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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 02.08.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-08-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18950802024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895080202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895080202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-08
- Tag1895-08-02
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Größere Schriften laut unserem Preis- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernsatz nach höherem Toris. Ertrn-Vrilagrn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbefördernng 60.—, mit Poslbesorderuug ^ll 70.--. Itnnahmtschluk für Anzeigen: (nur Wochentags) Abend-Ausgabe: Vormittag« 10 Uhr. Morgen-AuSgabe: Nachmittags 4Uhr. Bei den Filialen und Annahmestellen je ein« halbe Stunde früher. Anzeigen sind stets an die Expedtttv« zu richten. Druck und Verlag von E. Polz in Leipzig. ^°371. Freitag den 2. August 1895. 89. Jahrgang. Politische Tagesschau. * Leipzig, 2. August. Da« soeialvemokratischc Agrarprogramm scheint sür seine Schöpfer verdängnißvoll werden zu sollen. Hat auch Herr Bebel den Anschluß an die von ibm in Frankfurt so scharf bekämpften „Bauernfänger" gefunden, so wollen doch viele seiner zielbewußten Genossen nickt« von der Leistung der Agrarcoinmifsion wissen. Die einflußreiche „Magdeburger Volksstimme" erklärt rund heraus: „Wir lehnen die von der Agrarcommission aufgestellten Forderungen grundsätzlich ab." Nicht minder entschieden äußert sich der social- demokratische Parteitheoretiker Kautsky in der „Neuzeit". Schon der Frankfurter Parteitag, führt er aus, babe scharfe Gegensätze in Bezug auf die Landfrage enthüllt, aber die Diskussion über diese Frage sei trotz der Annahme der Resolution Schönlank-Vollmar nicht abgeschloffen, sondern erst in Fluß gebracht worden, und die Gegensätze würden erst auf dem kommenden Parteitage znm AuStrag gebracht werden. Besonders entrüstet ist KautSky darüber, daß das Programm nicht hervorhebe, waS die Socialdemokraten von den Demo kraten und den Socialreformern trenne, sondern im Gegen- theil das betone, was Jene mit Diesen gemein hätten. Die socialdemokralische Partei habe Einrichtungen zu ver langen, die den Classeiik.impf des Proletarials wirksamer gestalten und seine revvlutioiiaire Kraft heben könnten. Das Programm empfehle aber Einrichtungen, die das Gegen- theil bewirken müßten. Die Erklärung der Commission: es sei Aufgabe der Socialdeniokratie, die Zustände in Gewerbe, Landwirthschaft, Handel und Verkehr zu verbessern, sei eine leere Redensart, die den Stempel deS CompromisseS offenkundig auf der Stirn trage, und das Verlangen nach Dcmokratisiruiig »nd Socialreformen im Rahmen der bestehen den Staats- und Gesellschaftsordnung findet KautSky völlig unbe greiflich. Für die Landwirthschaft fordere die Commission Privi legien, nicht aber für die Industrie. Man könne ebenso gut begehren staatliche Förderung von Volkstheatern, Volksconcerten, VolkS- ausstellnngen, Volksbibliothcken und Volksuniversitäten. Warum fordere man nur staatliche Hilfeleistung bei Nothständen in Folge verheerender Naturereignisse und nicht auch bei Nothstand in Folge von Ueberproduclion, von Handelskrisen, Zollkriegen rc. ? Zur Fordrrung des Staatscredits an Genossenschaften oder einzelne Gemeinden für Feldbereinigung, Bodenmeliorationen aller Art, Entwässerung und Bewässerung bemerkt KautSky: Entweder hält