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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 05.07.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930705018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893070501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893070501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-07
- Tag1893-07-05
- Monat1893-07
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Juli 1893 im Argandbrenner bei 150 Litern stündlichem Lonsum da« lS,l fache der Leuchtkraft der deutschen Normalkerze von 50 Millimeter Flammenböhe. Da- specifische «ilewicht stellt sich im Mittel aus 0,443. Leipzig, am 3. Juli 1833. De« Rath» Deputation »n den Gasanstalte». Gbftverpachtung. Dir diesjährige kbttnutzung (Aepsel, Birnen und Pflaumen) a» den fi-calischen Sirahen de« BauverwaltereibezirkS Leipzig soll Sonnabend, den 8. Juli I8VS, von Borm. 1« Uhr ab im Saale des hiesigen SchuhmachertunungShauseS <rchlohge.sse Rr. ist- meistbietend gegen sofortige Baarzadlung und unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen verpachtet werden. Die in Frage kommenden Straßenabiheilungen bez. Unterabthei- lungen, inaleichen die Anzahl der daraus anstehenden Bäume sind vor dem Termine ouS in den Händen der Herren AmtSstratzen- Meister und der Straßenwärter des Bezirk- befindlichen Verzeichnissen zu ersehen. Leipzig, am 26 Juni 1893. Königliche Ltrasten- und Königliche vauber- Wasfrrbauinspertio«. »alteret. Lekanutmachuug. Für di« Armen der Johaunis-Parochie hat Herr Friedensrichter Seidrmann M ^l und zwar Sühne in Sachen A. S. '/- S. K. 25 - - - H. H. '/. O. P. - 10 » » » H. E). '/. W. L. » 5 an den Unterzeichneten abgeliesert, worüber hiermit dankend quittirt wird. Leipzig, 1. Juli 1893. Pastor Tranzschel. Die preußische Steuerreform. u Mit der Zustimmung des preußischen Abgeordneten hauses zu den Beschlüssen des Herrenhauses über das Ge- meindesteuergesetz ist die Neuordnung der Besteuerung im Staate, wie in der Gemeinde sür Preußen zum Abschluß gebracht. Mehr als ein Kalbes Menschenalter schwebt die Aufgabe, die zunächst im Zusammenhänge mit der Erweite rung deS Reichssteuersystems hervorlral und auch in den parlamentarischen Berhandlungen, welche der ReichSzoll- und Steuergesetzgebung vorausgingen, eine erbebliche Rolle spielte. Bis zum Jahre l890 war man aber über vereinzelte Versuche zur tbrilweisen Lösung der Frage nicht hinauS- gekommen. Diese Versuche haben al« einzige positive Frucht da« Gesetz vom 26. März l883 gezeitigt, durch das die Steuerfreiheit der Einkommen bis zu 900 „E ausgesprochen und eine Steuerermäßigung für die Einkommen von 900 bis 3600 durchgesührt wurde. Ein umfassenderer Gesetzes vorschlag, der namentlich auch die Durchführung der D e cl a r a t i v n « p f l i ch t für die Einkommensteuer ent hielt, war zwar für die erste Session der laufenden Legislaturperiode vorbereitet, kam aber nicht zur Vortage. Mit dem Eintritte de- Finanzministers l>r. Miguel in das Staat-ministerium gewann die Angelegenheit eine ganz andere Gestalt. Auf der Grundlage eines alle Zweige des Staats- und GemeindestcuerwescnS umfassenden, in seinen leitenden Grundzügen von vornherein feststehenden Planes wurde alsbald das große gesetzgeberische Werk in der energischsten Weise in Angriff genommen und innerhalb deS zur Verfügung stehenden Reste- der Legislaturperiode in zwei größeren Hauptabschnitten zum Abschluß