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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 19.08.1893
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-18930819011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-1893081901
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-1893081901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungLeipziger Tageblatt und Anzeiger
- Jahr1893
- Monat1893-08
- Tag1893-08-19
- Monat1893-08
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VezrrgS-PreiS Di d« Hauptexpeditto» oder de» sin Stadt» bqirk «ad den Vororten errichtet« Aus gabestelle, «b,» holt: vierteljährlich ^«4^0, täglicher gastoll»»» w» hei zwetmattarr Hont bchO. Durch die Hast bezogen für Deatschlaad and Oesterreich: Vierteljährlich . Direct» tügllche Kreuzbandleuva»» t»s Aall-nd: monatlich ?chv. LieMorgea-Nutgab« erscheint tilglich '/,7UH^ di« Ab«»d4l»»»ab« Wochentag» b Uhr. Nrdactio» uut ErpeLitio«: Di» speditiv. ist vocheataa» aaaaterbroch«» frilh 8 »i» »ba»d« 7 Uhr. Filiale»: vtt» Me»»'« Torti». (Ulf»,» -»Halb Univrrsitüt»srrah« 1. Lot« r-sch«. ^ . »eth«s«airr. Ich »art. »ad KSutglplotz D Morgen-Ausgabe. Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Handels- «nd Geschäftsverkehr. Anzeigen-PreiS die 6 gespaltene Petitzeile 20 Pfg? Nrclamen unter dem Stedactiontstrich (»ge, speit«) bO^j, vor den Jamüiennachrichte» (6gejpalt«) 40^. Größere Schriften laut anjerem Prei»- verzeichniß. Tabellarischer und Ziffernjatz nach höherem Tarif. Ertra-Veilaarn (gefalzt), nur mit der Morgen-Ausgabe, ohne Postbesörberuug >l SV.—, mit Postbesörderuug 70.—. ^nnahmeschluß fir Äuzeigen: Abeud-Au»gabe: Bormittag» 10 Uhr. Morg»a-Lu-gabe: Nachmittag» »Uhr. Sonn- and Festtag» früh '/,9 Uhr. Bei d« Filialen und Aanahmesles!« jr »in« halbe Stund« früher. »»zeige» stad stet» au di» SrZrdittoa zu richte». Druck und Verlag vou S. Polz tu Leipzig. .N 422. Sonnabend den 19. August 1893. 87. Jahrgang. Zur gefälligen Beachtung. Unsere Expedition ist morgen Sonntag, den SO. August, Bormittags nur bis Uhr Leössnet. Lxpeilltlon lieg l.elprl^er 'Iuxe1»1 alten. AmMche Bekanntmachunge«. Bekanntmachung. Dir diesjährige Michaetismefse beginnt am 8b. Leptemder und mdet am 14. Oktober. Während dieser 3 Wochen können alle in- und ausländische» Handelsleute, Fabrikant« und «Äewerbtreibenden ihr« Maaren hier öffentlich feilbietm. Der Großhandel darf jedoch bereit» in der am 18. September beginnenden sogenannten Vorwoche in der bt«her üblichen Weise betrieben werden und ist in dieser Woche auch da» AuSPackrn der Maaren sämmtlichen Inhabern von Meßlocal« in den Häusern, wie vor Buden und Ständen gestattet. Zum Einpacken ist das Offenhalten der Meßlocale In den Häusern auch in der Woche nach der Zahlwocke erlaubt. Jede frühere Eröffnung, sowie jedes längere Offenhaltcn eine- solch« Bcrkausrlocale», ebenso da- vorzeitige Auspacken an den Ständen und in den Buden wird, außer der sofortigen Schließung jedrSmal, selbst bei der erst« Zuwiderhandlung mit einer Geldstrafe bi-zu 78 4l oder entsprechender Hast geahndet werden. Auswärtigen Spediteuren ist von der hauptzollamtlichen Lösung de» Waarenverschlusses an bis Ende der Woche nach der Zahlwoche da» SpedittonSgeschäst hier gestattet. Leipzig, de» 17. August 1893. I». 3556. Der Rath der Stadt Leipzig. ' 1)r. Georgi. Wagner. Bekanntmachung. Die Metzbörse für die Lederindustrie in nächster Michaeli», messe wird Dien»tag, den IS. September ds. IS., Nachmittags von 8—4 Uhr im Saale der „Neuen Börse" hier abgehalten werden. Leipzig, den 17. August 1893. Der Ratb der Stadt Leipzig. I». 