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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 04.04.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930404013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893040401
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893040401
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Bemerkung
- Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
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- Tag1893-04-04
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Bezugs-Preis U der Haupterpeditivn oder den km Stabt» h,,irk and dea Vororten errichteten Aus« ,libestevr» abge-olt: vlertel,Sbrlich-^4.bO, u^im-ligrr ttglicher Kustellnng tn« xai» X 5^0. Durch die Post bezogen für xeutjchlaad und Oesterreich: vierteliadrlich - g—. Direrte tägliche Areuzbandienduiig i»« Aullond: monatlich 7.bO. VeMorgen-Autgabr erscheint täglich'/,7 Uhr, 8» Abend-Ausgabe Wochentag« b Uhr. Nedartion und Lrpedition: A«tzannr«gaße 8. xg ibvedition ist Wochentag» ununterbrochen getjsnet von früh 8 bi» Abend» 7 Uhr. Filialen: ttt» Klemm'« Kortim. («lfretz Ha-«). Universitätösirahe 1, Louis Lösche, Loiharlnenstr. 14, pari, und AönIgSvlatz 7. Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Artzeigen-Preis die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg. Reklamen unter demRedartion-slrich (»ge spalten) bO/H, vor den Aamilienuachnchlea (6 gespalten) 40/H. Größere Schriften laut unserem PreiS- verzelchniß. Tabellarischer und Zifsernjatz nach höherem Tarif. i-rtrn-Veilagr» (gesalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Poslbesörderung 00.—, mit Poslbesörderung 70.—. Ännahmeschluß für Anzeigen: Abend-Ausgabe: Vormittag» 10 Uhr. / Morgen.Ausgabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- und Festtags früh '/,S Uhr. Bei den Filialen und Annahineste.llen ;« «in» halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an di» Eppeditton zu richten. Druck und Verlag von S. Pol, in Leipzig. DienStag den 4. April 1893. 87. Jahrgang. Amtliche Bekanntmachungen. Städtische Volksschulen. Die Aufnahme der mit Ostern 1898 schulpflichtig werdenden Kinder findet io folgenden städtischen Volk»lchulen LonnerStog, den v. A»r1i. statt und zwar » «m 0 Uhr in der 8., 4., k., S-, 7., S., 10. Bürgerschule, in der 1.. 7., 1b., LO.. LI., LS.. Lö.. L6. «ezirttschule, in der 8. und der 16. Bezirksschule nur für die Knaben; UM IN Uhr in d»r 1. höheren Bürgerschule für Knaben, der L. und der 3. höheren Bürgerschule, in der L., 8., 11. Bürgerschule und der Bereinigten Fretschul«, in der 12., 17., IS. Bezirisschulr, in der IS. Bürgerschule und der 24. Bezirktschnle nur für die Knaben, In der 16. Bezirttschule nur für die Mädchen; nm 2 Uhr in der 6. Bezirttschule für Mädchen, der 10. und der 11. Bezirk»- schule, in der 18. und der L7. Bezirttschule nur für die Knaben; in der IS. Bürgerschule uud der L». Bezirttschule nur für dir Mädchen; «m S Uhr in der 1. höhere» Bürgerschule für Mädchen und der 12. Bürger schule, in der L., S.. b., 9., 14. Bezirttschule, in der 18. und der L7. Bezirttschule nur für die Mädchen. In der »., 8. und LL. Bezirttschule kann die Aufnahme wegen baulicher Veränderungen erst Montag. »en 10. April, vormittag« » Uhr erfolgen. Leipzig, den L. April 1893. Die Direktoren «er städtischen volttschnle». Die Aufnahme der für di« 8. lllasfe angemeldeten Schüler der Höheren vnd mtttlere» 11. Bürgerschule erfolgt Doanergtag, den S. April, Vormittag« Id Uhr in der Aula de« Schulgebäude» (äußere Halles«-« Straße 48). Dir. ö. 1-ot-e. Loangelisch-reformirte Gemeinde. Di« Kinder, die zu Osten» 1894 in der reformirten Kirche consirmirt werden sollen, siad anzumelden: entweder Montag, den 1«, oder Dten«tag, den 11. April, zwischen S und ö Uhr Nachmittag»; die Knoden bei Herrn Oie. Uedtoora in der Sacrislei der Kirche, dir Mädchen bei Herrn 0. vroxäork, Querstraße L8. Es ist erwünscht, daß dir Kinder zur Anmeldung mitkommen. Leipzig, 1. April 18VS. So.