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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.10.1894
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18941016025
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1894101602
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1894101602
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1894
- Monat1894-10
- Tag1894-10-16
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Neclamen unter dem RedactionSstrich (4-«' spalte»! 50^j, vor den Familieanochrichte» <6 gespalten: 40^. chrohere Lchristen laut unserer» Preis» »erzeichnib. Tabellanjcher und Ziss.rujatz nach höherem Tans. Extra-Benage» (geialzt), nur mit de» Morgen - Ausgabe, ob ne Posibesorderung » 60.—, mit Posll>etorderu»g » 70-. Annnlimeschlnb für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittags >0 Ubr. Morgen-Ausgabe: Nachmittags 1 Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,9 Uhr. Let den Filialen »nd Annahmestellen >e ein« halbe Stunde früher. U»ter»r» sind stets an die Erdedttt,«» zu richte». Druck und Verla, von E. Pvlz in Leipzig 88. Jahrgang. politische Tagesschau. * Leipzig. 16. October. Am Sonnabend meldete unser Berliner tztz-Corrcspondcnt telegraphisch, dem Vernehmen nach sei in der am Freitag abgchaltcncn Sitzung des preußischen StaatSministe- riumS »ach lebhaften Debatten schließlich „allseitigc Ueder- etnstt«uu»lg bezüglich des Vorgehens gegen die Umsturzparteie» erzielt worden". Dieser Meldung ist von verschiedenen Seiten widersprochen worden; neuerdings wird der „Schics. Ztg." aus Berlin geschrieben: „ES kan» mit Bcsliiiinitheit versichert werden, da» die in einigen Leitungen verbreitete Nachricht, es sei bereits z»m Schlüsse der Ministerberatbung am Freitag vollständige Einmiithigkeit Über de» zur Bekämpsung der Unislurzbcstrebungen zu be- schreitenden Weg erzielt worden, falsch ist. Man gelangte weder über den Umfang der eventuell ins Auge zu fassenden Maßnahmen, noch über den moäus proeeüsoili zu einer ausreichenden Aus- und definitiven Absprache. Unter diesen Umständen werden die Verhandlungen zwischen Len einzelnen in Betracht kommenden Ressorts fortgesetzt, und es wird sich erst im Lause der nächsten Woche entscheiden, welche Maßnahmen in Vorschlag gebracht werden und ob dieselben in der Form eines preußischen Antrages beim Bundesrath eingebracht oder als Prä- jidialvorlage behandelt werden sollen." Dazu bemerkt unser Berliner tzrs-Correspoudcnt: „Untere Meldung, daß in der am 12. abgehaltenen Sitzung de« StaalLliiiiiistcrlnntt über die Nothivendigkeit des Vorgehens gegen di« Umsti,rzbrstrebu»gcn sich »ach vieriinnolg.r lebhsOer Debatte völliges Einvcrstandniß heransgesiellt habe, sind heute wir »ach ge- wissenhaster Erkundigung in der Lage, durchaus zu bestätigen. Es besieht keine Meinungsverschiedenheit innerhalb des preußischen Staats»,inisteriums darüber, daß in den Einzel- sdaaltii lind im Reiche neue gesetzliche Maßnahmen erforderlich sind. Mehr habe» wir nicht behauptet und mehr könne» wir auch heule nicht versichern. Es hat eben im letzten Ministerralh lediglich eine Art „Generaldebatte" slattgesunde», bestimmt sormulirtc Vorlagen haben »och gar nicht aus der Tages ordnung gestanden." Das iliirgl allerdings etwas anders als die frühere Melkung, es sei „allscitigc Uebereinstimmunz