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Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188607277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860727
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860727
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1886
- Monat1886-07
- Tag1886-07-27
- Monat1886-07
- Jahr1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 27.07.1886
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Erfch-i«t täglich früh «'/, Uhr. -re-«tt<n und Lr-e-Ui-n JvhauueSgaffr 8. APrrch-»»-kn -er Vr-aUwa: vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags b—ü Uhr. tzlr »K »a^»« ««««»<« »Ntt »4 «cnmi >»ch< »«Skiriich. die M»o -er für »le uächstsulgr«-« N««»er deftimmte« J«ser«»e «« <P»chr,ta,e« -iS S Uhr NachmtttaaS» a» S««n- un» Festtagen srütz -i» V.» Uhr. I« -e« Filialen für 3«f.-A«»ahme: Otto Kle««, UuiverfltätSprah« 1. Laut» Lösche. Knthartnmstr. 23, p. «ur Hs» '/,S Uhr. eipMk-TaMM Anzeiger. Organ för Politik, Localgeschichte, Handels- and GeWstsverkehr. Auflage IS,SSO. ÄbonnemrMsprris viertelj. 4'/, Mk. incl. Bringcrlohn ö Mk., durch die Pos! bezogen 6 Mt. Jede einzelne Nynimer 20 Ps. Belegexemplar 10 Ps. Sebüoren für Extrabeilage» lin Tageblatt-Format gefalzt) ohne Postbesörderung üO Mt. Mit Postbesörderung 60 Mk. Inserate stgespaltme Petitzeile Sy Pf. Gröbere Schriften laut uns. PrciSverzOchniß Tabellarischer u.Zifferniatz »ach höheröt Tarif Urrlamen »nter dem RedactionSstrich die Sgespalt. ZeilebOPs., vor den Familiennachrichten die Ogespallene Zeile 40 Pf. Inserate sind stets an die Expedits«» zu lenden. — Rabatt wird nichl gegeben. Zahlung praeuumernoüo oder durch Post- nachnahmc. „ ' 208. Dienstag den 27. Juli 1886. 80. Jahrgangs Amtlicher Theil. - Vrsumitmchitilz. erstatteter Anzeige zufolge lst da» für den Markthrlfer Karl Wilhelm Ntchur» Meister au» Ohrdrufs von der Unterzeichneten Behörde am 13. Oktober 1883 »ad Nr. SSI auögestrllte Dienstbuch verloren gegangen. vehns» Verhütung von Mißbrauch wird da» Buch für ungültig erklärt. Leipzig, ,« Sl. g»N 1886. Ai- V«lt,et«»t -er Vtatzt I.Iuuck, Palizeb Nichtamtlicher Theil. ' Jur inneren Lage. VII. * ES ist unmöglich, hier auch nur die wichtigeren Einzel heiten in einiger Vollständigkeit hervorzuheben; eS muß ge» genügen, auf einige besonder» in die Augen springende Puncle aufmerksam zu machen, bei welchen e» dem Reichstag ge» lunaen ist, mit größerer oder geringerer Anstrengung seine Ansicht gegenüber entgrgenstehend« Borschlägen der Regierung durchzusetzen, und unter diesen sind von besonderem Interesse diejenigen, bei welchen e« sich um eine Einengung der Re- ierung-gewalt und ihre» freien Ermessens handelt oder ein lärkerer Schutz der individuellen Freiheit gegenüber der Staatsgewalt in Frage steht. In dieser Richtung hat die Regierung schon bei oder nach der zweiten Lesung der Justiz» gesetze ohne weitere» Widerstreben eine Reihe sehr erheblicher Zugeständnisse gemacht. Sie ließ z. B. gleichmäßige Be stimmungen für da» ganze Reich über die Befähigung zum Richteramt und sehr auSgiebig« Garantien für die persönliche Unabhängigkeit der Richter zu. Mit ihrer Zustimmung sind über die Zusammensetzung der einzelnen Kammern und den Borsitz in denselben bei den Collegialgericht«, ebenso über die regelmäßige Stellvertretung verhinderter Mitglieder die ge» nauesle» Borschristen ausgestellt, und da alle diese Puncle durch da» Gcsammtpräsibium de» Gericht» selbst zum Voran» je sür ein Jahr bcstmnnt werden, ist für die Regierung jede Möglichkeit.aslügrschtossen, auf die Zusammensetzung de» zur Aburtheilung berufenen Collegium» im concrrten Fall irgend einen Eiufkliß auSzuübeN. Unter den hierher gehörigen Fragen