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Sächsischer Landes-Anzeiger : 25.02.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-02-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189002253
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18900225
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18900225
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-02
- Tag1890-02-25
- Monat1890-02
- Jahr1890
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 25.02.1890
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Nr. 46. — 10. Jahrgang. L>- an jeden, Wochentag AL-nd (mit dem Dalnm des folgenden Tage») zur Ber- sendniig gelangende unparteiische Zeitung „Sächsischer Landes.Anzeiger" mit täglich einem Exlra-Beiblatt: 1. Kleine Botschaft s. Sächsischer Erzähler s. Sächsische Gerichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei L. Jllnstr. Unterhalt»«,gsblatt s. Sonntagsblatt 7. Lnstiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Pfg., bei den Post-Anstalten 75 Pfg. Sächsischer Zililiies-Ailjkigtt. Verbreitetstes «nparteiifcheS tägliches Lokalblatt. Die Hauptblätter de- „SSchs. LandeS-AnzeigerS" erscheinen (o k>ne dessen Ertta-Belblätter) auch in einer billigeren Sonder-AuSgabe als: „Chemnitzer General-Anzeiger" für Chemnitz monatlich 40 Psg.frei iiisHans; außerhalb Cheomitz monatlich 50Pfg.i»it Z»tragen. PostzeitiingSpreisliste für 1390: Nr. 1307. Dienstag, 25. Februar 1890. Der Sächs. LandeS-Anzeiger ist eingeNagen i.d. 18S0erPost.ZtgS..PreiSlifte: Nr.SSVL FürAbonnenten erscheint je einmal in, Jahr: Jllnstr. Kalender de- Sächsischen Landboten. Jllnstr. Weihnachtübuch (Jahresbuch). Verlags-Anstalt: Alexander Wiede Chemnitz, Theaterstraße Nr. 5. Fernsprech-Anschluß Nr. 138. Telegr.-Adr.: LandeS-Anzeiger. Chemnitz. Anzeigenpreis: Nanm einer schmalen Corpn-zeile IS Pfg. — Bevorzugte Stelle (Isvaltige Petitzeile) 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von AuSwärtS wolle ma» den Liilnickungsbetrag (in Briefmarken) beifügen lje 8 Silben CorpuSschrift bilden ca. I Zeile.) — Anzeigen können nur bis Bormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit erfordern. — Die Anzeigen finden ohne Prcisaufschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hauptblätter des „Sächsischen Landes - Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter. Amtliche Anzeigen. ' * In dem ConcurSverfahrei» über d.is Vermögen der Handelsfrau Bietoria verehel. Wittrock in Chemnitz ist zur Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlußverzeichuiß der bei der Vertheilung zu berücksichtigende» Forderungen und zur Beschluß fassung der Gläubiger über die nicht verwerthbaren Vcrinögensstücke der Schlusstermin ans den 21. März 1890, Vormittags 11 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst bestimmt- Chemnitz, den 20. Februar 1890- Pötzsch, Gerichtsschreibcr des Königlichen Amtsgerichts, Abth- U. Im Handelsregister für die Stadt Chemnitz wurde heute aus dem die Firma Noack s: Wolf betreffende» Folium 3302 verlantbart, daß der Kaufmann Herr Ludwig Berthold Leonhardt in Chemnitz die Firma von den bis herige» Inhaber» erworben hat. Königliches Amtsgericht, Abth. den 21. Februar 1899. Böhm e. Im Handelsregister für den Lanbbezirk deS Unterzeichneten Amlsgcrichts wurde heute aus dem die Actiengesellschast „Baumwollspinnerei und Warperei Furth (vormals H. C. Müller)" i» Furch betreffende» Folinin 407 vcrlautbart, daß Herr Friedrich Carl Müller und Herr Älbrecht Alexander Zipper in Furth an Stelle de» Herrn Emil Gustav Stark Direktoren geworden sind und daß Herr Wilhelm Herr- man» Procurist ist. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. an, 21. Februar 1890. Böhme. Tr- Im Handelsregister für die Stadt Chemnitz wurde heute ans dem die Firma Eduard Beyer che,Nische Fabrik in Chemnitz betreffenden Folii»» 463 verlantbart, daß der Fabrikant Herr Conimcrcienrath Ednard Leopold Beyer als Inhaber ansgeschicden und der Chemiker und Kauf mann Herr Eduard Agatho» Beyer in Chemnitz nicht mehr Procurist, sondern Inhaber ist, sonn.', daß di« Firma künftig Eduard Beyer lautet. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. IS., am 21. Februar 4890. Böhme. Tr. Im Handelsregister für die Stadt Chemnitz wurde heaie auf dem die Firma Ernst Gehrenbcck bctreffuden Folium 478 vcrlautbart. daß der Kaufmann Herr Ernst Moritz Gehrenbcck alS Inhaber ansgeschicden ist lind daß die Kauslcute Herr Ernst Moritz Gehrenbcck .sn». und Herr Curt Max Gehrenbcck in Chemnitz nicht mehr Procuristen» sondern Inhaber sind. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. » , am 21. Februar 1890. Böhme. Tr. Im Handelsregister für die Stadt Chemnitz wurde heute auf dem die Firma I. G. Schumann ' betreffenden Folium 794 verlantbart, daß dem Kaufma»» Herr«. Friedrich Hermann Winkler MMemiiitz Procura erthcilt worden ist. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. den 21. Februar 1890. Böhm e. Tr. Im Handelsregister für die Stadt Chemnitz wurde heute auf dein die Firma Edens L Rieper betreffenden Foliam 2979 verlantbart, daß der Apoll»ker Herr Bernhard August EVens in Chemnitz nicht mehr Mil inhaber ist und daß die Firma künftig A. Rieper tautet. Königliches Amtsgericht Chemnitz, Abth. U., de» 21. Februar 1890. Böh m e- Tr. Drahtnachrichten «nseres Anreißers. Vom 24. Februar. Esse«. Die für Gestern anberanmt gewesene große Bergarbetterversammlttng ist bis.zur nächste« Woche Per tagt worden. Petersbnrg. Der Sohn des hiesigen englischen Botschafters Morrir hat sich erschossen. Bndapest. Wie positiv versichert wird, beabsichtigt Tiöza nach Schlnß der diesjährigen Session zn dentis sioniren. Sein Nachfolger »vird wahrscheinlich Kalbah werden. Belgrad. Der Minister des Neuster» richtete an die bnlgarische Regiernng eine Note, worin die Abbe rnfnng des bulgarischen Agenten, wegen seiner politischen Umtriebe, gefordert »vird. New-York. Bei Snittons (Kalifornien) hat sich in Folge eines Achsenbruches ein höchst bedauerliches Eisenbahn-Unglück ereignet, wobei IVO Personen theils getödtet, theils schwer verletzt wurden. Der König der Falschspieler. Roman von Adolphe Belüt. Fortsetzung. Siebentes Capitel. Nachdruck verboten." Der Gesängnißdirector hatte sich, in der Ueberzengnng, daß die Sache Lccomte's erst Nachmittags drei Uhr zur Verhandlung kommen werde, zn einem kurzen Ausgange in die Stadt entfernt und war nicht im Hause anwesend, als Lucien Mittags zwei Uhr, eine Stunde früher, als man vermuihet, in das Gerichtsgeväude berufen wurde. Die beiden dienstlhueudeu Gensdarmeu waren mit seiner Vorführung beauftragt worden, und diese, unbekannt mit der Schonung, welche der Direktor dem in Rede stehenden