bezüglich des Vorgehens gegen die Uinsturzparteicii erzielt" worden. Wenn eine vier stündige lebhafte Debatte nöthig war, um ein Einverständniß darüber zu erzielen, daß überhaupt in den Einzelstaateii und im Reiche neue gesetzliche Maßnahmen erforderlich seien, so müssen über diese Gnmdfrage sehr weitgehende Meinungsverschiedenheiten geherrscht baden und so bat die schließlich herbeigcfübrte „Ucbercinstimmung" nur einen geringen Verth. Wie manche Generaldebatte hat schon zn principicllcr Uebereinstinimung geführt, die bei den Specmlkebatten kläglich in die Brüche ging. Und leider läßt die Sprache der verschiedenen „Ossiciösen" daraus schließen, daß diejenigen „Gewaltigen", die nicht nur de» Reichskanzler, sondern auch eine höhere Stelle »ach ihrem Willen lenken zu können meine», noch immer die Hossnung nicht ausgcgeben haben, die Specialdcbatte im preußischen StaatSministerium werde ausgehen wie das Hornberger Schießen. Man wird es daher begreiflich finde», daß da und dort der Wunsch nach einer neuen KönigSberger Rede laut wird. Wahrend die mit den Reichsofsiciösen im Bunde stehenden Demokraten den Reichskanzler von einer entschiedenen Actio» gegen die Umslurzbewegunz durch das an die Wand gemalte Gespenst einer Verschwörung zum Sturze des Grafen Eaprivi abznhalten suchten, ist in Bayern ganz in der Stille ein: Jnlrigue angezettelt worden, die nichts Geringeres bezweckte, als^ eine Mintftrrkrisis beraufzubcschwören und Elemente zur Herrschaft zu bringen, die im BundcSrathe auf eine klerikale Reichspolitik hinarbeiten könnten. Ja, man hat sich nicht gescheut, den Prinzen Ludwig mit diesen Treibereien in Verbindung zu bringen und dadurch den Anschein zu erwecken, als ob der künftige Erbe der bayerischen .Krone im Bunde mit den Minisierstürzlern sei. Wer eigentlich die Seele dieser Jntrigue gewesen ist, ob der bekannte ultramontanc Gras Conrad Pressing oder eine andere ibm nahestehende einflußreiche Persönlichkeit, ist nicht genau festzustellen. Auch der schließlich- AuSgang scheint noch ungewiß zu sein Die Münchener „Neuesten Nacbr." bringen aber wenigstens einige Klarheit in die Sache durch folgende Erklärung: „Das führende Organ der bäuerischen Ultrainon tanen hat in der letzte» Zeit mit ausfallender Hartnäckigkeit sich eine Krisis im Schooße des bäuerischen Ministeriums construirt und schon sür die allernächste Heit eingreifende Veränderungen prophezeit. Bo» maßgebender «eite wurde sofort jede Absicht einer Aeiiderung im Ministerium in Abrede gestellt und man war geneigt, anzunehmen, daß hier einmal wieder der Wunsch der Vater des Gedankens war. Bemerkenswerth an der Sache ist,daß man bei diesen Ilnterströmungen einensehr hohen Herrn mit in die Debatte gezogen und sich den Anschein gegeben hat, als ob sich diese Hinterireppenpolitik unter den Auipicien dieser einflußreichen Stelle breit mache Ter Haupt stoß richtet sich gegen das Ministerium des Innern, dessen Chef noch keine Panacee gegen die Socialdemokratie, den Bauern bund u. s. w. gesunden habe. Auch die Murnauer Vorgänge werden dem Minister zur Last gelegt. AIS „kommender Mann" wird mit großem Eifer der Cultusminister Vr. v. Müller bezeichnet, „durch dessen Persönlichkeit ein voller Svstemwcchjel hin reichend gekennzeichnet wäre". (!) Einige Blätter glauben, daß ein sehr einflußreicher