3556. vr. Brorgi. K Bekanntmachung. Da» von Frau Amalie Friederike vcrw. Falcke geb. Land graf? gestiftete Stipendium für einen dem Königreiche Sachsen angehörenden Studirenden der Rechte auf der hiesigen Universität soll von Michaeli» d. I. an auf die Dauer von drei Jahren vergeben werden und zwar zunächst an einen Verwandten des Kaufmanns Christian Gottsried Laudgrass in Hohenstein und erst in Er- mangelung eines solchen an einen anderen auf hiesiger Universität die Rechte Studirenden. Bewerber um dieses Stipendium fordern wir auf, bcz. bei Ver> Inst Ihres Anspruches, sich dis zum 1. October d. I unter Beifügung der erforderlich« Zeugnisse und Nachweise schriftlich bei uns zu meid«. Leipzig, am 7. August 1893. Der Rath der Stadt Leipzig. Id 3728. vr. Tründlin. Müller. Bekanntmachung. Die AuSsnhrnng der Kreitreppenanlage znr 1. Bürger schule, wie sie bei Tieferlegnng der Straße beabsichtigt ist, soll an einen Unternehmer verdungen werden. Die Bedingungen und Unterlagen für diese Arbeiten liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, Rathhau«, 2. Obergeschoß, Zimmer Rr. 23, aus und können dort eingesehen oder gegen Entrichtung von SO -H, die auch in Briefmarken eingese»idet werden können, ent nommen werden. Bezügliche Angebote sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Freitreppe zur 1. Bürgerschule" versehen in dem oben bezeichnet« Geschäftszimmer bi» zum 8S. August 1898 b Uhr Nachmittags einzureichen. Der Rath behält sich da- Recht vor, sämmtliche Angebot» ab- zulrhnen. Leipzig, den 18. August 1893. De» Rath» der Stadt Leipzig Io. »312. Stratzcnbaildeputation. Gefunden oder als herrenlo» anaemeldet resp. abgegeben wurden vom 1. bis mit 1ö. August 1893 folgende, zum Theil auch schon früher gefun deue oder von verübten Diebstählen herrührende Gegenstände: 8 silberne Ctzlindernhren — ein« mit Soviel —, «Ine Granalproscht, ein Granatarmband, eine Eorallenkette, ein goldener Trauring, ein Medaillon, rin Earton mit di». Lchmucksoch«, drei Klemmer, darunter ein goldener, eine Brille mit Etui, «in Geldbetrag von 19 >l» «in Portemonnaie mit 19 49 8 und verichiedene mit geringeren Be trüg«, eine Anzahl LeihhauSscheine. «ine braunlederae Bnestasch«, 1 Pistol, eine große Fiaggrn-Ouaste, 2 Sonnen schirme, 2 Spazierstöcke, ein Packet Posamenten, «ine Neise- deskt. ei» seidener Damenumhang. ein Herren^Strohhut, 1 Paar Knabrustiesel, ein «inzetner Stiesel, eine Rolle Trag Gurt, 32 Stück Petroleumbrenner, eine Wogenlapsel, eine An zahl Schlüssel, eia« Leloctpedglocke, 2 Peitschen, rin flacher Korb mit Deckel, rnth. 1 Weste und Hose von schwarzem gestreiften Stoff, 2 Hüte, 1 Kleiderbürste und l Plaidriem«. > Pferdedecke», 6 große eiserne Haken, ein Blriblock, 8 Stück vierrädrige und ei» zweirädriger Handwagen, ein Sack Kartoffeln, endlich 2 Eanarienvögel, 1 Lachtaube, eia Cardinal und eiae Schildkröte. Zur Ermittelung der Eigenthümer wird die» hierdurch bekannt gemacht. Gleichzeitig fordern wir auch Diejenigen, welche vom April bis Juli 1WL Fundgeaenständ« bet uni abgegeben haben, auf, diese Geoeustünd« zurückzufordern, andernfalls hierüber den Recht« ge mäß verfügt werden wird. Leipzig. d«a 17. Auaust 1893. Da« Polizei-Amt der Stadt Leipzig. Bretschneider. Ml ZUM Lapitel -es Emiflionswefens. S Die „Nordd. Allg. Ztg." ist bemüßigt worden, die in Nr. 397 des „Leipz. Tagebl." wiedergegebencn und in Nr. 401 besprochenen Mittheilungen der „Münchener Neuesten Nachr." über die bisherigen Ergebnisse der Börsenenquete für un zuverlässig zu erklären. Es kann dem gegenüber nur wieder- holt werden, daß das Münchener Blatt in den wesentlichen