-resormtrte« Psarramt. Politische Tagesschau. * Leipzig, 4. April. In dem Artikel unsere« Blattes vom Sl. März, der über den bevorstehenden Historikertag und die von demselben zu bcrathende Krage de« Geschichtsunterricht» bandelte, war hegen die Art und Weise volemisirt, wie der zum Referenten über diese Frage bestellte konigl. preußische Gymnasialdirector Ilr. Marten- den Geschichtsunterricht für gewisse politische Tendenzen verwerthrt wissen will, und die Hoffnung aus gesprochen, daß eine so hochangesrhrne Körperschaft, wir die Versammlung deutscher Historiker, ihm aus diesem Wege nicht folgen werde. Diese Hoffnung hat durch die, fast unmittelbar »ach dem Erscheinen jene« Artikel« erfolgte Mitthrilung der Thesen der beiden Eorreferenten, de« Professor« Dove zu München und de« Professor« Kaufmann zu BreSlau, eine erfreuliche Bekräftigung erfahren. Beide erklären sich überein stimmend gegen eine jede Verwerthung de« Geschichts unterricht« für einen ferner eigentlichen Bestimmung fern- liegenden Zweck, so ganz besonder« gegen jede politische oder lirchliche Tendenz desselben. Professor Dove sagt wörtlich in seiner These 1: „Der Geschichtsunterricht dient dem öffent lichen Leben hinlänglich durch die Lösung seiner eigenen Aufgabe: den Grund für eine historische Bildung de« Einzelnen zn legen." Tie« wird dann weiter ausgesübrt. In These 5, heiHi cS sodann: „Beim Portrag der neuesten, ür die cberste Schulstufe bestimmten Geschichte ist eine kundige, edoch durchaus objecliv von aller Tendenz freie Lrlä»lerunz der gegenwärtig in Staat, Kirche, Recht, VollS- wirlhschast u. s. w. bestehenden Ordnungen und Verhältnisse von Seiten de« Lehrer« angebracht." Professor Kaufmann erwartet, ganz so wie Professor Dove, die sicherste Förderung de« öffentlichen Leben« von dem Gcschichtönnlerricht dann, wenn dieser, seiner eigentlichen Aufgabe getreu, in der Jugend „historische« Wissen" und „historischen Sinn" auSbilde, die- clbe u. A. auch auf die „Wandelbarkeit politischer Mächte und Zustände" aufmerksam mache. In Bezug aus eine direct« Beeinflussung der Gesinnungen der Schüler will Kaufmann lediglich als Ziel de« Geschichtsunterrichts die „Erweckung der BalerlandSliebe und eine« strengen Pstichtbewutzlsein« gegen den Staat" gelten lassen, was etwas wesentlich Anderes ist, als der mysteriöse Marlens'scke Begriff „SlaatSdewußlsein", Sodann sagt Kaufmann i» Tdese 3: „Fern zu halte» ist von dem Geschichtsunlerricht jeder Versuch, die Jugend zu bestimmte» Ansichten über politische oder sociale Fragen zu erziehen." Und i» These 4: „Unerläßliche Vorbedingung für eine gedeih liche Erfüllung der Ausgabe des Geschichtsunter richts ist, daß auf die Lehrer keinerlei Druck von politischen oder kirchlichen Behörden geübt wird." Wie man siebt, decken sich diese übereinstimmenden Anschauungen der beiden Herren Eorresercnic» auch vollständig mit den Ausführungen der in unser»» früheren Anikel er wähnten Biedermann'schen Schrift über diese hoch wichtige Frage des Geschicktsunlcrrichis und sichen ebenso entschiede», wie letztere, den MartenS'schen Ansichten entgegen. Damit dürfte wohl die Gefahr beseitigt sein, daß der deutsche Historikerlag der Geschichtsauffassung des Herr» Gymnasial, director« Ilr. Marlens, die in bedenklicher Weise an abso lutistische