War bei der zweiten Lesung nur ein Punct strittig geblieben, nämlich die Modalitäten der Bestellung von stellvertretenden (nicht dem Gerichtshof selbst augehörigen) Hilfsarbeitern bei den Landgerichte». Wenn die Negierung in dieser Beziehung allzu beschränkende Vorschriften zurückwieö, so durste sie unter Berufung auf die von ihr acmachten entscheidenden Zugeständ nisse mit gütem Grund die Unterstellung ablchnen, al» wolle sie sich aus diesem Weg einen ungebührlichen Einfluß aus die Be setzung der Gerichte in einzelnen Fällen verschaffen, und al» da» Motiv sllr ihr Äcrlangen da» unabweiöliche Bcdiirsniß der Verwaltung geltend machen. Der b-i der dritten Lesung erzielte Ausgleich bestätigt die» vollkommen; danach werden die stellvertretenden Hilfsarbeiter aus Antrag de» Gesammt- präsidium» für die ganze Dauer de» die Aushilfe bedingenden Verhältnisse» oder aus zum Voran» bestimmte Zeit ernannt. Auch so noch fanden Ccntrum und Fortschritt die Unabhängig keit der Gerichte bedroht, obgleich schon bei der zweiten Lesung zugestanden war, daß zu OoerlandcSgerichten überhaupt nur ständig angestelltc Richter al» HilsSrichter sollten herangezoge» werden dürfen, und baß bei dem Reichsgericht HilsSrichter, ab gesehen von den durch da» EinsührungSgesetz selbst vor gesehenen und genau regulirten HilsSsenaten sür die Ueber- gangSzeit. überhaupt au-grschlossen sein sollten. Ebenso kam die Negierung den Wünschen de» Reichstag» darin entgegen, daß sie einwilligte, der Vorsitzende einer detachirtrn Strafkammer sei ständig zu ernennen, und die Herstellung der Sprnchlistc der Geschworenen an» der Vorschlagsliste solle ausschließlich durch da» Loo», statt zu einem Thrll durch den Präsidenten de» Gericht» bewirkt werden. In der Strasproceßordnung sind zahllose Amendement» zur Annahme gelangt, durch welche die Garantien für den Beschuldigten verstärkt, jedem Mißbrauch der Amtsgewalt dc» StaatSanwalt» oder de» Untersuchungsrichter» möglichst vor gebeugt, dir Interessen der Rechlögleickheit und der Humani tät in sehr umfassender Weise zur Geltung gebracht werden. Hierher gehören z. B. die genauen Bestimmungen über die Voraussetzungen und die Modalitäten der Untersuchungshaft, die Erweiterung der Fälle, in welchen rin Vcrlheidiger ox okkeio zu bestellen ist, der freiere Verkehr derselben mit dem Beschuldigten auch schon während der Voruntersuchung, seine Bezablung au» der StaatScasse bei Vermögenslosigkeit de» Beschuldigten, die Au-dehnnng der Fälle, in welchen die Voruntersuchung obligatorisch sein soll, »nd die auch dem Beschuldigten elngeränmte Befugniß, eine solche zu verlangen, die Vorschrift, daß auf Antrag de« Bertheiviger» die Frage über da- Vorhandensein mildernde. Umstände an die Ge schworenen gestellt werden muß und bei Stimmengleichheit sür bejaht gilt. Ferner die erhöhte Selbstständigkeit de« Untersuchungsrichters gegenüber dem Staatsanwalt, die Be schränkungcu deS letzteren und der Polizeibehörden bei Be< schlagnahincn, die ausschließliche Zuständigkeit de» Richter» (mit Ausschluß de» Staatsanwalt») zur Durchsicht beschlag nahmter Papiere, die in da» ganze System de» Entwurf» tie eingreifende Einsührung de» Recht»mittrl» der Berufung gegen schkfscngerichtliche Urtheile; außerdem Milderung der gegen renitente Zeugen zulässigen Strafen und Zwangsmittel, Be freiung der Acrzte von dem Zeugniß über Da», wa» sie in Ausübung ihre- Berus» erfahren haben, Ersatz der nothtven- digen Kosten an den sreigesprochenen Angeschuldigteu nach dem Ermessen de» Gericht» n v. A. Besonder» lebhaft erörtert war die Frag«, ob die Richte, welch, bei der Entscheidung über die Eröffnung de» Haupt, verfahren» mitgewirkt batte», auch bei der Hauptverhandlung