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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.03.1893
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930302021
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893030202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893030202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-03
- Tag1893-03-02
- Monat1893-03
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Den Namen des Fürsten hat der Kaiser allerdings nicht erwähnt, aber schon die Thatsache, daß der Kaiser ein geflügeltes Wort hcö Altreichskanzlers sich angeeignet hat, läßt darauf schließen, daß die Empsiiiduilg, mit welcher der Enkel Kaiser Wilhelms I. an den großen Mitarbeiter deS Letzteren an der Wiederausrichtung des Reiches zurückdenkt, freundlicherer Art sind, als von vielen Seiten behauptet wird. Dies crgiebl sich ferner aus der Bestimmtheit, mit welcher der Kaiser sich zu der Ausgabe bekannte, unbeirrt auf den Bahnen weiter zu wandeln, die seine großen Almen ihm vorgezcichnet. Daß an diesen Bahnen Fürst Bismarck Zeinen überaus wesentlichen Anthcil bat, ist zweifellos; nicht minder zweifellos ist cS aber, daß jene Bahnen nicht dahin führen, wohin das Cent rum mit seinem Anträge auf Aufhebung des JesuitcngesetzcS das Reich führen möchte. Und daß Kaiser Wilhelm II. gerade in dieser Hinsicht unbeirrt auf den alten Bahnen fortzuschreiten ent schlossen ist, hat er auf das Unzweideutigste durch die Worte bekundet: „Ich verhehle Mir nicht, Laß e« Mir niemals ge- liagen wird, alle Glieder Meines BolkeS gleichmäßig glücklich und zufrieden zu machen. Wohl aber hoffeJch «j dahin zu bringen, daß es Mir gelingen wird, einen Instand zu schaffen, mit demDie zufrieden sein können, bie zufrieden sein wollen." Ein solcher Zustand kann durch die Wiederzulassung eines Ordens, der zur Vernichtung des RcformalionSwerkes ge gründet ist, nicht herbeigesührl werden, wohl aber können die knitschen Katholiken auch ohne die Jesuiten zufrieden sein, wenn sie nur wollen und bedenken, daß die Gründung einer Gemeinschaft, welche die Vernichtung deS KatholiciSmuS sich zur Ausgabe machen wollte, in keinem deutschen Staate aeduldet werden würde. Die Neve deS Kaisers wird also beruhigend auf weite Kreise wirken und die Zuversicht er wecken, daß die preußische Krone unbeirrt auf dem Stand puncte steht, auf dem sie stand, als das Jesuilengesetz für das Reich erlaffen wurde. Die Angelegenheit der Wahl des Herrn Möller in Dortmund ist durch die MandatSniederlegung des Ge nannten praktisch erledigt und dem Reichstag damit die bittere Aufgabe erspart worden, zu einem Act offenbarer Willkür und Gewalt seiner WahlprüfungScommission seine Zustimmung zu geben. Diese Zustimmung des Plenums stand trotz aller Gründe deS Rechts und der Billigkeit fest und Herr Möller ist darum, einem alten Brauch und richtigen Tact entsprechend, einer nutzlosen und aufreizenden Verhandlung zuvorgekommen. Die ReichStagSmehrbeit sollte froh sein, daß ihr eine beschämende Vertheibigung erspart geblieben ist. Statt dessen setzt sich die Presse der CeirlrumSpartei, der Haupturhederin jenes UngiltizkeitS- deschtusseS der WahlprüfungScommission, noch auf das doke Roß. In der „Germania" finden wir einen, anscheinend von einem klerikalen Mitglied der Eommission herrührenden Artikel, der die Entscheidung der letzteren zu rechtfertigen sucht und sich in den üblichen Schmähungen über national- liberale Wahltyrannei ergebt. Wir wolle» den Tbatdestand noch einmal in kurzen Worte» feststellen. Die Wahl deS Herrn Möller war angefochten worden, weil die Commission die Behauptung eines WadlprotesteS aus der Stadt Hörde cs sei eine unzulässige Controlc der Abstimmung von Berg arbeitern Lurch