanger melden, daß der Aufstand in Wessa» (Marokko) immer größere Ausdehnung gewinnt. Die Truppen des Sultans von Marokko sollen geschlagen und zurückge worfen sein. Auch in Kabylien sollen die Aufständischen im siegreichen Vordringen begriffen sein. Der Sultan ist deshalb zur Zusammen ziehung einer großen Heeresmacht genöthigt, um gegen die Auf ständischen das Feld behaupten zu können. große Thräncn rollten bei diesem stummen, väterlichen Kuß über seine Wange», zwei Thränen der Freude, die ersten, die er in diesen schweren, düstere», kummervollen Jahren des Leidens geweint. I» der Thür des anliegenden Zimmers, nach der hin sich Ce sarine bescheiden zurückgezogen, erschien, von den beiden nur einander Erblickenden unbemerkt, der Direktor. „Ist sie seine Tochter?" flüsterte er, zn Frau Petithomme tretend, dieser leise zu. „Nein, seine Tochter nicht, aber sie liebt ihn wie sein Kind," flüsterte Cesarine bewegt zurück. „Er ist ihr mehr, als ... . als ihr je ihr Vater sein konnte!" „Ich will eine Ausnahme machen," fuhr der Direktor, durch die stumme Szene vor ihm fast ebenso erschüttert, wie die kleine Frau, mit leiser Stimme fort. „Ich will eine Ausnahme machen und den beiden Verwandten gestatte», sich unbeobachtet zn sprechen. Glauben Sie mir versichern zu können, Madame Petithomme — cs ist meine Pflicht, jede Vorsicht zu beobachten — daß ihr Zusammensein keine Gefahr in sich birgt?" „Ich stehe für die Aermstcn ein!" bethenerte Frau Cesarine eifrig. „Es wird nichts gegen das Reglement geschehe», und ich bürge dafür, daß Herr Lecomte »ach dieser Unterredung gefaßter und ügsamer sei» wird als je." „Wohlan, es sei!" Der Direktor flüsterte dem an der Thür tchenden Wächter einige Worte zu und sagte da»» laut, sich an Lucien und Susanne wendend: „Dieses Vorzimmer ist nicht der Ort, wo Sie ungestört zu ein ander sprechen können. Treten Sie in das Nebengemach ein, man wird Sie allein lassen." „Ich danke Ihnen, mein Herr!" sagte Susanne schlicht. Sic ergriff Lncicn's Hand und führte ihn i» das bezeichnet« Gemach, dessen Thür der Director, »eben Madame Petithomme zurückbleibend, hinter ihnen schloß. Allein gelassen mit Susanne zog Lucien sie stürmisch an daS Licht des vergitterten Fensters, nm sie in hellerer Beleuchtung zu betrachten, als es ihm das halbdunkle Vorzimmer gestattet hatte. Nach einer Minute stillen, innigen Anblickcns sagte er mit leiser, bewegter Stimme: „Ja, Du bist cs, meine Susanne! Ich sehe Dich wieder, wie ch Dich Verlässen habe. Deine Züge sind nicht verändert, sie sind »nr noch süßer, lieblicher ausgeprägt!" Du bist, wie ich Dich in
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