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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 28.12.1895
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1895-12-28
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18951228020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1895122802
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1895122802
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1895
- Monat1895-12
- Tag1895-12-28
- Monat1895-12
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01.— 86.50 01.80 04.— 86.50 0160 01.75 02.85 22.— 6665 66.50 ^ - oo — 87.50 25.50 75.-- 4568 sH— 76.- 16.25 01.— 61 — 67- e". Id»i». 102.77, . lU. >! 9,7-96. - ült 14^, SS 05.20 01.80 87.20 87.10 51.10 34.70 47.80 80.75 78.— 67.50 87.30 30.— 24.60 87.20 15.70 87,10 44,40 05.50 21,80 62,10 20,50 Bezug-.PreiS in der -anptexpedition oder den im Stad«, bezirk und den Bororten errichtete» AoL- gooestelle» abgeholt: vierteljährlich^4.50. bei zweimaliger täglicher Zustellung inr Hau- 5.50. Durch die Post bezogen für Deutschland und Oesterreich: vierteljährlich 6.—. Dirrcte tägliche Kreuzbandiendullg in- Ausland: monatlich ./t 7.50. Die Morgen-AuSgabe erscheint um '/,7 Uhr. di« Abend-Ausgabe Wochentags um ö Uhr. Ne-actro« und Lrpe-ittoa: JehanneSgafse 8. Die Expedition ist Wochentags ununterbrochen geöffnet von früh 8 bis Abend- 7 Uhr. Filialen: Otts Alemm'S Tortim. (Alfred Hahn), UniversitätSstraße 1, Louis Lösche, Katharinenstr. 14, part. und König-Platz 7. 832. Abend-Ausgabe. aMer TagMü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- nnd Geschäftsverkehr. Anzeigen'Prets die 6 gespaltene Petitzeile 80 Pfg. Reclamea ant« dem-kdacttonsstrich (4ae- spalten) üO-4, »or den Familiennachrichkeu (kgespalten) 40-H. Brögere Schriften laut uuserrm Preis verzeichnis. Tabellarischer und Zisiernsa^ »ach höherem Tarif. Extra-veil»,en lgefalzt), «ur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbeförderung 60.—. mit Postbeförderung ^ 70 - Annahmeschlut für Anzeige«: Lbeud-An-gab«: LormittaaS l't Uhr. Mora«»-Ausgabe: Nachminr ' "hr. Für di« Montag-Morgen '»e: Sonnabend Mittag. vei de» Filiale» »nd Anaahmej s ^ halb« Stande frühe A»reigen sind stet- an die '.ped,?'" zu richte -—> > Druck und Berkag von 0:. ' -V -, Tonnabend dm 28. December 1895. 8S. Zc . Politische Tagesschau. * Leipzig, 28. December. Allgemein wurde angenommen, daß der Reichstag alsbald nach seinem Wiederzusammentritt vor die Frage werde gestellt werden, oberseine Genehmigung zur strafrechtlichen Ver folgung derjenigen socialdemokratischen Abgeordneten, die zugleich Mitglieder des der Auflösung verfallenen social- demolratischen Parteivorstandes waren und als solche eines Vergehens gegen das preußische Vereins ge setz be schuldigt sind, wäbrenv der Sitzungsperiode ertheilcn wolle. Der Art. 31 der Reichsverfassung bestimmt: Ohne Genehmigung des Reichstags kann kein Mitglied desselben während der Sitzungsperiode wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, außer wenn es bei Ausübung der That oder im Laufe des nächsten Tages ergriffen wird. - - Da nun jene Herren weder bei Ausübung der incrimi- uirten That noch im Laufe des nächsten Tages ergriffen sind, so können sie ohne Genehmigung des Reichstags während der jetzigen Tagung nicht zur Untersuchung gezogen werden. Nun meldet aber heute der „Vorwärts": Die Mitglieder des