ultramontaner Gras, aus dessen Gunst sich daS n!t7"me»>tan» nouvtoraas sebr viel »u Mute tdut di, Tri-b'-der de- Ganzen sei. Dem Einfluß dieses Herrn ist es jedenfalls mich zuzmchreibe», iveiliidasgi'nannteBialliobeicheiLe» ist, vorläufig kein direct „klerikales Ministerin»!" z» fordern. Es begnügt sich vorerst »nt der „Nuance Müller". Das ist recht bescheiden, aber man sicht doch de» Pferde fuß dcrauS. Möge» die Berdäitiiisse liegen, wie sic wollen, daß ein voll,räudiger llebergang der Regierung ins klerikale Lager für unser Land ein Unglück vo» unabsehbarer Tragweile märe und einen sebr entschiedenen Widerstand aller Nichtullrainontanen — unter denen sia, auch die geistige Elite der Katholiken befindet — Hervorrufen würde, brauchen wir nicht besonders zu betonen. — Wie uns übrigens aus Erkundigungen hin von zuständiger Seite milgelheilt wird, steht Prinz Ludwig den geschilderten Vorgängen vollständig fern. Es wird uns dies mit dem Bemerken miigetheiit, Laß der Prinz den Grase» Conrad Preysing schon seit langer Zeit nicht mehr gesprochen und gesehen hat." Jedenfalls ist der Vorgang sehr lehrreich für daS gesammte preußische Staat-nrinisteriom. den Herrn Reichs kanzler cingeschlofscn. Wenn in da« jetzige Stadium der Berathungen über die Bekämpfung, der Umsturzbcwegung durch reichsgeseplichc Maßnahmen noch eine MinislcrkrisiS im zweitgrößten deutschen Einzelstaate siele, so könnte nian die Verhandlungen nur getrost abbrcchcn und den Umstürzlern eine neue Schonzeit gewähre». Noch liegt das definitive Resultat der belgischen Parla- mcntSwahlen nicht vor, aber soviel kann schon jetzt als sicher gelten, daß die erstmalige Anwendung des allgemeinen Wahlrechts, welches namentlich den Arbcitermasicn den Zutritt zur Wahlurne frei machte, zu einer Niederlage des gemäßigten Liberalismus geführt hat, Dank der traditionellen Zerfahrenheit der liberalen Parteien in Belgien und Dank der vortrefflichen Organisation der Ultramontanen. Diese ble.ben die herrschende Partei. Die frühere Kammer zählte 93 Katholiken; dieselben verlieren, wie uns der Tele graph meldet, 10 »nv gewinnen 2 Sitze. Die Kammer zählte 39 Liberale, dieselben verlieren 21 und gewinnen 7 Sitze. Die Socialisten, in der früheren Kammer »»vertreten, er halten 19 Sitze. Der Senat zählte 17 Katholiken, die selben gewinnen lO und verlieren 3 Sitze, und 3V Liberale, dieselben verlieren lO Sitze, welche die Katholiken gewinnen, und gewinnen 3 von den Klerikalen verlorene Sitze. In 9 Arrondissements finden Stichwahlen statt. — DaS Ein dringen derS ocialdemokratic in die belgischeVolkSvertretung und zwar mit einem alle Erwartungen übersteigenden Erfolg ist daS Charakteristische und Epochemachende bei den diesmaligen belgischen Wahlen. Daß der Sieg der belgische» Umstürzler auch der Socialdemokratie der Nachbarländer neues Wasser aus die Mühle leiten muß, ist klar. Mit siebcrbafler Spannung hat man. wie »nS unser Berliner ( II -Corre spondcnl mittbeilt, die belgische Wahlcampagne besonders im dortigen socialistischcn Lager verfolgt, von wo auS die belgischen Genosse» reichlich mit Geldmitteln unterstützt worden sind. Derselbe schreibt: Stützen Hoffnungen hotte man sich eigentlich nicht hingegeben, wenige Tage noch vor der Wahl schrieb der „Vorwärts": „Es wäre thöricht, sich in Berinuthunge» über das Resultat zu ergeben". Die