SlaalSlvcorien erinnert, beipflichten werde. Ueber den Stand der französischen CabinetSkrisi« wird au« Pari« gemeldet, daß MSline gestern Vormittag dem Präsidenten Carnot Bericht über den Erfolg seiner Be mühungen, ein neue« Cabinct zu bilden, erstattete. Die Nachricht, daß Carnol den früheren Minister MSline, den Führer der französischen HaftschutzzöUner, mit der Neubildung de« Eadinct« beaustragt habe, iil wenig günstig >>.ss- genommen worden. Fall« r« Möline gelinge» sollte, da« Cabinet z» Stande zu bringen, würde e« Hjctc» fall« nur ein Uebergang-ministerium sein »ist der bc sonderen Aufgabe, de» Budget-Conflict zwischen Senat und Kammer zu lösen und bis zur Periode der Neuwahlen einige dringliche Gesetze durchzubringen. M^line ist ein intimer Freund Carnot'S und sehr liirt mit der opportu nistischen Majorität des Senates, so daß die besondere Lage den Senat zu Zugeständnissen bewegen wird. Nach der neuesten telegraphischen Meldung herrscht in Paris die An schauung, daß Mslinc nach der Bildung de« CabinetS eine Erklärung abgeben werde, wonach die Regierung alle offen baren Härten im Zollregime zu mildern gedenkt. Mehrere Pariser Morgenblätter versickern, Poincarrö habe e»d- giltig auf den Posten eine- Finanzministers verzichtet. Man glaubt, diese« Portefeuille werde nunmehr JuleS Roche anaebotcn werken. — Man wird vielfach geneigt sein, die Krage, wie cs geschehen konnte, daß dieselbe Regierung, der vor wenigen Tagen die Kammer »och blind gehorchte, so plötzlich gestürzt und der allgemeinen Mißachtung preiSaegeben worden ist, mit dem Hinweise aus die gallische Wankelmütbigkeit und Neurrungssucbt zu beantworte». Man wird daran erinnern, daß gerade bei unsern westlichen Nachbarn die Machthaber gar oft in, Augenblick ibrcr höchsten Triumphe die Wandelbarleil der VollSgnnst erfahren und gewähr werten mußten, wie nahe beim Capitol der tarpcjischc Felsen gelegen ist. Wer jedoch in letzter Zeit de» Vor gängen >ensests der Vogesen ausmcrksainer gefolgt war, dürste durch die Kunde vom Sturze des CabinelS taum über rascht worden sein, wenigsten« nicht in dem Maße, wie die 'rohe Mehrheit Derer, die, durch den äußern Schein getänschl 'ibot'S Stellung für eine durchaus gefestigte und da« Ci» vernehmen zwischen ihm und der vereinigten Linken für ein völlig ungetrübtes gehalten hatten. Trotz aller Hochack'tuugs- und Sympathieversicheriingen, die bis i» die jüngste Zeit zwischen der Regierung und der parlamentarischen Mehrheit gewechselt wurden, hat eine NeigungSeke zwischen ihnen nie bestanden; selbst von einer Vernnnslebe wird inan kaum spreche» dürfe», denn in diesem Falle wäre ein so jäbcr und vollständiger Bruck', wie er nnnincbr eingclrete» ist, doch wcbl ausgeschlossen gewesen. WaS Ribot, den Mann dcS linken Ceiitrums, an eine Majorität band, in der die Radi kalen den Ton angcben, und was kiese an« den bcterogcnsten Elementen bestehende Majorität nickt nur i» sich zusammcn- hielt, sondern auch an ein Cabinel fesselte, da« ibre Führer, gedrängt von der öffentlichen Meinung, dem Strafrichter übergeben und — ob mit Recht oder mit Unrecht, kabcn wir hier nicht zu untersuchen — vor aller Well an den Pranger gestellt halte, war lediglich der Zwang, das Harle „Du mußt!" Sv lange die Panama - Skandale im Vorder gründe der allgemeinen Erörterung standen, so lange sowohl auf de» die Kammer beherrschenden Parteien, wie auf den gouverncinentalen Kressen der dringende Verdacht lastete,' die von der Opposition mit rücksichts losem Griff bloßgelcgkc Cvrrnvtioii geduldet und ge lörtert zu haben, wären Majorität und Regierung, hätten ge getrennt von einander oder gar gegen