Hültenbeamtc in zwei Bezirken der Stadt vor- gckommen, für erwiese» anuabm; sämmtlichc in diesen beiden Bezirken ans Herrn Möller gefallenen Stimmen wurden ihm demzufolge in Abzug gebracht. Er behielt aber immer noch die Mehrheit, um in die Stichwahl mit dem socialdemo kratischen Candidalcn zu kommen. Da wurde noch ein dritter Bezirk binzugenomnien, in welchem die Commission eine »n- statlkajte Wablbeeinstussnng für „wahrscheinlich" dielt, und als selbst das »och nicht reichte, wurden schlankweg dem nationalliberalen Candidalcn »och die letzten zwei Wahlbezirke der Stadt Hörde in Abzug gebracht, in welchen eine Wabl- beeinslüssung gar nickt einmal behauptet, geschweige irgend ei» Versuch eines Beweises gemacht worden war! Nachträglich von Herrn Möller zu seinen Gunsten berbcigeschassleS Beweismaterial wurde von der WahlprüsiliigScomniissiott unbesehen bei Seite geschoben. DaS soll keine Vergewaltigung sein! Und bie Führung dabei hat das Cen t r» in übernommen. Diese Partei bricht !n heuchlerische Entrüstung aus, wenn einmal ein paar Bergbcamlc sich eine ungehörige Aussicht bei Wahlen gestatten. Nun sebe man aber einmal, wie die ultramontancn Wähler zur Urne getrieben werden! Wer eS noch nicht gesehen hat, wird es nicht glauben. Vorn ein Caplan und hinten ein Caplan, damit Niemand durchbrcnnen kann, vorher und nachher der Beichtstuhl, das ist die ultramontane Wahlsreibeit! Der angeblich so feste Thurm des Centrums wäre längst kläglich zusammengckracht, wenn er nicht künstlich durch schnödesten Mißbrauch der Religion zu politischen Partei- intcresscn zusainmengekittet wäre. Wir bitten alle unsere Gesinnungsgenossen »n Reich, welche jetzt oder in Zukunft Einblick in die geistliche Beeinflussung bei ultraniontane» Wahlen baben, uns weitere- Material hierüber znkommcn zu lassen, damit endlich einmal vor dem deutschen Volk seil gestellt werden kann, ob einzig und allein der katholische Priester ein Recht darauf hat, den verwerflichste» Druck, den deS Gewissens, bei den Wahlen aiizuwentcn. Für den Reichstag wie für das preußische Ab- aeordnctenkaus stehen jetzt bis zum Beginn der Oster ferien kaum noch 20 Arbeitstage zur Verfügung. ES bandelt sich in erster Linie darum, in dieser Frist die Etats fertig zu stellen, da mit dem t. April das neue EtatSjahr beginnt. In beiden Parlamenten wird das schwer halten. Das Abgeord netenhaus ist in der 2. Lesung weiter vorgeschritten als der Reichstag, muß aber auch früher fertig werden, da noch das Herrenbaus in Betracht kommt, dem der Etat spätestens gegen Mitte März zugehen muß, damit eS ihn »och vor Ostern, wenn auch in aller Eile, durch- berathen kann. Schon seit Jahren beschweren sich die Mit glieder der l. Kammer nicht ganz ohne Grund darüber, daß sie den Etat zu spät erhalte», um ihn gründlich durchbcralben zu können. Zwischen der 2. und 9. Lesung deS Budgets wird das Abgeordnetenhaus ferner das in der Commission erledigte Wahlreformgesetz zu berathen anfangcn und nach der 9. Lesung deS Etats, während die l. Kammer ihre Budgetdebatten hat, jene Beratkung bis Ostern beenden müssen. Denn da das Gesetz eine Verfassungsänderung enthält, muß nach einer Frist von 2l Tagen eine zweite Bcrathung und Abstimmung über dasselbe im Abgeordneten haus? erfolgen, che cS an das Herrenhaus gelangt. Diese würde dann gleich nach Ablauf der Osterpauje Mitte April vor sich geben können. Im Herrenkause bat sich dieser Vor gang zu wiederholen, und um die Tagung nicht allzulange sich ausdchnen zu lasse», ist eben die möglichst rasche Cr- jedigung dieses Gesetzentwurfs im Abgeordiietcnbause dringend geboten. Wen» außer diesen Arbeiten deS Plenums »och die 2. Lesung deS CommunalabgabengescyeS und damit der ganzen Äcuerresorm innerhalb der Commission