gebracht. Die Hauptgedanken der Reform waren die Durchführung einer gleich mäßigen. derLeistungSfähiakcit ange^aßten und deshalb gerechten Besteuerung der Burger im -Staate und die Ucberlassung de, diesem Grundsatz nicht entsprechenden, aber für dieGemeindebrsteuerungwohl geeignetenStruer- quellen an die Gemeinden zur Durchführung de« Grund sätze- von Leistung und Gegenleistung für die Communal- Auswendungen gemeinwirthschaftlicher, vornehmlich auch dem Grundbesitz und dem Gewerbebetriebe dienender Einrichtungen und Anlagen. Die Durchführung beider Grundsätze mußte schon mit Rücksicht aus di« praktische Un möglichkeit, daS Gesammtwcrk aleichzeitig zur parlamentarischen Beratdung zu stellen und im Landtage zu verhandeln, sodann aber au« dem Grunde, weil e- von dem finanziellen Erfolge der Einkommensteuer-Reform abbing, in welchem Umfang sich der zweite leitende Gesichtspunkt zur Zeit als finanziell durchführbar erweisen winde, zeitlich von einander getrennt werden. Tie Reform der Einkommensteuer und der Gewerbesteuer bildete in der Session >890/91 die erste Staffel de« Gesammtplane«; kaum vier Monate nach dem Eintritte de« Finanzministers vr. Miquel konnten die betreffenden Gesetzentwürfe dem Land tage vorgelegt werden Sie sollten mittelst Durchführung der DeclarationSpflicht und sonstiger Verbesserungen beS Veranlagung-verfahren- durch Abstufung der Steuersätze nack der Ltistung-sähigkei» und weitgehender Berücksichtigung de- individuellen Beeiniräcktigung dieser LeislungSsähigkeit den Grundsatz gleichmäßige, und gereckter Besteuerung -er- wirklicken und zugleich dir Mittel schaffen um een Verzicht auf die Ertragssteuern zu sichern. Einkommen und Gewerbesteuergrsetz sind am 24 Juni '89l verabschiedet; die erstmalige Veranlagung zur Einkommensteuer hat sür 1892 93 pattgefunden. Sobald fcststand, daß dieselbe einen Mchrcrtrag von rund 40 Millionen Mark liefern und daß unter Zuhilfenahme ihrer Ergänzung durch Sonderbesteucrung de- suudirten Ein kommens die vollständige Durchführung de- GesammtplaneS finanziell möglich sein werde, wurde alsbald an die Aus arbeitung der dazu erforderlichen Vorlagen geschritten. Von diesen ist das Ergänzungsstcuergesetz noch zur vollen Durchführung der Besteuerung nack der LeistungS- sähigkeil mit bestimmt, indem eS das aus Vermögensstückcn stammende Einkommen, seine-- im Vergleiche zu dem Arbeits einkommen höheren Steuerkraft entsprechend, mit einer be sonderen, nach dem Vermögen bemessenen Steuer belegt. Die Aushebung der Grund-, Gebäud-, Gewerbe- und Bergwerkssteuer beseitigt die ungerechte Vor belastung de- Grundbesitzes, Gewerbebetriebes und Bergwerks sür Staatszwecke und verbindet mit diesem Gesichtspunkte gerechter Besteuerung zugleich den weiteren, die Gemeinden in den Stand zu setzen, die bezeichneten, zu Gedeih und Ver derb mit ihnen verbundenen Einkommensquellen nach dem Maßstabe der besonderen Vortheile aus dem Gemeindeauf- wande zu den Gemeindelasten beranzuzieben. DaS Communalsteuergesetz endlich sichert durch die Ordnung von Gebühren, Beiträgen, von Mch- und Minder belastung bestimmter Gemeindetbeile, sowie de- Bertbeilung deS Steuerbedarfs auf Einkommen- und Nealsteuern, daß in der Folge die Gesammtbeit der Bürger auch nur zu den jenigen Genieindeeinricbtungcu und Veranstaltungen keran- gczogen wird, welche allen gleichmäßig z» Gute kommen, wahrend die Kosten derjenigen Communaleinricht,ingen, von welchen nur