Mitwirken dürsten. Die Regierung gab ungeachtet der großen dadurch sür die Organisation entstehenden Schwierigkeiten zu daß höchsten» zwei von den bei dem BerweisungSbrschlus betheiligten Richtern und jedenfalls nicht der Referent bei der Hauptverhandlung betheiligt lein dürfen, und ein wohl noch größere» Opfer an ihren Anschauungen brachte sie da durch. daß sie an Stelle de» sogenannten Anklagrmonopol» de» Staatsanwalt» di« Bestimmung setzen ließ, der Verletzte könne, wenn die Staatsanwaltschaft seinen Antrag auf Er« »ebung einer öffentlichen Anklage ablehne, aus die Ent» cheidung de» Gericht» provociren, und aus dessen An ordnung müsse der Staat-anwalt die öffentliche Anklage erheben und dem Verletzten stehe e» frei, derselben als Nebenkläger sich anzuschließen. Ueber mehrere der »irr berührten Puncte ist eine Verständigung erst bei der dritten Lesung durch ein seiner Zeit viel besprochene» und von dem Forischritt und dem Centrmn viel geschmähte» Com- promiß erreicht worden. Man braucht aber »ur die erzielten Resultate einfach ins Auge zu fassen, um zu dem Urtheil zu gelangen, daß in der Thal ein sachlicher Ausgleich unter eut- ^enstebenden Ansichten stattgesunven und daß die Negierung ich zwar nicht allen in der zweiten Lesung gefaßten Be- chlüssen de» Reichstag» unterworfen, aber doch sehr viele >erselb« pur« angenommen und nach allen Richtungen hin 'ehr weitgehend« Zugeständnisse gemacht hat. Am wenigsten Erfolg hatte der Reichstag mit seinen die Preßdelicle betreffenden Beschlüssen. In zweiter Lesung war beschlossen worden, Preßvergehen sollten al» an dem Orte begangen gelten, an welchem da» Preßerzeugniß erschienen ist, und der Redacteur und die Hils-personen sollten von der Zeugnißpflicht befreit sein, sofern die strafaerichtliche Ver- olgung auf den Inhalt einer Druckschrift sich beziehe, für welche der Redacteur formell haste. Die Negierung erklärte beide Beschlüsse, obgleich der erste wenigstens mit sehr großer Majorität unter Zustimmung sogar eine» Theil» der Conser- vativen gefaßt war, sür unannehmbar, und der Au-gleich bestand hier nur darin, daß an die Stelle der zurückgewicsenen Säue auch keine anderen gestellt würden, die Entscheidung mithin der IuriSpruvenz überlassen ist. Am unbefriedigendste» ist wohl der Ausgleich de» Streite» über die außerordentliche Zuständigkeit der Schwurgerichte in Proceßsacken; sie wurde von der Regierung ebenso entschiede» zurllckgewiesen, wie von einem Theil der Nationalliberalen, namentlich den Bayern, welche damit ihr geltende« Landesrecht vertheidiglen, hartnäckig sestgehalten, so daß schließlich ein AuSweg nur in rer Bestimmung sich fand, bestehend« LandeSgcsetze, welche den Schwurgerichten eine besondere, Uber die allgemeinen reich-gesetzlichen Vorschriften hinauSrcikbrnde Competenz zu- wcisen, sollten in Kraft bleiben. Ein ähnlicher Antrag war seiner Zeit bei den Verhandlungen über die TodeSstrase von dem Kanzler auf da» Schärfste zurllckgewiesen worden; daß man jetzt seine Zuflucht zu ihm nahm, zeigt, wie fest hier Wille gegen Wille stand. Centrom und Fortschritt Hab« selbstverständlich aucb gegen die sämmtlichen die Presse be treffenden Eompromisse gestimmt. In den Augen der großen Mehrzahl der Nationalliberalen waren sie ohne Zweifel, wie auch der verdienstvolle Vorsitzende der Iustizcouimifsion und der Hauptvertheidiger der Compromißanträge vr. Miqnel hervorhob, Opfer, welche sie sür di« aus der andern Seite gebotenen, sonst nicht zu erlangenden sehr großen Vortheile darbrachten. Leipzig, S7. Juli 1886. * Unmittelbar nach der Katastrophe in Bayern trat in Berlin mit großer Bestimmtheit da» Gerücht aus, der preußische Gesandte in München, Graf v. Werthern, werde