vor Ostern erledigt wird, so daß die Berichterstatter während der Ferien ihren Bericht fertig stellen könne», so ist geleistet, was geleistet werden konnte, und eS wird sich dann zeige», ob die 2. und 3. Lesung der Stcucr- gesotze im a.aausc. die in der 2. Hälfte deS April beginnen dürste, sich vor Eintritt der beißen Jahreszeit wird vollenden lassen. Im Reichstag bildet die dauernde Beschlußunfähigkeit ein schweres Hindernis; rascher Geschäftsabwicklung, da, wenn man unnütze Verhandlungen durch Schlußanträge beschneide» will, stets baS Damoklesschwert der Auszählung über dem Hause sckwebt. Daher die endlosen und selbst in den stark abkürzendcn Zeitungsberichten kaum mehr zu genießende», dem Anseben des Reichstag- unendlich schadenden Unter haltungen über Dieses und Jenes. Doch hofft man jetzt, daß der Etat noch rechtzeitig zu Stande kommt. Wie eS nach Ostern, insbesondere mit der Miliiairvorlage gehen soll, weiß noch Niemand! DaS Bestreben der Franzosen, möglichst zahlreiche oceanische Stützpunkte für strategische Zwecke zu gewinne», bat kürzlich zur Hissung der sranzösischen Flagge auf den Kerguelen-Inseln geführt. Depeschen, die »n Pariser Marine-Ministerium cingetrosse» sind, besagen, daß der Krieg?- und Transport-Aviso „Eure", CommandcurFrcgaltcn- capitain Lieutard, am l2. v. M. von den Kerguclen-Jnseln kommend, in La Reunion vor Ankcr ging. Er hatte von der genannte» Inselgruppe im Namen Frankreichs Besitz er griffen. Die unter dem 50. Grade südlicher Breite und 67,30 östlicher Länge im Indischen Occane belegene Insel gruppe, benannt »ack ihrem Entdecker, dem französischen SchisfSlieutenant de Kerguelen, wurde vor Jabrcn auch in Deutschland öfters genannt, damals, als die zur Beobachtung deS BenuSvorbeigaiiaS nach der südlichen Halbkugel ent sendete deutsche wissenschaftliche Expedition ihr Onanier aus der Hauptinscl jener Gruppe aufschlug. Dieselbe ist vulkanischen Ursprungs, gebirgig, zerklüftet, unbewohnt und scheint einige günstige Ankerplätze zu besitzen. Ter Werth dieser Erwerbung für Frankreich besteht einzig und allein in der strategischen Lage der Kcrguelen-Jnseln, zwischen dem Kap der guten Hoffnung und Australien, 500 b,ö 600 Kilonicter südwestlich der Inseln St. Paul und Amsterdam, von denen Frankreich schon im vergangenen Jahre Besitz ergriff. Theilnahme an der in Rom geplanten Kundgebung gegen die Klerikalen zu steigern. Für gestern Abend waren sämmt- liche liberalen Vereine, ohne Unterschied der Parteifarbe, zu einer Abgcordnetenversammlung cinaeladen, in der Beschlüsse wegen einer allgemeine» nationalen Kundgebung gefaßt werden olltcn. In der Provinz wird das Beispiel der Hauptstadt voraussichtlich befolgt werden. Zu In Nom hat der Verlauf der JubiläumStage bisher nur eine einzige kleine Störung erfahren; ihr Urheber war bezeichnenderweise ein klerikaler Fanatiker. Dieser übereifrige Soldat der eecle^ia imlttrrus, ein gewisser Antonio Torrese aus Dorre dcl Greco, hat die Rohheit begangen, die im Pinciogarten ausgestellte Büste Garibaldis anzuspcien und sich so jenen französischen Pilgern würdig anzureihc», die am 2. Oktober 1801 ibre päpstliche Gesinnung durch Anspeien des Grabmals Victor Emanuel'S im Pantheon bekundeteil. In Rom ist der rohe Geselle, Dank der Gutniüthigkcit und dem AnstandSgesühle der Bevölkerung, einer Züchtigung entgangen, in seiner Hcimalbgemeinke da gegen ist sie ihm nickt ganz erspart geblieben. Wie der ..Boss. Ztg." gemeldet wird, veranstaltete die Bevölkerung vo» Dorre del Greco. als sic die Rückkehr Antonio Torrese'S vernahm, eine große »ationalpatriotische Kuiidgebung und brachte vor dem Hause des Fanatikers stürmische Percatruse auS. Der Zwischenfall wird zweiscllos dazu beitrage», die DaS neue portugiesische