als Verein erklärte» socialdemo kratischen Parteivorstandes sind auf den 30. resp. 31. dis. Mts. vorgeladen, um als Beschuldigte in der Strafsache Auer und Gen. vernommen zu werden. Die Genossen Auer, Liebknecht und Singer — die außerdem noch geladenen Genossen Bebel und Gerisch sind nicht in Berlin anwesend — haben dem Land gericht I mitgctheilt, daß sie der Vorladung keine Folge leisten würden, weil sie sich für verpflichtet erachten, die ihnen als Mit- glieder des Reichstags aus Grund des Art. 31 der Reichsverfassung zustchenden Rechte nicht preiszugcben. Hiernach soll wieder einmal, wie schon in mehreren Fällen, von einem Gerichteder Versuch gemachtwerden,den Art. 3l derReichS- verfassunz zu umgehen. Nun ist es ja mindestens fraglich, ob dieser Artikel mit dem Ansehen des Reichstags und mit dem Interesse einer raschen Justizpslege sich verträgt; so lange er aber besteht, muß der Reichstag und sollte auch der Reichskanzler darüber wachen, das; er respectirt werde. Der Reichstag hat zu einer energischen Wahrung seines GenehmigungSrechlS in diesem Falle ganz besondere Veranlassung. Wie die MiZglipdcr des socialdemokratischen Parteivorstandes unter Anklage gestellt werden, weil dieser Vorstand als „Verein" betrachtet und beschuldigt wird, mit anderen Vereinen gleicher Art, vor Allem mit der socialdemokratischen Partei selbst, in Verbindung gestanden zu haben, so kann jeden Augen blick in Preußen und anderwärts, wo gleiche vercinSzesetzliche Bestimmungen gelten, jeder andere Parteivvrstand unler gleiche Anklage gestellt werden. Und wird Artikel 31 der ReichS- verfaffung nicht respectirt, so können alle diese Untersuchungen während der Sitzungsperiode des Reichstags geführt werden. Damit aber wird die Thätigkeit des Parlaments wenn nicht geradezu lahm gelegt, ' so doch empfindlich geschädigt. Der Reichstag wird daher genöthigt sein, alsbald nach seinem Zusammentritt den Reichskanzler und den Bundesrath zum Schutze des dem Parlamente durch Art. 31 der R.-V. garantirten Rechtes aufzufordern, mag nun die Weigerung der Abgg. Auer, Liebknecht, Singer und Bebel, ohne Genehmigung des Reichstags vor Gericht zu erscheinen, von diesem als berechtigt angesehen werden oder nicht. Wird nachträglich der Reichstag um Genehmi gung der schleunigen strafrechtlichen Verfolgung der genannten Abgeordneten ersucht, so dürste das HauS, weil nicht ab zusehen ist, welche anderen Parteivorstände in gleiche Unter- suchunaverwickelt werde« sollen und wahrscheinlich sogar müssen, wenig Neigung zur Ertheilung dieser Genehmigung haben, ob gleich es überaus wünschenswerth wäre, schleunigst durch gericht liche- Erkenntniß festgestellt zu sehen, ob die von Mitgliedern des socialdemokratischen Parteivorstandes au-geübte Tbätigkeit eine strafbare ist und also auch jedem anderen Parteivorstande gelegt werden muß. Weit mehr Neigung dürfte bestehen, dem von den Freisinnigen beantragten Nothgesetze zuzu- stimmeu, daS die Verbindung von Vereinen zu gemein samen Zwecken für erlaubt erklärt. Freilich wird der Bnndesrath einem solchen Gesetze schwerlich zustimmen. Ihm liegt daran, wirksame Waffen gegen die Ilmsturzbewegung in die Hand zu bekommen und den bürgerlichen Parteien aä oeulos zu demonstriren, daß sie sich in das eigene Fleisch schneiden, wenn sie nicht ein „Umsturzgesetz" schaffen helfen. Die agitatorische Behandlung der einzelnen ErwerbS- gruppen