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Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.03.1890
- Erscheinungsdatum
- 1890-03-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189003049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18900304
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18900304
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungSächsischer Landes-Anzeiger
- Jahr1890
- Monat1890-03
- Tag1890-03-04
- Monat1890-03
- Jahr1890
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.03.1890
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Sk. 52. — 10. Jahrgang. rie an Wochentag Abend (mit de« Tag Taium des folgenden Tage«) zur «er- iische sendnng gelangende unparteiische Zeitung endung gelang« . , „Sächsischer Sande« >A«,«tger" niit täglich eine», Extra-Beiblatt: 1. Kleine Botschaft g. Sächsischer Erzähler 8. Sächsische Gerschtszeitnng 4. Sächsisches Allerlei b. Jllnstr. Nnterhaltungsblatt 6 Sonntagsblatt 7. Lnstiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Pfg., bei den Post-Anstalten 75 Psg. «ächsischer BerbrettetsteS unparteiisches tägliches Lokalblatt. DieHauptblütter de« „SSchs. LandeS-AnzeigerS" erscheinen (ohne dessen Sxtra-Beiblätter) auch in einer billigeren Sonder-AuSgab« als: „Chemnitzer General-Anzeiger" für Chemnitz monatlich 40 Psg.frei inSHaus; außerhalb Chemnitz monatlich 50 Psg. mit Zntragen. Postzeitung-Preisliste für 1330: Nr. 1307. Dienstag. 4. März 1890. Der Stichs. La»de«-«nzelger ifl eingetragen 1.d.18g0erPost.Ztg«..Pr«I»liste:Nr.5S7a. FürAb onnentni erscheint je einmal lm Jahrr Jllnstr. Kalender de- Eächstschen Sandbateq. Jllnstr. WeihuachtSbnch (Jahredbuch). Verlags-Anstalt: Alexander Wiede Chemnitz, Theaterstraße Nr. K. Fernsprech-Anschluß Nr. ISS. Telegr.-Adr.: LandeS-Anzelger. Chemnitz. 30 Pfg. — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellimgeu von Ausmärts wolle man AiizeigeiiprciS: gtauni einer lchmnlen Corpnszeile IS Pfg. — Bevorzugte Stelle (Ispaltigr Petitzeile) SO P,,„ -.—.. ^ . den CmrücknugSbetrag (in Dricfnmrken) beifügen lje 8 Silben Lrrpusschrift bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen können nur bis Bormittag angenommen werden, da Druck und Berbreitung der grogen Auflage lungere Zeit erfordern. — Die Anzeigen finden ohne Preisanfjchlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger* (billiger« Sonder-Ausgabe der Hauptblätter des „Sächsischen Landes-Anzeigers* ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter. Drahtnachrichten nnseres Anzeigers. Vom 3. März. Berlin. Das bisherige Gesammtrefultat der Reichs- tagSwahlen stellt die Stärke der Parteien vorläufig in nachfolgender Weise zusammen: 100 Centrum, 74 Con- fervative, 63 Freisinnige, 3t Ratkonalliberale, 33 So- tialisten, 8 Demokraten, 37 Polen, Elsässer, Welfen rc. — Wie verlautet, wird der Reichstag spätestens gleich nach Ostern einberufen werden. Die Thronrede werde grosse Ueberrafchnngen bringen. Das Soeialisten-Gesetz soll aufgehoben, dagegen ein Anarchtsten-Gesetz eingebracht werden. Budapest. Tämmtliche Arbeitervereine beschlossen demonstrativ den 1. Mai als Arbeiterfeiertag festlich zu begehen und Umzüge mit