seine« gegenwärtigen Posten» enthoben werden und in den Ruhestand treten. Als Grund hierfür wurde angegeben, Fürst Bi-marck sei von dem Gesandten über die dem tragischen Ereignisse vorangegangenen Vorkommnisse in München nickt genügend unterrichtet worden, so daß der Umschwung der Verhältnisse, besonder» die Einsetzung der Regentschaft, ihn unvorbereitet getroffen habe. Da» Gerücht von der unsrmvilligrn Demission ec» Grafen erhielt dadurch Nahrung, daß derselbe eine Zeit lang sein neue- Beglaubigungs schreiben dem Prinz-Regenkc» nicht überreichte, während Gras v. Lerchenseld-Kösering seinerseits schon bald seine neuen Credi- tive dem Kaiser übergeben hatte. Nunmehr ziehen selbst Die jenigen, die am entschiedensten die Meinung verfochten, Graf von Werthern werde den diplomatischen Dienst verlassen, ihre früheren Aeußerungen zurück. Hierzu hat wohl, wie Ver »Allgemeinen Zeitung" au» Berlin geschrieben wird, außer der bereit» erfolgte» Ueberreichung der Creditive die freundliche Art, in welcher der Kaiser seinem Gesandten bei dem Besuche in Bayern begegnete, beigetragen. Wie wenig im Allgemeinen solchen Dimission-gerüchtcn zu trauen ist. hat man wiederholt zu erkennen Gelegenheit gehabt. Auch die neuesten Mittheiluna« über bevorstehende Aenderungen im diplomatischen Dienst, die an di« angebliche Pensionirung de» deutschen Botschafter» in Pari», de» Grafen Münster, an- knüpfen, begegnen in gut unterrichtete» Kreisen dem entschie densten Widerspruch. * Au» Kiel, 23. Juli, schreibt mau der „National- Zeitung": Die diesjährigen Flottenmanöver werden im Ganzen nur die Zelt von 6 Woche», von Mitte August bis Ende Sep- tember, in Anspruch nehmen. Noch mehr al» in den letzten Jahren wird der Schwerpnnct in den Uebungen der Torpedobooisflotille liegen, welche bekanntlich aus 2 Divisionen von Schickiaubooien besteht. Dieselbe wird in zweierlei Richtung in Anspruch genommen. Ein- mal zur Küstenvertheidiguna, um eine feindliche Flotte in der Nach! zu beunruhigen und mindestens 100 Seemeilen von der Küste fern- zuhalten, zweiten» um die Schlachtschiffe in See zu begleiten und am Gesecht aus hoher See Theil zu nehmen. Namentlich von fran zösischer Seile ist die Wirksamkeit der Torpedowaffe unter den letzt erwähnten Umständen sehr energisch angezweiselt worden und auch deutscherseits ist man geih-ister Meinung. Die Panzer schiffe. welche schon seit Jahresfrist Uebungen mit Torpedo songnetzen anstellen, werden diese während der Manöver fort» setzen und hofft man zu endgiltigen Resultaten über deren Leistungösähigkeit zu gelangen. Es handelt sich in erster Linie um Lonstatirung de« Schaden!, den ein im Netz hängenbleibender und exvlodirender Torpedo dem Schiffe zusügt, denn um Feststellung der Behinderung, welche da« Schiff durch das Netz, da« herablassen und Ausziehen, sowie durch etwaiges Verstricken In der Schraube erfährt. Da« Panzerreservegeschwader, bestehend au« den Panzern „Sachsen". „Baden". „Württemberg", Aviso „Zielen", dem auch „Oldenburg" und „Hansa" später beitreten, wird schon Anfang August in Dienst gestellt. Die Division commandirt Lapitain z. S. Deinhard a» Bord S. M. E. „Sachten", da- ganze Geschwader Biceadmiral v. Wickede, welcher seine Flagge an Bord S. M. S. „Boden" hißt. Die Manöver erstrecken sich auf Nord- und Ostsee und finden ln FestunalkriegSübungen ihren Höhepunkt. Aus der kaiserlichen Werst herrscht augenblicklich eine emsige Thätigkeit. Man ist bemüht, die neue Kreuzercorvette „Blerandrine" fertig zu stelle», welche demnächst zu Probefahrten in Dienst tritt. Da« Schiff findet in fachmännische» Kreisen große Anerkennung. Auch mit Ver- suchen »ur Vrrvollkommnung der Torpedowaffe ist mau augenblicklich