hat an starke Leistungen gewöhnt und man wundert sich nicht leicht mehr über eine Zumuthuna an die UrtheitS- oder Gedächtnißschwäche der „geführten" Berufsstände. In dessen gelingt eü doch noch manchmal, in der Kunst, dem Bedürfnisse des Augenblicks gerecht zu werden, Erstaun liches ans Licht treten zu lassen, und der conservative Abgeordnete Iacobskötter kann sich rühmen, den steno graphischen Bericht über die letzte Etatsdebatte deS Reichstags mit einem selbst für den Blasirten beachtenS- werthen Stücke dieser Art bereichert zu haben. Im Mai dieses Jahres bat Herr Iacobskötter in einem Berliner Blatte die bestehende Gesetzgebung über die Sonn- und FefttagSruhc unter dem GesichlSpunct kritisirt, daß eS un gerechtfertigt sei, das religiöse Moment bei der Festsetzung gewerbegesetzlicber Vorschriften allzustark oder überhaupt bervor- treten zu lassen. Der Tadel richtete sich gegen die Partei des Redners und daS Eentrum. Diese Parteien halten, abweichend von der Regierungsvorlage, die absolute Arbeitsruhe am ersten Oster-, Psingst- und Wcibnachtstage ins Gesetz gebracht. Für die Vorschrift war das kirchliche Ruhcgebot für die ersten Tage der großen Feste als für die von vcr Kirche als die heiligsten betrachteten gellend gemacht worden. Herr Iacobskötter nun gab diesen Standpunkt seiner Partei völlig preis, indem er aus daS Interesse einerseits der Verkäufer, andererseits de- kaufenden Publicums hinwies und schrieb: „Man kann ja von streng kirchlicher Auffassung aus die' ersten Feiertage als di« höchsten, unbedingt heilig zu haltenden Festtage ansehen, ge»viß — auch ich habe dies bis setzt imme- so gehalten. Indessen hat mich dies nie gehindert, an dielen Tagen in meinem Berns meinem Nächsten zu dielten wie an jedem Sonntag, an denen ja auch eigentlich alle Arbeit ruhen müßte. Die kirchliche Feier hängt ja doch immer von der persönlichen Stellung jedes Einzelnen ab und kann gesetzlich nicht befohlen werden. Bei der Einführung der gesetzlichen Festtagsruhe aber, so führte Herr Iacobskötter aus, hat man nur die kirchlichen Interessen, welche sich mit den Gewohn heiten mancher Länderslriche, besonders des platten Landes decken, berücksichtigt, ohne auf die städtische Bevölkerung und die thatsäch- lichen, bestehenden Verhältnisse Rücksicht zu nehmen." Der conservative Abgeordnete ließ es nicht bei dieser Kritik bewenden, sondern machte direct den Vorschlag, den Schluß der Geschäfte künftighin für die zweiten anstatt für die ersten Tage der hoben Kirchenfeste zu gebieten. Das war, wie gesagt, im Mai. In der Reichötagssitzung vom 17. December besprach ein Redner unter Berufung auf das Zeugniß eines mecklenburger Handwerkertages die üblen Einwirkungen der gesetzlichen Sonntagsruhe auf das gewerbliche Fortbildungswesen und rief dem Eentrum und den Conservativen zu: „Sie haben damals (bei der Be- ralhung des ArbeiterschuygesetzeS) das kirchliche Interesse höher als gewerbliche Interessen gestellt." Da erhob sich kein Anderer als Herr Iacobskötter, um diese Tbatsache in bestätigen und als einen — Ruhmestitel zu reclamiren. Der Artikelschreiber vom Mai sprach im Tone tiefster lieber- zeugung das Folgende: „Man hat darauf hingewlesen, daß der mecklenburger Hand wertertag sich namentlich für den Sonnlagsunterricht ausgesprochen hätte, und hat uns vorgeworsen, daß wir eS gerade gewesen wären, die ihn unmöglich gemacht