einander operircn wollen, von dem Sturme der Entrüstung, der durch da« Land ging, rettungslos weggewent worden. Nur dadurch, daß sie gegenseitig sich stützten, daß sie zur Bekämpsung der geincinsainen Gegner von der in ibren Händen befindlichen Gewalt re» entschlossensten Gebrauch machten, konnten sie vor einer völligen Niederlage fick, schützen. Tie Fesseln dieser ZwangSebe haben beide Tbcile jedoch bart genug gedrückt; Regierung und Majorität febrilen de» Tag herbei, an dem sie dieselben würden adstrcisen können: die Regierung, um ihre Freiheit zurückzugewinnen, die MehrkeilSparleie» aber, »in der Abneigung gegen die Männer, deren Joch sie oft genug zähneknirschend hatten ertragen müssen, vom Gipfel der Macht herabzustürzen. Ein Streik, wie er mit solcher Hartnäckigkeit und mit so langer Ausdauer wohl nur selten bestände» hat, ist dieser Tage beendet worden. Der Streik der Baumwollen- spliincr in Lancasbire fand, nachdem er länger als ein halbe« Jabr gedauert batte, nach einer Brrathung zwischen Spinnereivesitzer» ui.b Arbeitervertrcter» in Manchciier sein Ente. Man einigte sich »ach langwierigen Verhandlungen über die Hauptpuncte de« FricdcnSvertrageö. Die Arbeiter nehme» eine Lohnherabsctzung von 7 Penee a»sS Pfund oder eine dreiproccnlige Kürzung a». Die Arbeitgeber batten einen süiisproeciitigen Abzug beantragt. Die vereinbarte Lobn- beraösetzuiig gilt für die nächsten 6 Monate. Die wichtigste Bcsliinmung ist aber in dem Vertrage, daß einer zutünsligcn Lckilvcräiideriiiig eine zwolsinonatlige Anzeige Vorbeigehen muß. Weiler soll jede Lodnsrage zuvor einem Ausschuss» beider Theile zur Entscheidung vorgetegt und sollen Fragen die das allgemeine Interesse der Baumwoll-Jndustrie be treffe», wie die Eröffnung neuer Märkte im Auslande, die Auferlegung neuer Schutzzölle rc., einem besonderen EomitS zugewieien werke». Ter Auösland soll die Arbeiter über eine Million Pfund gekostet haben, und eine weitere Million soll ankeren in Mitleidenschaft gezogenen Gewcrbezweigcn verloren gegangen sein. Unter den I2ü 000 Personen, die sich an dem AiiSstantc bctbeiligl habe», war das Elend so groß, daß die öffentliche Wohilhäligteit stark in Anspruch genommen werden mußte. Ein dieser Tage in London veröffentlichte« Blanbnck enthält wichtige Aclciistüae über die »eueren Vorgänge in Egypten, wo nach den i>k»csten Nachrichten die politische Spannung »iid der Ernst der Lage »och andanern Man kann in dem Blaubnch unter Antcrm die wichtige Depesche lese», die Lord Rosebery an Lord Cromer am 10. Februar erließ und in der den Ansichten der britische» Regierung Ausdruck gegeben ist hinsichtlich der veränderten Verhältnisse, die dadurch entstanden, daß der Kbcdive Ver änderungen i» seinem Ministerium ohne Vermissen des eng- lischcii Gesandten vernahm, und der angesichts dieser neuen Politik einzuschlagenben Taktik. Lord Rosebery führt zu nächst Lord GranviUe'S Erklärung vom 4. Januar 1884 an, daß die Ratl'schlägc, welche die britische Regierung den, Khedive ertheile, befolgt werden müßten und bemerkt, selbst wenn eine solche Erklärung nicht abgegeben worden wäre, sei es klar, daß die gewöhnlichste Vernunft diese Anschauung der Stellung Englands dictire. Wenn der Ministerpräsident und die Häupter anderer wichtiger Departements den britischen Ratbschlägen zuwider summarisch entlassen werden könnten, würde nichts die Entlassung anderer Beamten (europäischer oder eingeborener), die nicht vaS gute Glück habe», mit den Tendenzen deS Augenblicks überciiizuslimmc», verhindern. Unter vielen Umständen würde das wahrend der letzten Jahre mühsam errichtete Gebäude Launen oder Kabalen preiSgcgeben