einzelne Elasten der Bevölkerung vornehmlich Bortbrile ziehen, auch von diesen nach Maßgabe ibres Vor- tbeilS getragen werken. In einem Sommerhalbjabre sind drei umfassende Gesetz entwürfe zur Verhandlung im Landtage auSgereift, in nicht voll achtmonatiger Beratyung in beiden Häusern zur Ver abschiedung gebracht. So ist denn in nur drei Jahren da- große Reformwerk vollständig dü-cbgcsührt und sür Preußen eine Ordnung der Steuern im Staate und io den Gemeinten geschaffen, durch welche für ein Menschenalter diesem Staate wieder wie nach der großen Steuerreform von 1820/21 die erste Stelle auf dem Gebiete des SteuerwcscnS und zugleich diejenige Elasticität auf diesem Gebiete gesichert wird, deren er bei dem schwankenden Charakter seiner anderen Einnabmen so sebr bedarf. Sellen ist ein großes gesetzgeberisches Unter nehmen von solchem Erfolge gekrönt worden, selten aber ist auch ein Erfolg in dem Maße persönliches Verdienst, wie derjenige der Steuerreform in Preußen von 1890/93. Auch für da- Reich ist die preußische Steuerreform von wesentlicher Bedeutung. Für diejenigen Staate», die, wie daS Königreich Sachsen, vorbildlich gewesen find für den größten deutschen Staat, bedenket die Reform eine hohe An erkennung ihre- Stcuerwesens, eine Anerkennung, die sich auch in diesen Staaten selbst bei den nie auSsterbciiden Unzu friedenen bemerkbar macken muß. Andererseits werde» die preußischen Reformen, soweit sie von denen anderer Staaten abweichen, vorbildlich für die letzteren werden sobald sie in ihren Erfolgen sich völlig überleben lasten. E« wird dadurch eine immer größere Gleichmäßigkeit in dem Steuerwesen der Einzelstaaten erreicht werden, eine Gleichmäßigkeit, die uner läßlich ist, wenn jemals an die Einführung directer Neichs- stcuern soll gedacht werden können. Deutsches Reich. 88. Berlin» 4. Juli. In der Presse ist neuerdings wieder die rechtliche Stellung der Gewertvereine erörtert und die Forderung erhoben worden, diesen »eingetragenen BerusSvereinen" die Rechte von juristischen Personen zu ver leihen Die Folge dieser Verleihung wäre, daß die Fach vereine dem Vereinsgcsetze entrückt würden. Abgesehen von gewissen wirtbschasilichcn Bortbeilcn würden damit sebr wichtige politische Vorrechte verbunden sein Nack den Be stimmungen zablrciter einzelstaatlicher VereinSaesctze (auch des preußischen und des sächsischen) dürse» z B politische Vereine nicht miteinander in Verbindung treten Erkalten die Gcwerkverrine den Cbarakter juristische, Personen, so fällt diese Beschränkung weg. Daß die Verleihung der juristischen Persönlichkeit ein Vorrecht, ein Privilegium darstellt, erleidet keinen Zweifel. Man steht allerdings heutzutage Gesuchen dieser Art nicht mehr so zurückhaltend gegenüber, wir früher, immerhin ist auch beute noch Gemein nützigkeit in irgend einem Sinnt Voraussetzung deS Privileg-, jedenfalls und selbstverständlich wird man daran sestbalten, daß derart bevorzugte Bereinigungen nicht da« Gegentheii von gemeinnütziger Wirkung au-üben Seuwierig wird die Frage, wo neben einer zweifellos gemeinnützige» Tbäligkeit eine andere zweifelhaften Charakter« einbcrgeht. Dies aber ist bei den Gewcrkvercine» der Fall Diese Vereinigungen mit ihrem auf lO Millionen Mark sich belaufenden Ver mögen leisten gewiß sebr Erhebliche- und Ersprießliches auf dem Gebiete der Wokllhätigkeit. Sie haben bis jetzt gegen 8 Millionen Mark zum Besten ibrer Mit glieder verausgabt. Allerdings