hätten. Nun, meine Herren, ich weiß, daß leider Gottes in .Handwerkerkreisen man viel fältig auf den Sonntagsunterricht noch einen großen Werth legt. Das tbut mir ganz außerordentlich leid. Ich stehe aus dem christlichen Standpunkt, daß ich sage: an Gottes Segen ist Alles gelegen. Erst muß das Christenthum ge pflegt werden und dann kommt erst das Geschäft, dann kommt erst das Handwerk. Ich kann es absolut nicht verstehen, wie man einerseits die Handwerkstehrlinge und anderer- seits auch die Lehrer an den Sonntagvormittagen noch um ihren Sonntag bringen will dadurch, daß der Fortbildüugsuntrrricht absolut am Sonntag ertheilt werden soll. Ich stehe in dieser Be ziehung auf dem Standpunct der vollständigen Sonntagsruhe und weiß, daß, wenn das Handwerk sich auch darauf stellt, es auch nur Segen haben wird." DaS ist grundsätzlich und praktisch daS gerade Gegen- tbeil von dem, was Herr Iacobskötter wenige Monate früher geschrieben hat. Herr Iacobskötter als Schriftsteller bat auf seine Gewerbetbätigkeit hingewiesen, während er als Redner vom Fortbildungsunterricht gesprochen hat. Aber er wird doch nicht sagen wollen, Ertbeilen und Empfangen von Zeichenunterricht am Sonntag sei Sabbathschändung, die Anfertigung von Kleidungsstücken aber nickt. WaS ist nun eigentlich seine und, da er im Namen seiner Parteigenossen ge sprochen hat, die Meinung der Conservative« über die Sonntagsruhe? „Ein Narr wartet auf Antwort" hat dieser Tage die „Kreuzzeitung" citirt. Die griechische Regierung hat endlich einmal ihren wahren Ansichten über das „Arrangement" mit den ausländischen Inhabern griechischer Staats papiere klaren Ausdruck gegeben. In einem langen, der Feder eines der wärmsten Parteigenossen Delyaniö' ent stammenden Artikel, der des Präsidenten eigenste Gesinnung treu wiederspiegelt, bemüht sich der Verfasser, zu beweisen, daß ein Zustandekommen des „Arrangements" den Interessen Griechenlands durchaus nicht zuträglich und sogar schädlich sein würde. „DaS Arrangement", heißt eS da. „wollen nur die Zeitungen, das Volk verhält sich ganz ablehnend dagegen und vor Ablauf von fünf Jahren darf ein Zustandekommen des „Arrangements" gar nicht in» Auge gefaßt werden." Die Regierung will eben Zeit gewinnen, da sie mit den äuS- ländischen Staatsgläubigern zu keinem Vergleiche gelangen kann und deshalb ihre Stellung ernstlich gefährdet sieht. Dieser Artikel hat, wie der von A. Kutschbach seit Kurzem herausgegebenen „Orientalischen politischen Correspondenz" aus Alben geschrieben wird, eine gewaltige Erregung ent fesselt. Das Blatt „Ajly" regt eine Volksabstimmung an und hält die Ueberzeugung aufrecht, daß jeder Mann aus dem Volke eS als eincEhrensacheund einGebot derNothwendigkeitbetrachte, das„Arrangement" zu Stande kommen zu sehen.Unter diesen Um ständen kann eS kein Wunder nehmen, daß Gerüchte von einem Ministerwechsel in Umlauf sind. Die Zeitungen, welche mit Leidenschaft für einen Abschluß deS „Arrangements" eintrelen, begründen die Nolhwendigkeit einer solchen definitiven Aus einandersetzung mit den ausländischen StaatSgläubigern vor Allem durch Hervorhebung deS moralischeu Moment«. Die Mißachtung, die Europa dem bankcro ten Staate zuwende, paralysier Griechenland, so daß eS unvermögend ser, etwas zum Schutz seiner in der Türkei ansässigen StaalSangebörigcn zu tbun. Und doch sind neben den Armeniern besonders Griechen dem Fanatismus