Puncten recht berichtet hat, worüber sich die „Nordd. Allg. Ztg." in — Börsenkreisen hätte informiren können. An mehr als einer Stelle macht das officiöse Dementi den Eindruck, als bezwecke eS, gewisse Schichten der Börsen- wclt zu beruhigen, und wird deshalb nicht ohne Miß behagen ausgenommen. Wir theilen die Befürchtung, daß man der Börsenenquete an maßgebenden Stellen den AuSgang des Hornberger Schießen« wünsche, vorerst nicht. Die Zeit ist auch wahrlich nicht dazu angethan, Vorschläge zur Bekämpfung von Geschäftspraktiken der verderblichsten Art die ernsthafteste Betrachtung und den besten Willen zu versagen. Seit einigen Tagen weiß eine sehr beträchtliche Anzahl deutscher Capitalisten, daß sie für ihre einer amerikanischen Eiscn- babngcsellschaft geliehenen Gelder bis auf Weiteres keine Zinsen erhält; wie cS mit dem Capital steht, wissen die Götter und dir amerikanischen Macher. In mexikanischen Papieren hat Deutsch land in neuerer Zeit «inen enormen Capitalverlust erlitten, die argentinischen, portugiesischen, griechischen, sowie ungeheure, bei faulen Actiengründungcn erlittene Einbußen sind vorhcr- gegangen. Außer den bereits gestreiften Fragen des reinen DifferenzgrschäftS und der Verleitung zum ruinösen Börsen» spiel ist daher auch die Angelegenheit deS Emissionswesens im höchsten Grade „actuell". Die deutschen Vermögens» Verluste in Argentinien, Portugal und Griechenland werden ohne Uebertreibnng auf viele Hunderte von Millionen geschätzt; von den in den letzten Jahren anSgezebenen 340 Mill. Mark mexikanischer Staat-papirre ist jedenfalls der größere Theil in Deutschland untergebracht worden. Diese Papiere, zum Theil zu 78'/«, zum Theil zum Eourse von 93'/« auSgegeben, sind auf unter 54 gefallen. Da- Bankhaus Bleichröder, dem die deutsche BolkSwirthschaft die letztere Bcscheerung verdankt, hat mit der Einführung der Mexikaner allerdings ein fürst liches Vermögen „verdient", man ist aber im heutigen Deutsch land nicht mehr wohlerzogen genug, hierin einen Ausgleich für die vielleicht 60 bis 70 Millionen betragenden Verluste zu erblicken, welche das deutsche Publicum an diesen Papieren erlitten hat. Und auch nicht mehr naiv genug, zu glauben, das genannte Bankhaus habe nicht gewußt, daß die Preise, zu denen man den Capitalisten die mexikanischen Schuldverschreibungen aufhalste, der niedrigere CourS so gut wie der exorbitante von 93'/«, in einem schreienden Mißverhältnis zu dem Wcrthe diese» Papier» standen. Dasselbe gilt natürlich von den Häu sern, welche dir erwähnten anderen ausländischen Effecten an den deutschen Markt gebracht haben. Nun würde rS aber geradezu eine Bankerotterklärung der jetzigen Gesetzgebung bedeuten, wenn sie nicht Mittel und Wege fände, einer solchen Schädigung des Nationalvermögens entgegenzutreten. Wenn ein Viehhändler dem Käufer eines ThiereS gewisse Fehler desselben verbirgt, so wird der Handel dadurch hinfällig; wenn aber rin Bankier in „Prospectea" einem Objecte den Schein eine» doppelt so hohen WerthcS verleiht, als eS besitzt, so hat der Richter für die zum Kauf dieses ObjectS Verleiteten nichts als ein Achselzucken. Bei diesem Zustande kommt die Logik ebenso zu kurz, wie daS volkSwirthschaftliche Interesse, von der Ge rechtigkeit nicht zu reden. Aber nicht nur kein Recht aus Ent schädigung hat der alsoMitgcnommenc,sondern auch nicht einmal einen gesetzlichen Anspruch an den Verkäufer auf Klarlegung der Verhältnisse des Gläubigers. Bei den Mexikanern z. B ist eS recht gut möglich, daß dieselben Leute, welche in Folge des ungerechtfertigten hohen CourseS große Dummen verdienten, einen zweiten „Schnitt" machen in Folge eine- unangemessen niedrigen CourseS, den die Abgaben der durch Ungewißheit geängstigten Obligationeninhaber herbeiführen können. Sol chen Zuständen gegenüber geräth man in der Thal in Verlegenheit, wenn man die socialdemokratischc Behauptung von einem in unserem WirthschaftSleben zu Tage tretenben Anarchismus bestreiten soll. Es wird darauf hingewiesen, daß da« österreichische Gesetz, das die Einführung ausländischer Werthe an den Lande«börsen von der Genehmigung der Regierung abhängig macht, keinen Schutz gegen AuSbeutnng durch emittirende Firmen gewährt habe. DaS ist richtig und wir schaudern vor dem Einwand zurück, daß da» durch inländische Schwindel gründungen den sparenden Elaffen entfremdete Geld doch zu meist im Laude bleibt. Wenn aber die Cotirung nicht empfohlen werden kann und eine Emissionssteuer al- Schutz Maßregel gleichsallS verworfen, ja sogar für bedenklich erklärt werden muß, da der Staat, indem er an« der Einführung eine- unsoliden Papiere» Nutzen zieht, gewissermaßen mit verantwortlich für dieselbe erscheinen könnte, so ist damit noch nicht zugestandrn, daß die Allgemeinheit der Skrupel losigkeit gewisser Geschäftsleute gegenüber zur Wehrlosigkeit verurthrilt sei. Vorschläge haben in erster Reihe von Seiten der zur Börsenenquete Zugezogenen und der Regierung zu erfolgen. Vielleicht erwägt man hier und dort auch einmal den Gedanken, die EmisfionShäusrr mindestens bis zur Höhe ihre« EmissionSgrwinnS (der „Marge") für die Verluste der RrichSangehörigen haftbar zu machen. Deutsches Reich. U Berlin, 18. August. Die socialdcmokratischcn Führer brüsten sich bei )eder nur denkbaren Gelegenbeit damit, für Zwecke der Sicherung des Bestände» des Vaterlandes, für Losung von Eullnrausgaben rc. dem Reicke jede Forde rung abgeschlagen zu haben, und wollen ihre Anbänger glauben machen, sie hätten so gehandelt, weil sie den Geld beutel de- Volke» geschont wissen wollten. Es ist schon häufiger in der Presse und während der letzten Tagung auch im Reichstage darauf hingewiesen worden, wie wenig eine solche Behauptung mit der Praxi- der socialdcmokratischcn Führer im Einklänge steht, die Arbeiter für socialdemokratischc Partcizwecke geradezu auSzupowern. Nun ist bisher immer aus diese Hinweise erwidert worden, eS stände nicht so schlimm mit den Forderungen, welche die Parteicasse an die Arbeiter stellt. Wer jedoch naher in daS socialdemokratischc Parteigetriebc hineingesehen hatte, wußte, daß auch diese Erwiderung mit den Tbatsachen nicht übcreinstimmt. Jetzt nun bringt da» ofsiciclle socialdemokratiscke Parteiorgan auS der Feder eines Abgeordneten die Bestätigung, daß die Forderungen, welche die socialdemokratische Partei an den Geldbeutel der Arbeiter stellt, geradezu ungeheure sind. Natürlich ist diese» Zugcständniß kein freiwilliges. Der betreffende Abgeordnete benutzt nur die Aufzählung dessen, was die Arbeiter für die politische Bewegung aufzubringen haben, um daran die Mahnung zu knüpfen, auch etwa- mehr für die gewerkschaftliche Bewegung zu thun. Diese Auszählung der an den Arbeiter von Partei wegen ge richteten Forderungen aber wirft ein charakteristische« Licht auf die Behauptung der sociatdemokratischen Führer, wie ihnen die Sorge um de» Geldbeutel des Volkes am Herzen liege. Nach denselben soll der Arbeiter heutigen Tages Mitglied de- WablvereinS, der Gewerkschaft, des DiScutirclubS, der Landsmannschaften, de- Sängerbünde», der ArbcilerbildungS- sckule, der Freien Volksbühne u. s. w. sein. Dazu kommen Beiträge für die Krankrncasse, für die Invalidencasse, für den Streikfonds, für den