Ministerium Ribeiro zählt seinen Mitgliedern auch einen — Socialdcmo- kraten, dem Herr Ribeiro baS Portefeuille der Finanzen anvcrtraul hat. DaS bereit- mitgetheilte Pro gramm, mit welchem das neue Cabinet vor die Corte« zetrcten ist, zeigt denn auch deutliche Spuren (Amnestie ür alle politischen Verbrechen, mit Ausnahme der durch Ossicicre des HecreS begangenen; Umgestaltung deö PrcßgesctzeS aus freiheitlicher Grundlage mit besonderem Gerichtsstand; Versprechen, ein Gesetz über die Ministerver- Liilwortlichkeit vorzulcgen und dem VcrsammluiigSrccht die größtmöglichste» Garantien zu geben; Versprechen, die Gesetze bezüglich der Gemeinveverwaltuiigeii zu revidiren in dcS- celilratislischcul Sinne :c.) eines sebr radicalcn Einflusses. Aber die Gesinnungsgenossen deS Herrn FuSchi»i sind trotz dem mit ihm nickt zufrieden. Hierüber und über sei» erstes Auftreten in den CoricS wird der „Franks. Ztg." a»S Lissabon gemeldet: „Der neue Finaiizininistcr Fuschini bebiitirte nicht glücklich; seine bisherige» politischen Freunde ginge» ihm scharf z» Leibe und warfen ihm Inkonsequenz vor, da er seiner ganze» politischen Bcr- gangenhcit »ach nicht i» einem Cabinet Hintzc Ribeiro Sitz nehmen dürfe, Hintzc Ribeiro, den er alS de» Baler so vieler «nndicate bekämpft habe. In seiner Antwort bekannte FuSchini sich als Sociaiistcn, der von seinen politischen Principicn nicht abweichei: werde, aber aus Lpportuiiitälsrücksichteil es für geboten erachtet habe, daS angebotcne Portefeuille onzu- iiebiiieu. Jedenfalls eine eigenthilinliche Sprache seitens eines Minister? der >1rone. An scharfem Spott darüber hat eS denn auch nicht gefehlt." Das Ausland blickt natürlich, seitdem Herr FuSchini sein politisches Glaubcnsbckcnntniß abgelegt hat, mit noch größerem Mißtrauen als bisher aus die weitere Entwickelung der portugiesischen Finanzen und sonstigen Zustände. DaS erste Schlachtschiff der neuen amerikanischen Kriegsmarine, die „Indiana", ist am 28. Februar vom Stapel gelassen worden. Es wird eine der furchtbarsten amcrikaiiischcil ScekricgSwasfeii bilde», da eS außerordentlich starke Panzerung und Bestückung trägt. Seine Maschinen repräsentier,, 0000 Pscrdckraft. Die „Indiana" ist die erste einer langen Reibe von Neubauten, welche alle in mehr oder weniger vorgeschrittenem AuöfübrungS- sladiiim sich befinden, und wenn daö Bauprogramm cin- gebalien wird, so dürften »ach dem Urkheil sach kundiger Beobachter des amerikanischen Vergebens die Vereinigten Staaten binnen wenigen Jabrcn über eine SeekricgSmacht verfügen, welche keiner europäischen Marine nackstcbt, ja vielleicht ihnen allen vorauöcilt. Die unlängst für amerikanische Rechnung erworbenen Schnell dampfer der englische» Jnman-Linie sind schon jetzt voll ständig für SeekriegSzwccke adaptirt und übertreffen alle von ihrer LcistungSsäbigkett als Hochscckrcuzcr gehegte» Erwar tungen. In englischen Marinekrciscn verfolgt man, wie schon gestern erwähnt wurde, den Fortgang der amerikanischen Flottcn-Nengrüiikung mit lebhaftester Spannung und nicht ohne ein gewisses eifersüchtiges Mißbehagen. Deutsches Reich. 11 Berlin, 1. März. Die Frage der Kinderarbeit in de» Fabriken ist bekanntlich in der Gewerbes, dnungS- Novelle vom l. Juni l80l dahin geregelt, daß eS vom 1. April 1802 allgemein verboten war, Kinder unter lOJahren, Fenilletsn. 