Freude, als dir erste» Sieqesdevesche» auS Lharleroi (Stadt und LanlO, Mons, Lüttich, Brüssel eintrase», war natürlich keine kleine, 152 Deputirte waren zu wählen, z»m ersten Male in Belgien hatten die Socialisten über- Haupt Candidaten ausgestellt, um 80 Mandate bewarben sic sich, ernsthaft nur um 25. Tie Sociatdemokraten rechneten bestimmt nur aus das Mandat in Lbarleroi-Lond; hier befinden sich die großen Fadnkdörser, die bei dem Bergardeiter-AuSstand im Jahre 1886 insgesammt ausständig waren, und in denen es zu blutigen Tumulten und Brandstiftungen kam (Jumet, Roux). hier und um Lüttich dabei, wir die Haupt- industriecentren, die Ardrtter gehören ausianieß»« ocm >»»!!o- nische» Element an. Der rolhe» Fahne folge» sie alle, die Gcwehrarbeüer i» Lüttich (viel Haiisiiiduslrie) sind ganz vor züglich gewerkschaftlich organisirt. Trotzdem rechnelen die Social- dciiivkrate», wie gesagt, hier kaum aus eine» Sieg, um so sreudiger war ihre Ueberraschiing, a>S diese alte Bischofssladt von ihnen er obert w»rde. Dringe» die Socialdeniokraten noch in Vervicrs durch, so dürften sie etwa 20 Mann stark in der Nanuner erscheinen. Die Anstrengungen, weiche die Locialisie» sür diese Wahlen gcmachl, sind ganz unglaubliche gewesen; bereits zu Ostern lagle i» MonS ein Congreß, der sich »nt den Vorbereitungen be schäftigte, der Hauptcongreß wurde am Sonntag, Len 15. Juni, in Brüssel obgehalten; lebhaft beschäftigte man sich damals mil einem eventuellen Bündnis) mit den radicalen Parteien. Es wurde init 138 gegen 97 Summe» beschlossen, daß nur solche Bündnisse zulässig seien, die dem sociaiislischen Programm »ichl zuwiderliesen Des Weiteren wurde damals bestimmt, daß di« Diäten, welche die „Genossen" a>« Mitglieder der Kammer beziehen, uur zum Theil vo» denselben verbraucht werden dürften; mindestens '/« habe jeder in die Kammer gewädlt« Genosse sür Porleizweck« zu opfern. An der Wahl halten 1 370 687 Bürger theilzunehmen, di« über 2III 127 Stimme» verfügten; bei der vorigen Wahl batten nur 135 236 Personen das Wahlrecht. Die Führung der Socialisten dürste in den Händen von Hector Denis, dem ehemaligen Rector der Universität Brüssel, und Anseele, dem Schöpfer der corporativen Genossenschaiten «Bäckereien, Fleischereien, Brauereien, Apotheken) liegen. Eine» «eueren Erfolg werden die Svctatdemokralen am 23. zu verzeichnen haben, rS soll dann die freie Univerniät von Brüssel eröffnet werden; deren Lehrer sind ganz ausschließlich Socialisten und Anarchisten, unter letzteren be findet sich auch ElhsSe Rectus. Die Stichwahlen zur Devulirtcn- kamnier finden am 21. November statt. Den größte» Wahlsieg, welche» die Socialisten seit längerer Zeit erfocht»», wird der bei diese» Wahlen sein: er wird sicherlich aus die socialistische Bewegung ganz gewaltig einwirken. Angesichts der immer drohenderen iociali- fuschen Gefahr dürste endlich das Bürgerthum zu erwachen ansangen. Hoffentlich! Als gewiß darf jetzt bereits gelten, daß die politischen Gegensätze in Belgien, wo eS bisher nicht an bcs- tigen Kämpfen zwilchen Klerikalen und Liberalen fehlte, durch das Eindringen socialistischer Elemente eine wesentliche Ver schärfung crsahrcn werten. Ob da- kleine Land sie aus die Dauer ertragen kann, das muß sich erst noch zeigen. Die dortige Socialdemokratie ist unverhohlen revolutionär. Weiter