man die Forderung des StaatScreditS an Genossenschaften sür ersprießlich oder nicht. Wenn nicht, so ist ihre Aufstellung Bauernfang. Da diese Annahme aber ausgeschlossen ist, so bleibt nur die erster? übrig. Warum aber dann StaalScredit nur für landwirtbschaftliebe Genossen schaften? Warum diese Privilegirung der Landwirthschaft? — Noch fataler für die Commission ist aber der Umstand, daß auch die „Münchener Post" nach langem Schweigen ihre Unzufriedenheit mit dem Programme äußert. DaS Organ Vollmar's, deS geistigen Vaters der Bauernfang-Politik, schreibt nämlich: „Den Aeußcrungcn der (socialdemokratischen) Parteipreffe ist zu entnehmen, daß in den Kreisen der Parteigenossen die Ansichten über den Programmentwurs sehr, sehr weit auseinander gehen, nach unserer Ansicht viel zu weit, um eine baldige Einigung über die einzelnen Punkte auch nur möglich erscheinen zu lasse». Vor Allem dürfte die Vermengung des Bauernprogramms mit dem allgemeinen Parteiprogramm — und zwar mit Recht — auf starke Opposition stoßen. DaS allgemeine Programm leidet dadurch, wogegen das Bauernprogramm die praktische, agitatorische Wirkung verliert. Dann weist der Entwurf Widersprüche aus, diese müssen ausgemerzt und die Sprache in demselben präciser und gemeinverstäiid- licher werden. Kurzum, die Arbeit trägt den Stempel des UeberhastenS. Verfalle man in Breslau nicht in denselben Fehler. DaS bestrittene Gebiet ist außerordentlich schwierig, erfordert große Sachkcnntniß und tiefes Studium, und darum hoffen wir, daß das Agrarprogramin a»f dem nächsten Parteitag wohl be sprochen, aber noch nicht definitiv beschlossen wird. Nicht genügend Durchgedachtes — und das trifft beim Agrar- Programm - Entwurf augenfällig zu — zum Beschluß in das Pro- gramm erhoben, könnte der Socialdemokratie schlimme, sehr schlimme Folgen zeitigen. Die Agrarfrage ist nach unserer festen Ueber- zeugung den allermeisten Parteigenossen viel zu fremd, um darüber jetzt schon ein endgiltiges Urtheil abgeben zu können; darum muthe man ihnen aber auch nicht zu, Programmsätzen zuzustimmen, über deren Tragweite ihnen vorerst die nöthigc Kenntniß noch fehlt. Er- achte man den jetzigen Programmentwurf als beachtenswerlhe Grundlage zum ernsten Studium der Frage, prüfe man jeden Satz »nd verschiebe man die definitive Festsetzung des Programms bis zum Parteitag 1896." Herrn v. Vollmar paßt es also nicht, daß das Agrar programm mit dem allgemeinen Parteiprogramm vermengt wird und dadurch die Bauern mit der Nase auf die groben Widersprüche gedrückt werden, die zwischen beiden, besonders bezüglich des Privateigenthums an Grund und Boden, herrschen. Er will ein besonderes Agrarprogramm haben, das den Schutz dieses Privateigenthums verspricht und keinen PassuS enthält, der die Vergesellschaftung aller Produktionsmittel verlangt. Nun bat aber Herr Bebel sein Gewissen dadurch beschwichtigt gesuhlt, daß die den socialdcmokratischen Grundforderungen widersprechenden Versprechungen des Agrarprogramms gewisser maßen neutralifirt werden durch die festgehaltenen Grund forderungen. Der alte Gegensatz zwischen ihm und seinem „Freunde" v. Vollmar tritt mithin aufs Neue hervor und wird auf dem Breslauer Parteitag voraussichtlich aufs Neue zu scharfem Ausdrucke kommen. Die Gegensätze in der kcntrumspartei sind infolge der Rede deS Grafen Strach Witz im Verein der katho lischen Edelleute wieder in recht prägnanter Weise zu Tage getreten. Die „Schles. Volksztg." sucht zwar zu bestreiten, daß diese Rede die Consequenz