Gefangenen angcdcihcn zu lassen pflegte und vo > der sie Niemand im Hause in Kenntniß sehen konnte, sahen in ihm n»r den Verbrecher, der bereits die Sträflingskleidung trug, nahmen keine Veranlassung, gegen denselben mit irgend welcher Rücksicht zn verfahren. „Marsch, vorwärts, Sie werden nebenan erwartet!" comman- dirte der eine von ihnen rauh, Lncic» am Arm fassend. Der so An'geschrcckte schritt gehorsam und ohne nnr einen Moment seine Ruhe zu verlieren, von Susannens Seite hinweg zu dein Zimmer hinaus. Im Vorgemach ergriff der zweite Gensdarm seinen andere» Arm; während beide Polizisten ihn so gefaßt hielte», visitirten sie mit der ihnen freibleibenden Hand seine Taschen, unter- ,uchten seine Mütze, seine Holzschnhe, die er von de» Füßen ziehe» mußte, um sich zn überzeugen, daß er keine Contrebandc bei sich führe, keine Waffe, kein Briefchen mit verrälherischer Nachricht, das ihm zngesteckt worden sei. Durch di« ofiengelaffene Thür des Nebengemachs sab Susanne Politische ruimdschtnr. Chemnitz, 2t. Februar. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm sandte der Gräfin Andrassy folgende Depesche: „Ich bitte Sie, den Ansdruck Meiner tiefen Theist nähme a» dem Kummer entgegenznnchmen, den Gott über Sie ver> hängte. Ich und mein Land habe» i» dem Grafen einen wahren Freund verloren, der keinen höheren Ehrgeiz kannte, als der treue Diener seines Königs zu sein." Auch die Kaiserin Friedrich sandte ein Telegramm. — Die Flensburg-Sondcrbnrger Post wurde überfallen und um 14,000 Mk. beraubt. — Der Gesandte Oberst Roth theilte amtlich mit, die Schweiz habe ihre Socialconferenz vertagt. — Aus Saarlouis wird genieldet, der Kaiser werde zwischen dem 15. und 17. März zum Besuche des Freiherr» von Stumm i» Ncunkirchen erwartet. Die Bergarbeiter des Saar-Reviers rechnen mit Bestimmtheit darauf, daß der Kaiser ihre Deputation gelegentlich dieses Besuches empfangen wird. Zur Zeit gehen fast täglich Gesuche entlassener Bergarbeiter an den Kaiser, die um Wiederanstellung i» den fiscalischeu Grube» bitten. — Das Gesammtrcsnltat der Neichslagswahl vom 20. Februar liegt jetzt vor: Von den 397 Sitze», welche der Reichstag zählt, wird über den dritten Thcil erst in der Stichwahl entschieden werden, doch kann auch der günstigste Ausfall derselben den Cartellparteien, die über dreißig Sitze bereits in der Hauptwahl verloren haben, die Mehrheit nicht wicdcrgcbcn. Die- verlorene» Sitze haben meist die Socialdemokraten, dann Freisinnige und endlich das Centrum errungen, ein Theil muß aber noch i» der Stichwahl vertheidigt werde». An den Stichwahlen sind die; Socialdcmvkralcn etwa 60 mal, die Frei sinnigen ebenso oft, die Nationalliberalen fast 80 mal, die Cviiscr- vaiiven gegen 20 mal, das Centrnin ungefähr lO mal betheiligt. Man kann cinnchmc», daß »ach den Stichwahlen die Socialdcmokraten im Ganzen 25 Sitze gewönne», die Cartellparteien 40—50 verloren, die Freisinnigen 10—15 gewonnen, das Centrnin, Polen, Welfen und Demolräten zusammen etwas 8—10 Sitze gewonnen haben werden. Gegenwärtig sind, wie schon aus den oben genannten Ziffern der Stichwahlen hervorgeht, die Resultate noch so lückenhaft, daß sie keine Bedeutung haben. Nur Centrum und Dcutschconservative haben ihren Besitz in den katholischen Gebieten, bezw. aus dem platten Lande be hauptet. Nationalliberale, die einig«, zwanzig, Freisinnige, die