ist ein wichtiger Tbeil ihrer HilsStbätigkeit neuerdings in Wegfall gekommen, d>- Jnvalidenunterstühung Nach Inkrafttreten des In validität-- und Altersversicherungs-Gesetzes ist die Auflösung der JnvaliditatScasie der Gcwerkvercine beschlossen worden. Immerhin kan» die i-uniane Wirksamkeit der Gewcrkoereine nicht in Zweifel gezogen oder »uch nur gering ge>chätzt werden. In dieser bisherige» gemeinnützigen Tbäligkeit liegt aller dings auch der Beweis, raß die bistebenten RcchtSzustände dielen Theil der Leistungen der Äcwcrkvereiiit nicht beein trächtigt haben. Thaisache ist aber auch, daß manche dieser Vereinigungen durch Veruntreuungen uni ihr Vermögen ge tominen sind und daß in dem Besitz der juristischen Persön- leil ein Schutz gegen solche Schädigungen gegeben ist Es fragt sich nun, ob die anderweitigen Bestrebungen de» Gewerk u»t Fachvereine eine Privilegirung billig und -äiblich -r scheinen lallen Im Reichstag, der im Winter >89l durch einen Jnitativantrag mil diese, Frag» besaßt worden war, wurde» gewichtige Grllnb-- gegen d>- Bejahung derselben vorgebracht. Der Hauptzweck de> Fachvereint ist zweisello- tie Durchführung von Lobnkämpfer. im Interesse ihrer Mil glieber. Daß dieser Tendenz etwa- TadelnSwertbeS dem Gemeinwohle an sich Gefährliches innewobnt, kann selbst verständlich nicht bebauplct werde». In England haben die Gewerkschaften Ersprießliches geleistet, aber dies gehört der Vergangenheit an. Das Wesen der englischen Gewerk- vercine hat sich geändert. Wenn früher in einer eng lischen Gewerkschaft der Eintritt in den Lohnkampf angeregt wurde, so war die erste Frage, die man sich vorlcgte: Können die Arbeitgeber mehr bewilligen? Erst wenn Liese Frage nach sorgfältigster Prüfung aller ein schlägigen Umstände, namentlich auch der Marktlage und der Leistungsfähigkeit der ausländischen Concurrenz, bejaht werden konnte, trat man in die Prüfung der weiteren Vorfragen ein, o>- die Arbeiter im Stande seien, einen Kamps auf- unehmcn. DaS ist anders geworden. Auch in England at der SocialiSmus (auf dem Gcwerktag in Liverpool) die Führung an sich gerissen, der Zweck der Lohnkämpse ist nicht mehr Verständigung mit den Arbeitgeber», sondern die Beherrschung derselben, das wirthschaftliche Moment wird von dem socialistischen in de» Hintergrund gedrängt, die Erlangung der Macht wird in England, wie «s i Deutschland schon lange gewcscn, daS Ziel der von Gewerken orgainsirlen Kämpfe. Bei diesem Stande der Dinge wird eine Stärkung de- Fachvercine eine weilere Stärkung der Socialdemokrat'«' bedeuten. Die Tendenz dieser Vereine, da« gute Einvernehmen zwischen Arbeitern und Arbeitgeber» zu stören, ist zweifellos das Gegeittheil von ge meinnützig. Die Angelegenheit wird daher bis zu dem Zeil- puncle vertagt werden müssen, wo die Mehrzahl der dcullche» Arbeiter ihre wirlhschasllichen Interessen wieder vom Stand- punct deö Arbeiters und nicht von dem der Socialdemokratic wahrnimmt. ^ Berlin, 4. Jnli. Dem Abgeordnetenhause liegt eine gr ß- Zahl von Petitionen vor, welche zum Schutze des h» imischen EichenschälwalveS einen hohen Zoll aus Quebrachoholz beantragen, auch sprechen zwei Petitionen sich in entgegengesetztem Sinne aus. Die Gefahren, welche sowohl die Eicheiiloöe, als auch einen Tbeil der deutschen Sohtleber- gcrberei bedrohen, wurden bei der gestrigen Beralhung dieser Petitionen in der Agrarcommission von mehreren Sellen bcrvor- gcbobcn und