Fahnen zu veranstalten. Stichwahl Ergebnisse. sH Chemnitz, 3. März 1890. Die Stichwahlen haben am Freitag und Sonnabend stattge- sunden. Ziemlich häufig haben die Wähler der Anticartellparteicn entweder sich der Stimmenabgabe enthalten, wenn ei» Cartellcandidat zur Stichwahl mit einem Svcialdemokraten stand, oder aber auch für Letztere» gestimmt. Bei den Stichwahlen zwilchen Cartellcandidalen und Freisinnigen haben die Letzteren fast regelmäßig den Beistand der anderen Wähler gefunden, so daß sie einen recht hohen Gewi»» davontragen. I» verschiedenen Wahlkreisen haben alle Ordnungs- Parteien geschlossen gegen die Svcialdemokraten gestimmt. In Berlin scheuen die Cartellparteien wenigstens zui» Theil sür die Freisinnige» eingetrcten zn sein, denn dieselben haben die Wahlkreise 2., 3.und5.i» der Stichwahl säunntlich behauptet. Noch liegt das Gesammtresultat der Stichwahlen nicht völlig vor, aber es ist schon deutlich zu sehe», daß der Verlust der Cartellparteien ein beträchtlicher ist. Recht viel verliere» die Nationalliberalen, ebenso die Frciconservativea, und auch die Deutschconjervativeii gehen nicht ganz ohne Verluste aus. Die S»c,alde»wktaten kommen, wie vorauszusehe» war, drei Dutzend Manu und auch darüber stark in den Reichstag, die Freisinnige», die bisher 36 Abgeordnete zählten, werden vielleicht Wohl doppelt so stark werden, die süddeutschen Demokraten haben acht Sitze gewonnen Das Centruin wird sich nicht viel ändern. Bei der Stichwahl im ersten Berliner Wahlkreise wurde Träger (freis.) mit über 3000 Stimmen Mehrheit gegen Zeidler (co»s.) ge wählt, i»> zweiten Virchow (sreij.) mit 1500 Stimmen Mehrheit gegen Janiszrwski (Soc.), im dritten Munckel (freis.) mit 700 Stirn- men Mehrheit gegen de» Svcialdemokraten Wildberger, im fünflcn Baumbach (freis.) mit fast 4000 Stimme» Mehrheit gegen den Svcialdemokraten Auerbach. Die Berliner Cartcllvlätter beganple», diese Erfolge seien nur mit ihrer Hilfe im 3., 3. und 5., und mit Hilfe der Socialdemokraten im ersten Wahlkreise erfochten, während die freisinnigen Zeitungen das bestreiten und sage», im 2. Wahlkreise hätten mehrere tausend Antisemiten sür den Social-Demokraten gestimmt. Von sonstigen Stichwahlen heben wir hervor: In Köln siegte der CentrumSmann Greiß über seinen socialdemokratische» Gegner, i» Bunzlau der Freisinnige Schmieder über den Nationalliberalen Schlittgen, in Frankfurt a. d. Ode- der Conservative von Steinau Der König der Falschspieler. Roman von Adolphe Bslüt. Fortsetzung. Nachdruck verboten. lieber den großen Cornelius schien bei dieser Frage wie auf ei» Signal eine innere Lebhaftigkeit und damit eine andere Tonart der Sprechweise, die aphoristische, zu kommen. Er drehte den kleinen Vogelkvps auf den gewaltigen Schultern hastig spähend umher, ließ die Augen mit wahren Gluthblitzen nach allen Seite» hinfunkeln, um sich zu überzeugen, daß sich nichts Verdächtiges blicken laste, und flölcle im vorsichtigsten Pianissimo seiner Clarinettstimme: „Noth- wendig! Keinen Verdacht erregen! Bereitet Ihre Flucht vor!" „Meine Flucht?" rief Lucien erstaunt, mit Mühe seine Stimme so weit als nöthig dämpfend. „Bereitet sie vor! Plan schon halb fertig. Ich