der Nichtwiederwahl der jenigen Centrunisabgeordneten enthalte, die für den deutsch- russischen Handelsvertrag gestimmt haben, die „Köln. Volksztg." bat aber dieseCvnseqnenz ausdrücklich gezogen und hiergegen auf die Gefahren einer einseitigen Jntereffenpolitik für die Cen truinspartei hingewiesen. Daß ihre Befürchtungen nach dieser Richtung nicht unbegründet sind, beweist in der That eine Aus lassung des Organs deS Rheinischen Bauernvereins, das bekanntlich die specisisch agrarische Richtung deS Freiherr» v. Lo« vertritt. Hierin beißt es ganz ausdrücklich, die länd lichen CentrumSwahler würden eventuell diejenigen Abgeord neten nicht Wiederwahlen, welche, in ausschließlich land- wirthschaftlichen Bezirken gewählt, für den russischen andelsvertrag gestimmt haben. So wäre z. B. der eichstagspräsident Freiherr v. Buol bei einer Neuwahl nicht wiedergewählt worden. Welche Rückwirkung ein solches politisches Verhalten auf den Bestand der Centrumspartei haben würde, zeigt nun die „Köln. Volksztg." an folgender Zusammenstellung: Im 14. badischen Reichstags-Wahlkreise würde also der Präsi dent des Reichstages, Frhr. v. Buol, nicht wiederzuwählen sein. Ferner wären u. A. zu beseitigen: Der Vorsitzende der Centrums- fraction des deutschen Reichstags Graf Hompesch, vr. Lieber, Gröber, Hitze, Fritzen, v. Grand-Ry, gewählt kür Cochem- Zell. Sodann wäre auch dem Vorsitzenden der Centrumssraction des preußischen Abgeordnetenhauses, Frhrn. v. Heeremann, das Mandat zu kündigen. Gegen den Abg. Spahn, den zweiten Vice- Präsidenten des Reichstags, hat sich bereits ein Mal eine starke Agitation in Bonn-Rheinbach bemerkbar gemacht. Da ferner vom Standpunkt des Grafen Strachwitz der deutsch-österreichische Handels vertrag mindestens eben so bedenklich ist, so wäre der Präsident des Schlesischen Bauern-Vereins, Frhr. v. Huene, in einem land- wirthschaftlichen Kreise unmöglich; auch der verstorbene Präsident deS Westfälischen Bauern-Vereins, v. Schorlemer«AI st, hätte keinen landwirthschastlichen Bezirk vertreten können, von dem Vor- itzenden des Eentral-Wahlcomitss der schlesischen Centrumspartci, dem Grafen Ballestrem, der sogar öffentlich für den russischen Handelsvertrag sich ausgesprochen hat, gar nicht zu reden. Die agrarische Strömung im Centrum richtet sich also gerade gegen die Hauptsührer, und die „Köln. Volkszeitung" gesteht darum auch offen ein, daß, wenn wirklich bei den nächsten Wahlen in den Wahlkreisen des Centrums der Kampf zwischen Stadt und Land ausgefochten werden sollte, wenn eine einzige wirthschaftliche Frage zum Mittelpunkt der Wahlbewegung gemacht und allein entscheidend für die Aus wahl der Candivaten sein sollte, die Einigkeit des Centrums in die Brüche gehen müßte. Thatsächlich ist die Einigkeit jetzt schon sehr rissig. Unsere Stammes ge nossen in Lesterrcich ringen mit größerer Anstrengung denn je um die Erhaltung ihrer deutschen Eigenart, ihrer Rechte als Staatsbürger und ihres historischen Einflusses auf die geschichtliche Entwickelung der Monarchie. Was ihnen neuerdings haupsächlich zu mächtigem Ansporn gedient hat, ist die Errichtung eines slowenischen Gymnasiums in Cilli, welches sie der slawisch-wälschen Mehrheit des österreichischen Abgeordnetenhauses und der — Lau heit einer Anzahl klerikaler deutscher Abtrünnlinge zu verdanken haben. Wie wir schon kurz erwähnten, haben die Deutschen in Cilli die Absicht, dort ein deutsches HauS und ein deut sches Studentenheim zu gründen als Gegengewicht gegen das verwälschte Gymnasium