sein lind rasch zerbröckeln. Der kluge zeitige Widerruf des Khedive habe zciiwcilig solche Folgen abgewcndct, die Lage sei nicht länger bedenklich, allein die Krisis habe Gründe für Be er gn iss c in der Zukunft geliefert. Bislang habe die britische Regierung den Khedive aus ihrer Seite gehabt; der Staatslcnkcr ging Hand in Hand mit den britischen Be amten. Es war dabcr nicht »othwendig, die Stellung de« Khedive zur britischen Okkupation allzustreng zu desiniren. Dieser Stand der Dinge habe durch das Vorgehen des jetzigen Khedive eine Aeudcrung erfahren. Aber obwohl seinBorhabcii ausgegeben worden, dürsten möglicherweise schwere Schwierigkeiten in der Zukunft entstehen. Im weiteren Verlause der Depesche letzt Lord Nosebcry die Gründe auseinander; näm lich die Notbwendigteit für die Berücksichtigung der Inter essen »ns die Sicherheit dcS große» europäische» Genieiii- wesenö in Egyplen, die Rücksicht ans die wirklichen Ge sinnungen und die Wohlfahrt der eingeborenen Bevölkerung^ die Unmöglichkeit, von der von England sin aUgemeineii Interesse Europas und der Civilisation übernommenen Ausgabe zurückzutreten, sowie die Wahrscheinlichkeit, daß eine Räumung die schleunige Wiedcrkekr de« vor der Leenpalio» mangelhaften VerwaltungssysteinS verursachen würde. Dies veranlasse ihn zu der Schlußfolgerung, eS sei vorläufig nur ein Verfahren möglich, nämlich, daß die unter britischer Führung hergcstclltc Verwaltung auf recht erhalten wird, und daß der Procetz der Herstellung eines Verwaltiingö- und NcchtSpslcgesystemö, daö eine ver läßliche Bürgickafl für die künftige Wohlfahrt EgvpkenS ge währen soll, obnc Ungeduld ununterbrochen fortgesetzt wird. Schließlick» betont die Depesche, daß, selbst wenn die Umstände eine neue Beraihnug mit dem Sultan und den europäischen Mächicn zweckmäßig crsck'einen lassen sollten, mit absoluter Gewißheit erklärt werden müsse, Laß in keinem Falke Egypten von der europäischen Cviitrolc befreit werden würde. Biclniebr dürste sie möglicherweise in viel strengerer und lästigerer Weise geltend gemacht werden. Deutsche- Reich. -4 Berlin, 2. April. Der Convertit und Jesuit v. Hammerstein spricht sich, der „Neuen Bonner Zeitung" zufolge in seinerSckrist „Das preußische Schulmonopol niit besonderer Rücksicht auf die Gymnasien" also auS: „Den Schulzwang und da» Sckmlnwiivpol, wie sie in Preußen bestehen, halte ich für durchaus socicillsiisch, für ein exorbt- tantes Eingreifen in das elterliche Privatrccht. — Die betreffenden Gesetze entbehren für einen großen Theil ihres Umfanges ihres rechllichen Fundanienl«, sie find nichtig, io gut wie eine socio- lisissche, vo» eine», Volttsiaate decreliric Aufhebung alle« Prioat- ciieiilhmnS nichtig sein würde. Ter Staat muß seine Schul-Idee, fei» Schnlmeisieramt (im Großen »iid Ganzen) oufgeben und das Schulwesen zuriicklege» i» die Hände, denen er eS ohne RcchtStitel entzogen dal, für die Kaihotike» also in die Hände der katho- ilichen Kirche. 1ta»ii das mit Einem Schlage nicht geschehen, so muß er wenigstens einstweilen der Kirche freie Loncurrenz mit seinen Schulen eröffne»; er dars namcntiich nicht die Ledrorgane der Kirche, msbcjvudcre die Ledrorde», von seinen Grenzen und der ihnen berufsmäßig zustchendei, Cchuilhäligkesi ausschlirßen; er muß eine ehrliche, nicht blos eine Scheinconcnrrcnz eröffnen, so daß die Slaatsschttlen vor den Schulen der Kirche keinen Voriprung er- halte», weder durch materielle Subvention noch durch da» Be- rechliaungswcjen." Der Pädagoge und Jesuit Kathrcin wird seine Freude an diesem gelehrigen Convertitcn haben! Feuilleton. Nahe am Gardasee. von vr. Map Vogel. verboten. N«»erete. Für