besonder« betont, daß die Uedersührung de-Eichcn- fchälwaldes in eine andere Waldson» sich schädlicherweisen würde, sowohl für die jetzigen Besitzer, meist bedürftige Gemeinden und Kleinbauern, al« auch sür einen Theil der Sohllcder- gerberei, und zwar sür denjenigen, der das beste Sohlleder liefert. Der Vertreter der StaalSregierung, Oöerlandforst- meister Donner, stellte diese Gefahren nicht in Abrede, glaubte aber, baß die bestehenden Zollverträge die Ein führung des beantragten Schutzzolles nicht gestatteten. Zu einer vollen Aufklärung dieser Frage, die von anderer Seite mindestens sür zweifelhaft gehalten wurvc, kam eS nicht, sondern die Commission nahm einen Antrag des Abg. Knebel an, welcher, um die dem Schälwald drohenden Gefahren klarzustcllen, die StaalSregierung auf- sorderl, dem Abgeordnetenhause Uebersichlen vorzulege» t) über die seil zwanzig Jahren im StaalSwalde für Eichen- lolie der verschiedenen Qualitäten erzielten Preise und 2) über die in demselben Zeiträume sür die Gewinnung der Eichcn- lohe aufgewendetc» Kosten. ^ Berlin, 4 Juli. (Telegramm.) Im Abgeord netenhause erwiderte heule der CulluSininister Or. Bosse aus die Interpellation des Abg DouglaS bezüglich der Maßregeln gegenüber einer Chvleragefahr, eö würden bei einer neuen Cbolcra Epidemie wesentlich dieselben Maßregeln angewendet werden, wie im Jahre l892, aber die Verkehrsbeschränk»»gen aus daS Mindestmaß herabgesetzt werden. Abg. Vircbow empfahl Verbesserung der localen Einrichtungen des DesiiifeclionSvcrsahrenS, sowie die Leickenverbrennunz bei Epidemien. st Berlin, 4 Juli. (Telegramm.) Der „Reichs- anzeiger" veröffentlicht ein Hankschrei den de« Kaiser« an den Finanzniinister l),-. Miquel, welches lautet Der nunmehr erfolgte Abschluß des große» Werkes der Steucr- resorm giell Mir einen willkommenen Anlaß, Ihnen in Anerkennung der unschätzbare» Verdienste, welche Sic sich um das Zustandekommen dieses sür da» Vaterland hoch bedeutsamen ResormwerkeS erworben haben, das Großkreuz de« Rothen AblervrdenS mit Eichenlaub und der königlichen Krone unter dem Ausdruck Meines könig lichen DankcS zu verleiben. Die Insignien des Ordens lasse Ich Ihnen hierneben zugchcn. --- Berlin, 4 Juli. (Telegramm.) Tie meisten Abend blätter veröffentliche» Commentare zur Thronrede. Nur die „Nortd Allg. Ztg." >—d die „Post" enthalten sich noch einer Besprechung der Thronrede. Die„National- Ztg." sagt, die Thronrede gebe den Thatsachen durchaus angemessenen Ausdruck. Der Appell an die nationale Ge sinnung im Volke werde gewiß überall laute Wiederholung sinken. Die „Kreuzztg." meint. Tie Thronrede umschreibe lediglich die Anpassung der ursprüngliche» Vorlage an den Antrag Hueiie. und hofft daß der Appell an den Patriotismus in oen Herzen der Volksvertreter kräftigen Widerhall finden werde. Die „Börsenztg." vermißt die allgemein erwarteten Fingerzeige über die Beschaffung der Mittel sür die Militair-Vorlage und warnt vor Erhöhung der Matricularbeiträge. Die „Börsen-Zeitung" bedauert schließlich, daß Gras Caprivi nicht schon früher größeres Entgegenkommen bewiesen und aus diese Weise die Rei'chstagS- auslösung vermieden hätte. Die „Vossische Zeitung" führt aus, die Eröffnungsrede enthalte nichts ueberraschcndcS, sie bestätige mir, daß eine Ermäßigung der früher gestellten Forderungen möglich war, ohne daß dadurch der Zweck der Militairvorlage gefährdet wurde Bedauerlich fei eS, daß nicht miumwunden wi>- man