ebensoviel, und Frciconscrvative^di'e zwanzig Mandate bereits fest haben sind ganz ans die Stichwahlen angewiesen. Interessant ist cs, daß in Elsaß-Lothringen diesmal drei reichsfrcundliche Abgeordnete ge wählt sind. 18d7 wurden 14 Protestler, kein Reichsfrennd gewählt. Am stärksten sind gestiegen, wenn man nur die Stimnicnzahl in Be tracht zieht, die Stimmen der Socialdemokraten; Ccntrnm und Frei sinnige haben ebenfalls mehr» doch sind in einzelnen Bezirken die freisinnigen Stimmen auch zurückgcgangen, die Stimmen der Cartell parteien dürften kaum die Höhe von 1887 behauptet habe». Was nun die bekannten Parlamentarier betrifft, so ist Folgendes hervor zuhcbcn: Bei den Cartellparteien sind gewählt Graf Moltke (conj.), von Wcdcll-Mcilchow (cons.), von Kleist-Retzow (cons.), Herr Stöcker steht in Siegen zur Stichwahl, Herr von Hammerstein ist in Biele seid dnrchgefallen, Hcrr von Helldorf steht zur Stichwahl. Von den Frcicvnseivativen ist die Wahl des Prinzen Schönaich-Carolath und des Herrn von Zedlitz gesichert. Bei de» Nalioilalliberaleu ist Hcrr von Bennigsen nicht sofort gewählt, muß sich vielmehr einer Stich wahl unterziehen mit dem Socialdemokraten Molkcubnhr. vr. Miqucl, Or. Bichl, von Cuny, von Benda sind definitiv gewählt. Bei den Freisinnigen sind Richter Hagen, Bambcrger, Träger definitiv gewählt, Nickcrt steht zweimal zur Stichwahl, Schräder und Meyer-Halle sind dnrchgefallen, Bciumbach und Hermes gewählt. Hcrr Windthorst und seine Freunde erscheinen ziemlich unverändert, nnr Hcrr von Schvrlcmer muß sich noch einer Stichwahl unterziehen. Die svcialdcmokratischcn Führer sind sämmttich gewählt. Die Socialdemvkratie hat fast alle großen deutschen Städte sofort genommen oder kommt dort zur Stichwahl. — Die freiconservative. „Post" erklärt sich den Wahlansfall, der schimpflichen Prvccdnr zn. Sie litt unsäglich bei diesem Anblick, während Lucien kalt, ruhig, scheinbar unempfindlich gegen die Schmach, die ihm augethan wnrde, dastand — scheinbar unempfindlich, um durch seine Fassung, seine anscheinende Gleichgiltigkeit Susanne das Schreckliche ertragbarer zu machen. Nachdem die Visitation beendet war, schritten die beiden Gens- darnien, die nur dem lodte» Buchstaben ihrer Dienstvorschrift zu folgen halten und damit für den zu Trcmspvrtircndc» verantwonlich waren, zu einer weiteren schimpflichen Maßregel. Sie legten dem Gefangenen Handschellen an. Tann befahlen sie ihm, mit ihnen zn gehen. Er gehorchte; aber indem er den Vorraum verließ, wandte er den Kopf noch einmal zurück nach dem Nclengemach, in dessen Thür Susanne, die Augen ans den Scheidenden gerichtet, stand, und warf einen letzte», lange» Blick auf das geliebte Kind, das er verließ. „Vorwärts marsch! Nascher gegangen," befahl der eine der Gensdarmeu rauh. Lucien schritt so rasch voran, als es ihm seine plumpen Holz- chuhe gestatteten, die laut klappernd ans de» Dielen des Corridors und den Stufen der Treppe ertönte». „Und er ist es, er, mein Onkel Lucien, mit dem man so vec- ährt!" rief Susanne vor sich hinstarrend ans. Die kleine Madame Petithvmmc schloß sie in ihre Arme. „Kommen Sie, kommen Sie, liebes Kind", sagte sie. „Wir dürfen keine Zeit verliere», unsere Plätze im Saal einznnehmen." . Sie führte das junge Mädchen hastig hinweg, in der Hoffnung, daß die Bewegung, der Weg nach dem