beschäftigt. * Zum Nachfolger de» Bischof» von der Marwitz in der Diöcese Kulm soll, wie der „Kur. Pozn." erfährt, der Dompropst Wanjura zu Pelplin auSersehcn und ein Einver nehmen in dieser Hinsicht zwischen» dem apostolischen Stuhle und der preußischen Regierung bereit» erzielt sein. * Die „Donau-Zeitung" bringt einen scharfen Artikel gegen die „Germanra". Der Angriff de» Berliner Blatte» gelte an erster Stelle dem Prinz-Regenten, dem Hoff- nungSanker de» bayerischen Volke». Die „Donau-Zeitung" bezeichnet e» al» Frechheit, wenn die „Germania" sagt, daß solche weitestgehende Verdächtigungen ein bayerisches Blatt nichts angingen. Jeden bayerischen Staatsbürger geht cS an! ES streife an Lerrath, wenn ein Bayer, sei er auch von Rang, angebliche Vorgänge innerhalb deS vaterländischen CabinetS einem auswärtig« Blatt auSliefert zu dem Zwecke, um darau» Waffen gegen die berufenen Hüter der Verfassung zu schmieden. Wen» die „Germania" ein Dementi vom bayerischen Cabinet verlange, komme sie in Widerspruch mit ihrer früheren Behauptung, daß gegen ihre Quellen ein solche» Dementi nicht aufkommen könne. Der Verfasser, der ohne Zweifel den hocharistokratischen Kreisen angehörr, sagt, daß gerade er besonderen Grund Hab«, in schlimmen Tagen zum bayerischen König-Hause zu steh«. In einem zweit« Artikel beschäftigt sich die „Donau-Zeitung" wiederholt mit den Beziehungen Bayern» zum vatican. Da» Blatt behauptet, der Aus druck „vollkommene Befriedigung" stehe wörtlich in einem der betreffend« Aktenstücke. Gleichwohl dürfm die Aeußerungen de» Papste» nur relativ ausgefaßt werden, weil begrenzt durch den modern« Staat und seine Verfassung, wa- gleichfalls au» dem Actmmaterial hervorgeht. Für die Richtigkeit der Worte de» Papste» müsse schließlich der bayerische Gesandte beim Vatican, Frhr. v. Cetto, auskomm«, der übrigen» ai» olaubenStrener Katholik und umsichtiger Diplomat bekannt sei. Seine Schriftstücke dürften daher al» glaubwürdig «nd verlässig gelten. * Die wohl unterrichtet« „Bayerische nationalliberale Correspondrnz" schreibt über di« Stellung der Curie zu Bayern, wa» folgt: „Der Streit über die Haltung, welche die Lurie der gegen wärtigen katholisch-kirchlichen Lage in Bayern gegenüber eianimmt, säug« fast an komisch zu werden. Die Thatfache, daß Aeußerungen der Befriedigung seiten« der Oberhaupt» der Kirche gemacht worden sind, kann natürlich Angesicht» der Erklärung deS Prinz-Regeatcn von Bayer» nicht -«stritte» werden, und ebenso wenig wird man vaS Recht de» Letzte« anzweisel» wollen, dies« Urtheil der höchsten kirchlichen Auto rität bekannt zu gebe» »ad seiue eigene Befriedigung darüber au-zu- sprechen. Wenn seit Jahren in der ultramontanea Presse durch oie unwahre Behauptung, daß die katholische Kirche in Bayern verfolgt und bedrückt werde, Unfriede und Mißachtung der Gesetzt in der Bevölkerung zu schüren versucht wird, so war eS sogar die Pflicht der Regie- rung, durch das zustäudigste Zeugniß dielen unwahren Wühlereien entgegenzutreten. Man will nun die Bedeutung diese« Zwischen- salles dadurch abschwächen, daß man behauptet, jene Anerkennung werde von der StaatSrcgierung und de» Liberale» (daß lehr viele gemäßigt denkende, ihrer Kirche treue Katholiken durch die Erklärung deS Prinz-Regenten herzlich erfreut worden sind, wird dabei wohl weislich verschwiegen) in einem Sinne onSgcdeutet und auSgebeuiei, wie sie gar nicht gemeint gewesen sei. Die Regierung mag sür sich selber reden, aber wir haben wenigstens bisher eine» Beweis dieser Behauptung gegen sie noch nicht finden können. Wa« aber die Liberale» anbelangt — und wir habe» hier die liberale LandeS- vrrtretling im Ange, deren Auffassung und Haltung in der Frage un« genau