erwartet habe die Meinung ausgesprochen werde daß die zur Deckung der Kosten der Vorlage erforderlichen Steuern nichl vor wiegend d^ minderbemittelten Clasler, treffen sollen DaS „Berl Tagebl." erblickt in der Thronrede -in warmes Plai- dover zu Gunsten der Militairvorlage ohne irgend welche neuen Gesichtcpunct» zum Besten de« Gesetzentwurfs darin zu finden, und rühm» die ungewohnte Zuvorkommenbeil mit de die Rede betone, daß die bei de-- ersten Beralbung l-"t gewordenen Wünsche in der neuen Vorlage Berücksichtigung g funben hätten DaS „Tagebl." betrachte» eS sodann als erfreulich daß in dem ganzen Wortlaute der Rede kein Zweifel an dem Patriotismus der Gegner der Vorlage laut werde (?) und daß die früher vom Fürsten Bismarck so oft betonte Einthcilung der Deutschen in Reich-treue und Reichs» cinde bei dem neuen Curse keine Stätte finde. -K- Vcrltu, t. Juli. (Telegramm.) Zum Präsi denten deS Reichstages wird ohne Zweifel Herr von Jcvctzow gewählt werden. Wenn das Centrum Herrn von Buol zum ersten Vicepräsidenten präsentircn sollte, so werden die Rationalliberalen I)r. Hammacher vor- chlagen, präsentirt dagegen da« Ccntrum den Grafen Hompesch, so werden die Nationalliberalen vr. Bürklin in Vorschlag bringen. vcrltu, 4. Juli. (Telegramm.) Die „Post" ver zeichnet ein Couloirgcspräck, wonach die freisinnigen Fraktionen und die Socialdemokratie sich gegen die commissarische Beralbung der Milita irvorlag« erklärt hätten. Auch die Nationalliberalen wünschten keine Commission im Gegensatz zum Centrum, daS jedoch erst heule Abend in der Fractiviösitzung einen bestimmte» Entschluß fassen werde. Berlin, 4. Juli. (Telegramm.) Hirsch's Bureau verbreitet folgende Meldung: „Bon ganz zuverlässiger Seile (?) wird gemeldet, daß sür die Durchreise des russische» Thronfolgers Gemächer in der russischen Botschaft in Stand gesetzt werden. Voraussichtlich wird der Thronfolger einen Tag und eine Nacht in Berlin verweilen. Zu Ebren desselben soll im löniglichen Schlosse ein große- Diner 'tattfinden, zu welchem auch das diplomatische CorpS Einladungen erhalten wird. Eine Bestätigung dieser Nachricht liegt noch nicht vor." (Im Gegensätze hier zu schreibt anscheinend halbamtlich die „Kölnische Ztg.": „Die Nachricht, daß der russische Thronfolger nunmehr auf der Rückreise von London den Kaiser in Potsdam besuchen nnd daß dieserbalb zwischen den beiden Höfen verhandelt werte, beruht aus einem Mißverständ nis;. Uebcr die Rückreise deS Thronfolger- liegen zur Zeit überhaupt keine Mittbeilungen vor. Ebensowenig steht fest, wo sich zu der betreffenden Zeit der Kaiser ausbalten wird. Man weiß nur, daß der Großfürst dir Rückreise von London nach Petersburg möglichst beschleunigen wird, um rechtzeitig zu den Manövern im Feldlager zu KraSnoje-Selo cinzutreffen. Von Verhandlungen, eine Zusammenkunft zwischen ibm und dem Kaiser herbeizusühren, ist jedenfalls in zuständigen Kreisen nichts bekannt." — Wir Hallen die letztere Version sür zutreffend. Red.) V Berlin, 4. Juli. (Telegramm.) Der von seinem Amte suSpendirtc Criminalcomniissar Otto von Arnauld wurde beute der II. Strafkammer des hiesigen Landgericht- I vorgcsübrt, um sich gegen die Anklage der versuchten Ver leitung zum Meineid zu verantworten. Der Gerichtshof erkannte aus Freisprechung, weil er dem einzigen Be lastungszeugen keinen größeren Glauben beiznmessen ver mochte, als dem bisher unbescholtenen Angeklagten. — Die „Köln. Ztg." schreibt an hervorragender Stelle: „Da zur Zeit auch nicht annähernd zu übersehen ist, wie lange die bevorstehenden RcichStagSverbandlungen dauern werken und der Kai ser vor der Genehmigung der Militair vorlage durch den Reichstag Deutschland nickt verlassen will, so hat er sich jetzt entschlossen, sür diesen Sommer endgi ltig ans die gewohnte Erholungsreise nach Norwegen Verzicht zu leisten, dock ist nicht ausge schlossen, daß er nach Schluß der Verhandlungen noch eine kürzere Reise in der Ostsee unternimmt, ebc er wie alljährlich sich anfangs August nach CowcS zur Bciwohnung an den dortigen Regatten bezieht." — In einer einzigen Nummer LcS „Vorwärts", der täglich über die „Nolblage des Proletariats" klagt, werden nicht weniger als sieben „große" Festlichkeiten (Wahl- Siegessest, großes Volksfest, Soinmerfest, SlislungSsest,c.) angekündigt, die sämmtlich von sociattemokratischer Seile sür eine Woche arrangirt sind. Wer von den „Genossen" damit des Vergnügens noch nicht genug hat, den ladet die „Ethische Gesellschaft" zu Vortrag, gemülhlichem Beisammensein und Tanz nebst Generalversammlung ein. Man siebt, bemerkt die „N. A Z", die Socialdemokratie bemüht sich „ehrlich", sür das Amüsement ihrer Gesellschaft zu sorgen. * Ha»««»»«, 3. Juli. Nachdem Bebel für Hamburg sein Mandat abgelebnt und in Straßbura angenommen hat, beabsichtigt bekanntlich rie socialistische Partei, den in dem benachbarten holsteinischen Bezirk gegen Graf Moltke durch- aesallenen Molkenbuhr auszusteUen. In den bürgerlichen Parteien war bisher keine sonderliche Neigung vorhanden, noch einmal in die Wahlagitation cinzutretcn; indeß macht da« „H. Fremdenbl." mit Recht daraus aufmerksam, daß eS im übrigen Deutschland geradezu überraschen würde, wenn die zweite Stadt de« Reiches der Socialdemokratie da« Feld ebne jeden Kampf überlassen würde. Ter Eieg eines bürger lichen Candivaten würde nicht so aussichtslos s«in, wenn eS nur gelänge, die säumigen >0 000 Wähler, welche sich am l5. Juni der Wahl enthielten, zu ibrer Pflicht zurücki zurufcn. Hosscnilich tritt Kaufmann LaeiSz nochmals in die Arena, andernfalls wird auf die Candidatur deS früheren Stetliner Abgeordneten Brömel hingewiesen. * Posen. 3. Juli. Merkwürdige Erfahrungen muß die Regierung mil den katholische» Colonisten in Posen machen Der Hundcrt-Millionen-Fond sollte den PoloniSmuS dadurch zurückbrängen, daß Colonisten aus altdeutschen Gegenden angesiedelt wurden In dem bei diesem besonderen Anlaß schwer verständlichen Bestreben, die Parität zu wahren, bildete man nicht bloS Gemeinden von protestantischen, sondern auch von katholischen Ansiedlern. Aber weit ent fernt oaß diese katholischen Ansiedler di« Provinz Posen aermanisiren Helsen geben sie vielmehr in daS polnische Lager über. Der .Reichst»." erhält darüber eine Zuschrift auS der Provinz Posen, in der ausgeführt wird: „Was genauere Kenner der Verhältnisse unserer Provinz beim Beginn der Arbeit de AnsieoelnngScoiiiiniision vorauSgesaat hoben, daß ,» näintich vergebliche Liedeemüh sei. die deutsche Sache bei u»S durch Ansetzung an deutschen Cotonisien katholischen LtaudenS- brkerintnisscS zu fördern, da- hat sich bei den jetzigen RrichS- lag-wohlei zum ersten Ma'» al- durchaus richtig heran-gestellt. Von alle» Seiten hört man, daß die deutschkatholijchen An siedler durchweg den polnischen Kandidaten ihr« Stimmen ge.
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