ParteisondS. Mit diesem Zu- geständniß kann man zufrieden sein. Man wird eS jcdeSmal den Herren Socialdemokraten vor Augen halten, wenn sie sich darüber beklagen, daß Reich, Staat und Commune un erfüllbare Forderungen an das Volk stellten. Wenn die Arbeiter auch nur auf die Mitgliedschaft bei einigen der ans- gezählten, bezüglich ihres schließlich« Nutzens höchst zweifel haften Vereinigung« verzichten, so werden sie dadurch über reichlich die Mittel gewinnen, um ihren Beitrag zur Deckung der für Reich und Einzelstaaten nothwendigen Ausgaben leisten zu können. * Berlin, 18. August. Die Spaltung im Lager der Polen, die bei dem Kampf um die Reich-ragswahlen zuerst deutlicher in die Erscheinung trat, bat sich in letzter Zeit zu einer unüberbrückbaren Kluft erweitert. Die Hospartei unter der Führung der Herren von KoScielSki, von KcmicrowSti und Genossen, die eine AnnäherungSpolitik an die Regierung vertritt, findet an derVolkSpartci so erbitterten Widerstand, daß eine Versöhnung der beiden feindlichen Lager ausgeschlossen erscheint. Die Beschuldigungen, welche die BolkSpartci gegen die Hofpartei erhebt, daß sie die „nationalen" Interest« der Polen preisgebe, beantwortet diese mit dem Vorwürfe, daß die Bolkspartei lediglich die zersetzenden und anarchistischen Elemente unter den Polen in sich vereinige, vor deren Agi tationen im allgemeinen Interesse aller Polen gewarnt werden müsse. AlS Nachklang zu den ReichStagSwahlkänivfen spielt sich der Kamps vorerst in Versammlungen in Posen und Bromberg ab, die zumeist einen so tumultuarischen Ver lauf nehmen, daß sie polizeilicher Auflösung verfallen. ES kann aber nicht zweifelhaft sein, daß sie in die bevorstehenden LandtaaSwablen hinübergreifen werden und daß die Volks partei für diese ihre eigenen Kandidaten aufstellen wird. Die große Masse der Polen, die bisher dem feudalen Adel und der Geistlichkeit willenlos ergeben war und geduldig deren Führung folgte, will sich von diesem Einflüsse frei machen. Sie hat in ihm eine Bevormundung auf politischem Gebiet er kannt, die sie unter allen Umständen von sich allschütteln will. Wie weit die Erbitterung gediehen ist, zeigen einzelne Vorgänge der jüngsten Zeit, die in der Vergangenheit der polnischen Bewegung ohneBeispiel dastehen. Daß ein Pole sich an einem Geistlichen ver greifen konnte, wie eS in einer Wahlversammlung in Posen ge schehen ist, zeigt, daß der frühere Einfluß der Geistlichkeit auf politischem Gebiet nicht mehr die unbedingte Anerkennung findet, die man ihm bisher zugestandrn hatte, und die in Bromberg beschlossenen BertrauenSkundgcbungen für den Ab geordneten v. CzarlinSki dafür, daß er bei der Militair- Vorlage nicht mit der Hospartei gegangen ist, lassen die gegen den Adel gerichtete Strömung zur Genüge erkennen. Eine Einigung zwischen beiden Gruppen ist, wie die „Voss. Ztg." hcrvorhebt, allein von der Rückkehr der Hospartei zu der alten Protestpolil'k zu erwarten, und für diese Rückkehr hat die polnische Fractwn die Brücken hinter sich abgebrochen. Berlin, 18. August. (Telegramm.) In der gestern unter dem Vorsitz de« bayerischen Bevollmächtigten Grafen von Lerchenfeld-Koescring abgchaltenen Plenarsitzung des BundeSrathS wurde dem Entwurf einer Verordnung, be treffend die Erhebung eines Zollzuschlag- für au« Finland kommende Waaren, vieZustimmung ertheilt, und der zollfreie Einlaß der von der Meltaus stellung in Chicago zurückgelangenden Güter genehmigt. Berlin» 18. August. (Telegramm.) Die „Post erfährt, die Conferenz zur Berathung der in Frankfurt vereinbarten Steuerreformvorschlage werde vornehm- sich aus den Bundesstaaten beschickt