aber wird sich zeigen müssen, ob der Klerikalismus im Stande sein wirk, die mächtig anwachsenden Wogen der revolutionären Bewegung cinzudämmen. BiS heute hat er in dieser Hinsicht die Probe noch nirgends bestanden. Erweist er sich in diese», Kampf, wie vorauSzuscken, ohnmächtig, dann dürste die Zeit keS gemäßigten Liberalismus i» Belgien doch noch kommen. lieber die neuesten französischen Steuerpläne smreibl man uns: Tie Besteuerungen in Frankreich haben bereits eine solche Höbe erreich», daß sich die Regierung nach allerlei anderen Mitteln umsiebt, um die Einkünfte zu vergrößern. Vor allem hat man dabei die Monopole im Auge, besonders die aus Tabak und Streichhölzer. In Frankreich Lars allein der SlaatTabak bearbeite», vo» ibm wird das Fabrikat, Rohtabak owobl wie Cigarren, an Händler verkauft. Diese mögen dann wieder de» Tabak weiter verkaufen in welcher Form sic wolle». Aus diese Weise ist eine ausgedehnte Privatsabrikation oou Cigarette» entstanden, die natürlich aus Rcgietabak hergestellt sind Wohl verkauft auch der Staat Cigaretten, aber nur aus ländisches Fabrikat, besonders türkisches, sür welches er Monopol besitzt. Die Fabrikation anderer Cigaretten lies; man indessen frei. Aber um die Einkünfte auS der Regie u vermehren, hat man in den Staaissabriken angesange», clbst Cigaretten zu machen und nun verbot die Regierung den Privat - Fabriken die Herstellung. Es kam zu einem Proccß. der durch alle Instanzen lief, bis schließlich der CassationShos das Unheil fällte, daß da- Gesetz kein Monopol auf Cigarette» kenne, und deshalb jeder nach Beliebe» Cigaretten fabriciren könne, wenn die selbe» »ur a»S Rcgietabak hergestellt sind. Der Finanz- niiiiistcr hat deswegen auch die Absicht. in dem Budget für 1895 eine GcseyeSändcniug vvrziischlagcu, wodurch auch dic Fabrikation von Cigarette» i» das Monopol mit aus genommen wird. Cs ist sogar die Rete davon, das Monopol selbst ans das Cigarcllenp.ipier .,»s;ntcl»ic». Natürlich ci regl dies Vorgehen große Culiülliiiig, als eine Beiiaclp- theiligung der sreic» Industrie. Mau schätzt de» Vcrbrauclf- der Cigaretten aus jährlich 900 Millionen, so daß die Frage von nicht geringer Bedeutung ist. Auch in Bezug aus diie Streichhölzer wird der St«at t»e Daunischraube» noch enger anziebe», i» erster Linie durch Verschärfung der Strafen. Bei Schmuggelei B soll daS jetzige Marimum der Gefängilißstrase von 6 Tage» erhöbt werden aus >. Monate »nd die Geldbuße vou 300 aus lOOo Francs. Ein aiidereS Bild von weitgehender Besteuernng sindct man bei den Spielkarten. Diese sind sehr schwer belastet, und des halb bestand in vielen Restaurants und Easös die Gewöhn heit, die gebrauchten Karten sauber zu waschen und zu plätten, so daß sic wieder als neue gebraucht werden konnte». Der FiScuS erblickte in diesem Vorgehen eine Gesetzes übertretung und die Gerichte stanvcn ibm in dieser Auffassung durch Verurtheilung der Angeklagten bei. Auch aus dem Telegraph sucht dic Regierung soviel wie möglich zu ziehen. Man kann gegen Bezahlung von jährlich lo Francs eine Telegrammadresse ausgeben, dic natürlich in der Regel den Raine» verkürzt angiebt. Nu» hat sich die Administration kürzlich geweigert, Telegramme anz»»ch»ieii, deren Adresse abgikürzt war, obwohl über die Person des Adressaten kein Zweifel bestehe» konnte. Ma» wollte also das