deswegen wieder hier!" flüsterte Herr Cornelius wichtig. „Ist eS möglich?" rief Lucie» erstaunt, erschreckt. „Aber ich will keine Flucht! Sagen Sie ihr, ich verzichte darauf nnter Susannens Mitwirkung! Die Veranlassung der Flucht eines Ge fangenen oder die Beihilfe dazu wird mit Gefängniß bestraft . . . . Der Gedanke entsetzt mich, Susanne einer solchen Gefahr preisgegeben zu sehen! Denken Sie: schmachvolles Gefängniß . . . unter Um ständen auch Stellung unter Polizeiaufsicht I" „Wissen wir!- nickte Herr Pctithomme bedeutsam.'„Thut nichts!" „Wie, thut nichts? Eine solche Gefahr für Susanne, für irgend einen meiner Freunde ... Ich will eS nicht, will nicht, daß sich Jemand um meinetwillen dieser Schmach aussetzt, weder Sie, noch Susanne, noch ein anderer von den Meinen!" „Falsch! Unnöthige Angst! Flucht ist leicht, Plan gut!" be theuerte der Riese in lebhaftester, aphoristischer Begeisterung. „Habe acht Tage lang die Oertlichkeit und die Gelegenheit studirt. Alles vortrefflich, weiß sehr gut Bescheid! Wenn Zeitpunkt da, steigen Sie hinauf nach Reservoir, klettern auf Leiter für Dacharbeiter, die oben steht, an, Telegraphenständer empor, fassen fünf Telegraphendrähte, die daran sind, zusammen, giebt festes Seil genug, Sie zu tragen. über den svcialistischen Gegner, ebenso in Hanau der Conservative Schier, in Helsfeld der Conservative v. Schleinitz. Königsberg i. Pr. hat die Socialdemokratie gewonnen, BreSlan-Ost ebenfalls, in BreS- lau-West ist der Freisinnige Bollrath gegen den Svcialdemokraten gewählt. Der Abg. Büsing (nat.-lib.) ist in Schwerin wiedergewühlt, Oechelhäuser (nat.-lib.) in Bernburg, der Freisinnige Langerhans hat sich in Iserlohn behauptet. In Gotha und Weimar sind Freisinnige gewählt, Schorlemer-Alst (Ctr) hat den Nationalliberalen den Wahl kreis Hamm-Soest abgenommeii. Der häufig genannte Berliner Socialist Kunert ist in Halle a. S. gewählt, in Schmalkalden hat der frei sinnige Buchdruckereibesitzer Wilisch seinen freiconservativen Gegner von Christen geschlagen. In Stettin hat sich der Freisinnige Brömel behauptet, dagegen haben die Socialdemokraten Bremen erobert. In Zittau, Waldenburg, Sorau, Jena, Potsdam wurden die Freisinnigen Buddeberg, Eberty, Jescke, Wister, Rüge gewählt. Oberbürgermeister von Forckenbeck hat Sagan-Sprottau behauptet, Professor Hänel Kiel, Frhr. von Stauffenberg Fürth. Ter Freisinnige Heinze hat Olden burg gewonnen, in Nordhausen ist Schneider (freis.) gewählt, i» Lübau der Nationalliberale Hoffman«. Den nördlichen Berliner Landkreis haben die Socialdemokraten erobert, de» südlichen die Conservative» behauptet. Im erster«» unterlag Lohren (freicons.) I» Erfurt ist der conservative Candidat Lucius gewählt, in Mühlhausen i. Th. der Hansininister von Wedell dem Freisinnige» Horwitz unterlege». Düsseldorf hat der Centrunismann Wenders gegen die Socialdemokraten behauptet, Koburg wählte Siemens (freis.), Wvlfenbüttcl-Helnistcdt Schräder (freis.), in Hannover und Braun schweig siegten die socialdemokratischen Candidate» Meister und BloS. Dortmund wurde von den Nationalliberalen behauptet, Bochum ging a» das Centrui» verloren. Dort ist der schon in Hamm-Soest ge wählte von