den Reisenden, dessen Ziel die Ufer de« Gardasee« oder eine Fahrt über denselben bilden, für alle diejenigen, welche nicht Riva, nickt Arco zu tagclangem Aufenthalt er wählen, empfiehlt e« sich, weder in Mor, noch in Riva zu übernachten. Die Gasthos-vrrhäilniffe liegen weit günstiger in dem von Mori nur wenig entfernten Rovereto und in Trient, da« eine Strecke weiter nach Bozen zu liegt. In Arco giebt es zwar genug Hotel-Pensionen, aber nicht Jeder liebt da nur kurze Zukehr, und im Frühling sind die besseren Unterkunftsstätten weit überfüllt. Al« Uebernachtung-station kommt daher zunächst Rove- reto in Betracht, und in dieser Beziehung möchte ich gerade den Ort brrvorbeden. Was nämlich die Verpflegung an- bctrifft, so ist selbstverständlich, daß da« vielbesuchte Arco wie auch Riva weit mehr Au«wahl bieten, wenn man den Maßstab verwöbntrr Gaumen anlegt. Trient dagegen mit seinem weltbekannten „Hotel Trento" befriedigt auch in dieser Hinsicht alle Ansprüche. Wenn man da« Nachmittagsschiff benutzt, welches zwischen 3 und 4 Uhr von Riva abgeht, so kann, >m Fall der vordrr- gegangenr Abend in Rovereto zugrbracht wird, dir Abfahrt von dort 8 Uhr 2S Minute» Vormittag« erfolgen, man kommt ,n Areo S Uhr SS Minuten, in Riva 10 Uhr 8 Minuten an und hat also noch völlig Zeit, sich an einem oder an anderem Ort« umzuseben. Trifft der Reisende umaekebrt in Riva mit dem Denacus-Dampfrr Nachmittag« I Uhr 30 Minuten na, so bat er dort 4 Stunden Lufeatdalt und ist Abend« 7 Uhr 81 Minuten in Rovereto. Rovereto wird durch folgende Sätze kurz, aber umfassend gezeichnet. Wer sich in dieser Stadt länger als eine Nacht anf- halten will» sollte nie allein, sondern mindestens zu zweien dorthin gehen. Ein Rovcrctaner, der den Zug besteigt und sich mit dem Schaffner auf italienisch zufällig schwer verständigen kan», drückt den Mitreisenden gegenüber seine böcksslc Entrüstung auS, daß der Beamte die Sprache schwer versiebt: in puo8v ituliuno. Da« will so viel sagen: Ter einst industriell so blnbende, wissenschaftlich glänzende Ort ist nicht mebr der Schatten von einst; wer Langeweile sucht, namentlich des Abends oder wenn da« Wetter un günstig ist, der findet sie dort. Rovereto gehört wie Trient zu einem Vorwerk der Jlalia irrcdenta. Obwohl sin Lande Oesterreich, wird man in de» beiden größten Städten von Welschtirol fast italienischer an gehaucht. als in Italien selbst. Die Fabrikation von Seide hat einsten« Millionen unk aber Millionen nach Rovereto gekrackt, großes und bewegtes Leben und Treiben berrschte dort. Die reichen Nobili, welche in der einst größten Handelsstadt von Welschlirol Paläste bauten und dielt noch bewohnen, sind fast ausschließlich Nach kommen großer Seidrnindustrieller. Aber auch der Weinbau der Umgegend fand in Rovereto seinen Stapelplatz , wächst ja in nächster Umgebung der wabre „Vino negro", der sckwarzrolde „Jsera" und manche andere schätzen-werthe Marke. Secldein aber der neue Handelsvertrag mit Italien der Concurrenz von dort Tbür und Tbor öffnet, seitdem ferner der Weinslock auch in dieser Gegend Krankbriten zu übersteben bat, ist auch die Blüthe im Wembandel vorbei. E« sei übrigens bemerkt, daß der Wein der Gegend für den Neuling etwas Tinten- aeschmack zeigt, kerriibrend von einem großen Gebalt an Gerbsäure. Für choleraartige Erkrankungen ist er als außer ordentlich wirksame« Hils-mittel angezeigk. Ganz ander-. dem griechischen Wein äbnelnd, aber natürlicher, schmeckt der Slroüwciii und der Vino santo dieser Gegend; der letztere, au« getrockneten Beeren zur Weihnachtszeit fertig gestellt, hat seine» Name» diesem Umstand entlehnt. Tie Brauerei