der Türken preisgegeben. Der cubantsche Aufstand hat mit dem Einrücken der Insurgenten in die Provinz Malanzas einen neuen Ab schnitt seiner Entwickelung erreicht. Unter Führung von Maximo Gomez wurde eine sekr geschickte Umgehung der spanischen Streitkräste, welche den Einbruch verhindern sollten. ins Werk gesetzt und mit Verwüstung der -- dasselbe System, die Bevölkerung von der Ohnmacht - - a-, ihre wirtschaftliche Existenz zu schütze», in ^ i - tretenen Provinz zur Anwendung gebracht, da- de » r Agenten schon auf ihren bisherigen AclionSschaux "i s- 'restlich: Dienste geleistet, indem es die zumeist de > o>.- h .» Sack: ergebenen Pflanzer an den Bettelstab brack ,, n»' es die brovlos geworbenen Arbeiter zu Taufen ' Reihen der Aufständischen trieb. Marschall D rmpos hatte erkannt, daß die Jnsurgirung der . . - a, ttanzaS. verbunden mit der Annäherung der Au , : ^ an die Hauptstadt Havannab, für die Gestalt». litischcn Lage verbängnißvoll werden könne, und e» ..,m denn auch gelungen, dem Gegner eine em, .»che Nieder lage deizubringen, obwohl die Fassung veS bezüglichen Telegramms keineswegs volle Klarheit über den militairischeu Stand der Dinge verbreitet. Aber selbst wenn man eS dem vollen Znbalte nach unbeanstandet wollte gelten taffen, so wäre damit doch höchsten- bewiese», daß die überlegene Be waffnung der spanische« Truppen und ihre Artillerie ihnen einen Vorsprung vor den Insurgenten verliehen. Letztere aber erscheinen überall, wo sie auftretcn, in der Offensive, und so lange sie dabei beharren können, wollen gelegent liche Schlappen nicht viel besagen. Der ursprüngliche- Feld zugsplan des Marschalls Martine; CampoS hingegen harrt noch immer seiner Ausführung. Er bestand bekanntlich darin, die Insurgenten von ihren Küstenverbindungcn abzuschneiden, sie nach dem Innern zurückzuwerfen und dort zum Kampfe zu stellen, der nach Absicht deö Oberkommandos mit der militairischeu Vernichtung der Anfstandsbeweguug endigen mußte. Dieser Plan ist bis jetzt ganz und gar aus dem Papier sieben geblieben! Alle von Spanien nach gesandten Verstärkungen waren nicht hinreichend, die spanischen Truppen zu Herren des offenen Feldes zu mache», ebensowenig wie sie die in den cubanischen Gewässern versammelten spanischen Kriegsschiffe, zu Herren der offenen See zu machen vermochten. Nach wie vor erhalten die Cubaner aus Amerika Zuzug reu Menschen, Geld, Waffen und allem er denklichen Kriegsbedarf, während io de» spanische» Finanzen Ebbe herrscht und das Madrider Cabinet schwerlich über dcu Jahresschluß hinaus aus den bereiten Mitteln Deckung für die enormen Kosten deS CubafeldzugeS wird entnehmen können. — Die letzte vom cubanischen Kriegsschauplatz uns zugegangene Nachricht, nach welcher die Verfolgung de- am 25. December geschlagenen Insurgcntenführer« Gomez resultat- loS geblieben zu sein scheint, da gar nichts darüber ver lautet, besagt: " Madrid, 27. December. Alle (?) politischen Parteien auf Cuba sind von den gleichen patriotiichen Gefühlen beseelt und be gegnen sich in ihren Sympathie-Kundgebungen für Mar schall Martine; Camvos. (?) Eine Schlacht zwischen dem General Baldes und dem Jnsurgentcnführer Gomez steht un mittelbar bevor. Tie Aufständischen haben El Pedroso in Brand gesteckt. Trotz der officiösen Schönfärberei dieser Meldung erkennt man aus derselben doch, daß die Aufständischen noch immer in der Offensive