Schorlemer-Alst durchgcdrunge». Darmstadt wurde von den Nationalliberalen behauptet, in Danzig ging Rickert (freis.) als Sieger hervor. In Homburg und Gießen wurden die Freisinnige» Funk und Gutfleisch gewählt. In Aschersleben unterlag der frei- conservative Amtsrath von Dietze dem -Socialdemokraten Heine, in Frankfurt a. M. wurde der Svcialdemokrat Schmidt gewählt, in München 1 unterlag Sedlmayr dem Socialdemokraten Birk. Dagegen wurde i» Leipzig Bebel von dem Nationalliberalen Götz geschlagen Halberstadt gewannen die Nationalliberalen von den Freiconservativen zurück, ihr Candidat Ninipau wurde gewählt, in Franstadt-Liffa unterlag der Pole Fürst Ferdinand Radziwill dem Laudrath von Hellniaii». In Bitterfeld-Delitzsch gewann der freisinnige Candidat vr. Hirsch, in Mannheim und Offenbach wurden statt der National liberalen Svcialdemokraten gewählt, in Pirna trug der Freiconser vative Grumbt über den Freisinnigen Eysoldt den Sieg davon. Karlsruhe wählte den Freisinnigen Pflüg'r, hingegen schlug in Stutt gart der Nationalliberale Siegle den Socialdemokraten Kloß. In Schauinburg-Lippe wurde Langerfeld (freis.) gewählt, in Mecklenbnrg-Strelitz von Oertzen (cons.), in Weimar Sandhammer (freis.), in Güstrow Gras von Schliesfen (cons.), i» Hagenow von Wrisbcrg (cons), in Mainz Joest (Soc.) gegen Nacks (Ctr.), in Offeiibnrg Reichert (Ctr.), in Amiaberg Holtzinann (nat.-lib.) in Hof Hutschenreuther (nat-lib.), in Duisburg vr. Hammacher (nat.-lib.), in Lennep-Mettmann Schmidt (freis.), in Ansbach Tröltsch (nat-lib.) Nach de» bisher vorliegende» Stichwahl-Resultaten sind gewählt 5 Freiconscrvalive, 6 Deutschcoiiservative, 17 Nationalliberale, 9 Ultra montane, 35 Freisinnige, 6 Demokraten, 1 Welfe, 14 Soeialisten, 2 Antisemiten. PoMische Rmidfcha». Befestigen sich mit kurzem Seil, das ich Ihnen bringen werde, unter de» Armen an den fünf Drähten — rutschen dann hinweg über kleine» Hof und Mauer . . . jenseits Telcgraphenstange hoch ans alten, verlassenen Nußenwall, keine Schildwache, nur alle fünfzehn Minuten Runde. Fangen an zu klettern, wenn Runde rben vorüber ist, die Sie vom Dach aus sehen können — haben dann volle fünf zehn Minuten Zeit . . . mehr als hinreichend, Drahtweg nur ganz kurz! Gleiten an Telcgraphenstange auf Wall nieder, laufe» herab, . . . Seine-Ufer dicht bei, dort ei» Boot mit Mau» für Sic . . . abgestoßen, fort, gerettet! Uff!" Lucicii hatte nicht umhin gekonnt, de» Worte» des Riesen be gierig zu lausche»; waren ihm doch ähnliche Gedanken unwillkürlich selbst schon gekommen, wenn er auf dem Dache des niedere» kleinen Pumpenhauses stehend, die Telegraphendrähte betrachtet hatte, die eine luftige und doch so nahe Verbindung mit dem freie» Außciiwall dort unmittelbar jenseit der Mauer herstellten. Wer Flügel halte, sich über diesen kurzen Zwischenraum von wenigen Schritten hinweg, zuschwingen, hatte er sich gesagt, wie leicht und in wenigen Augen blicken lachte ihm die Freiheit. Jetzt wurde ihm die Möglichkeit gezeigt, diese Flügel zu erlange», sich ihrer zu bedienen und die goldne Freiheit zu gewinnen . . . welchen Gefangenen gäbe es, de» diese Möglichkeit nicht elcktrisirte, den in solche», Momente der