werden, in deren Gebiet Tabak- und Weinbau vorkommt. « Berlin, 18. Anguss. (Telegramm.) Der „Reichs- Anzeiger" veröffentlicht einen Erlaß de» Han bei »minist er» an die Oberpräsidenten, worin die Vorschläge für die Organisation de» Handwerks, sowie Vorschläge zur Regelung de» LehrliugSwesrn» im Handwerk zur gutachtlichen Aeußerung mitgetheilt werden. Zugleich werden die Vorschläge nebst Erläuterungen veröffentlicht. -tt- Berlin, 18. August. (Telegramm.) Die „Nordd. Allg. Ztg" polcmisirt gegen den Artikel der „Nationallib. Corr.", worin behauptet wird, das große Reichspostfaß dürfte bald leer laufen. Wie wenig der Verfasser sachkundig sei, gehe daran« hervor, daß derselbe den Ausfall der Post- easse von jährlich 11 Millionen durch Erhöhungen der Gehälter der niederen Beamten, sowie durch die unentgeltliche Besorgung der RcichSdienstsachen, derSoldatenbricfe und des Versicherungswesens mit mindestens tO Millionen unbeachtet lasse. Diese 21 Millionen, die einen reinen Ueberschuß von 20 Millionen repräsenlirten, er gäben mit den übrigen Abwürfen einen wirklichenlleberschuß von 41 Millionen. Die Bcsorgniß des baldigen Leerlausens des ReichSpostfaffeS erscheine demnach völlig nichtig und der Hin weis auf Erhöhung der Posttarise werde wohl in allen Volkskreisen auf Widerstand stoßen. (DaS Letztere ist Zweifel« los richtig; dieser Hinweis ist aber von ganz anderer Seite auSgegangen, als von der „Nationallib. Corr.". Letztere wird die Antwort aus vie seltsame Rechnung, welche die dauernden Ausgaben für erhöhte Beamteiigcdälter ;» den Ucberschüssen zu zählen scheint, nicht schuldig bleiben. D. Red. d. „Li T") — Wie wir kürzlich mittheilten, hat der UnterrichtSminisler durch einen Erlaß an sämmtliche Provinzial-Schulcollegien die strengste Beobachtung der allgemeinen Vcrsügniig vom l6. Juni 1892 von Neuem cingeschärft, wonach Kürzungen de» Schulunterrichts wegen übergroßer Hitze ftatt- flnden sollen. Diese Verfügung, die, nebenbei bemerkt, auf Anordnung deS Kaisers erlassen ist, schreibt aber nicht allein, wie die „N. Pr. Ztg." meldete, den Ausfall deS NachmittagS-UnterrichlS, sowie einer etwaigen fünften Bormittagsstunde vor, wen» das hundertlheiligc Thermo meter um zehn Uhr Vormittags im Schatte» 23 Grad zeigt, sondern sie besagt auch Folgendes: Eine Kür zung der Unterrichtszeit ist auch bei geringerer Temperatur nothwcndig, wen» die Schulzimmer zu niedrig oder zu eng und die Schnlelassen überfüllt sink. Auch wenn die betreffende Schulclasse wäbrend der vollen Zeit unter richtet wird, müssen Kinder, die einen weiten schatten losen Schulweg haben, von einem zweimaligen Gange zur Schule an demselben Tage befreit werde». ES bleibt zu erwägen, ob bei Schulen, die geräumige Spielplätze haben, unlcr Umständen der lehrplanmäßigc Unterricht durch Jugend- spiele unterbrochen werden kann. Die Entscheidung über Ausfall »nd Kürzung des Schulunterrichts in jedem einzelnen Falle trifft bei größeren Schulkörpcrn der Vorsteher der Schule, bei kleineren der Ortsfchulinspcctor, und wenn ein solcher nicht am Orte ist, der Schulvorstand. — Tie „Voss. Ztg." bemerkt hierzu: „Schule und Lehrer sind heutzutage in übler Lage. Werden die erlassen« Vorschriften nicht genau befolgt, jo wird von vielen Elter» die bitterste Klage erhoben, daß den Kindern durch die Schule an Leib und Leben Schaden zugesiigt wird. Tie Eltern verlangen aber auch, daß Las Clossenpensuui adsolvirt und die Kinder verletzt werden solle». Geschieht das tn Folge der vielen StilndenanSsaUe nicht, dann sind selbstverständlich nicht die Stuiidcnausfülle. der beiße Sommer, sondern Schule »nd