sind. In Mafia»» sind nunmehr die ersten zur Verstärkung dco Generals Baralieri bestimmten'italienischen Truppe» eingetroffen. Von dieser Küstcnstation bis zur Front in Adigral ist eS jedoch noch ein weiter und beschwerlicher Weg, denn die Bataillone und Batterien werden von der Meeresküste bis zu einer Höhe von 2350 Metern hinaus steigen müssen. Da man annimmt, daß sämmtliche Ver stärkungen nicht vor dem 10. Januar in Maffaua sein können, so wird Baratieri erst am 20. Januar über die ihm zur Verfügung gestellten achtzehn Bataillone und fünf 84,40 88.— !00^I .78.28 07,75 18.— 66,— 22.— >60.— .16.— >05,- 86.- 68.50 82.50 67.— I16.7S >13,50 >16.V5 6560 6560 4710 88 50 83.75 84.75 >17,25 83,50 01.75 88,80 4825 »t »Lk >rl»u »e i»r «1,t et i«t -INoe- h a»r » ä.r -o»pf»r «pser «12, FeittHetoir. Der Geiger. 14) Original-Roman von Emmy Rossi. Nachdruck verboten. (Fortsetzung.) Und nun erstarrte auch Herbert'- letzter Rest von kind lichem Gefühl diesem ungerechtfertigten, grausamen Widerstand gegenüber. „Ich begreife endlich, daß eine zartbeseelte Frau sich vor Dir nur durch die Flucht retten konnte; ich begreife ferner, daß sie jeden Schein der Schuld zu fürchten aufhörte. Ich bin ein Mann, ich schone die Ehre des Hauses und den Mann, der doch und dennoch mein Vater ist, — aber auch ich muß von Dir gehen, und wie Du es willst, für immer. Von Dir gehe ick aber zuerst zu meiner Mutter, das sollst Du wissen. Von ihr selbst will ich hören, WaS sie von Dir schied und weshalb sie mich, der ich Dir gleiche, nicht zu lieben vermochte. Ich schicke Dir von ihr au- Deinen anderen Sohn, Deinen Letzten. Und höre meinen Rath, wenn ein Sohn sich erlauben darf, einen» so unbeugsamen Mann einen Rath zu ertheilcn — behandle ihn gut und zart, diesen letzten Sohn, daß er Dir nicht auch verloren gehe — wie ich! Ein Todter schon im Leben!" Der Eommerzienrath verbeugte sich ironisch: Danke — aber glaube mir, ich bin nicht der Mann, mich mit meinen Kindern L tout prix zu identisiciren. Kinder sind immer undankbar, so oder so — ich brauche Euch nicht! Ich bin ich, der gefeierte Großkaufmann, der Mären, der überall Begehrte. Ihr seid nur Zweige am Stamm. Ich genieße die Schönheit der Welt, vermöge deS ReichthumS, den ich «rworben, ich brauche keine Frau, keine Kinder und KindeS- kinder, ich brauche nur Diener. Die bezahle ich, »o lange sie prompt ihre Pflicht thu» — sind die undankbar, so wirst man sie hinaus." Nun verbeugte Herbert sich, und für andere gewöhnliche Menschen wäre wohl der große Augenblick de- feindlichen Au-cinandcrgehen- gekommen, aber vcr Alle fuhr ganz ruhig fort: „Besinnst Du Dich noch, so bleibt Alle-, wie e» war — unter keinen Umständen sprechen wir noch mal- von der Sache! Bcharrst Du bei Deinem Vorsatz, gut — daun sage mir eines Abend» schriftlich Adieu kor over - üb «erd« auch diese zweite Flucht so gelassen tragen wie die «fiel" Und er drückte auf di« elektrische Klingel und sagte dem eintretenden Diener: „Josef, ich habe starken Hunger, es ist schon eine halbe Stunde später als sonst für da- Souper — sagen Sie dem Koch, er solle eine Flasche Champagner kalt stellen Oder zwei! Du speist doch mit mir zur Nacht, Herbert, Jacques kommt zum Scat!" — Herbert fügte sich schweigend — Niemand hätte wohl geahnt, welch' em Abgrund die Beiden trennte. Selbst Jacques merkte cs nicht, und der kannte doch so ziemlich genau