71 Nachdruck verbeten. Ums Geld. Novelle von A. Hehl lJortsetzung.) IV. Al- Doctor Falk am andern Morgen erwachte, stand lkatharine mit deui Frühstück vor seinem Bette und machte sin ungeheuer ernsthaftes Gesicht. „Herr Doctor", Hub sie mit feierlichem Tone an, „ich muß Ihnen etwas mittbeilen, waS für unser Haus sehr un angenehme Folgen haben kann." „Und daS wäre?" fragte Falk, daS unheilverkündende Gesicht der alten Magd fixirend. .Draußen in der Thorballe liegt das Schild von der Katzengassc; ich habe kein Recht zu fragen, wie eS herein gekommen ist, möchte aber wissen, ob eS da liegen bleiben soll." Der Doctor schnellte in die Höhe und fuhr sich mit den beiden Händen durch die Haare. „Donnerwetter!" rief er zornig, „der Kuckuck soll die Dörn bachs holen, die mir den Streich spielten." „Dacht ich mir'« doch gleich, daß die Dörnbachs Söbne die Hände dabei im Spiele baden", stimmte Kalkarme ein. „Die Rangen sind zu weiter nichts nütze, als tolle Streiche zu machen, die gcrathen ibrem Vater nach." „DaS Schild muß auS dem Wege geräumt werden, Katharina, und zwar sofort, ehe Leute aus- und eingehen. Martin soll eS hinter dem KellerhalS verstecken." „Dort kann eS auch nicht immer bleiben", meinte die alte Magd bedenklich. „Wenn e- die Frau Mutter entdeckt, ist sie außer sich, und schlimmer wäre eS, wen» die junge Frau auch nur ein Sterbenswörtchen davon erführe, dann wüßte es morgen die ganze Stadt " „Ich werde mit den Dörnbachs ernstlich sprechen", de ruhizte sie Falk. „Die baben da- Schild gestern Nacht hereingebracht, heute Nacht sollen sic eS wieder binauS- schaffen, so lange müssen wir cS verbergen. Besinne Dich nicht länger, sondern tdue schleunigst, waS ich Dir gesagt habe, und sorge, daß außer Marlin Niemand etwa« davon erfährt." Die Sache drohte in der Thal ernste Folgen nach sich zu ziehen, denn als der Doctor im Zimmer seiner Mutter das Tagblatt überblickte, siel ibm unter den Lokalberichten folgende Mittheilung aus: „Von ruchloser Hand wurde heute Nacht daS Straßenschild der Katzengasse gewaltsam beruittergcriffen und es ist bemerkenswcrth, daß dergleichen Unfug alljährlich um diese Zeit in hiesiger Stadt verübt wird, cS aiso nahe liegt, denselben mit der Anwesenheit gewisser Herren von der Hochschule in Verbindung zu bringen. Hoffentlich gelingt eS den Nachforschungen unserer tüchtigen Polizei, die frechen Thäter zu ermitteln und strenger Bestrafung zu überliefern." Mit unbehaglichen Gefühlen legte der Doctor daS Blatt auü der Hand, und diese steigerten sich noch, als seine Mutter nach demselben griff und Liese Stelle, die ihr ganz besonders aufficl, mit strenger Miene vorlaS. „Meine Enkel werden doch dabei die Hand nickt im Spiele gekabt baden", sagte Frau Falk zu ibrem Sobnc, der sich anschickte, ans die Praxis zu geben und z» diesem Zweck nach Brieftasche und Notizbuch suchte. „Ich will nicht hoffen, daß sie einer solchen Gemeinheit fähig sind", fügte sie in scharfem Tone hinzu. Der Doctor trat schlau jächelnd auf die alte Dame zu und reichte ihr zum Abschiede die Hand. „Ab bab, Mütterchen, davon versiebst Du nichts. Wenn übermüthige junge Leute in der Wcinlaunc einen ver wegenen Streich auSsübren, so muß inan da- nickt mit puritanischer Strenge beurtbcilen. Diese jungen Burschen wollen sich auStobcn und eS ist immer bester, sie rennen sich bei Zeiten die Hörner ab und kommen dann zur Vernunft, als daß sie Duckmäuser werden, welche ibr Leben lang im Stillen Unheil brüten und unter dem Deckmantel unantast barer Rechtschaffenheit Dinge treiben, die daS Licht de« Tage- scheuen." „Giebt eS keinen Mittelweg?" warf die Mutter ein. „Ich kenne Männer, die immer vernünftig waren." „Tann sind cS Schlafmüyen", lachte der Doctor, „ängst liche Gcmüther, die ihre Freistunden auf der Ofenbank zu- bringen und Kamillenthee trinken, wenn lustige Brüder sich beini vollen Humpen ergötzen. Wer nie verließ der Vorsicht enge Kreise, der war nie Iböricht, aber auch nie weise." „Dann bist Du weise, mein Sohn, den» Tu warst der übermütkigste Bursche unter Allen und bas Wort Vorsicht ist in Deinem Lexikon nicht vorgemerkt." Der Doctor blickte gedankenvoll vor sich