Publicum zur Bezahlung der lo Francs zwinge». ES ist aber gegen diese Maßregel ein solcher Sturm der Entrüstung entstanden, daß man sie schleunigst wieder hat einziehen müssen. Dic Lage in Portugiestsch-Oftasrika will den Londoner Blättern je länger desto weniger behagen. Als besonders erschwerend gilt ihnen der Umstand, daß zwischen Portugal und den Transvaal-Boere» AunäherungSversuchc statt- sindcn, und sogar von einer gemeinschastliche» Bekämpfung der Kaisern durch Portugiesen und Boeren dic Rede ist. Zn FeuiUetsii. Der goldene Mittelweg. Roman von Erich Rott. slichteuit Verbote». (Fortsetzung.) Auch der Großmutter vertraute sich Erich an. Sie trafen mehrere Mal die Woche au den beiten, ihren Herzen gleich mäßig tbcuren Gräbern zusammen Das war neutraler, heiliger Boden, denn um keinen Preis hätte sich Erich jetzt im Gedöst des Großvaters sehen lassen und dessen Verun glimpfungen sich auSgesctzt. „Mach, was Du willst, mein HerzenSbub'!" sagte Frau Barbara aus seine Eröffnungen, während sie dem jungen Mann zugleich ein stattliches Bündel Banknoten anSgehändigt batte. „Da hast Du zehntausend Mark, eS bat mich harten Kamps genug gekoste:, dic vom Alten herauSzudekommen. eS ist nicht viel, aber immer koch etwas, und ich mein', so ein Geld, wo GroßmuttcrS Segen und ibr Gebet zu lichten HimmelSböben darauf ruht — muß Glück bringen." „Da- weiß ich", entgegncte tief empfunden der junge Mann und zog die Großmutter au seine Brust. „Ich will- machen. Sollst noch stolz sein aus mich, Großmütterchen!" Mit zitternden Händen nmspanntc Frau Barbara seine Rechte: „Gott segne Dich, mein lieber Bub!" sagte sie, während Thränen ihren Blick verdunkelten, „ich weiß eS, daß auS Dir etwas Rechtes werten muß; diese Hoffnung erhält mich ausrecht, und sic wird nicht zu Schanden werden!" Gar bald wurde e« nun ruchbar im Dorse, daß die Errichtung eines neuen SchneitewerkeS beabsichtigt werde Müller Forschncr sagte eS einem Jede», der eS böreu wollte; dabei seinem Ingrimm, den er im Herzen gegen Winkler führte, beredten Ausdruck gebend. „Ich Hab' ja die Bayen nicht so dick liegen, wie der Bürgermeister", sagte er einmal am WirlhSIisch, „bei dem sollen sie ja »ur so scheffelwei« aus dem Getreidespeicher auf- gestapclt liegen, aber eS langt doch, um die jungen Leute zusammeuzuthun und ein behaglich Nest zu zimmern ... und daran so» S nit fehlen!" Als Winkler die Sacke zu Ohren kam, da lackte er galle bitter auf. „Nun wird » rech», der Eakel macht also dem Großvater Concurrenz, wie das neumodische Wort heißt. Wenn er sich nur bei dem Handel nicht arg ins eigene Fleisch schneidet. Wir haben Geld im Sack und die Kundschaft sür unS. Und . . . und", fügte er mit giftigem Lächeln Hinz», „daS Holz, welches er zu». Schneiten bezieht, muß er weil berholen, renn dafür will ich schon sorgen, baß er in der Nähe nichts bekommt." Aber die guten Vorsätze Winkler'S kamen zum Theil zu spät, denn Erich batte vorgcbaut und batte mit dem Capital der Großmutter bereits stattliche Waldungen, die bequeme Abfubrwege boten, angekauft. Winkler lachte freilich nicht wenig, als er erfuhr, um welche Waldbestände es sich handelte. „Ei, da schlag ja ein Donnerwetter, nein", sagte er. nachdem er sich von einem schallenden Gelächter erholt batte, zu dem jungen Baron, welcher ibm die Kunde gebracht, „für so dumm habe