diese Trotzköpfe. Doch etwas Anderes bemerkte JacqueS! Der Onkel spielte mehrere Male statt Herz Pique aus. Darauf auf merksam gemacht, meinte der alte Herr: „Die Fliegen irri- tiren mich —" „Die Fliegen?" Herbert sah den Vetter an, der erwiderte den verwunderten Blick. „Ja, seht Jbr sie denn nicht? Große blaue Fliegen, bald eine, bald zwei, oft fünf bis sechs! Immer so von oben nach unten schwebend." JacqueS legte die Karten nieder: „Onkel, Du mußt morgen im Tag einen Augenarzt consultiren. Die Fliegen, die Du, aber auch nur Du siehst, sind der Anfang eines Augenleidens." „Ach Unsinu", entgegnete der Herr Commerzieurath, „ick bin in meinem Leben noch nicht krank gewesen, habe noch Zähne wie Eisen und sehe auf zehn Schritte die Haus nummern." Und er spielte ruhig weiter. Herbert litt innerlich tiefe Oual: Du alter störrischer Mann, unverwundbar in der Egoistenbaut, mit den eisernen Zähnen zermalmst Du den Willen, da- Wollen der Anderen, mit den scharfen Augen sielst Du nicht in die Herzen. Du willst nur Diener — ich aber, ich schmachte nach Liebe — nach meinem Weib. Ich bin doch nicht ganz Dein Sohn — etwa- vom Herzen der Mutter ist auch auf mich gekommen; das will ich selbst ihr sagen! Siebzehnte- Capitel. Die Familie Rosen in der Göben-Straß« gehörte zu jenen respektablen Bcamtenfamilieu, welche, um den Schein de- Wohlstandes zu wahren, manches Opfer bringen müssen, manche kleine Entbehrung still zu tragen oaben, keine Notb, aber nur durch weise und geduldige Eintdeilung eben nur die Notb verhindernd. Reich aber an Gemüth und gesegnet mit prächtigen und begabten Töchtern, zählte sie dennoch zu den ttflücklrcheu. — Al* Olga nun. «ach meh- a>- halbjähriger Trennung, von Frau von Oppel die Erlaubniß eine- Besuche- bei den Eltern erhielt, sann ihr kindlich gutes Herz darauf, wa« sie den Lieben in der Heimatb wohl, außer den im Orient erstandenen Kleinigkeiten, mitbringen könne. — Bruno, der sie auf ihren Gängen begleitete, blieb vor einem der eleganten Lotterieläven der Zeit stehen. „Wissen Sie, WaS ich Ihnen ratbe, Fräulein Olga — kaufen Sie ein LooS zur Dombau-Lotterie und schenken Sie es Ihren vier Schwestern — jeder ein Viertel — die gewinnen dann viel leicht den Haupttreffer, dreimalhunderttausenv Mark, und dann ist die Familie schön fundirt. Was wollen Sie Ihr Geld in Täschchen und NefsecaireS und „seidener Blouse für Klara" verzetteln — darauf bat man keine Chance zum Glück! Also schnell 4 Biertellose für die vier Rosenknospen!" „KiSmel", lachte Olga, im Grunde sebr zufrieden mit diesem praktischen Rath — die Ziehung fand schon in wenigen Tagen statt — „aber eine Bitte, ja, Herr Bruno? Sie geben zehn Pfennige mit dazu — man sagt, das Geld der Reichen bringt Glück!" Lächelnd reichte Bruno ihr das Nickelstück, und nun be traten beide den Laden, um ein LooS zu kaufen. „Ziehen Sie eS", bat Olga, und Bruno zog — aber „o web. Sie baden zwei gefaßt", rief sie in komischer Verlegen heit, „welches ist nun das GlückslooS?" „Wir behalten beide — und wenn Sie gestatten, spiele ich daS zweite LooS mit Ihnen!" — Ohne Ziererei in ihrer frischen, fröhlichen Weise nickte sie beifällig — einen flüchtigen Augenblick wohl dachte sie, wie schön eS sein müßte, so Alle- mit ihm zu berathen, so jedes LooS mit ibm zu theilen, aber ihr klarer Verstand sagte dann immer, jedes Sebnen verscheuchend: „Olga Rosen, eine der fünf