und die weiteren VerwälschungS- versuche, die nunmehr in verstärktem Maße von den über ihren Sieg äußerst hoffnungsfreudig gestimmten Gegnern des Deutschthums in den österreichischen Marken werden gemacht werden. Ein deutsches Comitö hat sich in Cilli zur Ver wirklichung jenes Doppelplanes gebildet und erläßt eben einen Aufruf an die Reichsdeutschen um Hilfe. Der Aufruf, dem wir sympathische Ausnahme und Erfolg überall wünschen, wohin er dringt, lautet: Deutsche Stammesgenojsen! Dröhnende Mörser und weithin leuchtende Freudenfeuer auf dem Höhenkranze der unsere Stadt um- gebenden Berge haben in den Abendstunden jenes Tages, der die Annahme der Budgetpost „Cilli" in unserem Abgeordnetenhause brachte, zu uns Deutschen in Cilli eine recht eindringliche Sprache geredet. Durch diesen Jubel haben unsere Gegner abermals deutlich bewiesen, daß es ibnen nicht um die Erfüllung einer berechtigten culturellen Forderung, sondern lediglich »m die Schaffung eine- neuen wichtigen Agitationsherdes behufs Zurückdrängung des Deutschthums im steirischen Unterlande zu thun war. Wenn in diesen trüben Stunden etwas unseren Muth beleben, unsere Zuversicht heben kann, jo ist es unser Stammesbewußtsei», der Gedanke und die Ueber- zeugung, daß in Millionen Herzen unserer Stammesbrüder mitfühlende Theilnahme an dem uns ausgedrungenen Kampfe zur Erhaltung deutschen Wesens, deutscher Art und Sitte, von denen wir nimmer lassen können und wollen, rege ist. „Einsam vielleicht, aber nicht verlassen", diese Ueber- zeugung läßt unsere Herzen höher schlagen, und sie ist es, die uns den Muth giebt, an Euch Stammesbrüder mit einer Bitte hcranzutreten, von deren Erfüllung allein wir unser Heil, unsere Rettung erwarten. Die deutschen Vereine in Cilli und mit ihnen die ganze deutsch fühlende Bevölkerung unserer Sladt bedürfen einer alle deutschen Kreise einigenden Heimstätte, eines „Deutschen Hauses", in welchem sie sich zu gedeihlichem Wirken, sowie zur Hut und Pflege deutschen Wesens zusammenfinden können. Aber auch das „deutsche Studentenheim", welches zur Erhaltung eines Nachwuchses für unser bisheriges deutsches Gymnasium in Aussicht genommen ist, stellt sich für uns als eine zwingende Nothwendlgkelt Im harten Kampfe für unsere höchsten Güter dar. Für die Errichtung dieses Studentenheims und zum Baue des deutschen Hauses ist uns Eure werkthätige Mithilfe unentbehrlich. Stammesgenvssen! Unausrottbar fest wurzelt in unserem Herze» die Ueberzeugung, daß Ihr uns in dem Kampfe uin die Erhaltung volkseigenen Wesens nicht verlassen werdet, sowie daß wir keine Fehlbitte thun, wenn wir von Euch Allen eine Liebesgabe zur Förderung eines, wenn auch vor wiegend örtlichen, darum aber nicht minder wichtigen volklichen Zweckes erbitten. Ihr schmiedet durch Eure Spenden ein Band dauernder denn Erz, welches unsere Herzen, unser gesammtes Denken und Fühlen, »immer abziehen lassen wird von den hohen geistigen und idealen Gütern unseres großen deutschen Volkes, dem wir ge treue Söhne sein wollen und sein werden, jetzt und immerdar! Cilli, am 25. Juli 1895. Für den Ausschuß: vr. Em. Josef Wokaun, Landlagsabgeordneter. Spenden können, wie wir wiederholen wollen, an den Cassirer Joses König, Kaufmann in Cilli, gesendet werden, aber wir zweifeln nicht, daß der „Alldeutsche Verband" nicht zögern wird, die Geldsammluiigcn in seine Hand zu nehmen, was für den Ausfall derselben von wesentlichem Be lang sein würde. Auch das wiederholen wir, daß bereits ein Cillier Advocat für das Studentenheim