ich den Buben nie gehalten, ick glaub', dem ist der Hochmut!» iu de» Kops gestiegen. Die Schläge kenne ich ja ItM) genau, das ist daS elendeste Kropszeug, nur dünne Sträucher, kein gcrad' gewachsener Stamm. Da bab' ich ja gleich zu Anfang be gonnen, abzubolzen, was nur irgend anging, und dafür wirst er sein Geld weg! DaS kann Dir recht geschehen", wendete er sich an seine Frau, „daS schöne Geld, was Du Dir von mir hast geben lassen und das Du jedenfalls dem zugestcckt hast, geht nun in Rauch aus." Krau Barbara batte nickt- dazu gesagt, sondern nur bei sich gedacht, daß cs ibr Enkelsobn schon recht macken werte. Nun begann ein Zimmern. Schaffen und Wirken in der sonst so stillen Walkmühle, von welchem sich diese niemals hätte etwas träumen lasse». Die Handwerksleutc hantirten vom frühen Morgen bis in die sinkende Nacht hinein. Da wurde der ganze Müblcngan^ abgebrochen und der dadurch gewonnene Raum zu einem csägcwerk eingerichtet; außerdem aber wurde etwas abseits von der Mühle, entgegengesetzt von dem Weiher, der in seinem unergründlich liefen Schooße so unauslöschliche traurige Erinnerungen für Erich barg, ver steckt im Walde gelegen, mit dem Bau eine« zierlichen, nur einstöckigen Häuschen- begonnen, da« »och vor der rauhen Jahreszeit unter Dach und Fach sein sollte. .Da« ist für Euch bestimmt", sagte Forschncr zu den Liebenden, während e« dabei freudig in seinen Augen aus- leucktete. „Dort sollt Ihr Euch Euer Glück ausbauen, ich laß' das Hau- nur leicht ausführcn, denn e« ist nur »ür den Augenblick. Später, wenn einmal Erich die Unsummen auS dem Sägewerk vereinnahmt hat, dann mag er sich e,ae Sleinvilla Hinsehen, dann wert' ick aber jedenfalls die Augen nimmer aushebe» können und die Pracht nimmer schauen!" Die Hochzeit teS jungen Paares wurde ebenfalls aus Weibnachte» festgesetzt. Ääbrcnd aber in der Walkmühle die Hände sich fleißig regte» und dic von Tag zu Tag immer schöner und verklärter sich entwickelnde Gertrud bei ihrer Pflegemutter in der Stube saß und das unsagbar heilige Glück in ihrem Herzen »ur durch Gedanken an de» im Ge fängniß schmachtenden Vater zuweilen getrübt wurde, wäh rend mehrere Näherinnen aus der Stadt im Vereine mit Mutter und Pflegetochter ihre Nadeln fleißig regten, um Gertrud s Aussteuer sein säuberlich berzustelle», herrschte im stattlichen Gedöste Winkler'S eine weniger behagliche Stim mung. Der jähe Bruch mit dem Enkel war Winkler doch ein wenig gegen den Strich gegangen Er verstand indessen, eS sich einzurcden, daß bei ibm sein Herz gar nickt betheiligt war, sondern ihn nur dic Erwägung verstimmte, daß er nun der Arbeitskraft dcö Hcimgekehrtrn, auf die er gerechnet, ent- ralhen mußte. „Jetzt bleibt nichts Andere- übrig, als Sie. Felix, treten an den meinem Enkel zugedachlcn Platz ; da« Dägewcrk nimmt von Tag zu Tag mehr an Umjang zu, und cs ist mir schon schier über den Kops gewachsen, und da tbut eine junge Kraft mit bellen, scharfen, um sich spähenden Augen notb; ich werde schon dafür sorgen, daß Ihr ebenfalls ein bergend Heim sür Euer junge- Glück bekommt, soll aber ander« aussallcn, als was der Forschncr dort hinten im Walde so armselig aus bauen läßt sür das saubere Liebespaar Na, mir kann - ja recht sein. Den Winter über macht Ihr eine Hochzeit-reife nach Italien, wie ich eS Euch versprochen habe, und im nächsten