Lehrer schuld. Dessen sollen sich die Eltern bewußt bleiben, daß mit den viele» StiindcnanSsaUen auch rin Zurückbleiben der Schüler verbunden ist. Wolle» die Eltern, daß obige Vorschrift« genau gehandhadt werde», sollen sie auch nicht murren, wenn die Schüler das vorgeschriebcne Peiisum nicht abjolvir« und länger in den Elasten sitze» bleibe», sintemal« das Problem des Nürnberger Trichters noch immer nicht gelbst ist." * Hambnr«, l7. August. Bei der heutige» Nachwah zum Reichstage hat, wie der Telegraph schon meldete, der Socialdemokrat Molkeubiihr gesiegt. Unmittelbar vor der Wahl schrieb der „Hamb. Corr.": „Jede Nummer deS „Echo" bringt in den letzten Tagen die er götzlichsten Bereicherungen des soclalbemokralischcn Wörterbuchs der Schtmpsworte. Gestern haben wir schon einige der Wiilbsprünge de« tobend« Agitators unseren Lesern milgelheilt. Heute sind neben den niederträchtigsten Verleumdungen und Einstellungen, die zu widerlegen der Mühe nicht verlohnt, wieder so hübsche Sprachbereicherungen geboten, daß sie weiter« Kreisen be- kannt zu werden verdiene». Hebt sich nicht der neue Ausdruck „Ordnungsstrolch" aus dem albernen Wortschwall von „blödem Gefasel", „infamster Pöbelhastigkeit", „Millioneii-Tieben", „Schurkerei eines Narren", „LaeiSz-Harlckin" u. j. w. herrlich leuchtend hervor? Man denke sich eine Versammlung von „Lrdnuiigsstroichen" und Herrn Molkenbuhr als ihren ProphelenI Man glaubt immer, der Gipselpunct des „Geistes" in Erfindung von Schimpfwort« sei schon erstiege», und immer wieder leuchte» neue glänzende Spitzen hervor. Das Gebahr« ist genau daS eine- keifenden Marktweibes, das sich im Unrecht fühlt, und deshalb immer toller schreit und endlich mit dem Bewußtsein, wenigstens aus diesem Gebiete Allen über z» sein, das Feld behauptet. Andere Leute lachen erst über die kindische Wuil, und ziehen sich dann angeekelt zurück. Wer wollte wohl den Kamvf gegen solch« Virtuosen der Pöbelhastigkeit ausnehmen! Alle diese Ergüsse einer Wuthekstase können nur dazu dienen, die bürgcr- lichen Parteien in ihrem Vorgehen bei der Wahlagita- tton zu bestärken und zum energischst« Kampfe anzuspornen." Viel hat dieser Sporn nicht geholfen. * Gotha, 18. August. (Telegramm.) DaS heute aus gegebene Bulletin über das Befinden des Herzogs Ernst lautet: Vergangene Nacht gut; gestern schlief Se. Hoheit viel, NahrungSausnahmc erschwert, aber aus reichend. Florschütz. Schwerdt. (Wie der „Köln. Ztst." auS Eisenach telegraphisch mit- getbeilt wird, meldet ein daselbst aus Reinhardsbrunn ein- getroffencS Privattclegramm vom t7. d., der Herzog fei an dauernd bewußtlos, die Schwäche nehme zu. T. Red. d. „L. T") L Eisenach, l8. August. Durch einige Zeitungen ging kürzlich die Nachricht, daß die Antisemiten eine umfassende Agitation im Eisenacher Wahlkreise vorbereitete», um ihn bei einer voraussichtlich eintreteiidcn Nachwahl zu erobern. Hier und im Wablkreise selbst weiß man noch nicht« davon, im Gegentheil ist und war die antisemitische Agitation jetzt »nd während der Wahlbewegung eine sehr schwache. Im vorigen Jahre war sie ungleich rühriger. Daß die Verbreitung des antisemitischen „Thüringer Landbotcn" vornehmlich im Eise nacher Oberlande sehr zugenommen bat, ist bei den dort be stehenden wirthschaftlichen Verhältnissen und der damit zu sammenhängenden Ausbeutung der Bewohner nicht zu verwundern, zumal da die vorhandenen Localblätter diesen Aus wüchsen nicht zu Leibe geben. Die einzige Agitation, die vorbereitet wird, ist die Gründung eines hier erscheinenden antisemitischen Localblatte«.
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