Gedanke a» Flucht kalt ließe! Lucien's Erregung ging in ein forschendes Sinnen über. „Sie vergessen ein Hinderniß bei Ihrem Plan," sagte er »ach einigen Sekunde» des schwankenden Nachdenkens. „Wir Arbeiter hier am Pumpwerk sind überwacht wie alle übrigen Gefangene». Jede» Augenblick kann der Aufseher, der uns zu revidiren hat, hinzakomme» und im entscheidenden Moment die Flucht verhindern." „Ist »och der eilizige Haken bei der.Sache," sagte der Riese eifrig. „Muß geeigneter Zeitpunkt gewählt werde» — Gelegenheit, wo Aufseher abwesend. Werde richtigen Moment ausspivuire», gebe Nachricht, wenn so weit!" Lucirn dachte abermals einige Augenblicke nach. „Und noch ein zweite- Hinderniß haben Sie vergesse»," sagte er dann entschlossen, den Kopf stolz empvrrichtend. „Welches?" Chemnitz, 3. März. Detttsches Reich. Die Abtheilnng berathungen des preußische» Staatsrathes sind am Freitag Abend 6 Uhr von de», Kaiser ge schlossen worden. Die drei Sitzungen habe» zusammen zwanzig Stunden gedauert. Außer den Fragen, welche die internationale Svcialconferenz beschäftige» solle», hat die Versammlung auch die ^ Dauer der Arbeitszeit erwachsener männlicher Arbeiter und die Bild ung von Arbeitcrausschüffen besprochen. Der Kaiser dankte z»m Schluß in warmen Worten der Anerkennung dem Staatsrathe und den zngezogenen Sachverständigen, namentlich aber den Referenten I)r. Miqnel und Geh. Rath Jencke, für ihre Thäligkeit und Leistungen und fügte etwa folgende Worte hinzu: „Treten Sie, meine Herren, der in der Oefscntlichköit verbreitete» Meinung entgegen, als wäre» wir hier ziisammengckoiniue», um etwa ein Geheimniß zur Heilnng aller socialen Schäden und Leiden zu entwickeln. Wir haben un redlich bemüht, die Mittel zu finden, um Manches zu bessern und die Grenze» der Möglichkeit zu bestimmen, bis zn welche» die Maß regeln für den Schutz der Arbeiter gehen können und dürfen. Ich hoffe, daß Gutes aus Ihren Rathschlägc» hervorgehen wird." Hieran fügte der Kaiser eine Einladung an alle Anwesenden zu eine», Diner im königlichen Schlöffe für Sonnabend Abend 6 Uhr. Der tiefe Ernst und die ungetheilte Aufmerksamkeit, mit welchem der Kaiser d?m Gange der Verhandlungen in den langen Sitzungen folgte und als Vor sitzender öfters leitend eingriff, die Leutseligkeit, i» welcher der Monarch wahrend der Frühstückspause bei zwangloser Unterhaltung sich den zngezogenen Sachverständigen au- de» Handwerker- und Arbeiterkreise» näherte, erregten die lebhafteste Thcilnahme aller Anwesende». Ob tie Beschlüsse der Abtheilunge» noch dem Plenum des Staatsrathes unterbreitet werden oder direct dem Staats,»inistrrlnin zugehe», steht noch nicht fest. — Da von maßgebender Stelle gegen die Gerüchte über eine »lanzlerkrisis nicht der mindeste Widerspruch erhoben wird, so tauchen die sonderbarsten Mittheilungen aüf. Die „A. N." will erfahren habe», daß Fürst Bismarck gegen dar Hervortreten des EinfiuffeS von amtlich nicht verantwortlicher Stelle Verwahrung eingelegt und eine Art Ultimatum gestellt haben soll. Es soll sich dabei wesentlich um Meinungsverschiedenheiten zwischen dem ReichskanzlK^ünd dein Oe. Hintzpeter gehandelt haben. Unwahrscheinlich genug klingt da«, aber