hin. „Klug, vor sichtig, berechnend werte ich wokl nie, Mütterchen. Meine Natur ist anders angelegt und ich kann mich nicht um prägen." Er wollte sich entfernen, sic kielt ihn lächelnd zurück. „Eines aber scheinst Du Dir neuerdings anzueigncn, waS Klugheit gewöhnlich im Gefolge hat — Verschwiegenheit." „Warum, Mutter?" „Schelm", ries sie, mit dem Finger drohend, „verstelle Dich nickt, cS steht Dir nicht an, Du erröthest. Ick weiß Alles, Martin ist aufrichtiger gegen mich wie Du. Ihr seid ali-gezogen, um Verwundete zu suchen und babt eine kleine Oelprinzessin gesunden, habt sie in den Nonnenhos gebracht und Tu bist dabei zum Hosarzt ihrer Hoheit avancirt." „DaS wußtest Du, Mutter, und hast bis jetzt kein Wort crwäknt? „Ich kann auch schweigen, mein Sohn, aber WaS suchst Du den» so eifrig in alle» Ecken?" „Meinen Regenschirm, Mutier." „Deinen Schirm? Tu trägst ibn ja in der Hand, Hermann. Seit wann bist Du so zerstreut?" Er eilte zur Tbüre hinaus und blieb bie Antwort schuldig. Sein erster Besuch galt der Geretteten und er trat in gehobener Stimmung im Nonnenbose ein, um sich nach dem Befinden deS Fräulein Annita Roland zu erkundigen. Der Lakai, welcher i» seiner scharlackncn, reich mit Goldborten verzierten Livröc vor auSsckritt, öffnete die Flügelthürcn eine- Empfangszimmers und ersuchte Falk, einige Minuten zu warten, da ibn Frau Parker zu sprechen wünsche, ehe er zu Fräulein Roland gehe. Sobald er allein war, sab er sich voll Interesse in dem fürstlich ein gerichteten Gemache um und seine Aufmerksamkeit wurde ganz besonders von einem reizenden Pianino gefesselt, daS ans Rosenholz mit Clfenbcinvcrzieriina, an Form nnd Arbeit ein wahres Knnslwcrk war. ES stand offen, ein Notenhcft lag ansgeschlaaen. Der Doctor erkannte in dem selben daS irische Volkslied „Lang, lang isl'S der", dessen ergreifenden Melodien er gestern Abend unter diesen Fenstern gelauscht balle. Eben wollte er sich in allerlei Vermittbungen einlaffen, als die Portiere zurückgcschoben wurde nnd eine ältliche Dame i»S Zimmer trat, die sich als Frau Parker zu erkennen gab. Wenn sic sich als Herzogin oder Prinzessin vorgcstelll hätte, so würde Falk das ganz natürlich gesunken und keinen Augenblick gezögert baben, sic mit Durchlaucht oder Hobcil anzuredcn; der einfache Name Parker paßlc nickt zu dem Wesen der Dame. Sic mußte einst ei» bild schönes Weib gewesen sein, davon zeugten die regelmäßigen GesicblSrüge, die mandelförmig geschnittenen blaue» Auge», die kiibl und stolz auf Andere herabblicklen und, überein stimmend mit Haltung und Bewegungen, der Erscheinung etwas UnnabbarcS verliebe», was mehr Rcspcct als Zn- iieigilllg cinflößt. 'Nach den ersten üblichen Redensarten ließ sie sich auf der Causeuse nieder und lud den Doctor ei», ihr gegenüber aus einem gestickten Tabouret Platz zu »ebmen. „Ich habe mir erlaubt, Sic zu mir bitten zu lassen, Herr Doctor", bub sic in böslichem Tone an, „weil ick über den Unfall, der Frl. Annita Roland betroffen, gerne NäkercS von Ihnen erfahren möchte, denn was mir die Patientin mit- lbcillc, war so kurz und ungenügend, daß ich mir keine richtige Vorstellung von den Ereignissen dieser Nacht machen konnte, und ich wollte die Leitende mit Fragen nicht be lästigen." Doctor Falt tbeilte der ailsmerlsam Lauschenden alle- Wissenswert!,c mit. Nachdem er seine Erzählung beendet batte, sprach ibm die Danic ihre» Dank an« und fügte dann binzn: „Als ick die beiden Fräulein Roland u»icr ineinc Oblntt nabin, abittc ich nickt, mit welchen Schwierig keiten ick zu tämpfcii baden würde, »m diese belcrogencn Cbaraklerc stctS in richtige Bahnen zu lenken, sie in eine sociale LebcliSstellung zu bringen, die vollkommen mit ihrer
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