Glira erzeugt ein recht schmackhaftes Bier und der Besitzer derselben war es auch, welcher vor kaum zwei Jahren ein Hotel erstehen ließ, welches an Eleganz der Einrichtung nichts zu wünschen übrig läßt. Da« kaum füns Minuten vom Baknbos entfernte Hotel Glira hat einem längst gefühlten Bedürfnis! abgeholfen. Wenn früher sich der Reisende, der Fremde beeilte, nm seine Geschäfte vor Einbruch der Nacht zu erledigen und seinen Ällsentbalt abzulürze», um nicht in einem sehr fragwürdigen Gaslhof bleibe» zu müssen, jetzt ist dieses Hinterniß gefalle». Mäßige Preise bei cinsacher, aber guter Verpflegung und da« vorzügliche Unterkommen werden in dein Unternehmen- Glira vielleicht einen Hebel bctbätigcn zum Wiederaufleben von Rovereto, aber nicht so leicht durch die Industrie al« durch den Fremdenverkehr. Herrliche Partien verschiedenster Act giebt eS i» der Umgebung, vor Allem aber ist auch die Lage der Statt selbst eine wunderschöne. Sie liegt lang l'ingestrcckt zn beiden Seiten der Lena, wovon der größere Tbeil, die cigenlliche Stadt, sich dickt an hohe Berge lelmt. Der Blick von der leicht in halbstündiger Wanderung erreichbaren „Madonna del »iviite" und dem wenig mehr erhöbt«» „Castell» di Lizzana" mit Erinnerungen an Dante, verdient allein eine» kurzen Besuch vo» Rvvcreto. Da« Trinlwasscr, welches schon auS eince Quelle in der Baknhosshalle fließt, gilt für das beste von Tirol. DaS Klima ist sin Allgemeine» das milde vo» Süktirol, da« Lebe» ist wohlfeil, »nv da Gymnasium, Realschule, übcrbauvt öffentliche Institute verschiedenster Art, sowie prächtige Park anlagen vorhanden sind, so dürste e» nickt Wunder nehmen, wenn mit der Zeit Rovereto auck als Wiiilerniilde in Frage kommt. Sitz verschiedener Gerichte, GarnisonSorl. Haupl- stapelplay de« Hantel- der ganzen Unigcgend, Jndustriecentrum (vor Allem große Tabakiiianlifactur) bethätigk Rovereto immerhin noch heute eine gewisse Lebhaftigkeit. Viele hervor ragende Gebäude zieren die Stadt, die anschiilichslen sind die Paläste Alberti und Fedrigolti. Hier siebt auch der von Norden her Kommende den Maulbeerbaum zuerst in größerer Menge. Die Weinreben schlingen sich bis in die Gipfel hinein, mächtige Trauerweiden und Akazien umstehen die Landstraße. Hock, ragt die schlanke, keusche Cyprcsse, meist vereinzelt, in die Lüfte, ein „^oli in« tauber«?' unter den Bäumen. Auch die Olive wirft schon ihr eigenartiges Grün unter da« LandschaslSgcmälde. Von der Erinnerung an große Gelehrte spürt man am meiste» den Ein» für den große» Philosophen RoSmini; ra giebt cs das Asyl RvSniini, den Corso Rosmini, die Piazza RoSmini. Auf dem Corso, unweit vom Hotel Glira, steht die schöne Statue des Gelehrte». Der Dialect der Bevölkerung ist vcnetianisch. Die Schönheit der Frauen wie der Mädchen soll, wie in so vielen welschen Stätten, auch in Rovereto hervorragend sein. Ich habe — c« war freilich an einem Decembcradend — nicht viel davon gemerkt. Erst als ich anderen Tage« i» der Mittagsstunde weitersubr, konnle ich mein Gegenüber im Coupö daraus näber anseben. Ob die junge, wirklich anmiithige Dame dies merklc »nd in Verwirrung ihren Schirm fallen ließ, den ich — nicht galant, sondern selbst verständlich aushob I Da« Eis war jedenfalls gebrochen und die Unterhaltung in bestem Zuge, al« der Zug selbst bei der ersten Station, Calliano, stillstand und nur mein Ailge noch den graziösen Bewegungen der schnell davoneilenden Schönen folgen konnte. Jmmcrbin scheint mir nach diesem kurzen Debüt, daß die Francn von Rovereto der Liebenswürdigkeit fähig sein können und Anmuth wie Grazie entfalten.
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