die namhafte Summe von 20 000 Gulden gespendet hat. Möge diese hochherzige Gesinnung auch bei uns zu entsprechender Opferwilligkeit aneifern! Die Ankündigung des Besuches, den das rumänische KönigSpaar Anfangs August dem österreichisch-unga rischen Kaiserhvf in Ischl abstattet, hat verschiedene politische Combinationen hervorgerufen. Jedenfalls beweist der Besuch von Neuem die ungetrübte Fortdauer der sehr intimen Beziehungen zwischen den beiden Herrscher häusern und den beiden Staaten. Auch die That- sache, daß gerade jetzt wieder von dem geregelten Verhältnisse Rumäniens zu Oesterreich-Ungarn sowohl als zum Dreibund gesprochen wird, zeigt bock nur, ' daß eben eine Veranlassung zu neuen speciellen Verein barungen nicht vorliegt. Wenn in einem großen Wiener Blatt berichtet wird, daß zwischen Rumänien und dem Dreibunde ein förmlicher Allianzvertrag bestehe, und daß Rumänien dem Dreibunde gegenüber bindende Ver pflichtungen auf sich genommen habe, so muß es zwar dahingestellt bleiben, ob die Meldung in dieser Form ganz richtig ist; aber es unterliegt der „Kr. Ztg", welche sich in dieser Angelegenheit als gut informirt bezeichnet, keinem Zweifel, daß ihr Inhalt im Wesentlichen den Tbaljachen entspricht. Von einem Novum ist dabei jedoch keine Rede; Beweis dafür, daß schon Graf Kalnoky in der vorjährigen Session der Delegationen darüber mit aller wünschcnSwerlhen Deutlichkeit sich ausgesprochen bat. Am 17. September 1891 sagte der damalige österreichisch-ungarische Minister des Aeußern: „. . . Rumänien war von den außerhalb des Dreibundes stehenden Ländern eines der ersten, welches dessen wirklich friedliche Ziele erkannt und sich entschlossen hat, eine An lehnung an die westeuropäischen Centralmächte zu suchen." — DeS weiteren sprach der Minister von den sehr srcundscbastlichen Beziehungen, die mit Rumänien „seit Jahren" bestehen und die sich „als haltbar bewährt" haben. Man bat schon damals aus dieser authentischen Kundgebung gefolgert, daß zwischen Bukarest und den Friedensmächten ein klares Verhältniß besteht, lieber die Form desselben aber braucht man sich süglich den Kopf nicht weiter zu zerbrechen. Der jetzige Hinweis auf dieses klare Verhältniß ist indessen schwerlich mit der Monarchen begegnung in Ischl in Zusammenhang zu bringen; vielmehr ^ Das verlorene Paradies. Roman von Anton Freiherr von Prrfall. Nachdruck «erröten. (Fortsetzung.) Da trat ein Diener ein mit einer Karte. Das Herz stand ihr still — Franz von Prechting! — Sie hatte ibn nicht mehr gesehen seit jenem verhängniß- vollen Abend. Eine Flutb von Erinnerungen stürzte über sie. MakowSky entging nicht ihre hochgradige Erregung. „Was will denn der Mensch von uns?" sagte er ärgerlich. »Die Clique bat wohl schon gehört von meinem Bilde und will sich nun heranmachen! Da soll sie aber was erleben!" Diese größenwahnsinnige Bemerkung öffnete Kitty vollends die Augen. „Da- ist doch nicht Wohl möglich", erwiderte sie mit einem spöttischen Lächeln. „Außerdem verlasse Dich daraus, mein Vetter ist nicht zudringlich." Sie befahl dem Diener, den Besuch nebenan in das maurische Gemach zu führen. „Warum führst Du ihn nicht hier herein? Er kommt ja gerade recht! Oder ist vielleicht die Gesellschaft nicht gut genug für den Herrn Baron?" „Paul, keine Bitterkeit! Nur jetzt nicht. Er kommt im Aufträge de« Vater«, er bringt Versöhnung, Frieden Paul, sür Dich, sür mich!" „Für mich? Frieden? WaS heißt daS?" „Das heißt, daß Du wieder frei schaffen kannst, ohne Sora«, ohne Hast." „und