bekannt sind—, so ist eS Niemandem aus diesen Kreisen eingefallen, zu denken, daß die Curie sich grundsätzlich »m der staats rechtlichen Lage der katholischen Kirche in Bayern befriedigt erklärt habe. Wissen doch Alle, daß der Streit über das Berhältniß von Loncvrdat und ReligionSedict zueinander niemals durch Bercindarung geschlichtet worden ist, und wer e< vergessen hätte, würde ja durch die langothmigen Verhandlungen über tie Tegernsee» Erklärung aus dem noch bestehenden Landtag gründlich daran erinnert worden sein. Wir wissen, daß, waS un« in dieser Beziehung als bayerisches Staats- und Landesrecht gilt, von der Lurie grundiützlich nicht an erkannt wird. Aber im Ernste Hot kein UrtheilSsähiger nieinen können, daß die päpstliche „Befriedigung" sich auf diese alten Streit- puncte beziehen sollte. Der wmlui vievoüi, welcher sich in Bayern angebahnt Hot und der auch dadurch zum Ausdruck gelangt, daß wir von keinen Beschwerden der Bischöfe höre», und daß die Be- etzung von Bischosöstühlen und andern kirchlichen Aemlern, welche in Zusammenwirken von Staat und Kirche stailfindet» sich ohne Schwierigkeiten vollzieht, ist eS, welcher nach der Aussassung der Liberalen dem Papst zur Befriedigung gereicht, und sie nehmen a» der Constatirung dieser Thalsachc, welche weit davon entiernt ist, dem Papst oder der Lurie irgend eine Autorität in bayerische» staai und den inneren Frieden zu befördern, an dem uns allen ohne Unterschied de» Glauben- und politischen Standpunctes gelegen sein muß." * Mit Bezug aus die Darstellung, welche über die Be- theiligung des Freiherr» von Franckcnstein bei den bekannte» Ereignissen in Bayern die Münchener „Neuesten Nachrichten" publicirtc», veröffentlicht jetzt Herr v. Franctcn- stein folgende Erklärung: „Am lt. Morgens vor 8 Uhr betam ich in Marienbad vom Flügelavjutanten Grasen Dürckheim da» im Allerhöchst« Austräge an mich gerichtete Telegramm au» Reutte, sofort dahin zu kommen. Ich be antwortete da» Telegramm zusagend, reiste mit dem nächsten Zuge von Marienbad ab und wurde alSbalv nach meiner Aniunsl in München von Seiner königlich« Hoheit dem Prinz-Rezenten, bei dem ,ch mich zur Audienz gemeldet batte, emvsang«. Ich theilte Sr. königl. Hoheit da» im Aller höchst« Aufträge an mich gerichtete Telegramm mit und sagte dem Prinz.Regent«, daß ich entschloss« sei, sobald als möglich dem Wunsche de» König» Folge zu leisten. Durch Se. königliche Hoheit erfuhr ich, daß der König nickt in Reutte, sondern in Hohenschwangau sei, und nachdem der Prinz-Regent mir erklärt hatte, ich würde dort nicht zum Könige gelassen werden, mußte ich die Reise nach Hohenschwangau ausgeben." Dazu bemerken die „Neuesten Nachrichten": „Am tt. Juni Morgen» erhielt also Baron Franckenstein da» Telegramm, welche- er al» Auftrag ver Bildung de» neu« CabinetS an seh« mußte. Am lv. Vormittag- 10 Uhr, also 22 Stund« vorher, war die Proclamation de» Prinz-Regent«, laut welcher er die Negierung de- Königreiche» weaen schwerer geistiger Erkrankung de» Monarch« übernommen yatte, öffent lich bekannt gemacht worben und eS muß auch die Kunde von diesen. Ereigniß in da» Idyll von Marienbad gedrungen sein. Aber srlbst wen» Baron Franckrnstetn allein von der dir ganze Welt erschütternd« Kunde in Marirnbav und ans der ganzen langen Reise nach München kein Sterbenswörtchen erfuhr, hier in Münch« hört« er sie au» dem Munke de» Prinz- Regenten, und trotzdem bestand er daraus, dem „Wunsche" a, wie um m« ^»innrer,r in ^e,raii»orrrn,iyasi «me, iner Waffe verewtllo»e,si h-ne-Feuer rrSsfarntyuch selbst bald tu ei« Wolke ipf hüllten. Bald begann auch die Lrttllert« thr de» geisteskranken König« Folge zu leisten, bis ihm der Prinz- Regent einen