warn», erfolgt keine authentische Erklärung? — Der „Hamb. Corr." thcilt mit, daß Fürst Bismarck bald nach dem parlamentarische» Diner, welchem der Kaiser beiwohnte, den Monarchen bat, ihn von dem Amte als preußischer Minister präsident zu entheben. Zum Nachfolger war Herr von Bötticher anscrsehcn, der Publicativnstermin war bereits festgcstcllt; aber noch vor den NeichstagSwahlen wurde der Ministerwechsel vertagt. Das Blatt betont, cs wisse ganz genau, vo» eine», Rücktritt des Fürsten Bismarck von der Kanzlcrwürde sei nie die Rede gewesen, wenn man auch nicht wisse» könne, welche Gedanken Fürst Bismarck bei sich hcruingelragen habe. In ausländischen Blättern werden über die Sache die tollsten Nachrichten verbreite!, es heißt bereits, cs seien neue Conflicte ausgebroche», besonders über die Politik, welche nach de», Wahlsiege der Soeialisten zu vertreten sei. Angesichts dieser Vorgänge wäre es wirklich recht wnuschensiverth, wenn genaue Mit- theilungcn erfolgten. — Der Kaiser hat wegen der in Hinterpvnunern betriebene» Agitation zur Auswanderung nach Brasilien falzenden Erlaß an die preußische» Minister des Inner» und des Handels gerichtet: „A»S Jhrein Berichte vom 18. Februar habe ich mit Mißfallen entnommen, „Ich will keine Flucht. Die Schuldigen sind cs, die fliehen. Wer sich unschuldig weiß, verschmäht sie und erträgt sei» Schicksal» das er ertragen muß, mit der Resignation des gute» Gewissens!" „Fräulein Susanne ist, seit sie Sie gesprochen nnv Jhre neue Lerur- theilung vernommen, schrecklich aufgeregt, beständig kummervoll, fieberhaft, grämt sich zu Tode. Sie beschäftigt sich so »»u»terbroche,> mit Ihrer Befreiung, ängstigt sich so deswegen ab, daß ihre Gesundheit leidet." „Wenn ich in Gefaiigenschast bleibe, so glaube» Sie, daß Susanne..." „Krank wird. Sehr krank. Gar nicht wieder gesund. Sache ist fixe Idee in ihrem kleine» Kopf." „Und mein Bruder? Was sagte er zu dem Allen?" „Ihr Bruder?" fragte Petilhoiiinie verblüfft. „Ja doch, mein Bruder George! — Weshalb blicken Sie mich so erstaunt an bei meiner Frage?" „Weil . . . weil . . . hm; Cesariue hat mir wirklich nicht ge sagt, was ich darauf antworte» soll," »inrmelte er vor sich hi». „Antworten Sie oder ich bleibe bei meiner Weigerung der Flucht!" „Hin . . . nun, in der Thal, ich weiß nicht, was Ihr Bruder von der Sache denkt. Ich glaube, er ist nicht mit von der Partie . . . man sieht ihn ja niemals. Nachts ist er außer dem Hanse, bei Tage schläft er oder schließt sich in sein Atelier ein." „O, mein Himmel, der Unglückliche, der Unglückliche! Also wieder, also dennoch! Und so ist Susanne allein, sich selbst überlasse», ohne Beschützer? . . ." Er schwieg und beobachtete Herr» Petithomme einen Augenblick stumm, zögernd, scharf. Dann plötzlich sich empvrrichtend, sagte er entschlossen und rasch: „Es ist gut, ich willige ei», ich werde fliehe». Bereiten Sie Alles vor »nid benachrichtigen Sie mich; ich unterziehe mich jedem Wagniß!" Petithomme nickte ihm zu, drückte ihm schweigend die Hand und chritt langsam, schwerfällig, gemessen »ach dem AuSgange. Einen Augenblick später war Lucien wieder allein.
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