Frühjahr gebt cs ritsch ratsch! Da wollen wir da- Lumpengesindel drunten bi« an die Wand drücken, daß sie keinen Ton mehr von sich geben!" Baron Felix zog freilich eine süßsaure Miene zu der Perspective, nach beendigter Hochzeit-reife wieder in« Dbal urückkchrrn und die bescheiden« Rolle eine- WerkführcrS vielen zu sollen, aber vorsichtig unterdrückte er seine» Un- mutb, um so mehr, als seine Braut freudig bewegt in die Hände klatschte und dem alten Mann um de» Hals fiel: .Da« ist nett, da« habe ich mir so gedacht. Schau, jetzt wäre ich ganz glücklich, wenu der böse Erich nicht einen solchen Streich gemacht bätte." „Ach, nenn' mir seinen Namen nicht mehr, da- ist da- Beste", meinte Winkler ablehnend. „Er soll sich nur die Höruer ablaufrn, wird bald rinsehr», wa« da- für ein Glück ist, eine Frau i»S Hauö zu kriegen, deren Vater im Zuckt- kauS alt und grau geworden ist! Aber mir kann - reckt sein, wie man fick bettet, so schläft man Von mir aus bat er nickt- inebr zu erwarten, dafür Du aber. Du kleine Wcltcr- bcr, bast Alles zu erwarte»", dabei patschclte er dem fungeu Mädchen die Wanze. Inzwischen batte das Geschick des wieder verbafletcn vor» malige» FolstkegcrS eine ebenso »»erwartete wie unbeimlicke Wendung genommen , noch war das Gericht nicht von neuem zusamniengetrcle», da hörte der Gcfängnißwärtcr dcö Unter suchungsgefängnisse«. in welchem Wittmer uiilcrgcbrachl war, ein tobendes, durchdringendes Geräusch uud als er herbei eilte, fand er den Insassen im Begriff, Alles in der Zelle lur; und klein zu schlagen Der <Rfangk»e ließ sich nicht berubigc». ja nur mit Aufgebot aller seiner Lchuclligteit, vermochte der Wärter sich vor der ihm drohende» Lebens gefahr zu retten. Mil einer vom Ose» loSgcrifsciien Eisen- ftange war ibm nämlich Wittmer uachgcsctzt »nd halte ihn »icdcrzuschlagcn gedroht. Erst verschiedene Wärter hatten den Unglücklichen zu bändigen vermocht. Der hcrbeigcrufenc Arzt aber batte sofort erklärt, daß der Gefangene i» Tobsucht verfallen sei. Dcinznfolgc war er dann in die LaiideSirrcu- anstalt überführt morden. Erich mar auf die traurige Knute sofort »ach dort gereist, hatte de» Unglücklichen aber nicht sehen könne», der vom frühen Morgen bis i» die sinkende Nacht raste und in gräß lichen Beriviinschnngcn Gott und die Welt versliichtc, die so schnöde, unbarmherzig nud ungerecht sich an ibm ver sündigt bade. Der Director aber batte vielsagend die Achsel» gezuckt: „Die Anfälle werden ja vorübergebc» und dann schwerlich wiederkommcn", balle er gesagt „Aber ich fürchte nur zu sehr, daß diese Tobsuchisansällc eine zweiscllc« schon vor handene Gehirnerweichung noch mcbr beschleunigen unk daß der Unglückliche niemals wieder in Len Vollbesitz seiner Vernunft zurüclkehren, sondern später ein sogenannter un- aesährlicher, harmloser Irre sein wirk, bis ihn schließlich der Tod erlöst!" Scuszcnd hatte Erich seiner Verlobten die liaungc Kunde übermittelt; aber Gertrud hatte wie erleichtert aufgcalhinet: „Ich weiß nicht, ob ich mich darüber entsetzen soll", entgegncte ste, „gewiß, es ist etwas Fur.cktlarcS, die Leuchte de« Ver standes zu verlieren, und doch fühle ich mich leichter, wenn ich denke, daß mein armer, armer Vater sich nicht mehr vor- zustrllen vermag, welch himmelschreiende- Unrecht mit ihm
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