Riegel vorfchov." . ' . * Au» Warschau, 24. Juli, wird un» geschrieben: „In Skierniewice werden schon in aller Eile die Vorbereitungen getroffen zur Ausnahme de» kaiserlichen Paare» und de» Hofe» in der zweit« Hälfte de» Monat» August. In Folge dessen wird schon jetzt der Personenverkehr auf den ent sprechenden Eisenbahnlinien controlirt und die Stations gebäude schärfer beaufsichtigt. — Die diesjährigen Manöver werden in großem Maßstabe aus der Strecke von Warschau nach Brest vorbereitet. Die Militairbehörde hat bereit» Hunderte von Waggon» aus der TcreSpoler Bahn bestellt. — Im Gouvernement Grodno sind wieder zwei römisch-katholische Kirchspiele geschlossen worden, weil die betreffenden Geistlichen früheren Hinten, welche zur rechtgläubigen russischen Kircke von der Regierung bekehrt waren, Seelsorge angedeihen ließen und, wie die RegierungSorgane behaupten, Haß nuv Verachtung gegen dieselbe und die rechtgläubige russische Kirche verbreiteten." * Au» dem Lager von Krassnoje Sselo schreibt der militairischc Berichterstatter der deutschen „St. Petersburger Zeitung": Bei den Uebungen der letzten Tage handelte es sich um den Versuch, mächtige Reitermassen, wie solch» ja in künftigen Schlachten sicherlich eine große Rolle spielen werden, gegen noch voll- kommen geordnele Jnsanterietrnppen wirken zu lassen. Die Friedens stärke unserer Cavallerle entspricht uugesähr der sür den Krieg fest- gesetzten; um aber ein in jeder Beziehung richtiges Bild zu gewinnen, wurden auch kriegsstarke Iafanterie-Abtbeilnngm gebildet. Wie schwach die Friedensstämme unserer Infanterie sind, konnte man recht deutlich daraus ersehen, daß unsere lm Lager bestndlichea Gardetruppen zur Bildung zweier kriegsstarker Jnfanlerie-Regimenler der Mannschaften von acht FriedenS-Regimentern bedursten. Da auch die Artillerie in Kriegsstärke auflrat,so machte da» gesammte, aus dem Felde verlausende Schauspiel den Eindruck einer wirklichen Schlacht. Da- eine jener Jnfanterie-Regimenter, unter Generalmajor Fürst ObolenSki, bildete die Vorhut (Avantgarde) einer stärkeren HeereSabthellung; da« andere, unter Generalmajor Ljabowizkl. die Nachhut (ArriSregarde) einer solchen. Namentlich gegen die letztere hatte dir Lavallerie zu operirrn. ES wirkten dort zehn Lavallerie-Regimeuter, rin» Rritermeffe, wie man sie kaum in den größten Schlachte» vereinigt findet, unter dem Oberbefehl deS General-Adjutanten Fürst« Schachowskoi; da« Ganze leitete der Generalinspector der Cavallerir, Großiürst-Feldmarschall Nicolai Nikolajewitsch, persönlich ; der zeitwrilige Oberbefehlshaber im Lager. Herzog Alexander von Oldenburg, »ab eine Menge höherer Ossiciere wohnten dem interessant« Schauspiel bei. E« war rin fesselnder Anblick, wir fich dir Insanterie ln GesrchtSbrrettschaft setzte, die bisher zu einer Waffe vereinigten Bataillone sich in einzelne Lo- lonaea auöeinanderz», rin ununterbrochene» von Pulverdamps donnernde« Machtwort »n sprechen, wie gewöhnlich» ihr« erbittertsten Gegner, nämlich di» feindliche Artillerie, anssuchend. In da» dmnpfe Dröhnen der Kanon«schüffe mischten sich die krachende, Salven der Inianterie-Abthe,langen, welche inzwischen der Schützenkette zu Hilfe geeilt waren, um deren Lerlnste zu ergänz«, die sie t» Wirklichkeit bereit« gehabt haben würden. Nunmehr tauchten — «tu buntes Bild — die farbenreich« Reitermaffea auf, sich immer mehr am die schwer bedrohte Nachhut zusammenziehend. Al» ihr Führ« den Zeitpunkt sür gekommen erachtete, warf er seine Rritrrmaff« gegen die Insanterie, gegen deren Schützenketten sowohl, wie grgru deren Reserven, welche den Reitern einen wahren Platzregen von Geschossen entgegenschickten. Dem äußeren Anscheine nach war dir Umzingelung