Gerichtsgebände auch ihrem Jdeen- gange eine andere Richtung geben werde. Wenige Minuten später hatten sie den Sitzungssaal erreicht, an dessen Thür sie Hcrr Pelithomme erwartete. Er führte sie zn ihren wie folgt: „Die Wahlen von 1881 erfolgten unter dein Eindruck des durch Professor Adolf Wagner lanzirten TabaksmonopvlS, der Zoll- erhöhung vvn 1879 und der i» Folge der schlechten Ernte stark an ziehenden Getreidepreise. Die Wahlen von 1890 stehen unter dem Zeichen der Braiintlveinsteiicr, der erhöhten Brvd- und Fleischprcise, und niciiigstens znm Theile der höheren Aufwendung für HcereS- zwecke. Ursache und Wirkung sind so ziemlich die gleichen. Dabei ist in Preuße» wenigstens verabsäumt worden, durch eine sachgemäße Steuerreform unter angemessener Heranziehnng der Wohlhabenderen behufs Erleichterung von dirccten Steuern ein Gegengewicht zu bieten. Die Wahlen mahnen dringend daran, Alles zu beseitigen, was den Keim eines Interessengegensatzes zwischen ländlichem Groß- und Klei»- grundbesitz in sich schließt und so den Anhalt bietet, einen Keil zwischen Beide zu treiben. Vor Allem aber ist eS unerläßlich, daß die von gut nationalem nnd patriotischem Geiste beseelten oberen socialen Schichte» die vvlle Fühlung mit den breiten Schichten des Volkes und damit ihren natürlicheil Einfluß ans dieselben wiedergewinnen. Das wird schwerlich anders möglich sei», als daß sie selbst an die Spitze.der Bestrebungen zur Hebung der materiellen und sociale» Lage jener breiten Schichten sich stelle»." — Die freisinnige „Vvssischc Zeitung" führt aus: „Die Politik, in welche der Kaiser durch seine Erlasse und seine Anfragen an den Staatsralh einlenkt, ist eine weise, nothwendige und ersprießliche. Alles, was in den heutigen Forderungen der Socialdemokratie berech tigt ist, muß erfüllt werden. Wird es erfüllt, und daß diese Ferder- ung zur Geltung gelange, werden alle Parteien einen Wandel durch machen müsse», so werden die Socicildemokraten einen unvergleichlich geringere» Anhang anfweiscn, als heute. Mit Gewalt oder Droh ungen ist auf diesem Gebiete nichts zu erreichen, das beweist die Wirkungslosigkeit des Socialistengesetzes. Denn die Socialdemo- kralie ist das Eczengniß der politischen nnd wirlhschaflliche» Verhält nisse im Reiche, nicht etwa einer thvrichten und gewissenlose» Agitation. Wen will cs Wunder nehmen, daß Angesichts der bisherigen Unthätig- keit der Regierung ans dem Gebiete d.s Arbeiterschntzes, angesichts der gesteigerten Lebenshaltung weiter Kreise der begüterten Elaste», angesichts deS unnützen Aufwandes, der viclsach im Staate getrieben wird, die unbemittelten Bolksclassen mehr und mehr die Ungerechtig keit des Schicksals beklagen, welches ihnen des Lebens Güter vorhält, des Lebens Lasten aber ausbürdct? Der Kaiser fordert mit Recht die Durchführung der Gleichberechtigung der Arbeiter, er fordert kräftigen ArbeiteMntz, eig^vernüMiü^prganisatrW. des.,Arbeiter- standes, Fühlung zwischen ArbeitgeNr Kind Arbeitnehmer, gemein nützige Einrichtungen znm Besten der unbemittelten Elasten; sind alle diese Forderungen durchgeführt, werden sie dem Bcdürfniß gemäß er weitert, dann wird für die Socialdemokratie der Raum sehr einge schränkt sei», vorausgesetzt, daß man auch die politischen Rechte des unbemittelten Mannes anerkcnnt nnd achtet. Denn von der Million svcialdcmokratischcr