das sagst Du mir jetzt, in diesem Augenblick, daß ich Deinen reichen Beiter dar» brauche? Bor diesem Bilde? — Ja, da könnte man freilich alle Zuversicht verlieren — da — da Er war außer sich. Die Gäste wurden aufmerksam. „So weint, ich es ja nicht, Paul", flehte Kitty verzweifelt, „aber er ist ja doch mein Vater!" „Gut, geht nur! Geb'! Bettle, flehe um Verzeihung, um Unterstützung. — Mein Gott, ich vätie e« ja wissen können! — Aber ich nicht! Ich nicht! Geh'! Geh' doch!" Die Cöllegen versuchten den Aufgeregte« zu beruhigen. Kitty hätte in den Boden versinken mögen vor Scham, un endlich weh' war ihr um das Herz. Sie mußte Athem holen, sich fassen, bevor sie die Portiöre hob vor dem Cabinet. Paul beruhigte sich noch immer nicht. „O, ich sage Euch, Kinder, nicht verstanden werden! Immer wieder brrabgezogeu werden in die gemeine Alltäglich keit! Das ist das Entsetzlichste für unsereinen — die Hölle!" Kitty empfand jedes Wort wie einen Dolchstich. Mit einem raschen Griff hob sie die Portiöre. Franz stand vor ihr! Seine mächtige Gestalt schien ihr den ganzen engen Raum zu füllen. Er reichte ihr schweigend die Hand. Sie ergriff sie und brach in lautes Schluchzen aus. Der Lärm außen übertönte eS. „Ich störe wohl? Du hast Gäste", begann Franz, ver wirrt durch den unerwarteten Empfang. Kitty faßte sich rasch. „Allerdings! Wir feiern ein kleines Fest!" erwiderte sie. „Paul hat ein neues Bild begonnen, ein Meisterwerk! — Wie ich nur weinen kann, aber es übermannt mich so. Die Erinnerung an den Vater — an die Heimath Du wirst das begreifen." „Gewiß, Kitty, voll und ganz! Ich komme ja im Auf träge des Vaters, und Deine Thränrn machen seine Er ledigung leichter, als ich gedacht. Du sollst nach Vals kommen — er will Dir Alles verzeihen, wenn Du kommst, Dein Unrecht einsiehst —" Diese letzten Worte reizten Kitty und weckten von Neuem ihren Trotz. „Sicht er das seine ein? Daß er mich Georg geopfert hätte, wenn nicht Arabella dazwischen getreten wäre?" „Er sab e« ein, leider zu spät." „Nur um mir eine neue Demüthigung zu bereiten." „Eine neue Demüthigung?" „Indem er meine Hand einem Andern bot — Dir, ranz! Du zwangst mich zur Flucht an jenem Abend. — ch dachte nicht daran." „Ick? An jenem Abend?" „Ich erwartete Georg, der Depesche nack, die ich las. Der Vater wird ibn noch zur reckten Zeit beredet haben, Arabella aufzugeben, zu mir ziirückzukebren, dachte ick —" „Ich wollte nicht vor ihm fliehen, ich war zum äußersten Widerstand bereit, da sah ich Dich den Wagen verlassen — Du gingst nur wenige Schritte an mir vorüber — vor Dir floh ich." „Das ist unmöglich! Du konntest nicht glauben, daß ich mich Dir als Gatten aufdrängen werde." „Das nicht — ich meine das nicht" — entgegnete Kitty verwirrt, „aber ich fürchtete mich — ich wollte Dich nicht kränken — Was war mir Georg? Aber Du — Du — Franz —" Lautes Gelächter, Gläserklang, Hochrufe ertönten von außen. Beide waren dankbar für diese Unterbrechung. „Ich werde mit Paul darüber sprechen", sagte Kitty. „Er ist so fürchterlich empfindlich, gerade jetzt, nach diesem Erfolg." „Erfolg?" fragte erstaunt Franz. „Du sagtest ja eben, er habe das Bild erst angefangcn." „Ja allerdings, aber Du hörst doch, wie er gefeiert wird. — Zweifelst Du denn daran?" „DaS nicht, aber von einem Erfolg einer Arbeit kann man doch erst sprechen, nachdem dieselbe vollendet ist." „Ach, Du verstehst die Künstler nicht. Das ist Alles so ganz anders. Ich bitte Dich nur um Eines, spreche darüber nicht mit Paul, er würde Dich nicht