allerdings gelungen; ob solche aber anch ln Wirklichkeit möglich gr- wescn wäre, erschien doch wohl fraglich in Anbetracht der furchtbar»» B> i l»ste. welche die Reiterei erlitte» hätte, bevor sie recht zum eigent- ilu)rii Angriffe gekommen wäre. * Au» Valcnce im südlichen Frankreich ward« be denkliche Unruhen, die au» Streitigkeit« zwischen Franzos« und Italienern entstand« sind, gemeldet. Bei Beauriäre» (Drüme) arbeiten 3000 Arbeiter aus der neu« Eisenbahnlinie Die-ASprcS an der Herstellung eine» Tunnel». Von dies« 3000 Arbeitern sind 2000 Italiener und 1000 Franzos«. An einem anderen Werkplatz a»s dieser Linie, in Recouveau, ballen die Franzosen gegen da» Engagement von 2S italieni sche» Arbeitern protcstirl. Dieselben wurden entlassen und wandten sich nun nach DcauriürcS um Arbeit, indem sie ihren Landsleuten ankündigten, daß die Franzosen geschworen hätten, sie au» der Arbeit zu drängen, und daß sie nach Beauriöres komm« würden. Die 2000 Italiener verließen sofort die Arbeit, bewaffneten sich mit Aexten, Pistolen, Revolvern, machten sich an» ihren Messern und lang« Stäben Piken und erwarteten an der die Straße »ach Rcconbeau be herrschend« Brücke die französischen Arbeiter. Einige Tynamit- boinben wurden wohl mehr de» Jupe» halber aus die uicnschen- lccre Straße geworfen. Durch tactvollcS Bcncbiiien der Gendarmerie gelang e» schließlich, die Menge zu zerstreuen. Bei der noch vorhanden« Gährung ist aber ein Bataillon Infanterie und eine Schwadron Cairallerie au» Valence aus den Thatort berufen. Auch ist den Unternehmern verboten, größere Lohnzahlungen an demselben Tage vorzuncbmcn, um zu große Ansammlungen feiernder Arbeiter zu verhindern. * Da» von Sir Cbarle» Dilke an seine Wähler von Chclsea gerichtete Abschiedsschreiben lautet folgender maßen: Geehrte Herren! Sie wissen, das, die Intervention de« „QueenS- Proclor" in dem Proceß „Erawsord wider Erowsord" aus den Grund hin, „daß besagte Scheidung gegen die Gerechtigkeit des Falles aus- gesprochen wurde", zu einem Verbiet geführt, durch welches der Spruch des Richters Bult bestätigt worden ist. Diese Entscheidung wurde gefällt, ohne daß cS mir gestattet worden wäre, durch einen Anwalt oder selbst zu der Jury zu reden, ohne daß man mir ge staltet hätte, selbst ein Kreuzverhör anzustellen, ohne daß ma» mir Einzelheiten oder im Voraus die Namen der Zeugen mitgetheilt hätte, welche auf Beseht des Gerichts in Menge von der Gegenpartei vorgesührt wurden. Der „QuecnS Proctor", welcher einige meiner Eiiivfehlnngen bezüglich eines Kreuzverhör» occeplirte, und Sir Walter Phillimore, welcher mich mit großer Fähigkeit vertrat (frei- lich nicht als mein Advocat, sondern als Vertreter eine» Sffentlichen Beamten) hotten auch einen großen Nachtheil, indem sie thatsäch- lich ihr VertheidigungSmateriol Vorbringen mußten, ehe die Anklage ihr BeweiSmaterial erschöpst hatte. Ich habe stet» gewußt, wie schwierig der Fall sein würde, selbst wenn ich mich vollständig hätte vcrtheidigen können, wie mir diese- auch meine Anwälte sagten, und habe eS Ihnen auch niemals verhebst; der vom Gericht versüqte Gang der Verhandlungen hat dies« Schwierigkeit noch erhöbt. Wo« mein öffentliche- Leben betrifft, lo habe ich keine andere Wohl, als da« Verbiet anzunehmen, während ich abermal» gegen die Gerechtig keit desselben vrotrstire. Ich kann Ihn« nur verficht«, wie ich Ihnen so oft schon seicrlich versichert Hab», und ebenso feierlich im Gericht beschworen habe, daß ich der gegen mich »orgebrachteu An- klage nicht schuldig bi«, und sage ich Ihn« daukerfüllt und achtungsvoll Lebewohl! Die Blätter sind entrüstet über dies« Brief. Die „Time»"
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