bild- bäßlicken blutarmen Töchter deS Registrator- Rosen, Göben- Straße vier Treppen — Bruno Herme-, der Sobn de- weltberühmten Millionair- L. Henne-, Thier-artrnviertel!" Bruno war selbst noch nickt zur Klarheit gediehen, ibm gefiel da- herzige, graziöse Geschöpf, sie war außerordentlich gut erzogen, keine einseitige Künstlernatur, die vor einem Kochlöffel oder einer Häkelarbeit zurücksckreckte — ihre Gegen wart im Hause brachte Ruh«, Behaglichkeit und doch wieder musikalische und geistige Anregung mit sich. Dennoch schreckte er vor der Familie zurück, mehr um seine- Vater- al- um seiner selbst willen. Seine große Jugend war da- zweite üinberniß — er wußte wohl, daß sein Vater schon mehrere Male an Herbert appellitt hätte, da- stille Hau- durch eine baldige He«rath in beleben — abe» Herbert zädlte auch vier Jahre mehr als er — dieses freundliche Neben-Einandcr ließ auch keine eigentliche Leidenschaft aufkommen, wie Olga überhaupt mehr Freundschaft als Liebe hervorrief. Und seine ganze große Liebesleidenschaft gehörte vorerst der angebeteten Mutter — instinctiv fühlte er zwar, daß sie kein anderes ihrer Kinder so zu lieben vermöge als den Sohn ihrer LiebeSehe — den ungewöhnlich schönen und genialen Aurel — doch ließ sie ihre mütterliche Liebe scheinbar mehr dem nun Wieder gefundenen, so lange Verlorenen mehr zu Theil werden — erst als Aurel nach der furchtbaren Katastrophe gebrochen und unglücklich zurückkehrte, nahm er wieder den »rsten Platz in ihrem Herzen ein — denn jetzt war er durch sein Leid ihr näher gerückt. Doch umsonst frug sie mit Küssen, mit Blicken, mit Worten, WaS ihm geschehen — er schwieg! Und nur in der Nacht, wenn er Alle dem Zauber eines sanften Schlummers unterlegen glaubte, klagte und weinte er ans seiner Geige um sein doppeltes LiebeSleid — zwischen ihm und dem jausten Sonncnkind stand, jedes Glück verscheuchend, die Gestalt der unglücklichen Margarethe, so wie er sie zuletzt gesehen, entstellt, zerschmettert in dem grellen elektrischen dicht der Straße. Auch Bruno hätte so gern das goldene Lockenhaupt in die Arme geschloffen und nach seinem leidvollrn Gehcimniß gefragt, aber eS ist gerade den vornehmen Naturen so schwer, um Bei trauen zu bitten; wer sich ihnen nicht freiwillig erschließt, besitzt sie nicht. Aurel glaubte auch wobl zuerst, die Sache mit sich selbst abzumachen; eine feinfühlige Scham, daS arme Geschöpf noch post mortem zu compromtttiren, schloß seine» Mund — doch verging Tag auf Tag, ohne daß er wieder seelische Ruhe fand — er entsagte auch der Concert-Tonrne, von deren Erfolg er sich eine so volle Befriedigung vcr sprechen; gerade die PirKen, welche er mir Margarethe studirt, widerten ibn nun an, und schaudernd wehrte er ab, als Olga da- Lied vom Glück zu studiren begann. „Lassen Sie, Fräulein", bat er mit rauher Stimme, „e- ist kein GlückStraum, — e- hat schon einmal Unglück ge bracht." Olga sab ihn verwundert an. „Ich glaube, Herr vou Oppel, abgesehen vou Krankbeit und directen UnglückSsälleu, hat jeder Mensch mehr ober minder Schuld an seinem Glück oder Unglück! — Vernunft zur rechten Zeit und stilles Entsagen hat viel Leid verhindert. Ich spreche da meinem guten Vater nach, denn ich selbst habe noch nicht viel erlebt und erfahren. Aber Papa hatte für un- von Klei» auf da- Priocip: „Beherrsche Dich!" Wir mußten sanft
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