verstehen." „Jedenfalls wird er als Ehrenmann nicht« sehnlicher wünschen als die Aussöhnung mit Deinem schwer gekränkten Bater, Dir zu Liebe, ganz abgesehen von Eurer wirthschaft- lichen Sicherstellung", bemerkte Franz. Kitty klammerte sich an dieses letzte Wort. Das war wieder der Ton, aus der kalt berechnenden, begeisterungslosen Welt, die sic verlassen. Sie fühlte sich in diesem Augenblick erhaben über diesen Man». „Du irrst Dich, Franz", sagte str mit sichtlicher Genug tuung. „Derlei Dinge wirken nicht bei uns Künstler, die überlassen wir den Dornehmen, den Aristokraten. — Außer dem ist mein Mann hinreichend durch seine Kunst sicher ge stellt und bedarf dazu keines Schwiegervaters — gerade jetzt nicht. — Ich warne Dich, Franz, Du würdest Alles ver derben." „Beruhige Dich, Kitty", entgegnete dieser gelassen. „Ich werde den Stolz Deines Gatten nicht verletzen, aber Du wenigstens sei offen gegen mich, wie Du es immer warst. Wer Dich — kennt wie ick, läßt sich nicht täuschen. Es ist nicht Alles wie Du sagst! Dein bester Freund fleht vor Dir. — Komm' zu uns, Du wirst mit offenen Armen empfangen, ohne Borwurf. Du bettelst ja nicht, Du trittst nur in Dein Recht ritt, als die Erbin von ValS. Auch sür Deinen Gatten werden die veränderten Verhältnisse heilsam sein. Die kräftige Lust, die herrliche Natur, die Ruhe. — Er wird neue Wurzel fassen, neue Kraft saugen aus dem treuen Boden von ValS. Wir bringen dem Stolz oft zu große Opfer, die wir bitter bereuen müssen. Glaube mir, ich spreche aus Erfahrung." — Diese letzte Anspielung brach vollends ihren Trotz. „Ich komme, Franz!" sagte sie, ihm die Hand reichend. Eine augenblickliche Stille trat ein, durchzittert von gemein samer Erregung. In diesem Augenblick trat Makowsky ein. Er sah die Hände der Beiden noch in einander ruhen. Seinen scharfen Augen entging nicht die innige Beziehung zwischen Beiden. Er hatte eingeseben, daß er Kitty wehe gethan. Die verdoppelte Schmeichelei seiner Gäste, welche sich die Laune nicht verderben lassen wollten, hatte ihn versöhnlich gestimmt, bei diesem Anblick jedoch schwankte sein guter Vorsatz. Die derbe Erscheinung Franzens wirkte außerdem unsympathisch auf ibn. „So weit schon?" sagte er in spöttischem Tone, „das geht ja sehr rasch! Und welchem Umstand hat wohl meine Frau diesen ausfallenden Umschwung zu danken? — Ihrer Vermittelung wohl, Herr Baron? Zwar sehr liebenswürdig, aber da eS sich doch nicht allein um Kitty handeln dürfte, möchte ich doch auch ein Wort mitsprechen." „Das sollen Sie, Herr Makowsky, und zwar daS ent scheidende — das allem Unfrieden ein für allemal ein Ende machen soll. — Sprechen Sie es ans, ohne alle Bedenken und Verhandlungen. — Sie stehen, wie ich höre, vor einem großen Werke —" „Und der Herr Graf fürchtet wohl die Blamage, wenn eS an die Oeffentlichkeit kommt — mein Name in aller Leute Mund —.mich behandelt zu haben wie einen frechen Ein dringling in seine hohe Familie, er will noch zur rechten Zeit den Gnädigen spielen, ehe es zu spät sein dürfte —" Fran^ stieg die ZorneSröthe in das Gesicht über diese wahnwitzige Anmaßung. Ein Blick aus Kitty mußte ibm erst seine Ruhe wiederaeben. Cr war ja mit dem festen Vorsätze gekommen, der Eigenart dieses Mannes Rechnung zu tragen, die alten Fehler zu vermeiden. „Sie irren vollständig, mein Herr", erwiderte er gelassen, jede« Anflug von Spott vertlteiveud. „Der Graf bat keine Ahnung von Ihrem Bilde, ebenso wenig als ich sie b"ke.
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