Wähler gehört nur ein recht kleiner Brnchtheil zu den überzeugte» Anhängern der socialdemokcatische» Lehre. Die große Masse stimmt für sveialdcmokcatischc Eandidalen, weil sie mit t>c» be stehenden Zustände» uttjnsricden ist, weil sie die herrschende Politik scharf mißbilligen will. Da wo man in Gewerbebetrieben sich hcrbci- gclassen hat, mit den Arbeitern regelmäßig zu verkehren, hat man wahrgenonunen, daß die »»ruhigsten Kopse sehr vernünstlg werde» können. Man wird im Reichstage ein ähnliches Verfahren einschlagen . müssen. Man wird die Svcialvemokratcn nicht ferner ächten dürfen» sondern wird sic als Partei behandeln, zu den Arbeiten heranziehc», ihre Anschauungen nicht lediglich vvn oben herab verspotte», sondern ernst prüfen, und, je nachdem anerkennen oder widerlegen müssen." Andere freisinnige Blätter legen das Hauptgewicht ans die Vernichtung der Cartcllnichrheit und betonen, Fürst Bicmarck habe selbst damit eine große Niederlage seiner Gcsainwtpolitik erlitte». — Zwischen dem nencn Reichstage und der Neichsrcgierung können zunächst aus zwei Gebieten sehr schnell Conflicte entstehen: Eine Mehrheit für ein dauerndes Svcialistengcsctz ist überhaupt nicht mehr vorhanden, und dann füllt auch die colonialpolitis he Mehrheit ort. Hcrr Windthorst will für Cvlonialzweckc nur das »nbcdingt Nöthige bewilligen, lieber die Militär- nnd Marinc-Ncuforderunge» hat der frühere Reichstag »och principiclle Beschlüsse gefaßt. Hin- Plätzen, die er ihnen rcservirt halte, auf der Tribüne hinter den Geschworenen, gegenüber der Bank, auf welcher der Angeklagte seinen Sitz nehmen sollte. Die vvrangcgangene Verhandlung war beendet, die Vorbereitungen zn der neuen Sache wurden getroffen. Nach etwa zwanzig Minuten ertönte der Name des Angeklagte», vvn dem Grcfsier aufgcrnfen. Lucien Lcevmtc wnrde in den Saal geführt. Er nahm auf der An klagebank Platz, die Hänvc jetzt frei von den ihm zuvor angelegten Fesseln, aber an beiden Seiten einen bewachende» Gensdarm neben sich. Nach der Verlesung der Anklageschrift begann das Verhör. Lucien Lecomte, ansrccht stehend vor Aller Angen in seiner Slräsliogskleidung zwischen den beiden Gensdarmeu, beanlworicte die Fragen des Präsidenten kurz, bestimmt, ohne das geringste Zögern »nd mit ruhiger, scslcr Stimme. Er erklärte, den Diebstahl nicht begangen zu haben und sprach als seine Ucbcrzeugnug ans, daß Sagot und Brazier die Vcrübcr des Verbrechens seien. Er erhob seine An- klage gegen sie laut und energisch, aber gemessen und ohne Leiden- cyaft, ohne ein Gefühl des Hasses zu zeige». Ria» schritt nun zur Vernehmung der Zeugen, welche, znm größten Thcil ans Sträflingen des Zuchthauses bestehend, Einer nach dem Anderen hcrcingesührt wnrde», nnd der Vvrüberiuarsch dieser Elenden in ihrer Zuchthaustracht, mit ihren Zuchthänslcrgcsichiern vo» Gensdarmeu und Gefängnißansschcrn bewacht, erregte eine nicht geringe Sensation im Publicum. Was ihre Aussagen betraf, so zeigten sie ich hier vor dem Assiscnhos, wie sie sich vor dem Untersuchungs richter gezeigt hatten: dem Angeklagten mißgünstig, ihm znm Theil feindlich gesinnt. Sie beschuldigten ihn der Heuchelei, der Falschheit, jeder Niedrigkeit, die ein Znchthanssträfling dem Ander» als schlechten Charaklerzug nachsagen kau». Der Einfluß und die Instructionen
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